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Mister Miracle schlichtet einen Streit

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Eines schönen Abends war Mister Miracle auf dem Weg nach Hause. Es war schon etwas sehr spät für die nächtliche Wanderung, denn es war sehr wolkig und der Mond spendete kaum Licht um den Weg vor den Füßen sehen zu können.

Miracle hatte zu lange bei seiner alten Mutter in der Stadt gesessen. Lange hatte er sie nicht mehr gesehen und sich an diesen Nachmittag bei ihr nach ihrem Wohlbefinden erkundigt. Und so waren sie ins Reden über frühere, längst vergangene Zeiten gekommen und Miracle hatte der Mutter vorsichtig berichtet, wie er in seinem neuen Leben als Einsiedler am Rande der Stadt zurechtkommt.

Seine Mutter kann sein neues Leben nicht wirklich nachvollziehen, ist es doch gänzlich anders als ihr eigenes Leben, das immer von Glanz und Gloria umgeben gewesen war. Ihre Rente war gut, ihre Wohnung groß und ihre Freunde, die nicht ganz so viel hatten, ließen sich gern von ihr zum Käffchen in ihrem gemütlichen Heim einladen.

Miracle ging stolzen und schnellen Schrittes, sein kleines schwarzes Hundchen folgte ihm dicht auf den Fersen. Hier und da stolperte er schon einmal über eine Baumwurzel oder trat auf einen trocknen Ast, der knackend unter seinem Gewicht zerbarst. Sein Hund sammelte dann ein Stückchen davon auf und trug es ein paar Meter mit sich weiter, bis er eine Stelle an einem Baum fand, die interessanter war als sein Spielzeug. Plötzlich aber blieb der kleine Hund stehen und bellte kurz. Dann spitzte er die Ohren, drehte den Kopf in alle Richtungen und bellte wieder. Offenbar hatte er eine Witterung aufgenommen.

Dann hörte es auch Mister Miracle und blieb stehen. Zwei Stimmen, die schöner und lieblicher klangen als alles, was Miracle je vernommen hatte, kamen aus der Tiefe des Wäldchens. Aber sie stritten sich und gingen gerade gar nicht nett miteinander um.

„Mensch, musst du immer auf und ab fliegen? Kannst du nicht mal gradlinig vorankommen?“ Die Stimme klang warm, aber ärgerlich.

„Mensch, lass mich doch fliegen, wo und wie ich will. Ob ich nun oben fliege oder seitlich ist doch völlig wurscht! Pass du lieber auf, dass dein Horn mich nicht ständig aufpicken will!“ Auch dieses Stimmchen klang eigentlich lieblich, nur im Moment nicht, da es sich vor Aufregung fast überschlug.

Miracle entschied, dass diese beiden Wesen, was auch immer es für Wesen waren, die er da sprechen hörte, ihm und seinem Hund nicht gefährlich waren und ging vorsichtig weiter. Den beiden Wesen rief er aus der Ferne schon zu: „Ihr braucht nicht streiten, ihr Lieben. Wir finden einen Weg, der für beide gangbar ist!“

Und dann nach der nächsten leichten Biegung sah er die beiden auch schon vor sich auf seinem Waldweg stehen. Das Einhorn blickte ihm hoch erhobenen Hauptes entgegen und ein kleines, leuchtendes Glühwürmchen hatte sich auf die Spitze seines Horns gesetzt. Neugierig blickten sie Miracle entgegen und das Einhorn fragte ungläubig: „Du kannst uns verstehen?“

„Ja“, antwortete Miracle und nickte den beiden zu.

„Warum?“, fragte das Glühwürmchen und das Einhorn ergänzte: „Noch nie hat ein Mensch mit uns gesprochen!“

„Das ist eine lange Geschichte“, erklärte Mister Miracle und kam jetzt ganz nahe an die beiden heran. „Vielleicht erzähle ich sie euch ein anderes Mal, wenn ihr mich besuchen kommt. Für heute lasst uns lieber mal schauen, wie wir euren Streit schlichten können.“

„Ahh – das ist gut!“, rief das Glühwürmchen sogleich. „Dann kannst du diesem Einhorn-Untier hier gleich mal sagen, dass ich fliegen darf, wo und wie ich gern will ohne mich von ihm ständig herum kommandieren zu lassen.“

„Boah, manno, Glühwürmchen, kannst du nicht ein bisschen hilfreicher sein? Ist ja nicht zum Aushalten!“ Das Einhorn schüttelte genervt den Kopf, so dass das kleine Glühwürmchen den Halt verlor und schnell mit den kleinen Flügelchen flatterte.

„Siehste, du lässt mich ja auch nicht sitzen. Und wenn ich fliege, dann fliege ich nun mal. Da muss ich hin und her fliegen, da ich die seichten Winde nutzen muss, die du noch nicht mal spüren kannst!“

„Nun ist aber gut!“, ging Mister Miracle resoluter als beabsichtigt dazwischen. Etwas sanfter fragte er: „Wo wollt ihr denn hin?“

„Zum See!“, riefen beide wie aus einem Munde aus.

„Na, dann sind wir ja schon drei beziehungsweise vier, die in die gleiche Richtung wollen“, sagte Mister Miracle erfreut und hatte bereits einen Plan. Er fügte dann laut hinzu: „Wenn wir uns gegenseitig unterstützen, kommen wir da auch alle heil und wohlbehalten an.“

„Das glaube ich ja noch nicht“, rief das Glühwürmchen schnell. „Mit dem kann man sich doch gar nicht einigen.“

„Das musst du gerade rumposaunen, du kleiner, grüner Giftzwerg!“, erwiderte das Einhorn ungehalten. „Ständig bist du eigensinnig und machst hier was du willst und kapierst einfach nicht, dass wir zusammen besser vorankommen!“

„Ruhig Blut, ihr beiden.“ Wieder ging Miracle dazwischen, denn Streit konnte er nur schwer ertragen – vor allem war er so unnütz und blockierte alle. Beim Streiten hatte er immer das Gefühl, als wenn ihm alle gute Lebensenergie geraubt wurde. Und das musste nun wirklich nicht sein. In seiner Vorstellung taten die Menschen etwas FÜR sich, lernten und wuchsen zu wohlmeinenden und sich gegenseitig unterstützenden Wesen zusammen.

So erzählte er von seiner Idee. „Schaut mal, ihr beiden – lasst uns doch gemeinsam vorangehen. Ich kenne den Weg, denn ich wohne am See, aber ich sehe bald nicht mehr gut, da es zu dunkel wird. Und nur der Sternenhimmel über uns, kann mir den Weg nicht zeigen. Für mich ist das ganz schön gefährlich, denn meinen Hund sehe ich nicht, so schwarz ist der. Außerdem sind meine Beine müde und ein wenig schwer vom Wandern. Wie wäre es denn, wenn wir alle zusammen gehen?“ Er machte eine kurze Pause und sah fasziniert dem Flug des Glühwürmchens zu.

„Das Einhorn ist mit seinen flinken Beinen viel geschickter als ich es je sein könnte und kommt viel schneller voran. Du, Glühwürmchen, kannst uns den Weg leuchten. Gern nehme ich dich in meine sicheren Hände, damit du uns den Weg zeigen kannst. So bist du sicher und sparst dir deine Kräfte. Du leuchtest uns den Weg, den ich euch zeige und das Einhorn trägt uns voran. Es ist nicht mehr weit, wir können noch vor Einbruch der Dunkelheit am See sein und dort den wunderbaren Abendhimmel gemeinsam genießen. Na, was haltet ihr davon?“

„Du hast deinen Hund vergessen“, meinte das Einhorn, das sich immer um alle Wesen kümmern wollte.

„Keine Bange, Einhorn“, nickte Miracle lächelnd, „mein guter, treuer Gefährte wird immer dicht hinter uns bleiben.“ Einen Augenblick war es still, dann kniete sich das Einhorn nieder, so dass Mister Miracle aufsteigen konnte. Als er saß, kam das kleine Glühwürmchen angeflogen und setzte sich auf seine sicheren Hände. Sogleich fing es an viel heller zu leuchten und das Einhorn stand auf.

„Du musst nach links traben, mein Einhorn“, meinte Miracle sanft. „Und später bei der ganz großen, uralten Eiche geht rechts der Weg weiter. Dann sind wir auch schon bald da!“

Das Einhorn setzte sich sacht trabend in Bewegung und sie kamen alle gut voran. Schweigend genossen sie die milde Abendluft und warfen hier und da einen Blick zum Sternenhimmel hinauf, der sein goldenes Licht über ihnen verbreitete. Der kleine Hund lief schwanzwedelnd hinter ihnen her und freute sich über seine neuen Begleiter.

Als sie gemeinsam am Seeufer ankamen, machten sie Rast und setzten sich. Noch lange sprachen sie an diesem Abend über das Miteinander, das für alle viel nützlicher ist als Streit und Ärger.


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