Читать книгу Männer sind auch nur Menschen - H. G Götz - Страница 3
ОглавлениеSarahs Besuch
Als er wieder aus dem Haus kam, um sich noch ein wenig von seiner Lieblingszeit zu gönnen, saß sie da. Auf der kleinen Bank, gleich neben seinem geliebten Rosenstock.
Auf seinem Platz!
Fast wäre er vor lauter Schreck stehengeblieben. Doch damit hätte er sich eine Blöße gegeben, die sie nicht sehen durfte. Er durfte ihr auf keinen Fall zeigen, dass ihm ihre Gegenwart in Verlegenheit brachte. Vielleicht sogar zusetzte
„Guten Morgen“, rief sie ihm von der Bank aus zu.
Phil hob seine Tasse zum Gruß. Das sollte als Gruß „Möchtest du auch einen Kaffee“, fragte er sie im Gehen.
„Nein danke“, erwiderte sie. Ich hab´ mein Quantum heute schon gehabt.“ Obwohl er es nicht wollte, konnte er nichts dagegen tun, dass er mit gesenktem Blick weiter ging. Erst als er bei ihr ankam, hob er den Kopf und sah sie direkt an.
„Wie geht’s dir“, fragte sie.
Phil setzte sich, achtete darauf das er seinen Kaffee nichts verschüttete.
„Mir geht’s gut, danke.“
„Ich hab´ mir gedacht ich schau einfach mal vorbei und sag Guten Morgen“, sagte Sarah.
Wo hast du denn die kleine Prinzessin gelassen“, wollte er von ihr wissen.
„Emily ist heute bei ihrem Vater. Du weißt ja, alle zwei Wochen ist sie bei ihm.“
„Ach ja“, erinnerte er sich.
„Ist ihm wieder mal eingefallen, dass er Vater ist.“ Eigentlich hatte er sich vorgenommen seinem immer wieder auftauchenden Sarkasmus abzuschwören, doch hatte sich diese Selbstkasteiung als mitunter recht schwierig erwiesen.
„Ja, manchmal fällt es ihm wieder ein“, gab Sarah trocken zurück. „Gibt es einen speziellen Grund, warum du so früh am Morgen vorbeikommst, oder …“, wollte er von ihr wissen. „Nein.“ gab sie zurück. Ich wollt´ einfach nur mal so vorbeikommen und Hallo sagen. Aber wenn ich dich störe, kann ich auch wieder gehen“, erwiderte sie.
„Nein, nein, alles gut“, antwortete Phil, der sich wünschte er hätte den Mumm gehabt, um ihr die Wahrheit zu sagen.
„Die Wahrheit? In Wahrheit würdest du lieber vor Freude um den Rosenstück tanzen“, gestand er sich schließlich selbst ein.“
Schließlich erinnerte er sich doch daran, dass es galt, die Contenance zu halten. In Wahrheit, der wirklichen, freute es ihn, dass er sie wieder mal zu Gesicht bekam. Das Herz hüpfte ihm bis zum Hals, während sein Innerstes einen Salto nach dem anderen vollführte.
„Toll Alter. Sie hat dich noch genauso im Griff, wie du es nicht haben wolltest!“
„Ich war nur überrascht, dich zu sehen. Wann sind wir uns eigentlich das letzte Mal über den Weg gelaufen“, wollte er von ihr wissen. „Das ist doch schon wieder drei Wochen her, oder?“
Er sah sie fragend an. Nicht etwa, weil das ihre
Antwort beschleunigt hätte. Es war vielmehr eine Gelegenheit sie anzusehen. Und er tat es gerne.
Ungehindert der Tatsache, dass es ihn wieder für den Rest des Tages verfolgen würde. Wieder fühlte er wie sich dieses Etwas in ihm regte, von dem er sich wünschte, dass es nicht da wäre.
„Hmm, ja ich glaub das ist schon wieder drei Wochen her“, sagte Sarah seine Schätzung bestätigend.
Da war sie wieder. Diese Situation, vor der er sich zugleich fürchtete und die er doch jedes Mal herbeisehnte. Dieses Gefühl, das jedes Mal von ihm Besitz ergriff, wenn er sie sah. Zwiespältig war es. Freude und Widerwillen die sich miteinander vermischten bis sie für ihn nicht mehr zu trennen waren. Die ihn unfähig machten, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Sich dafür selbst hassend, sich verachtend, ob seiner Schwäche dem Gefühl ihr gegenüber, von dem er nicht wusste, wie er es los werden sollte.
„Will ich denn überhaupt, dass es weg geht? Will ich überhaupt, dass es mir eines Tages gelingt nichts, absolut nichts für sie zu empfinden?“
Er gab sich selbst die Antwort: „Naaa!“ Eine Wahrheit, die ihn erschreckte. Vor der er sich fürchtete.
So saßen sie eine Weile stumm da, betrachteten die Landschaft, die vor ihnen lag. Phil genoss die Stille, in der sie saßen. Es vermittelte ihm den Eindruck von vertrauter Zweisamkeit. Fast wäre er versucht sich als Teil dieses Paares zu fühlen, dass keines war. Nur mit Mühe konnte er verhindern, dass sich diese Empfindung weiter in ihm festsaugte. Und wieder verstand er die Welt, verstand sich nicht mehr. „Warum hast du nicht jeden Kontakt zu ihr abgebrochen?“
„Diese Lügen die sie dir aufgetischt hat! Jede andere und du musst zugeben, dass es da einige gab, hättest du dafür in den Wind geschossen!“ Er atmete einmal tief durch.
„Naja, nicht alle…!“ Warum sollte er als jetzt damit anfangen?
Es hatte ihm auch nichts geholfen, dass er in jenen Momenten, in welchen er sich in Hass und Rage geredet hatte (einen Versuch war es wert) wegen der Lügen die sie ihm aufgetischt hatte, zum Teufel oder zu sonst wohin zu wünschen. Um sich dann doch wieder mit seiner eigenen Unfähigkeit konfrontiert zu sehen, genau dies nicht zu tun. Trotzdem oder gerade deswegen, weil ihm Bernd dazu geraten hatten, die „Schlampe in die Wüste zu schicken…!“
„Wenn sie das mit mir gemacht hätte, hätte ich ihr den Kopf abgerissen“, hatte er einmal zu ihm gesagt.
Fast wären sie sich deswegen in die Haare geraten. Trotz allem saßen sie nun hier auf dieser Bank. Redeten darüber wie es Emily, ihrer Tochter ging, die er kennen und lieben gelernt hatte und wann sie sich das letzte Mal gesehen hatten. So, als wäre nichts geschehen.
„Weißt du was mich immer noch wundert“, wollte Sarah plötzlich von ihm wissen.
„Was denn“, fragte er sie ohne seinen Blick vom Tal zu lösen.
„Warum du trotz allem hiergeblieben bist?“
Schon ging es wieder los!
„Wie macht sie das? Kaum sitzt sie drei Minuten hier, hat sie mich schon wieder auf die nicht vorhandene Palme gebracht.
Er verstand nicht, wie sie diese Frage – wie oft hatte sie ihm diese eigentlich gestellt – wieder und immer wieder stellen konnte!
„Contenance behalten, Contenance…“, ermahnte er sich. „Haben wir uns darüber nicht schon genug unterhalten?“ „Ja, schon“, gab sie zurück. „Aber ich versteh´ es immer noch nicht.“ Phil schüttelte seinen Kopf, als Zeichen dafür, dass er es nicht glauben konnte.
„Ich hab´ dir doch gesagt, dass ich mich hier wohl fühle“, begann er zu erklären. „Ich dachte wirklich wir hätten das Thema ein für alle Mal abgehakt.“
Ein leicht gereizter Unterton hatte sich in seine Stimme gemischt, den sie bemerkte.
„Sieh dich doch mal um“, forderte er sie auf. „Die Gegend ist traumhaft schön. Die Menschen hier sind freundlich, alles ist sauber und nett.“
„Ja stimmt schon“, pflichtete sie ihm bei.
„Aber …!“
„Nichts aber“, sagte Phil, sie mitten im Satz unterbrechend.
Sarah lehnte sich mit einem Seufzer zurück, von dem er nicht wusste, was er bedeuten sollte.
„Ich hätte darauf gewettet, dass du wieder von hier weggehst, nachdem sich das mit uns …!“
Jedes Mal hatte es Phil wie eine Provokation empfunden.
„Warum fängt sie wieder damit an“, hatte er sich dutzende Male gefragt.
Doch die Sache war die: Es störte ihn nicht, dass sie wieder damit anfing. Was ihn störte war die Tatsache, dass sie genau wusste, warum er, wenigstens zu Anfang, hierhergezogen war nur dass sie das nicht wahrhaben wollte.
Sie unterstellte ihm zu lügen. Männliche Eitelkeit, die, wenn sie verletzt wurde, mindestens genauso schwer zu heilen ist, wie die weibliche, kann zu einem echten Hindernis werden. Eine Weisheit, von dem ihm seine 49 Jahre nicht zu schützen gewusst hatte!
„Was…, das mit uns“, fuhr er dazwischen. „Was war denn?“
„Wir waren zusammen zweimal im Bett. Ich habe mich dummerweise in dich verliebt. Etwas das ich mir nie erlaubt hätte, wenn ich auch nur geahnt hätte, dass du in einer Beziehung steckst!“
„Na ja, ganz so war es dann doch nicht“, meinte sie wieder.
War da ein leicht süffisanter Ton in ihrer Stimme?
Phil setzte sich aufrecht hin, drehte sich halb zu ihr um und sah sie direkt an. Kurz davor in die Luft zu gehen. Im letzten Moment gelang es ihm, sich zu beherrschen.
Das würde kein gutes Ende nehmen. So viel wusste er. „Du warst, als wir zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten bereits in einer Beziehung. Du hast es nur nicht erwähnt, weil du dir den Spaß nicht entgehen lassen wolltest“, sagt er klar heraus.
„Ansonsten wäre mir…, dass nie passiert!“
Eine Pause trat ein. Irgendwie schien sie die Lust an dieser Debatte verloren zu haben. Wieder irrte er sich.
„Das mit Dani hat sich erst danach gefestigt“, sagte sie. „Das habe ich dir schon hunderte Male gesagt!“ „Hör doch auf mit dieser Story“, sagte Phil zu ihr, sichtlich gereizter.
„Der Typ war gerade außer Reichweite und du hast deine Geilheit nicht unter Kontrolle halten können. Also bist du hergegangen, hast dein Profil auf dieser Webseite hochgeladen, um jemanden zu finden den du auf die Schnelle vögeln kannst. Und der erste der darauf dummerweise geantwortet hat war ich. Aller Wahrscheinlichkeit war ich noch nicht mal der einzige“, fügte er hinzu.
Oh nein, das Ganze würde mit Sicherheit nicht gut enden.
Genervt lehnte er sich wieder zurück. Mit jeder Minute, die diese Debatte andauerte, spürte er das Bedürfnis ihr weh zu tun. So wie sie ihn verletzt hatte.
„Das Problem war nur, dass du nicht damit gerechnet hast, dass sich jemand meldet der an mehr interessiert sein könnte, als dich flachzulegen.“
„Toll Phil. Du hast es soeben wieder geschafft, dich selbst zu erniedrigen“, schoss es ihm durch den Kopf. Seltsamerweise schien sie sich - wieder nicht - von seinen Worten beleidigt zu fühlen.
„Du hast gesagt das du dich nicht verliebst“, wandte sie ein.
„Das war auch nicht meine Absicht. Überhaupt nicht“, fügte er schnell hinzu.
„Aber so sind Menschen eben. Sie haben Emotionen. Na ja, fast alle.“
Der kleine Seitenhieb, ließ ihn augenblicklich besser fühlen.
Dann, bevor sie wieder anfangen konnte etwas zu sagen, meinte er: „Und vielleicht kannst du mit diesem Dani aufhören“, forderte er sie auf.
„Das klingt als wäre der Typ bi oder sonst irgendwie falsch gepolt. „Mein Gott...Dani.“
Nun war es vorbei. Die Diskussion hatte ihn endgültig auf die Palme gebracht.
„Bei welcher Gelegenheit nennst du ihn eigentlich Dani?“
„Vor oder nachdem du ihm einen Plug verpasst hast?“
Er hatte es geschafft! Mit einem Mal stand sie auf.
„Na gut, wenn du wieder so anfängst …“, sagte sie. Schon begann sie den kleinen Hügel hinunter zu gehen, auf dem sich die Laube befand.
„Ich hab‘ gehofft, dass du dich freuen würdest, wenn wir uns wieder mal unterhalten würden“, sagte sie im Davongehen.
„Klar doch! Dir liegt nichts mehr am Herzen, als mich mit deiner Gegenwart zu erfreuen“, rief er ihr, in absichtlich gestelztem Ton nach.
Schon begann sich Reue in ihm zu regen. Am liebsten wäre er aufgesprungen, um seine Tasse weit von sich zu schleudern. Das aber hätte bedeutet, dass er hätte aufstehen müssen, um sich neuen Kaffee zu holen…!
„Verdammt! Das war jetzt wieder notwendig.“
Wieder einmal hatte er es zugelassen, dass seine Emotionen mit ihm durchgegangen waren.
„Scheiße“, presste er zwischen den Zähnen hindurch. „Wir sehen uns...Nachbar“, rief sie ihm zum Abschied zu. Mit erhobener Hand, ohne dass sie sich umdrehte und in einem Ton der mehr wie ein „…du kannst mich auch mal“; anstatt einem freundlichen Abschiedsgruß anhörte! Und auch diesmal wieder, konnte er sich seinen Abschlusskommentar nicht verkneifen. „Grüß mir D a n i recht schön. Vielleicht lässt du ihn bei Gelegenheit wissen, dass du mit einem deiner Nachbarn gevögelt hast. Mit dem, der keine 300 Meter weit entfernt wohnt.“
Sarah reagierte jedoch nicht. Stattdessen ging sie mit lockeren Schritten weiter. So als würde sie bester Laune, über eine Wiese spazieren!
Er aber kannte sie. Jawoll!
Er konnte an ihrem Gang erkennen, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.
Zumindest war seine Einbildungskraft stark genug, die es ihm erlaubte, solches zu sehen.
„Ich kann noch immer nicht glauben, dass du wirklich was mit der angefangen hast“, hörte er Bernd sagen, der locker an der linken Hauswand gelehnt stand.
Phil erschrak.
Er war so sehr damit beschäftigt, sich auf die davongehende Sarah zu konzentrieren, dass er ihn gar nicht bemerkt hatte.
Er hatte Bernd gleich in der ersten Woche kennengelernt. Dieser war zufällig auf der Straße vorbei spaziert als Phil gerade dabei war, ein paar Kartons in sein Haus zu tragen in dem sich sein Haushaltszeug befand. Dieser hatte sich kurzerhand bei ihm als Bernd vorgestellt und ihn wissen lassen, dass er gleich nebenan wohnte. Was hier am Land bedeutete, dass er zwei Straßen weit entfernt, sein Haus stehen hatte.
Sie fanden sich auf Anhieb sympathisch – die zwei Flaschen Rotwein, die er in der Hand hatte, trugen nicht wenig dazu bei - worauf er und Bernd sich von da an regelmäßig sahen.
„Scheiße, hast du mich erschreckt“, sagte Phil.
„Wie lange stehst du denn schon da?“
Bernd stieß sich von der Wand ab und kam mit langsamen Schritten auf ihn zu.
„Sagen wir mal so. Ich hab´ gerade noch den unterhaltsamen Teil mitbekommen.“ Phil sah, dass er ein Schmunzeln nur schwer unterdrücken konnte.
Er trat an die Bank heran und fragte: „Wenn ich mir schon dieses Drama habe anhören müssen, könntest du mir wenigstens einen Kaffee und einen Sitzplatz anbieten“, schlug er scherzhaft vor.
„Geh einfach rein und drück aufs Knöpfchen, du Spanner“, gab Phil zurück, der sich vom anfänglichen Schrecken erholt hatte.
„Mach ich“, erwiderte Bernd und trat den Weg ins Haus an. Kurze Zeit später kam er mit einer Tasse in der Hand zurück und setzte sich neben Phil.
„Tut mir leid, dass du das mit anhören musstest.“
Der nahm einen vorsichtigen Schluck vom Kaffee, schüttelte den Kopf und sagte: „Mach dir nichts draus. Ich weiß ja in der Zwischenzeit, dass du ein besonders selten dummes Exemplar, eines Masochisten bist!“
„Leck mich“, antwortete Phil.
Der bissige Humor war von Anfang an etwas gewesen, dass sie beide aneinander zu schätzen gewusst hatten.
„Ich versteh‘ immer noch nicht, was du an dem Mädel gefunden hast. Oder findest. Ich meine …, sie ist nicht unbedingt eine der attraktivsten und mit Sicherheit nicht eine der schlanksten“, gab Bernd wieder einmal zu bedenken.
Phil wollte schon etwas erwidern als ihm einfiel das er heute schon einmal etwas zu vorschnell reagiert hatte. Erst nachdem er noch einmal tief durchgeatmet hatte, sagte er: „Ich weiß“, setzte er an. „Aber das ist es auch nicht.“
„Du meinst, es ist das, was du nach wie vor in ihr siehst“, fuhr Bernd in deutlich hörbar sarkastischem Ton fort. „Das was du, trotz allem noch in ihr siehst, obwohl sie, um es nicht zu vergessen, dich abserviert hat, nachdem Freund Qualle wiederaufgetaucht war!“
„Das kleine unschuldige Mädchen!“
„Hab ich dir schon mal gesagt, dass du mich kannst“, wollte Phil von ihm wissen.
„Ja, hast du! Da du aber weißt, dass ich nicht auf Männer stehe, bei denen das Ablaufdatum nach baldigem Verzehr ruft…!“
Phil gab als Reaktion nur ein Schnaufen zu hören.
„Das nächste Mal mach ich dir den Kaffee“, erwiderte Phil.
Beide lachten. Sie kannten sich zu gut, um aufeinander böse zu sein. Trotzdem fühlte er sich beschämt.
Bernd kannte die ganze Geschichte von Anfang an. Hatte ihm, als guter Freund, davon abgeraten, die Sache, wie er es betitelte, ausufern zu lassen. Das zu einem Zeitpunkt, als es schon zu spät war.
Nachdem beide einen Schluck Kaffee genommen hatten, wartete Phil mit einem Geständnis auf. Einem, dass für Bernd kein neues war.
„Du hast ja recht“, gab er zu. „Die Sache macht mir noch immer zu schaffen“, sagte Phil seufzend.
„Mann, Phil“, begann Bernd. „Die Alte hat sich von dir flachlegen lassen, weil du dich als erster bei ihr gemeldet hast! Glaub ich mal! Sie hatte nie und nimmer vor, daraus eine Beziehung werden zu lassen. Einmal abgesehen davon, dass sie zu diesem Zeitpunkt ohnehin in einer Beziehung war. Was sie dir tunlichst verschwiegen hat.“
Jetzt war Bernd es, der einen Schnaufer hören ließ. „Ich fass es nicht, dass wir schon wieder hier sitzen und wieder über das gleiche Thema reden!“
„Jaja ich weiß“, sagte Phil genervt.
„Damit aber nicht genug.“ fuhr Bernd gnadenlos fort. „Als ihr Freund, oder was immer er auch ist, von seinem Auslandseinsatz zurückkam, hat sie dich eiskalt abserviert!“
Die Intensität der Peinlichkeit die in Phil wieder hoch zu kriechen begann, erreichte ein neues Niveau.
„Und weil es so schön ist und weil ich es geil finde, wenn ich dir den Morgen verderben kann…! Sie hat auch noch die Nerven gehabt, dir ihre Tochter vorzustellen.“
„Die, das muss ich zugeben, ein wunderbares Kind ist. Und an der du einen Narren gefressen hast.“
„Emily.“ sagte Phil. „Ja, die Kleine ist wirklich ein ganz besonderes Kind.“
Ein Lächeln erschien auf Phils Gesicht.
Phil dachte schon das Bernd mit seinem Versuch ihn vom Wahnsinn dieser seltsamen Beziehung, wieder einmal, zu überzeugen versuchte, zu Ende war. Doch dem war nicht so, wie er gleich herausfinden sollte. „Ist dir eigentlich klar, dass dich die Frau Kopf und Kragen kosten kann? Solche Weiber vögelt man und vergisst sie dann wieder. Na ja, wenn man es sich auf leicht männlich angehauchte Frauen steht, die um die Hüfte herum etwas breiter gebaut sind.“ Der spottende Ton in Bernds Stimme war Phil nicht entgangen.
Endlich schien Bernd am Ende seiner Predigt angekommen.
„Ich weiß Bernd. Ich weiß“, sagte Phil leicht genervt.
„Und trotzdem komm´ ich von dieser Frau nicht los.“
Phil wendete den Kopf, sah seinen Freund mit einem nach Verständnis hoffenden Blick an.
„Ich versteh´ dich ja Alter. Aber trotzdem. Ich würde der Frau Hausverbot geben“, fügte er hinzu. „Nachdem ich ihr ihre verlogene Visage poliert habe.“ Phil erwiderte nichts darauf, sah einfach nur nach unten in das kleine Tal von Lind, auf dem noch immer der Morgennebel lag, der sich an diesem Morgen einfach nicht heben wollte.
Fast wünschte er sich, dass dieser Morgen anders begonnen hätte.
„Auf jeden Fall bist du für mich ein seltenes Exemplar eines Masochisten! Hab ich dir das schon mal gesagt“, wollte Bernd von ihm wissen.
„So ein oder zweimal“, erwiderte Phil, der den Blick weiter auf das unten liegende Tal gerichtet hatte.
Bernd schlürfte hörbar an seinem Kaffee.
„Endlich Ruhe“, dachte Phil sich, der sich, fälschlicherweise, dachte, dass Bernds Predigt, ein Ende gefunden hatte.
„Ich glaube, es wird mal wieder Zeit, für den einen oder anderen Besuch im Puff!“ Ein Vorschlag Bernds von dem Phil nicht wusste, ob er ihn ernst nehmen sollte.
Auf der anderen Seite…!
Nach einer kleinen Weile – Bernd hatte hörbar seinen Kaffee getrunken, sagte dieser: „Wie auch immer. Im Gegensatz zu anderen, kann ich es mir nicht leisten den ganzen Tag auf einer Bank zu sitzen.“
„Ich dachte schon du haust nie ab“, gab Phil trocken zurück.
„Oh doch. Tu ich“, antwortete Bernd, der dabei aufgestanden war.
„Aber glaub nicht, dass ich dich für allzu lange Zeit in Ruhe lasse. Nachdem ich meinen Frondienst heute abgeleistet habe, komme ich mit zwei hübschen Kleinen zurück!“
„Mit zwei hübschen Kleinen“, fragte Phil ihn verwirrt.
„Ja genau. Die eine heißt Bloody Mary und die andere Margerita!“
„Oh mein Gott“, fuhr es Phil durch den Kopf. Er konnte sich noch gut an das letzte Mal erinnern, als Bernd eine solche Ankündigung getätigt hatte.
Auch damals, es mochte so an die drei Wochen her sein, kündigte Bernd ebenfalls einen ähnlichen Besuch an. Und auch wenn er sich an das meiste nicht mehr erinnern konnte, so wusste er doch noch, dass Bernd es niemals bei einer Mary oder einer Margerita bleiben ließ.
Kaum hatte er die Erinnerung daran beiseitegeschoben, Bernd war bereits den kleinen Hügel hinunter gegangen, sah er das dieser seine leere Tasse, auf den Boden neben der Bank gestellt hatte.
„Hey“, rief er ihm hinterher. „Was ist mit deiner Tasse?“
Bernd antwortete ohne, dass er sich umdrehte: „Beweg dich ein bisschen. Schau dir mal deine Schwimmreifen um die Hüfte herum an. Ist ja kein Wunder, dass du keine mehr abkriegst!“
Noch bevor Phil etwas darauf erwidern konnte, war Bernd schon um die Ecke verschwunden.
„Du bist doch wirklich ein…“; setzte er an ihm hinterher zu rufen, dass von einem Lächeln begleitet wurde.
Im nächsten Moment sah er auf das, was Bernd als Schwimmreifen bezeichnet hatte.
Dann sah er nach unten, tippte mit einem Finger seinen Bauch an.
Nachdem er dieses, sicher war sicher, ein paar Mal wiederholt hatte, meinte er selbstzufrieden: „Von wegen Schwimmreifen!“