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3. Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Rechtsgeschichte

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Die deutsche Rechtsphilosophie entwickelte sich im frühen 19. Jahrhundert: an die Stelle des mehr und mehr zurückgedrängten alten, als praktische Rechtsquelle angesehenen, Naturrechts trat eine nur noch theoretische Betrachtung der inhaltlichen Anforderungen an das Recht und seiner Struktur. Begründet wurde diese neue Disziplin der Rechtswissenschaft durch → HugoHugo, Gustav (1764–1844), bei dem, in Anknüpfung an den Kantschen Skeptizismus, Rechtsphilosophie erstmals als eine Art theoretischer Rechtspolitik erscheint. Unterschiedlichste Systeme entstanden sodann im Anschluß an die nachkantische idealistische Philosophie. Die selbständigste Stellung haben hier → StahlStahl, Friedrich Julius (1802–1861) (von Schellings später Philosophie beeinflußt) und der Gesellschaftstheoretiker → Lorenz v. SteinStein, Lorenz v. (1815–1890) (von Hegel beeinflußt). Demgegenüber bildete sich in England schon früh im 19. Jahrhundert eine positivistische „analytische“ Rechtstheorie aus (→ BenthamBentham, Jeremy (1748–1832), → Austin, im 20. Jahrhundert vor allem Hart), während der deutsche Rechtspositivismus erst im 20. Jahrhundert eine repräsentative Darstellung in → KelsensKelsen, Hans (1881–1973) „Reiner Rechtslehre“ fand. Eine Wiederbelebung der idealistischen Rechtsphilosophie versuchte der Neukantianismus der Marburger (→ StammlerStammler, Rudolf (1856–1938)) und Heidelberger (→ RadbruchRadbruch, Gustav (1878–1949)) Richtung, später tritt konkurrierend ein Neugelianismus (Erich Kaufmann, Binder, Larenz) hinzu. An → RadbruchRadbruch, Gustav (1878–1949) orientierte sich die Naturrechtsrenaissance nach dem 2. Weltkrieg.

Auch die Rechtsgeschichte im modernen Sinn beginnt eigentlich erst mit den Gründern und Anhängern der historischen Schule. Für die römische Rechtsgeschichte wurden → HugosHugo, Gustav (1764–1844) (vorjustinianische Zeit) und → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) (Mittelalter) Arbeiten grundlegend; für die deutsche Rechtsgeschichte → EichhornsEichhorn, Karl Friedrich (1781–1854) (Staats- und Rechtsgeschichte) und → Jacob GrimmsGrimm, Jacob (1785–1863) (Rechtsaltertümer) Werke. Jedoch war das Verhältnis der |12|historischen Schule zur Rechtsgeschichte etwas ambivalent, da sie zwar Rechtsgeschichte als unerläßlich zum Verständnis des gegenwärtigen Rechts ansah, andererseits aber gerade dieses praktische Interesse der reinen historischen Erkenntnis gefährlich werden konnte. So liegt der Höhepunkt der rechtshistorischen Forschung des 19. Jahrhunderts erst in der zweiten Jahrhunderthälfte, als für die Erkenntnis des geltenden Rechts der historische Gesichtspunkt zurückgetreten war. Für die römische Rechtsgeschichte stehen hier die Arbeiten → MommsensMommsen, Theodor (1817–1903) und seiner Schüler im Zentrum; ein bedeutender Nachfolger auf mediävistischem Gebiet war → KantorowiczKantorowicz, Hermann (1877–1940). Im deutschen Recht hatten Heinrich Brunners „Deutsche Rechtsgeschichte“ und → GierkesGierke, Otto v. (1841–1921) „Genossenschaftsrecht“ besondere Bedeutung. Als auch äußerlich selbständige Wissenschaft etablierte sich etwas später die Kirchenrechtsgeschichte (Stutz). Im europäischen Kontext ragen wohl vor allem die englischen Rechtshistoriker → MaineMaine, Sir Henry James Sumner (1822–1888), der „Altmeister der vergleichenden Rechtswissenschaft“ (Ehrlich), und → MaitlandMaitland, Frederic William (1850–1906) heraus.

In der Behandlung ihres Stoffes sind z.B. Brunner, aber auch → MommsenMommsen, Theodor (1817–1903) durchaus mit den zeitgenössischen Bearbeitern des geltenden Rechts zu vergleichen: Das Bestreben geht auf eine „juristische“ Rechtsgeschichte, in der vor allem die Formen des positiven Rechts sorgfältig herausgearbeitet werden. Die soziologische Welle hat aber auch, wenngleich ziemlich verspätet und durch die allgemeine Geschichtswissenschaft vermittelt, die Rechtsgeschichte erreicht.

Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten

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