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Nacht der Teelichter
ОглавлениеAls sie die Gartenpforte öffneten, summten beide noch immer. Drei Stunden live Electric Light Orchestra. Die Autorückfahrt hatte der Stimmung des Konzerts nichts anhaben können, immer wieder hatten sie sich verliebt angesehen und berührt.
Ihr Haus war dunkel, barg eine zärtliche Stille, in die sie eintauchten mit pochenden Herzen, mit verstohlenem Lächeln. Diese Nacht würde ihre sein...
Sie hatten ein bisschen nachgeholfen. Ihr Zwölfjähriger war begeistert darauf eingestiegen, bei seiner Lieblingsoma übernachten zu dürfen. Ihr mittelster Sohn und die große Tochter gingen schon lang eigene Wege, verbrachten natürlich diese Freitagnacht mit Freunden in der Disco, würden sowieso erst beim Hellwerden heimkommen.
Bereitwillig überließ Bea Arno das Bad, nahm geschliffene Weingläser aus der Bar, stellte sie neben ihre Betten, zog aus ihrem Nachtschränkchen das schwarze Negligé, legte ihren Silberschmuck ab, kleidete sich aus...
Arno stöhnte überrascht auf, als sie zu ihm in die Dusche kam und sich unter den warmen Wasserstrahlen an ihn schmiegte. Er suchte und fand ihren Mund. Weicher Schaum floss von seinen Armen über ihren Rücken zu den Füßen hinab...
Als sie sich etwas atemlos von seinen Lippen löste, griff er fast ohne hinzusehen nach Beas Duschgel und begann, ihren Körper langsam damit einzuseifen. Sie half ihm dabei, führte seine Hände über ihre üppigen Brüste, über ihre runden Hüften, lehnte sich verspielt gegen ihn, spürte und sah seine Erregung. Mit kleinen schnellen Küssen lenkte sie ihn jedoch in Richtung Kabinentür, stupste ihn sacht fort und sagte lächelnd: „Den Rest mach ich allein.“
Ihre Stimme vibrierte leicht.
Als er endlich ausstieg, pfiff er.
Ein Meer aus brennenden bunten Teelichtern empfing Bea, als sie das Schlafzimmer betrat. Rings um ihre Betten hatte Arno sie auf den Nachttischen und Regalen angeordnet und ins Fenster gestellt.
Er trat ihr jetzt mit den gefüllten Gläsern in den Händen entgegen.
„Mhm, Rotwein“, schwärmte Bea und nahm ihr Glas.
Sie stießen an, und bevor sie tranken, küssten sie sich. So hatten sie es seit jeher getan, über zwanzig Jahre lang. Durstig trank Bea gleich aus, Arno füllte nach und schaltete Musik ein. Ihre CD. Electrik Light Orchestra. Innig tanzten sie. Fast auf der Stelle.
„Weinrot steht dir“, neckte Bea, und Arno war für einen winzigen Moment irritiert. Meinte sie seinen Pyjama? Kecker Augenaufschlag. Ach so, seine Wangen, die der Wein gerötet hatte. Es war einfach immer so, er konnte es nie verhindern.
„Und das kleine Schwarze dir...“, lenkte er ab und streifte den dünnen Träger von ihrer noch sommerbraunen Schulter.
„Du stehst mir“, seufzte Bea überzeugt und hielt ihn ganz fest.
„Wir stehen uns beide“, beeilte er sich, die drei unsichtbaren Punkte in ihrem Satz zu vollenden.
„Wie recht du doch hast“, flüsterte sie, ganz an ihn gedrückt.
„Ich hab doch immer recht.“
Da boxte sie ihn leicht, traf nicht, weil er auswich. Aber ganz schnell hatte er sie wieder im Arm, hörte ihr Murmeln: „Für heute Abend jedenfalls hast du recht. Das ist mal sicher. Früher aber, da hatte ich immer recht...“
Dieses Du-und-ich-Spiel amüsierte sie beide wie immer, wer was und wann sagte und ungesagt hörte. Jetzt verschloss Arno gerade ihren Mund mit wilden Küssen und versuchte, ihre freche Zunge zu bändigen.
Bea kam zu sich durch die glatte Kühle des Lakens unter ihrem bloßen Rücken. Sie hielt sich an Arnos Oberarmen fest, gab sich seinen fordernden Händen hin, stöhnte schon auf in Gier nach jener warmen reißenden Berührung in ihrem Schoß. Dann kam ein Rausch aus Gefühlen und Erleben, stieg an und ebbte ab, gipfelte in einem spitzen Lustschrei, der Arno eine Gänsehaut über den Körper trieb, die Bea wiederum unter ihren Fingerkuppen fühlen konnte.
Als sie später ihren Wein austranken, wechselte Arno auch eine Reihe der Teelichter aus und entzündete sie. Und dann rieb er jeden Zentimeter von Beas Körper mit warmem, würzig duftendem Massageöl ein. Er wusste ganz genau, wie gern sie das mochte. Er konnte sie fast wie eine Katze schnurren hören, und wenn sie sich zwischendurch an seine Brust verkroch, kneteten ihre Finger rhythmisch seine Haut, und ihre Nägel gruben sich manchmal hinein und verursachten einen kleinen Schmerz.
Und sie fühlte oft die Bewegung seiner Wimpern als leichtes Kribbeln an ihrem Hals, wenn er die Augen öffnete und schloss...
Sie mochten beide nicht aufhören, sich zu streicheln und zu küssen.
Irgendwann aber, als seine ruhigen Atemzüge verrieten, dass Arno zufrieden eingeschlummert war, zog Bea die Decke über ihn und sich und erwartete im verglimmenden Teelichtermeer den Schlaf.
Inmitten der leisen Musik hörte sie noch, wie sich ein Schlüssel hart im Schloss der Wohnungstür drehte, wie das Licht im Korridor angeknipst wurde.
„Hey, Leute“, flüsterte eine Mädchenstimme vorsichtig, „ich bin zurück.“
Aber das war vielleicht schon ein Traum.