Читать книгу Die neuen Alphafrauen - Группа авторов - Страница 5
Spitzenfrauen sind keine eisernen Ladys Studie widerlegt den Mythos von der weiblichen Einzelkämpferin
ОглавлениеFrauen mit Top-Ausbildung unterstützen weibliche Untergebene mehr als Männer. Das ist nicht zuletzt zum eigenen Nutzen: Wer andere fördert, steigt selbst schneller auf
Manche Bilder sind einfach zu platt, um wahr zu sein. Das von den Bienen-Königinnen unter den Managerinnen ist so eines. Die Parallele zur Tierwelt geht folgendermaßen: Ein Bienenvolk kann immer nur eine Königin haben, diese duldet keinerlei Konkurrenz neben sich und schwächt ihre Artgenossinnen mit gefährlichen Stichen. Das ist so eingängig wie falsch. Frauen in Spitzenpositionen von Unternehmen fördern sehr wohl andere Frauen. Sie fördern sie sogar besonders häufig. Das belegt eine aktuelle Studie des internationalen Forschungsnetzwerks Catalyst, die der "Welt" exklusiv vorliegt.
"Das Bienenköniginnen-Syndrom ist ein Mythos, den wir mit unserer Studie widerlegen", sagt Christine Silva. Sie ist eine von drei Autorinnen der Untersuchung, für die ehemalige Absolventen von 26 führenden Business-Schools in Asien, Kanada, Europa und den USA befragt wurden. "Hochqualifizierte Frauen stechen eben nicht bei anderen Frauen zu. Im Gegenteil: Mit höherer Wahrscheinlichkeit als Männer fördern sie ihre Geschlechtsgenossinnen."
Die Untersuchung kratzt am lange gehegten Bild der stutenbissigen Chefin, der Meryl Streep im Film "Der Teufel trägt Prada" ein Denkmal setzte. Sie spielt - Ähnlichkeiten mit der legendären Vogue-Herausgeberin Anna Wintour sind gewollt - die eiskalte Chefin einer amerikanischen Modezeitschrift. Unerbittlich gegen sich selbst und ihre Mitarbeiterinnen verteidigt sie ihre Macht. Auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher galt vielen als lebendiger Beweis für die Theorie von den Bienenköniginnen. Die "eiserne Lady" förderte keine Frauen. In ihrer elfjährigen Regierungszeit berief sie ein einziges Mal eine Dame, Baroness Janet Young, in ihr mehr als 20-köpfiges Kabinett.
Den neusten Erkenntnissen zufolge, hat sie damit nicht zuletzt sich selbst geschadet. Denn, wer andern beim Aufstieg behilflich ist, nutzt auch sich selbst. Teile dieses Nutzens sind sogar messbar: Laut Catalyst stieg das Gehalt von bekennenden Mentoren in den Jahren 2008 bis 2010 um mehr als 25.000 Dollar stärker als bei den Einzelkämpfern. Als Grund vermuten die Wissenschaftler, dass mit der Förderung von anderen die eigene Sichtbarkeit im Unternehmen steigt, und damit die Chance, befördert zu werden. Denkbar ist auch, dass ehemalige Mentees als loyale Mitarbeiter und Kollegen den eigenen Aufstieg befördern.
Die Wissenschaftler haben eine repräsentative Gruppe von über 700 MBA-Studenten von Top-Universitäten befragt, die zwischen 1996 und 2007 ihren Abschluss gemacht haben. Sie unterscheiden zwischen verschiedenen Stufen der Karrierehilfe: Vom guten Rat bis zum echten "Türöffner", der sein Wort für seinen Kandidaten bei der Besetzung von Posten einlegt.
Wer selbst solche Türöffner hatte, setzt sich später mit 66-prozentiger Wahrscheinlichkeit auch für den Aufstieg anderer ein. Unter den Einzelkämpfern werden dagegen nur 42 Prozent zu aktiven Förderern. Hier liegen Frauen und Männer gleichauf. Schaut man auf sämtliche Stufen der Hilfe - also auch gute Ratschläge, ein offenes Ohr bei Problemen oder die Vorbildfunktion - sind Frauen engagierter als Männer. Hier bringen sich 65 Prozent der Frauen ein, aber nur 56 Prozent der Männer. Es lohnt ein Blick auf die Paarung der Geschlechter: Frauen fördern - allen Vorurteilen zum Trotz - ganz überwiegend Frauen. 73 Prozent der Mentorinnen wählten Schützlinge des gleichen Geschlechts. Ähnlich verhielten sich übrigens die Männer. Auch sie förderten zu 70 Prozent Männer - und nur zu 30 Prozent Frauen.
Daran liegt es auch, dass die Frauen es mit dem Aufstieg in die Vorstände und Aufsichtsräte bisher so schwer haben. Deutsche Chefetagen sind bis heute überwiegend Männerzirkel. Da sind die ersten Frauen, die aufsteigen, zwangsläufig anders als die anderen. Wäre aber einmal eine "kritische Masse" erreicht, dürfte das Geschlecht zur Abgrenzung eine immer geringere Rolle spielen.
Von Inga Michler, erschienen am 12. Juni 2012