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II. HolismusHolismus, Unbestimmtheit und charity

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Die Annäherung an das Phänomen »Bedeutung« über Sätze, die zum Ausdruck bringen, was der Sprecher für wahr hält – das ist das wesentliche Ergebnis von DavidsonDavidson, Donalds Verfremdung der Kommunikation. Eine wichtige Einsicht ist dabei, dass der radikale Interpret nicht nur davon auszugehen hat, dass der Sprecher etwas für wahr hält, sondern darüber hinaus auch noch unterstellen muss, dass das in diesem Zusammenhang Gesagte auch tatsächlich – oder wenigstens in der weitaus überwiegenden Anzahl von Fällen – die Wahrheit ist. Für die Annahme des Gegenteils gibt es nämlich in der Situation des radikalen Interpreten schlichtweg keinen Anhaltspunkt. Er wäre gar nicht in der Lage anzugeben, in Bezug auf was der Sprecher irren könnte. Diese Wahrheitsunterstellung des radikalen Interpreten (in Verbindung mit einer generellen Rationalitätsunterstellung des Inhalts, dass der Sprecher eine Person ist, die weiß, was sie tut[351]), bringt DavidsonDavidson, Donald auf den |91|Begriff des Prinzips der Nachsicht (principle of charity): »Die Nachsichtigkeit ist uns aufgezwungen; wenn wir andere verstehen wollen, müssen wir ihnen in den meisten Dingen recht geben, ob wir das mögen oder nicht«[352].

Das Prinzip der Nachsicht enthält noch einen anderen wichtigen Gesichtspunkt, der vielleicht besser anhand des eben verwendeten Begriffs der Wahrheitsunterstellung verdeutlicht werden kann: Der radikale Interpret beginnt, wie gezeigt, mit Sätzen, denn nur Sätze können wahr oder falsch sein. Die veritative Signifikanz eines Satzes beurteilen wir aber nicht nur so, dass wir ihn auf ein außersprachliches Ereignis, sondern manchmal oder in vielen Fällen auch so, dass wir ihn auf einen anderen Satz beziehen, von dessen Wahrheit wir überzeugt sind bzw. dessen Wahrheit wir im Rahmen interpretatorischer Nachsicht unterstellen. Die Wahrheitsbedingungen eines Satzes werden sich daher in vielen Fällen nicht isoliert angeben lassen, sondern nur im Zusammenhang dessen, was WittgensteinWittgenstein, Ludwig ein »Nest von Sätzen«[353] nennt. Wir glauben, so WittgensteinWittgenstein, Ludwig an anderer Stelle, »nicht einen einzelnen Satz, sondern ein ganzes System von Sätzen«[354], woraus für die Theorie der InterpretationInterpretation »eine gewisse holistische Auffassung der Bedeutung«[355] folgt. Aus dem semantischen HolismusHolismus wiederum folgt die Unbestimmtheit der Bedeutung, weil es immer mehrere Interpretationen einer sprachlichen Äußerung geben wird, die mit allen verfügbaren empirischen Belegen gleichermaßen in Einklang stehen, und sich doch wechselseitig ausschließen (weil sie unterschiedlichen Satzsystemen zugeordnet sind)[356]. Allerdings wirkt das Prinzip der Nachsicht dieser Unbestimmtheit entgegen[357]. Wir gehen davon aus, dass die Sprecherin im Großen und Ganzen so gestrickt ist wie wir. Wenn sie »Fasan« sagt, will sie vermutlich über Fasane sprechen und nicht über Fasanstadien. Und selbst wenn sie über Fasanstadien spricht, werden wir sie zunächst (oder auch fortwährend) so verstehen, dass sie über Fasane spricht – und es wird dem Gelingen unserer Kommunikation keinen Abbruch tun.

Das Thema des semantischen HolismusHolismus ist durch den Umstand begrenzt, dass es eine bestimmbare Ganzheit von Sätzen oder gar Sprache als etwas Ganzes nicht gibt[358]Holismus. Aber wenn schon nicht alles mit allem zusammenhängt, ist es gleichwohl wahr, dass vieles mit vielem zusammenhängt. Deswegen führt der |92|bedeutungstheoretische Holismus schließlich notwendig über sich hinaus, um zu zeigen, »wie die InterpretationInterpretation der gesprochenen Sprache Hand in Hand gehen muss mit der Interpretation des Handelns im allgemeinen, und daher auch mit der Zuschreibung von Wünschen und Überzeugungen«[359]. »Jede Interpretation und Zuschreibung einer Einstellung«, schreibt DavidsonDavidson, Donald, »ist ein Schritt im Rahmen einer holistischen Theorie, einer Theorie, die notwendig durch das Interesse an Widerspruchsfreiheit und allgemeiner Kohärenz mit der Wahrheit bestimmt ist«[360].

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