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aa) Beginn des Lebens

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4Die genaue Ermittlung des Beginns des menschlichen Lebens hat maßgebliche Bedeutung für die Abgrenzung der Tötungsdelikte zu den Bestimmungen des Schwangerschaftsabbruchs (§§ 218ff. StGB), die dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen. Tatobjekt ist dort die Leibesfrucht, deren Abtötung durch bloß fahrlässiges Verhalten (in Abweichung zu § 222 StGB) nicht sanktioniert wird. »Der im Vergleich zu dem des geborenen Menschen geringere Lebensschutz des ungeborenen Kindes folgt aus den mit seinen Rechten – möglicherweise – kollidierenden Rechtspositionen seiner Mutter, aus deren Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihrer Menschenwürde.«[4]

5Als den den Lebensbeginn markierenden Zeitpunkt wird von Seiten der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur auf den Beginn des Geburtsvorgangs abgestellt. Hiernach beginnt das Menschsein bereits mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen.[5] Teilweise wird im Schrifttum aber auch erwogen, die Tötungsdelikte erst zu einem späteren Zeitpunkt eingreifen zu lassen, etwa mit Beginn der Presswehen[6] oder (in Übereinstimmung mit der Regelung zur Rechtsfähigkeit in § 1BGB) mit Vollendung der Geburt[7]. Um einen möglichst umfassenden Lebensschutz zu gewährleisten, ist an dieser Stelle jedoch dem von der Rechtsprechung vertretenen Ansatz der Vorzug zu geben. Im Übrigen wird auch nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen der Beginn des menschlichen Lebens überwiegend mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen gleichgesetzt.[8]

6Im Fall eines Kaiserschnitts stellt die Öffnung des Uterus den maßgeblichen Zeitpunkt dar.[9] Vereinzelt wird stattdessen auf die Öffnung der Bauchdecke abgestellt, wobei jedoch übersehen wird, dass diese auch anderen Zwecken dienen kann.[10] Die (Über-)Lebensfähigkeit des Neugeborenen ist für die Zuerkennung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes nicht maßgeblich. Denn eine »Leibesfrucht kann auch dann, wenn sie vorzeitig zur Welt kommt, ein Mensch im Sinne des § 212 StGB sein. Ob sie es ist, hängt davon ab, ob sie unabhängig |3|vom Leben der Mutter in menschlicher Weise lebt, sei es auch nur kurze Zeit«[11].

7Schwierigkeiten begegnen bei der Abgrenzung der §§ 211f. StGB zu §§ 218ff. StGB insbesondere dann, wenn eine vor Beginn der Eröffnungswehen ausgeführte Einwirkung auf die Leibesfrucht den Tod des Kindes nach Geburtsbeginn verursacht. Zutreffend hält der BGH für die Beantwortung der Frage, ob in dieser Konstellation eine vorsätzliche Tötung eines Menschen oder ein Schwangerschaftsabbruch anzunehmen ist, den Zeitpunkt der Einwirkung auf das Opfer und nicht den des Todeseintritts für maßgebend. Diese »Rechtsprechung vermeidet, daß es von dem für den Täter ganz zufälligen Ablauf des physiologischen Vorgangs – Eintritt des Todes vor oder nach Beginn der Geburt – abhängt, ob er ggf. wegen Mordes oder wegen Abtreibung zu bestrafen ist.«[12] Aus demselben Grund kann für die Abgrenzung auch nicht entscheidend sein, ob das wegen eines Schwangerschaftsabbruchs ausgestoßene Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits lebensfähig gewesen wäre. »Zwar ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Fall der Verwirklichung des Abtreibungstatbestands durch die Herbeiführung der Ausstoßung aus dem Mutterleib die Einschränkung zu entnehmen, diese Art der Tatbestandsverwirklichung setze voraus, dass das Kind in Folge des verfrühten Fruchtabgangs alsbald nach dem Austritt aus dem Mutterleib stirbt […]. Dies ist jedoch nicht so zu verstehen, dass der Tatbestand des § 218 Abs. 1 StGB nur bis zu dem Zeitpunkt verwirklicht werden könne, zu dem das ungeborene Kind bereits genügend ausgereift ist, um im Falle seiner Ausstoßung aus dem Mutterleib bereits selbständig weiterleben zu können. Vielmehr erfasst der Tatbestand gerade auch diejenigen Fälle, in denen die Einwirkung des Täters auf eine bereits selbständig lebensfähige Leibesfrucht zunächst zu einer Lebendgeburt geführt, das Kind jedoch die Verletzungen, die es durch die auf den verfrühten Abgang gerichteten Handlungen erlitten hatte, nicht überlebt.«[13]

Strafrecht Besonderer Teil

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