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Neuntes Kapitel.

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Frau Tochter „sprach die Baronin, als jene in das Familien-Zimmer hinab kam“ vergebens hab ich bisher als Freundin Sie gewarnt, als Mutter Sie gebeten dieses thörichte Herz zu bewahren, und Ihrem Leichtsinn nicht die Ehre meines Nahmens preis zu geben — Ihren Begierden vielmehr! Unwürdige! So ehrst Du das Gedächtniß Deines Gatten?

Julie stellte den Rocken bey Seite, setzte sich zum Nähtisch hin und wiederholte mit Gelassenheit —

Begierden? Unwürdige? Sie sind sehr aufgebracht, ma mere!

Der junge Mann hat Zartgefühl. Er muß die Zudringliche verachten.

Eine so gute Christin sollte gütiger seyn, gnädige Frau; gerechter wenigstens; denn selbst das höchste Gebot entschuldigt die Zudringlichkeit der Menschenliebe. Daß ich ihm wohl will, ist in der Regel. Sehr wohl, ma mere! Nie sah mein Auge in ein reineres, nie begegnete mein Herz einem wärmern. Darum empört mich ihre Härte nicht. Was gibt es süßeres als um den Mann zu leiden, den wir lieben?

Also ein Anschlag auf seine Hand?

Auf Anschläge verstehen sich in der Regel die Mütter nur. Ich folge kindlich dem Gefühle.

Nur leider nicht dem Zartgefühl. Ihr seliger Mann hat das erfahren.

Friede sey mit ihm. Er weiß nun, wer ihm wohl und wer mir übel wollte.

Ich wollte Dein Glück, Undankbare!

Glück macht die Liebe nur und nur Sie hat er geliebt. Gefürchtet vielmehr. Mein Herz war lauter Flamme, das seine lauter Erz, und immer spröder ward es, bis der Tod es brach.

Du brachst es früher schon!

Julie warf einen glühenden Blick auf die Mutter, verbarg ihr empörtes Gefühl hinter einem unholden Lächeln und schwieg.

Sähe der Hauptmann dies Gesicht „fuhr jene fort“ er würde noch entschiedener zurücktreten.

Er würde mich bedauern und erlösen.

Erlösen, sagst Du? Geh, ich verwerfe Dich!

Sie werfen mich in seinen Arm. Ich komm’ aus diesem!

Die Baronin faltete seufzend die Hände und schlich abseits, dem Himmel ihre Noth zu klagen.

Der Weihnacht-Abend (Gustav Schilling) (Literarische Gedanken Edition)

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