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Frauen an die Macht Weiblich, führungsstark, gesucht. Personalberaterin Christine Stimpel erklärt, warum meistens immer noch Männer das Sagen haben

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Top-Headhunterin Christine Stimpel (M. Lengemann)

Seit vier Jahren steht Christine Stimpel an der Spitze der Personalberatung Heidrick & Struggles Executive Search. Von Düsseldorf aus leitet sie die deutsche Tochter des US-Unternehmens mit bundesweit rund 70 Mitarbeitern. Im Interview berichtet die 49-Jährige über das diskrete Geschäft der "Head Hunter", die Chancen von Frauen und ihren eigenen Aufstieg.

Frau Stimpel, wie hoch muss eine Position jährlich dotiert sein, bevor Sie zum Telefonhörer greifen?

Christine Stimpel: Das beginnt bei rund 200 000 Euro. Darunter lohnt sich ein so aufwendiges Verfahren, das ja auch einiges kostet, in der Regel nicht. Wir müssen für unsere Auftraggeber in den großen Firmenteichen sozusagen die Goldfische identifizieren.

Und wie machen Sie das?

Stimpel: In der Regel kann man Fachkräfte überhaupt erst ab einer bestimmten Ebene identifizieren. Denn diese müssen ja schon aufgefallen sein und erste Erfolge vorweisen können. Erst dann kann man sich ja bei ehemaligen Kollegen und Vorgesetzten über diese Kandidaten informieren.

Wie viele Kandidaten nehmen Sie zur Besetzung einer Führungsposition in Augenschein?

Stimpel: Wenn wir einen Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat oder auch den Leiter für einen wichtigen Bereich suchen, kommen in die erste Auswahl im Schnitt an die 50 Personen. Persönliche Interviews führen wir dann mit sieben bis acht Kandidaten. Von denen in der Schlussrunde dann drei bis vier übrig bleiben. Wobei heute übrigens immer mehr unserer Auftraggeber darauf bestehen, dass in der Schlussrunde immer auch möglichst eine Frau dabei ist.

Dann steht es ja um die Chancen für Frauen in Führungspositionen gar nicht so schlecht, oder?

Stimpel: In bestimmten Bereichen nicht, wenn ich etwa an Personalwesen, Marketing und Kommunikation denke. Auch in der Konsumgüter-Industrie findet man mittlerweile einige Frauen in Führungspositionen. In NRW etwa fällt mir dazu die Henkel-Managerin Tina Müller ein, die im Konzern für das weltweite Haarkosmetik-, Gesichts- und Mundpflege-Geschäft verantwortlich ist.

Aber vor allem in der Industrie findet man ganz oben aber kaum Frauen. Liegt das an der sogenannten gläsernen Decke, an die Frauen auf der Karriereleiter irgendwann stoßen sollen? Zumindest hört man häufig von dieser unsichtbaren Schranke, die in den USA in den 80er- Jahren als "glass ceiling" definiert wurde.

Stimpel: Meiner Einschätzung nach gibt es diese Decke nicht. Es ist jedoch gerade im industriellen Bereich so, dass es dort schon auf der mittleren Ebene nur wenige Frauen gibt. Dementsprechend ist die Chance eher gering, aus diesem Pool an die Spitze aufzusteigen.

Und warum ist das auf der mittleren Managementebene so?

Stimpel: Viele Frauen wählen andere Karrieren, etwa in den freien Berufe. Unter den selbstständigen Ärzten, Rechtsanwälten und Notaren finden Sie relativ viele Frauen. Dort muss man sich nicht wie in großen Firmen, von denen viele ja in der Tradition militärischer Organisationen gegründet wurden, über Jahrzehnte hinweg gegen viele Mitbewerber durchsetzen.

Was müssen denn Frauen für Eigenschaften vorweisen, um es in solchen Hierarchien ganz nach oben zu schaffen?

Stimpel: Neben einer guten Ausbildung und möglichst Auslandserfahrung müssen sie Durchsetzungsfähigkeit und auch Beharrlichkeit mitbringen. Zudem muss man ein tiefes Verständnis für die Strukturen mitbringen oder entwickeln.

Das müssen Männer aber auch.

Stimpel: Eben, die Voraussetzungen für Männer und Frauen sind die gleichen.

Konzerne wie die Deutsche Telekom und Axel Springer wollen Frauen gezielt stärker fördern. So will die Telekom bis 2015 rund 30 Prozent der Spitzenpositionen mit Frauen besetzten. Und Axel Springer möchte den Anteil an Frauen von aktuell 16 Prozent auf allen Führungsebenen in den nächsten fünf bis acht Jahren im Unternehmensdurchschnitt verdoppeln. Glauben Sie, dass diese Ziele zu schaffen sind?

Stimpel: Ich weiß, dass es die Telekom sehr ernst damit meint. Dort gibt es ja Programme zu Mentoring, interner Förderung und vieles mehr. Und ich denke, dass das bei Axel Springer ähnlich läuft, ich habe gehört, dass das Unternehmen sogar mit einem Preis für die Förderung von Chancengleichheit ausgezeichnet wurde.

Unter den Dax- Konzernen hat zwar Siemens zwei Frauen im Vorstand, und bei E.on gibt es seit kurzem auch ein weibliches Vorstandsmitglied. Wann aber wird eine Frau den ersten deutschen Dax-Konzern führen?

Stimpel: Innerhalb der nächsten zwei Jahre sehe ich das noch nicht, aber vielleicht innerhalb der nächsten fünf Jahre. In den wichtigen Aufsichtsräten gibt es ja schon eine Reihe von Frauen, die dort vertreten sind. Etwa Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach oder Nicola Leibinger-Kammüller von der schwäbischen Trumpf-Gruppe. Und hier in Düsseldorf Simone Bagel-Trah, die bei Henkel den Aufsichtsrat leitet. Im Übrigen wird der künftige Mangel an Fachkräften dafür sorgen, dass man qualifizierte Frauen noch stärker umwerben wird.

Sind Spitzenkarrieren denn mit Familie und Kindern vereinbar?

Stimpel: Das geht durchaus, ich kenne da auch einige Beispiele. Man muss sich und seine Familie natürlich sehr gut organisieren können. Das muss eine Führungskraft aber sowieso beherrschen. Und bei der guten Bezahlung von Spitzenjobs ist ja auch eine entsprechende Kinderbetreuung machbar. In Ländern wie den USA oder auch Frankreich funktioniert das übrigens viel selbstverständlicher.

Sie haben bei Heidrick & Struggles eine Befragung von 260 weiblichen Führungskräften in Deutschland durchgeführt. Was kam heraus?

Stimpel: Viele Frauen vermissen spezielle Mentoring-Programme oder andere Trainingsmaßnahmen, die eine Vorbereitung auf einen Top-Job darstellen. Hier kann sicher noch mehr getan werden, im Übrigen für alle Top-Nachwuchskräfte, nicht nur für Frauen.

Kommen wir zu Ihnen: Sie sind die einzige Frau in Deutschland, die ein großes Beratungsunternehmen leitet. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis, wie haben Sie es an die Spitze von Heidrick & Struggles geschafft?

Stimpel: Nach meinem Studium und der Dissertation im Fachbereich Mikrobiologie habe ich mich in der Pharma-Industrie beworben und landete dann im Bereich Entwicklung. Später wechselte ich dann ins Marketing und machte deshalb noch meinen MBA. Schließlich wurde ich in die Beratung abgeworben, wo ich seit 2000 als Geschäftsführerin tätig bin. Und seit 2006 bei Heidrick & Struggles.

Mussten Sie sich im Laufe Ihrer Karriere gegen Männer behaupten?

Stimpel: Ich musste mich eigentlich nicht gegen Männer durchsetzen, ich musste lernen, sie zu verstehen; zum Beispiel hinsichtlich der Gruppendynamik und der Verhaltensweisen in Konfliktsituationen. Heute muss ich als Geschäftsführerin vor allem meine Kollegen und Mitarbeiter zu Top-Leistungen bringen und das Team zusammenbringen und zusammenhalten.

Führungskräften können schlecht vom Job abschalten, heißt es. Wie ist das bei Ihnen?

Stimpel: Es ist schon so, dass Sie ein Spitzenjob rund um die Uhr beschäftigt und sie immer über Aufgaben und ihre Lösung nachdenken. Die wirklich Erfolgreichen bedauern das aber überhaupt nicht, ist meine Erfahrung. Wenn man dann in Urlaub geht, braucht man aber schon etwas Zeit, bis man langsam etwas die Energie herunterfährt. Ich selber schaffe es meist am dritten Tag, das Handy mit den E-Mails auch einmal auszuschalten.

Interview: Guido Hartmann, erschienen am 26. September 2010

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