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OHNE MILCH UND ZUCKER

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“ohnemilchundzucker_77”

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Liebe macht was. Diese Worte sind nicht von mir allein, sondern auch von meinem Ex-Facebookfreund Chris. Wir haben diesen Satz quasi gemeinsam kreiert. Und dieses “Was” - mein Pendant, meine bessere Hälfte, die begehrten Schmetterlinge im Bauch - wollte ich wieder finden. Ich sah mich in meinem neuen alten Umfeld um. Im Februar war ich nach Hause zurückgekehrt. Zuhause bedeutete im östlichen Binnenland Mecklenburg-Vorpommerns inmitten der idyllischen Mecklenburgischen Seenplatte. Genauso hieß auch der neu gebildete Großkreis, für den mehrere Landkreise aus Effizienzgründen nach dem Bevölkerungsschwund der vergangenen zwei Jahrzehnte seit der deutschen Wiedervereinigung zusammengelegt wurden. Für den Neuanfang bezog ich das Gästezimmer im Keller des Elternhauses in einem Siebenhundert-Seelen-Dorf. Zumindest waren es einmal siebenhundert Einwohner, inzwischen mögen gerade etliche junge Leute abgewandert sein. In meinem Alter mit vierunddreißig Jahren waren die hier Gebliebenen in der Regel vergeben, verheiratet und hatten Kinder. Die Auswahl an möglichen Partnern war darum ziemlich eingegrenzt und eine Vernunftsbeziehung lehnte ich strikt ab. Warum sollte ich mit einem Mann zusammen sein, wenn nicht aus Liebe? Ich war kinderlos. Es ist einfach nicht passiert, denn ich hatte es nie darauf angelegt, schwanger zu werden. Das erlaubte mir Freiheiten, bescherte mir hier auf dem Lande aber jetzt die grüne Langeweile. Ich konnte mich dazu aufraffen, laufen zu gehen. Damit ich ein bisschen unter die Leute mit gleichem Hobby kam, meldete ich mich zu einem Marathon um den Kummerower See an, den ich die letzten zehn Kilometer vor Augen abbrechen musste. Mit über zweiundvierzig Kilometern Strecke hatte ich mir zuviel zugemutet. In meinem Facebook-Profil postete ich die Strecke und gab zu, dass ich sie nicht bewältigt hatte und weiter trainieren müsste. “Am achtzehnten August ist Müritzlauf! Da kannst Du wieder Dein Glück versuchen.”, kommentierte meine Schulfreundin Jenny, die selbst auch lief, aber gerade ein Baby bekommen hatte und pausierte. Vier Wochen später trat ich zu dem Halbmarathon von Röbel nach Waren an, den ich trotz sengender Mittagshitze um die fünfunddreißig Grad Celsius stolz wie Oskar schaffte. Ein Foto von mir vor dem Zieleinlauf stellte ich auf der Social-Media-Website online. Es zeigte mich nach dem Hitzelauf klatschnass von Schweiß und Bechern voll Wasser, die ich mir an den Verpflegungsstationen zur Erfrischung in den Nacken gekippt hatte. Positiver Nebeneffekt war, dass ich durch das Laufen über den Sommer fast zehn Kilo abnahm. Laufen wirkte bei mir besser als jede Diät. Dennoch fühlte ich mich schwerfällig und plump. Negativer Nebeneffekt war, dass meine alten Laufschuhe auf der langen Strecke dermaßen ausleierten, dass ich an den großen Zehen durch Quetschungen schwarze Nägel davontrug, die sich nach zwei Monaten zu lösen begannen und erst zum Jahresende nachgewachsen sein sollten.

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