Читать книгу Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik - Группа авторов - Страница 51
4.2 Prototypische Forschungsdesigns
ОглавлениеDaniela Caspari/Andreas Grünewald
Wie in der Einleitung zu Kapitel 4 erwähnt, bedingen bestimmte Forschungsentscheidungen einander, während andere voneinander weitgehend unabhängig sind. So stellt die Wahl einer bestimmten Forschungstradition eine richtungsweisende Vorentscheidung für geeignete Erhebungs- und Auswertungsverfahren dar, die dann je nach Forschungsfrage und Gegebenheiten ausgewählt und miteinander kombiniert werden können. Auch innerhalb der empirischen Forschungstradition stellt die Wahl eines bestimmten Paradigmas (qualitativ – quantitativ – mixed methods) eine Vorentscheidung für die Auswahl der verwendbaren Forschungsinstrumente dar (z.B. Fragebogen nur mit geschlossenen Fragen versus Fragebogen mit teiloffenen und offenen Fragen; quantitative versus qualitative Inhaltsanalyse). Im Laufe der Zeit hat sich insbesondere innerhalb der quantitativ-empirischen Forschungstradition eine Reihe von festen Elementen und Abfolgen herausgebildet, die sich für bestimmte Zielsetzungen besonders gut eignen, z.B. für experimentelle Forschung, Evaluationsforschung oder Implementationsforschung. Eine solche Kombination bestimmter Erhebungs-, Aufbereitungs- und Auswertungsverfahren im Kontext eines bestimmten Forschungsansatzes bzw. für eine bestimmte Zielsetzung wird auch als komplexes Forschungsdesign bezeichnet. In der qualitativen Forschungstradition gibt es im Rahmen bestimmter Forschungsansätze ebenfalls solche festgelegten Kombinationen, z.B. bei der Grounded Theory oder der Dokumentarischen Methode (s. Kap. 5.3.3 und 5.3.4).
In diesem Kapitel werden vier Forschungsdesigns vorgestellt, die als komplexe, relativ fest gefügte Ensembles einen forschungsmethodologischen und forschungsmethodischen Rahmen für bestimmte Zielsetzungen und Absichten bieten, ohne sich eindeutig dem qualitativen oder quantitativen Paradigma zuzuordnen. Diese vier unterschiedlichen Designs stehen innerhalb der pädagogischen und fachdidaktischen Forschung für ganz unterschiedliche Absichten:
1 FallstudieFallstudien verfolgen das Ziel, einzelne Personen, Gruppen oder Institutionen in ihrer Komplexität zu erfassen. Sie gehen davon aus, dass sich in diesen Einzelfällen allgemeinere Strukturen manifestieren.
2 Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST)Forschungsprogramm Subjektive Theorien (FST) ist ein theoretischer und methodologischer Ansatz, mit dem individuelle Kognitionen und Argumentationen von Menschen erhoben, rekonstruiert und – in der weiten Fassung des Programms – an der Realität überprüft werden können.
3 Die AktionsforschungAktionsforschung bietet Praktiker*innen ein zyklisches Verfahren, um alleine oder in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen oder Forscher*innen ihren Unterricht systematisch zu erforschen und im Prozess der Erforschung zu verändern. Dabei stehen häufig unterrichtspraktische Fragen im Mittelpunkt.
4 Educational Design Research (DR)Educational Design Research (DR), im deutschsprachingen Kontext häufig als Design-based-research bezeichnet, ist ein methodologischer Rahmen, der darauf ausgerichtet ist, Erkenntnisse in Hinblick auf Lehr- und Lernprozesse zu gewinnen und Unterricht zu innovieren. Im Fokus stehen einerseits die Qualitätssteigerung von Unterricht und das Verändern der Unterrichtspraxis durch die zyklische Entwicklung, Erprobung und Analyse von innovativen Verfahren, Materialien oder ganzen Lernumgebungen. Gleichzeitig verfolgt der DR-Ansatz immer auch die empirisch gestützte Entwicklung (lokaler) Theorien.
In der forschungsmethodischen und -methodologischen Literatur gibt es weder einen festen Oberbegriff noch eine einheitliche Einordnung für diese Ansätze, man findet sie z.B. unter „styles of educational research“ (Cohen/Manion/Morrison 2011) oder unter „research design issues“ (Nunan/Bailey 2009). Häufig werden sie mit „approach“ bzw. „research approach“ (Hitchcock/Hughes 1995; Heighman/Croker 2009; Nunan/Bailey 2009) bezeichnet. Unter ForschungsansatzForschungsansatz bzw. approach versteht Lamnek (2016: 285–286) eine vielschichtige methodische Vorgehensweise, die methodologisch zwischen einem Paradigma und einer konkreten Erhebungstechnik angesiedelt ist. Der hier gewählte Begriff „Forschungsdesign“ soll die Gesamtheit und das funktionale Zusammenspiel der für die Erreichung des Forschungsziels notwendigen Einzelelemente betonen; der Begriff „prototypisch“ wurde deswegen gewählt, weil die Designs wesentliche Ziele pädagogischen bzw. fachdidaktischen Forschens verfolgen und beispielhaft in einem Forschungsdesign umsetzen. Daher ist mit diesem Kapitel auch keinesfalls eine vollständige Darstellung solcher „besondere[r] Forschungsansätze“ (Feldmeier 2014: 255) beabsichtigt. Vielmehr soll an vier in der fremdsprachendidaktischen Forschung häufig verwendeten Forschungsdesigns auf diese methodologische Besonderheit aufmerksam gemacht werden.