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Brösel
ОглавлениеDie B.maschine ist ein Gerät zur binären Steuerung der Schäfte eines Musterwebstuhles (↗ Muster), wobei die Hebungen durch Holzklötzchen ausgelöst werden, die auf einem zur ↗ Schleife geschlossenen ↗ Band montiert sind. Sie reduziert die dreidimensionale (↗ Dimension) logische ↗ Ordnung des Webstuhles auf einen einfachen linearen (↗ Linie) Arbeitsgang. Die B.maschine ist laut Kreindl (1935, 1) nach den als ‚B.‘ bezeichneten Holzklötzchen benannt. Zemanek (1991, 47) nimmt dagegen an, dass sie (als Verkleinerung von Ambrosius) den Namen ihres Erfinders trägt. Bei der einfachsten Form des Webens (↗ Netz) wird ein Schussfaden im rechten ↗ Winkel zu einer Reihe parallel gespannter Kettfäden (↗ Kette) geführt, indem er zeilenweise unter und über einzelne Fäden bewegt wird. Nach dieser wellenförmigen ↗ Bewegung heißt das benutzte Gerät ‚Webschiff‘ (↗ Schiff). Zur Beschleunigung der ↗ Arbeit wird durch ↗ Aufhebung bestimmter Kettfäden ein Zwischenraum (↗ Intervall) geschaffen, den das Webschiff in gerader Linie und somit wesentlich schneller durchkreuzt (↗ Transversalität). Bei gemusterten Stoffen erfordert die in jeder Zeile neu zu strukturierende (↗ Struktur) Ordnung der Kettfäden komplexe Steuerungsmechanismen, sodass beim großen Zugwebstuhl nicht mehr nur im ↗ Auge-Hand-Feld gearbeitet, sondern mindestens ein weiterer Arbeiter notwendig wird. Diese komplexe Struktur wird mittels der B. auf das lineare Abtasten (↗ Haptik) eines Bandes mit binären ↗ Daten reduziert, was von einer einzigen Person durch Weiterschalten per Fußhebel geleistet wird. Das B.band speichert den Algorithmus der Musterbildung ähnlich wie die Stiftwalzen der Musikautomaten, lässt sich aber in der Länge anpassen. Die B.maschine ist vermutlich schon Ende des 17. Jh.s im Mühlviertel in Gebrauch (↗ Praxis). In den 1930er Jahren wird sie durch Fritz Kreindl (1935) und zu Beginn der 1980er Jahre durch Heinz Zemanek wiederentdeckt. Dennoch gilt die 1805 gebaute Jacquardmaschine als erste binäre Webstuhlsteuerung (↗ Navigation): Sie ist patentiert und beschleunigt das Weben luxuriöser Stoffe mittels preiswerter Lochkarten, während die B.maschine für sog. Bauerndamaste verwendet und meist von ortsansässigen (↗ Ortsbindung) Tischlern gebaut wurde.
Literatur: Bohnsack 1993; Ganzhorn/Walter 1984, 45–46; Schneider 2007, 35–81; Zemanek 1991a.
Bohnsack, Almut (1993): Der Jacquard-Webstuhl, München.
Ganzhorn, Karl/Walter, Wolfgang (1984): Die geschichtliche Entwicklung der Datenverarbeitung, Schauenburg.
Kreindl, Fritz (1935): Jacquards Prinzip bereits 200 Jahre alt?, in: Melliand Textilberichte 2, 1f.
Schneider, Birgit (2007): Textiles Prozessieren, Zürich/Berlin.
Zemanek, Heinz (1991): Weltmacht Computer, Esslingen.
Ders. (1991a): Musterverarbeitung – Datenverarbeitung, in: Zeitlos, hg. v. Historisches Museum, Wien, 7–18.
Ellen Harlizius-Klück