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3. Phonetik und Phonologie als Bezugswissenschaft
ОглавлениеNachdem wir verschiedene Dimensionen der Aussprachekompetenz skizziert haben, geht es im folgenden Abschnitt darum, grundsätzliche Charakteristika der französischen Phonetik herauszuarbeiten, die für die Entwicklung der Aussprachekompetenz von deutschen Lernenden von Bedeutung sind.
Die Phonologie als funktionelle Lautwissenschaft liefert das Phoneminventar einer Sprache. Das Französische umfasst 15 Vokale (12 orale und drei nasale), 3 Halbvokale und 18 Konsonanten. Das Phonem als abstrakte Einheit, die selbst keine Bedeutung hat, wird als die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit einer Sprache definiert. Die tatsächliche Realisierung der Phoneme kann, ohne einen Einfluss auf die Bedeutung zu haben, variieren. Als Beispiel kann die Realisierung des Phonems /ʁ/ angeführt werden: Im Französischen wird das Phonem /ʁ/ meist uvular gesprochen; eine regionale Variante, die sogenannte freie Variante, bildet der mit der Zungenspitze erzeugte Vibrant [r] (Stein 1998, 17–18). Auch gibt es kombinatorische Varianten, die von der Lautumgebung abhängig sind. Hier kann die Aussprache von /k/ angeführt werden: Vor dem Phonem /i/ wird /k/, wie in kilo, am vorderen Gaumen, vor /u/, wie in cou, am hinteren Gaumen artikuliert (Stein 1998, 18). Außerdem geben weitere phonologische Regeln Aufschluss über phonologische Prozesse, wie z.B. wann ein oraler Vokal als nasalisierter Vokal realisiert wird, also z.B. warum banane [banan] gesprochen wird und banc [bɑ̃], oder in welchen Konstellationen die liaison, wie in le petit ami, oder die Elision vorkommt, le chat vs. l’hôtel. Die Phonetik ihrerseits „untersucht den Akt des Sprechens, die Laute und Lautsequenzen in ihren unterschiedlichen Realisierungen“ (Stein 1998, 13). Wichtig in unserem didaktischen Zusammenhang ist die artikulatorische Phonetik, die die Art und Weise des Produzierens von einzelnen Lauten beschreibt. Die Laute des Französischen können dank der Lautschrift (API) transkribiert werden, was dem Lerner eine große Hilfe ist. Bleibt noch die Prosodie zu erwähnen, die sich mit den supra-segmentalen Charakteristika einer Sprache befasst, wie Intonation und Betonung. All diese Phänomene sind mehrmals ausführlich und detailliert dargestellt worden (für eine Einführung in die Grundkenntnisse der Phonetik und Phonologie des Französischen, die sich gezielt an zukünftige Lehrerinnen und Lehrer wendet, s. Mordellet-Roggenbuck 22010).
Die Phonetik/Phonologie bildet die Bezugswissenschaft für eine kompetente Lehre der Aussprache. Eine fachlich kompetente Lehrkraft sollte über Wissen in Phonetik/Phonologie, wenn möglich kontrastiv, verfügen, mit der Terminologie umgehen können und in der Lage sein, die Fremdsprache in API zu transkribieren.
In Bezug auf die Herausbildung einer adäquaten Aussprache bei deutschen Lernenden sollte den folgenden Merkmalen der französischen Laute besondere Beachtung geschenkt werden. In aller Kürze werden sie an dieser Stelle unter dem Blickwinkel des Vergleichs mit den deutschen Lauten und der deutschen Prosodie aufgeführt.
Die französischen Vokale
Die französischen Vokale unterscheiden sich von den deutschen vor allem nach folgenden Kriterien:
Öffnungsgrad (drei Öffnungsgrade des Kiefers für die frz. Vokale vs. vier für die dt. Vokale).
Oralität vs. Nasalität.
Labialität (gerundet vs. nicht gerundet). Die Lippentätigkeit wird bei den französischen Vokalen (wie z.B. bei [i]: Lippen stark gespreizt und Mundwinkel weit zurückgezogen) viel stärker als im Deutschen realisiert.
Länge. Französische Vokale sind nur in bestimmten Positionen lang (in betonter Position und in Abhängigkeit von den umgebenden Lauten wie z.B.: J’ai la rage).
Die französischen Konsonanten
Die französischen Konsonanten unterscheiden sich von den deutschen vor allem in folgenden Bereichen:
Artikulationsmodus (s. den Unterschied zwischen der Artikulation von „ein Damm“ und une dame).
Französische Konsonanten werden nicht behaucht.
Sonoritätsmerkmal (stimmlos-stimmhaft).
Realisierung des [ʁ]. Im Französischen wird das Phonem /ʁ/ in jeder Position und nicht vokalisiert artikuliert.
Die Prosodie
Drei Hauptmerkmale der französischen Prosodie lassen sich für didaktische Zwecke auflisten, die sich stark von der deutschen unterscheiden.
Groupes rythmiques und Betonung der letzten Silbe.
Rhythmus (das Französische gehört zu den silbenzählenden Sprachen, das Deutsche zu den akzentzählenden).
Intonation.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei der Phonetik/Phonologie um ein Gebiet der Sprache handelt, das überschaubar und somit gut zu lehren und zu lernen ist. 3