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Die Psychologie der Massen

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Der Franzose Gustav Le Bon lebte von 1841 bis 1931. Im zarten Alter von knapp sieben Jahren wurde er 1848 Augenzeuge der Unruhen der sog. „Februarrevolution“. 1871 erlebte er dann die turbulenten Zeiten der „Pariser Kommune“. Beide Ereignisse haben bei Gustav Le Bon einen tiefen Eindruck hinterlassen.

Obwohl eigentlich Mediziner, interessierte sich Le Bon zeit seines Lebens für die Psyche des Menschen – aber nicht für die Psyche des Einzelnen, sondern dafür, wie die Menschen sich als Gruppe verhalten. Le Bon unternahm viele Reisen, kämpfte 1870 als Soldat im deutsch-französischen Krieg – immer mit der Frage im Hinterkopf: was passiert da eigentlich, wenn der Mensch nicht einzeln ist, sondern sich in der Masse befindet? Wie reagiert er? Wie denkt er? Wie fühlt er? Was beeinflusst ihn?

1895 erschien sein bedeutendstes Werk „Die Psychologie der Massen“, das ihn zum Begründer der sog. „Massenpsychologie“ machen sollte. Der Einfluss seines Werkes ist beträchtlich: es wurde zur Pflichtlektüre für alle, denen es um eine gewisse Wirkung in der Öffentlichkeit geht – damit auch für Politiker und Diktatoren, die es zur Verfeinerung ihrer Propagandatechniken einsetzten.

Wenn der Mensch in einer Masse ist, so fühlt und handelt er nicht mehr als Einzelner, sondern als Teil der Masse. Diese Masse fühlt und handelt nun gemeinsam, sie bildet, so Le Bon, eine „Massenseele“.

Massenbewegungen waren schon immer ein beherrschendes Thema der Politik Europas auch im 21. Jahrhundert. Von der Wissenschaftstheorie seither eher vernachlässigt, zeigt sich: Auch im Zeitalter des Individualismus spielen sie eine große Rolle. Und sind gefährlich wie eh und je.

Einige Zeit ist vergangen seit das Hauptwerk des Psychologen Gustave Le Bon, „Psychologie der Massen“, 1895 erstmals erschien. Erschreckend aktuell ist die Lektüre nichtsdestotrotz: „Heute werden die Forderungen der Massen nach und nach immer deutlicher und laufen auf nichts Geringeres hinaus als auf den gänzlichen Umsturz der gegenwärtigen Gesellschaft, um sie jenem primitiven Kommunismus zuzuführen, der vor dem Beginn der Kultur der normale Zustand aller menschlichen Gemeinschaft war. Begrenzung der Arbeitszeit, Enteignung von Bergwerken, Eisenbahnen, Fabriken und Boden, gleiche Verteilung aller Produkte, Abschaffung aller oberen Klassen zugunsten der Volksklassen usw. – das sind ihre Forderungen.“ Im Grunde prägen diese Beispiele den politischen Diskurs nach wie vor. Auch den gegenwärtigen. Nun mag es sein, dass die streitbarsten Themen immer die streitbarsten Themen bleiben, doch wovor Le Bon warnte, war das Zeitalter der Massen. Zu Recht, denn: Es endete nie.

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