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Forschungsfelder
ОглавлениеTypisch für fremdsprachendidaktische Forschungsarbeiten ist weiterhin, dass sie nicht nur ForschungsfeldForschungsfelder anderer Disziplinen aufnehmen, sondern oft auch innerhalb der Fremdsprachendidaktik mehrere Felder betreffen. Forschungsfelder sind durch einen inhaltlichen Schwerpunkt charakterisiert, zu dem thematisch und i.d.R. auch forschungsmethodisch vielfältige Untersuchungen vorliegen. Die folgende Aufstellung entstand anhand der Durchsicht von annähernd einhundert Qualifikationsarbeiten. Auch wenn die die einzelnen Felder nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden können, erlaubt die alphabetische Liste der Forschungsfelder eine generelle Orientierung und verdeutlicht die inhaltliche Breite fremdsprachendidaktischer Forschung:1
Begegnungsforschung: Hier sind Arbeiten zu finden, die direkte und (medial) vermittelte Begegnungen von Sprechern unterschiedlicher Sprachen und unterschiedlicher (kultureller) Herkunft konzeptuell-theoretisch, historisch und empirisch untersuchen.
Curriculumforschung: Arbeiten in diesem Feld sind mit der theoretischen Begründung, historischen Entwicklung und empirischen Validierung von Lehrprogrammen für Sprachunterricht befasst.
Diagnostik: Arbeiten in diesem Forschungsfeld sind Tätigkeiten gewidmet, die in Abgrenzung zur Diagnostik anderer Berufsfelder unter dem Begriff Pädagogische Diagnostik zusammengefasst werden können. Im Brennpunkt stehen mit Bezug auf das Lehren und Lernen von Fremd- und Zweitsprachen Tätigkeiten „durch die bei einzelnen Lernenden und den in einer Gruppe Lernenden Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr- und Lernprozesse analysiert und Lernergebnisse festgestellt werden, um individuelles Lernen zu optimieren“ (Ingenkamp/Lissmann 2005: 15).
Interaktionsforschung: Forschungen zu Bedingungen, Verlaufsformen und Strukturmerkmalen fremdsprachiger Interaktion in unterschiedlichen sozialen Arrangements sowie ihre Erträge sind diesem Feld zugeordnet.
Kompetenzforschung: Hier geht es um die theoretische Bestimmung und empirische Modellierung von Kompetenzen im Bereich des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen (insbesondere sprachlicher, literarischer, medialer und interkultureller Kompetenzen) und um die Erforschung ihrer Entwicklung unter spezifischen institutionellen Bedingungen (Schule, Hochschule, Erwachsenenbildung).
Konzeptforschung: Die Entwicklung und systematische Analyse umfassender Konzepte und tragender Konstrukte der Fremdsprachendidaktik sowie die Modellbildung machen den gemeinsamen Nenner der Arbeiten dieses Forschungsfelds aus.
Lehr- und Professionsforschung: Forschungsarbeiten in diesem Feld beschäftigen sich mit dem Lehren fremder Sprachen als Beruf. Von Interesse sind nicht nur gesellschaftliche Ansprüche an Lehrpersonen oder deren berufliches Selbstverständnis, sondern in gleicher Weise Fragen ihrer Aus- und Weiterbildung. Mit Blick auf die Praxis werden zudem Bedingungen und Prozesse des Lehrens von Fremd- und Zweitsprachen in diesem Feld unter besonderer Berücksichtigung der Lehrpersonen, ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, Einstellungen und ihres Handelns in spezifischen Kontexten bearbeitet.
Lehrwerks- und Materialienforschung: Hier geht es um die systematische Analyse historischer wie gegenwärtiger Lehrwerke und Medienverbundsysteme analoger und digitaler Provenienz. Auf diesem Feld sind folglich Forschungen angesiedelt, die Materialentwicklung, Evaluation und Nutzung in Lehr- und Lernprozessen fokussieren.
Lernforschung: Die Lernforschung untersucht die komplexen Voraussetzungen, Prozesse und Ergebnisse individuellen und kooperativen Sprachenlernens unter natürlichen und gesteuerten Bedingungen.
Lernerforschung: In diesem Feld steht die Sprachen lernende Person im Zentrum der Aufmerksamkeit und zwar als Individuum und als soziales Wesen mit ihrer speziellen Sprachlerngeschichte, mit ihren Potenzialen, sprachlich zu handeln, ihrer kognitiven und affektiven Ausstattung.
Forschungen zum institutionellen Kontext, insb. in Form von Schulbegleit- und Schulentwicklungsforschung: Ziel dieser Forschung ist es, relevante Aspekte des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen unter den institutionellen Bedingungen zu erkennen, um das Zusammenspiel zwischen der Institution und den in ihr tätigen Individuen und Gruppen zu verstehen. In diesem Feld sind ebenfalls Projekte angesiedelt, in denen Lehrpersonen und professionell Forschende von Hochschulen und/oder Forschungsinstituten zusammenwirken mit dem Ziel, die Handlungskompetenz der Beteiligten zu entwickeln.
Testforschung: Hier geht es sowohl um die Entwicklung, Validierung und Implementierung standardisierter Sprachtests als auch um unterrichtsbezogene Verfahren formativer und summativer Lernstandsermittlung, ihre Entwicklung und Erprobung.
Zweitsprachenerwerbsforschung: Aus diesem wesentlich weiteren Forschungsfeld sind für die fremdsprachendidaktische Forschung solche Arbeiten relevant, die sich darum bemühen, Prozesse ungesteuerten wie gesteuerten Fremdsprachenerwerbs zu beschreiben, Erwerbssequenzen zu bestimmen und Zusammenhänge zwischen Lehren und Erwerb aufzudecken. Dabei finden u.a. das Wechselverhältnis von Erst- und Zweitsprachen sowie weiterer Sprachen Berücksichtigung, soziale Bedingungen des Erwerbs oder die besonderen Merkmale der Erwerbssituation.
Betrachtet man die ausgewählten Referenzarbeiten, so ist ein Großteil der Arbeiten in mindestens zwei ForschungsfeldForschungsfeldern angesiedelt: die Referenzarbeiten von Biebricher (2008) und Marx (2005) in der Lern- und Kompetenzforschung, die von Ehrenreich (2004) in der Begegnungs- und Professionsforschung, die von Schmidt (2007) in der Materialien- und Lernforschung, die von Schart (2003) in der Kompetenz- und Professionsforschung, die von Kienberger (2020) in der Diagnostik und Lernforschung; die Arbeit von Hochstetter (2011) betrifft die Diagnostik, die Kompetenz- und die Professionsforschung, die Untersuchung von Doff (2002) die Felder der Lernforschung, Schulforschung und Professionsforschung. Die Fokussierung dieser in mehreren Feldern angesiedelten Arbeiten erfolgt jeweils durch das Thema und die Forschungsfrage. Im Gegenzug berücksichtigen die Studien, die primär in nur einem Forschungsfeld verortet sind wie die Referenzarbeiten von Arras (2007) (Testforschung), Özkul (2011) und Gödecke (2020) (Professionsforschung), Schwab (2009) (Interaktionsforschung), von Schmenk (2002) und Tassinari (2010) (Konzeptforschung) sowie Bracker (2015) (Interaktionsforschung) die Faktorenkomplexion z.B. bei der Einordnung bzw. Gewichtung der Ergebnisse oder der Rückbindung an den Kontext bzw. eine Theorie.
Möglicherweise ist die FaktorenkomplexionFaktorenkomplexion auch ein Grund dafür, dass in der Fremdsprachendidaktik der Theorie-Empirie-Bezug in der Form der Überprüfung von zuvor aufgestellten Modellen wenig verbreitet ist. Der Vielfalt der Lehr-/Lernsituationen und der weiten Verbreitung von Einzelforschung könnte wiederum geschuldet sein, dass noch immer vergleichsweise wenige Studien auf repräsentative Ergebnisse abzielen. Dafür konnten in den letzten 20 Jahren durch zahlreiche Studien mit qualitativen Forschungsansätzen der Gegenstandsbereich des Lehrens und Lernens fremder Sprachen besser exploriert und viele Einzelfaktoren und -aspekte in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität erforscht und dargestellt werden.