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ОглавлениеMÄNNER KÖNNEN ANALYSIERT; fRAUEN NUR ANGEBETET WERDEN
oSCAR wILDE
Auf ein Neues
Punkt sechs Uhr wachte Phil auch an diesem Morgen auf. Auch an diesem Morgen zeigte ihm sein Badespiegel, dass er nach wie vor nicht zu den schlecht aussehenden Typen gehörte. Noch war sein braunes Haar, dass nur hier und da kleine weiße stelle zeigte, dicht. Gut, um die Augen und auf der Stirn zeigten sich, genauso wie am Hals, Falten, die sich auch mit der besten Creme nicht mehr verscheuchen lassen würden. „Aber was solls“, sagte er sich. Auch ein George Clooney hatte welche und der verdiente immer noch eine Mörderkohle.
Er fragte sich, wie dieser Clooney, ohne Hemd aussehen mochte. Hatte der auch noch einen Körper, wie er? Er mit seinen fast 50? Kein bisschen Fett, keine schwabbeligen Stellen, wo auch immer. Und sein Po, der, als er darauf klatschte, noch immer den gleichen knackigen Ton von sich gab, sah auch noch so aus, wie er es sich wünschte. Nachdem er sich zweimal mit kaltem Wasser über das Gesicht gefahren war, beschloss er, die allmorgendliche Beschauung seines Körpers zu beenden, und sich den ersten Kaffee des Tages zu gönnen. Wenn möglich, noch bevor der vermaledeite Hahn des Nachbarn zu krähen begonnen hatte. Dafür begann er genau dann zu krähen, wenn er gerade dabei war den ersten Schluck zu nehmen. Fast wäre er versucht zu denken, dass ihn dieser Hahn von irgendwoher beobachtete, um genau dann sein heiseres Gekrächze loszulassen.
Seine Tasse mit dem dampfend heißen Kaffee in der Hand den er seit jeher ohne Milch und Zucker trank ging er hinaus in den noch kühlen Morgen. Er liebte diese Tageszeit. Noch herrschte Ruhe und Frieden ringsum. Nur dann und wann hörte er von der Straße her einen Wagen vorbeifahren. Etwas, dass hier in diesem Dorf ohnehin nur selten geschah und dass er an diesem kleinen beschaulichen Dorf so sehr mochte. Vor etwas mehr wie einem Jahr war er hierhergezogen. In dieses Dörfchen namens Lind, in das er sich vom ersten Augenblick an verliebt hatte. Dieses Dörfchen, dass er einer Frau wegen entdeckt hatte.
„Wenigstens etwas, wofür ich ihr dankbar sein kann“, sagte er manchmal zu sich selbst. Einen Satz den er immer dann zu sagen gewohnt war, wenn er sich daran erinnerte, warum und vor allem wegen wem er hier, in diesem kleinen steirischen Dörfchen gelandet war. Ausgerechnet er, der um die halbe Welt gereist war. Der auf fünf Kontinenten gelebt und gearbeitet hatte. Manchmal an diese Tatsachen denkend, konnte er sich des Schmunzelns nicht erwehren. Dabei hatte er es nicht darauf angelegt. War er doch immer ein Kosmopolit gewesen. Zumindest hatte er sich als solcher gesehen. Auch wenn er das Wort selbst nicht leiden konnte. Jedenfalls war er vor etwas mehr wie einem Jahr, im Alter von 49 Jahren hier, in einem Landstrich gelandet, den er vorher noch nicht mal den Namen nach gekannt hatte. Wegen einer Frau!
Noch immer, wenn er daran denken musste, kam er nicht umhin, den Kopf zu schütteln. Wegen einer Frau! Einen Satz, den er, warum wusste er selbst nicht, dann und wann laut aussprach. Auch so eine Gelegenheit, bei der ihn der Hahn zu beobachten schien und welche dieser ebenso als Gelegenheit ansah, sein heiseres Krächzen loszulassen. Nur dass es dann, sarkastischer klang.
Und wie jedes Mal, als er sich, natürlich umsonst zu fragen begann, wie es ihm, ausgerechnet ihm, passieren konnte, dass er einer Frau wegen, seinen Job geschmissen hatte – etwas das er sich leisten konnte – und den er ohnehin satthatte, bekam er die gleiche Antwort in Form eines Gefühls.
Er hatte es tun müssen. Und würde es wieder tun.
Hinterhältig hatte sich dieses Gefühl in seine emotionale Stabilität eingeschlichen.
Midlife-Crisis. Ein Wort, dass ihm sein bester und einziger Freund Bernd, der praktischerweise gleich nebenan wohnte, an den Kopf geschmissen hatte.
„Midlife-Crisis. Von wegen! Du spinnst doch“, hatte er ihm geantwortet. Er und Midlife-Crisis!
Nichtsdestotrotz kam er nicht umhin, darüber nachzudenken.
„Konnte es wirklich sein“, hatte er sich selbst gefragt. Konnte es wirklich sein, dass er, mit gerade einmal 49, in so etwas wie eine M…! Alleine schon diesen Begriff auszusprechen, bereitete ihm Schmerzen. „Nein, dass alleine konnte es nicht sein. War es auch nicht“, sagte er sich selbst. Tatsächlich konnte er sich noch an den Auslöser, wie er es nannte, erinnern. Gleich nach dem zweiten Mal Sex, den er mit Sarah gehabt hatte und nachdem sie sich an ihn geschmiegt hatte - zusammengerollt wie ein Embryo – war es gewesen, als sie von ihm verlangte, dass er sie halten solle.
„Nur ein bisschen“, hatte sie gefordert. Überrascht war er gewesen von diesem, ihrem Bedürfnis. Sie, die eine härtere Gangart beim Sex gefordert und auch bekommen hatte.
Da war es passiert. Er hatte sich verliebt! Verliebt in eine, um fünfundzwanzig Jahre Jüngere!
Dann lag sie da. Wollte gehalten werden, während sie seinen Geruch in sich aufsog. Wollte sich beschützt fühlen. In diesen Augenblicken bevor sie einschlief, war aus der fordernden Frau, die vor sexueller Lust zu schreien begonnen hatte, ein kleines Mädchen geworden. Dieses Mädchen war es dann auch in das er sich verliebt hatte. Zu spät hatte er bemerkt, dass es da noch jemanden außer ihm gab. Jemanden, der eines Tages wieder da war. Um wieder jene Rolle in Sarahs Leben einzunehmen, die er deswegen, einzunehmen im Recht sei – wie sie sagte - weil er früher dagewesen war.
Ein Typ mit den unseligen Namen Dani. Eine Art Kosenamen den sie ihm – eigentlich hieß der Typ Daniel – deswegen verpasst hatte, „weil er so gut zu ihm passt!“
Eigentlich hatte sie recht. Die Abkürzung passte wirklich zu ihm. Er, dieser Dani, mit seinen (mindestens) 20 Kilo zu viel und der mit einem so weiblichen Gesicht daherkam, dass man ihn auch gut und gerne Daniela, hätte nennen können.
Der sich drei Monate lang auf irgendeiner Baustelle als Monteur herumgetrieben hatte und nun, ausgerechnet nachdem er sich in dessen Freundin verknallt hatte, wiederaufgetaucht war.
Woher sollte er wissen, dass es da einen Dani gab?
Eine Tatsache, die sie ihm, tunlichst verschwiegen hatte. Alleine aus dem Grund, weil sie (drei Monate ohne Sex können verdammt lange sein, dass wusste er aus eigener Erfahrung)ausgerechnet ihn dazu auserkoren hatte, sie über die Matratze zu jagen.
Ein Typ der mit dem Namen Dani, einem Gesicht und einer Figur herumlief, die regelrecht nach den anonymen Fresssüchtigen schrie, muss zwangsläufig damit rechnen, dass ein anderer seine Freundin nagelt. Zumindest war er dieser Meinung. Das alleine war es aber nicht.
Wie konnte sie hergehen und ihm sagen, nachdem er sich in sie verliebt hatte - etwas das er ihr dummerweise gestanden hatte, dass sie sich nicht in ihn verliebt hatte? Dass seine Gefühle, jene vor denen er sich selbst jahrelange zu schützen gewusst hatte, von ihr nicht erwidert wurden. Von wegen Midlife-Crisis! Fast zerbrochen wäre er daran. Auch heute noch, ein dreiviertel Jahr nachdem er von D a n i erfahren hatte, konnte er dieses verheerende Gefühl in sich wahrnehmen, dass immer wieder versuchte an die Oberfläche zu gelangen. Das sich in seinem Inneren festgekrallt hatte. Wie auch an diesem Morgen, an dem er sich auf den Weg in seine Laube machte, war er mit nichts anderem beschäftigt, als seinem verletzten Stolz mitzuteilen, dass es Zeit würde, aufzuwachen. Er hatte gelernt gegen dieses Gefühl anzugehen. Nicht um es zu bezwingen. Dazu war es zu spät. Das wäre zu schön gewesen. Es hätte ihm schon gereicht, eines Tages aufzuwachen und zu merken, dass er an etwas anderes dachte. Wäre dann noch der Glücksfall eingetreten, dass der Hahn des Nachbarn von einem Traktor überfahren wurde…! Was ihm aber gelungen war, war das er diese Melange an Gefühlen, im Zaum zu halten gelernt hatte. Wenigstens ein wenig.
„Wahrscheinlich bekomm´ ich deswegen eines Tages ein Scheiß Magengeschwür“, hatte er sich oft gedacht.
Männer in diesem Alter – sie können auch jünger oder älter sein – neigen dazu, hypochondrische Gedanken zu haben. So machte er sich auch an diesem Morgen daran, dieses seinem Gefühls-Wirrwarr zu sagen, dass es keine Macht mehr über ihn hatte. War das erstmal gelungen, dann war die Hahn-Angelegenheit, nur mehr halb so schlimm.
Aber so wie an jedem anderen Morgen auch, lag die Sache nicht ganz so einfach. Wieder einmal zeigte sich, dass ein Vorhaben nur dann Wirkung zeigt, wenn es auch umgesetzt wird.
Als er bei der kleinen, von Rosen umrankten Laube angekommen war, wurde ihm wieder bewusst, dass ihn dieses Gemisch aus Sehnsucht, Schmerz, Hass und Selbstmitleid noch länger begleiten würde.
„Lolita-Effekt! Du leidest am Lolita-Effekt!“ Ebenso eine Weisheit, wofür er Bernd mit einem wenig charmanten SOB bedachte. „Lolita- Effekt“, dachte Phil sich. „Das passiert doch nur Buchhalter-Typen mit Nickelbrille, Cordhosen und einem angestaubten Ego!“ Er versuchte sich daran zu erinnern, wie die Romanfigur der Lolita in Nabokovs Roman dargestellt worden war. Zu seinem Erschrecken erkannte er, dass gewisse äußere wie auch innere Charakterisierungen dieser Kindfrau, auch auf Sarah zutrafen.
Auch sie hatte etwas Kindliches. Vor allem ihre Augen, die so traurig und unschuldig dreinblicken konnten, dass man fast versucht sein könnte, ihr einen Lolli zu kaufen.
Tatsächlich hatte sie nichts gegen Süßigkeiten. Ihre Figur gab Zeugnis davon. Nicht etwa, weil sie das war, dass man im Allgemeinen, als fett bezeichnen konnte. Noch nicht einmal als mollig. Es schien fast so, als würde sie auch noch mit ihren 24, einen Teil des sogenannten Babyspecks mit sich herumtragen. Etwas, das auf Männer leicht gesetzteren Alters, eine fatale Wirkung hatte.
Als er dann an der Laube ankam, seinem Lieblingsplatz im Garten, hatte er es dann so weit geschafft, dass er seinen ersten Schluck Kaffee des Tages mit Genuss trinken konnte. Dennoch kam er nicht umhin, einen tiefen Seufzer auszustoßen, der es ihm erlaubte, den letzten Rest von Selbstmitleid, wenigstens vorläufig, abzulegen.
Die Tasse in der Hand, sah er auf das kleine Tal, dass vor ihm lag. Hier hatte er sich vor etwas mehr wie einem Jahr niedergelassen. Hier in dieser kleinen verschlafenen Gemeinde mit dem milden Namen Spielberg Lind. Dass die Einheimischen selbst, immer nur als Lind bezeichneten. Diese kleine Gemeinde die ihn gerne und mit offen Armen aufgenommen hatte. Ihn in ihre Mitte gelassen hatte. Ihn den Amerikaner mit den halb-wienerischen Wurzeln. Und nun saß er da, keine vierhundert Meter von dem Haus entfernt, in welchem Sarah noch immer lebte. Er, mit seiner Tasse Kaffee in der Hand, den er wie an jedem Tag an dem es das Wetter zuließ, in der kleinen Laube trank die er mit eigenen Händen angelegt hatte. So wie jeden Tag genoss er den Blick über das kleine Tal, das hinunter reichte, bis an den Fluss, die Mur. Der Morgennebel begann sich erst zu lichten und lag noch tief über der friedlichen Ebene. Ja, friedlich war es hier. So friedlich wie ein Ort nur sein konnte. Doch tief in seinem Inneren sah der Frieden anders aus. Zerfurcht nahm er sich aus. Immer wieder aufgerissen wurde er von den Narben, die diese Frau in ihm hinterlassen hatte. Narben, die er nur mühsam wieder bedecken konnte. Mit Dingen, wie einer heißen Tasse Kaffee. Oder der Umgebung in ihrer ruhigen Gleichmäßigkeit die ihm ein wenig von ihrem Frieden abgab. Seine beiden Katzen Bonny und Molly, die sich wann immer sie Lust darauf hatten, an ihn schmiegten. Wie Strohhalme benutzte er diese kleinen Dinge, die ihm Halt gaben. Ihm, einem Ertrinkenden gleich über Wasser hielten, in der Hoffnung doch noch Land zu sehen.
Auf der kleinen hölzernen Bank sitzend, umgeben von Rosenbüschen, deren Köpfe zu dieser Tageszeit noch geschlossen waren, den Blick nach unten gerichtet hatte er sich viele unzählige Male gewünscht, dass dieses kleine Mädchen, dass diese Frau die sich ihm als einzigen als verletzbares Wesen anvertraut hatte, hier neben ihm sitzen würde. Nur um sich wenige Augenblicke später einen Narren zu nennen. Einen Masochisten und Selbstbemitleider. Der heiße Kaffee, der sich an der Außenseite der Tasse an seinen Händen bemerkbar machte, holte ihn wieder aus seiner Trance zurück, in die er wieder einmal gefallen war. Wieder nahm er einen Schluck, genoss wie die heiße Flüssigkeit seine Speiseröhre hinunterlief. Gerade noch erträglich. „Wann werde ich es endlich schaffen, die Sache abzuschließen?“ fragte er sich. „Wann höre ich endlich damit auf, auf etwas zu hoffen das wahrscheinlich nicht eintreffen wird? Und…, wenn es doch eintreffen sollte, wird es dann noch das Gleiche sein?“ Er wusste, dass er diese Fragen auch an diesem Morgen nicht beantwortet bekommen würde. Abrupt richtete er sich auf, weil ein Bauer unter auf der Straße, mit seinem Traktor aus den 60ern, vorbeifuhr und ihn mit einer flüchtigen Dieselwolke bedachte.
„Es hat aber auch was Gutes“, versuchte er sich zu überzeugen. „Es ist schön hier. Und ruhig.“ Nur um nach einer kleinen Pause hinzuzufügen: „So ruhig wie auf einem Friedhof auf dem sich die Toten nach den Lebenden sehnen.“
Eine Biene die sich, obwohl es noch recht kühl war bereits aus ihrer Wabe gewagt hatte, kam herangeflogen, suchte nach einer offenen Blüte. Phil beobachtete sie. Zielstrebig hatte sie Kurs auf eine der Rosen genommen, die in ihren gelben Blütenkopf noch halb geschlossen hatte. Langsam kam sie näher, folgte der Duft Spur die die Rose aussandte, um sich dann vorsichtig darauf zu setzen. „Du weißt, wie man mit etwas umgeht das einen ernährt, nicht wahr“, sagte er zu ihr. Schon hatte sie ihren Rüssel zwischen die Blütenblätter der Rose gesteckt, um an die köstlichen Pollen zu kommen. Das Bild wirkte beruhigend auf ihn und so genoss er den Anblick dieses simplen Geschöpfes, dass nichts anderes im Sinn hatte als Nahrung für sich und die ihren zu sammeln. Mit ihren Hinterbeinen stemmte sie sich gegen den Blütenkopf, um mit ihren vorderen Gliedmaßen die Blütenblätter sanft auf die Seite zu zwängen. Gerade so weit wie es nötig war, um ihren Kopf dazwischen stecken zu können. Schon zog sie ihren Kopf wieder aus dieser einen Blüte, die sich als erste geöffnet hatte, um sich auf die Suche nach der nächsten zu machen.
Die glücklichsten Momente waren dies in den letzten Monaten gewesen. Momente, in denen er nicht daran denken musste, was passiert war. „Was ist denn schon passiert“, fragte er sich immer und immer wieder. „Du hast zweimal einer Frau geschlafen. Das war´s. Hat dir keiner gesagt, dass du dich in sie verlieben musst, du Idiot“, versuchte er sich wieder und wieder selbst zu überzeugen. „Dazu verliebst du dich auch noch in eine die, um so vieles jünger ist. Volltrottel!“ Noch hatte er einen Schluck Kaffee in seiner Tasse. Es blieb ihm also noch ein bisschen Zeit, bevor er aufstehen musste, um sich neuen zu holen. Langsam begann der Kaffee zu wirken, holte ihn aus seiner allmorgendlichen Depression, die ihn in den letzten Monaten so treu begleitet hatte. Mit jeder Minute, die er länger auf seiner geliebten Bank verbrachte, wurde er klarer, wacher im Kopf. Nach und nach füllte sich sein Kopf mit Dingen, die er sich heute vorgenommen hatte.
Früher, zu Zeiten als er sich noch als Development Manager einer Restaurantkette verdingt hatte, war ihm diese Gefühlsduselei fremd gewesen. Kein Verständnis hatte er dafür gezeigt, wenn einer seiner Mitarbeiter in seiner Leistung nachließ, nur weil er Probleme in der Familie hatte, jemand von seiner Freundin oder von seinem Freund verlassen wurde und sich deswegen nicht auf seinen Job konzentrieren konnte. „Wenn du deinen Job nicht mehr machen kannst, dann lass es mich einfach wissen. Ich such mir jemanden der es kann“, hatte er mehr als nur einmal zu jemandem seines Teams gesagt. Besonders allergisch reagierte er darauf, wenn er herausfand das Liebeskummer denjenigen davon abhielt seinen Job so zu machen, wie er es erwartete. „Ich hab´ keine Zeit für diese Schwachheiten“, meinte er einmal. „Lass deinen Herzschmerz zuhause und konzentrier´ dich auf deinen Job.“ Bis ihm eines Tages bewusst wurde, dass er plötzlich mit denselben Problemen zu kämpfen hatte, die er damals anderen abgesprochen hatte. „Karma. Scheiß Karma!“
„Karma“, hatte er einst zu einem Kollegen gesagt. „Hör mir auf mit dem Scheiß!“ Nur um nun herauszufinden, dass ihn dieses, sein Karma, oder wie immer sich das Ding nannte, mit schöner Regelmäßigkeit besuchte, um ihn mit schöner Regelmäßigkeit in den Arsch zu treten. Als er seine Tasse leer getrunken hatte, einen Moment den er verabscheute, war er doch gezwungen sich mit leidigen Tatsache auseinanderzusetzen, sich eine neue holen zu müssen stand er auf, ging zurück ins Haus und freute sich darauf, dass er in spätestens drei Minuten wieder an jenem Ort zurück sein konnte, an dem es ihm wenigstens zeitweilig gelang, sich wohl zu fühlen.