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Prolog

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Letztendlich wollen wir doch alle nur das Gute. Die Frage ist nur, was wir als das Gute definieren.“

Hinweis : Die Figuren und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden. Abweichungen von der Realität sind folglich durchaus möglich.

3. Dezember, 18:04, bei Frankfurt

Es gab einen Stau auf der A3 Frankfurt Richtung Köln. Sobald man aus Frankfurt herauskam, stockte der Verkehr. Feierabend. Nicht weiter ungewöhnlich. Die Autos standen fast schon Stoßstange an Stoßstange.

Zwischen zwei großen, grauen SUVs und neben einem blauen Fiat und einem schwarzen Audi stand in der ganz rechten Spur ein kleiner, quietschgelber Corsa. Die Fahrerin des Corsas war Anfang 30 mit braunen Haaren, die sie in einem Zopf zusammengebunden hatte. Ihre braunen Augen blickten durch das geöffnete Fenster der Fahrertür genervt nach oben, wo ein Helikopter gerade lautstark über den Stau hinweg flog.

Von hier oben konnte man zweifelsfrei bereits den Grund für den Stau sehen, den die Autofahrer nur durch das Radio hören konnten. Es hatte einen nicht allzu dramatischen Unfall gegeben und die Aufräumarbeiten waren fast abgeschlossen.

„Schon wieder so ein dummer Unfall!“, bemerkte der einzige Fluggast des Hubschraubers. „Tja, Chef, es kann halt nicht jeder so ein guter Autofahrer sein wie Sie“, meinte der Pilot in sich hinein grinsend.

„Olpe, wie meinen Sie das?“, wollte sein Chef wissen. „Nun – nicht jeder kann, wenn er keine Lust auf Stau hat, mit dem Helikopter anstatt mit dem Auto nach Hause kommen“, erklärte Olpe. „Aber Robert, ich fahre doch auch mit dem Auto nach Hause – apropos – wir können ruhig etwas langsamer machen, ich habe gerade das Auto meiner Frau entdeckt!“, erklärte sein Chef.

Robert lachte. „Woher wissen Sie denn, welches Auto das Ihrer Frau ist?“, wollte er wissen. Ein Grinsen überflog das von Arbeit gezeichnete Gesicht seines Chefs. „Ein gelber Fleck im dunklen Automeer ist schwer zu übersehen“, erklärte er. Olpe lachte.

„Chef, wann feiern Sie eigentlich ihren 40.?“, hakte er, das Tempo bereits gedrosselt, nach. Sein Chef seufzte. „Olpe!“, meinte er ermahnend, „Das entscheide ich, wenn ich 40 bin. Bis dahin ist aber noch viel Zeit.“ „Wenn drei Monate viel für Sie sind“, erwiderte Olpe achselzuckend und konzentrierte sich wieder aufs Fliegen.

Bald hatten sie die große Wiese, die sich als Landeplatz bestens eignete, erreicht. Nach der Landung verabschiedete sich Olpes Chef noch von ihm. „Auf Wiedersehen, Herr Jedermann!“, sagte Olpe noch winkend. „Tschüss, Herr Olpe, bis morgen!“, erwiderte Jedermann und winkte Olpe hinterher, wie dieser sich wieder in die Luft erhob.

Seufzend schloss Vincent Jedermann seinen grauen Mercedes auf und setzte sich ans Steuer. Seinen Aktenkoffer, der gut gesichert war, legte er auf den Beifahrersitz. Dann fuhr er los.

Etwa eine Viertelstunde später, nachdem Vincent sein Haus erreicht hatte, konnte seine Frau, die Fahrerin des quietschgelben Corsas, Zora Jedermann, ihre Autobahnausfahrt erkennen. „Endlich!“, dachte sie seufzend. Sie bereute es schon jetzt, nicht Egons Angebot angenommen zu haben, sie direkt von Berlin aus nach Hause zu fliegen. Das wäre mit den Parkgebühren am Flughafen aber auch zu teuer geworden, rief sie sich wieder in den Sinn.

Seufzend drehte sie den Kopf und setzte den Blinker. Wenigstens hatte sie auf dem Bremsstreifen scheinbar freie Fahrt. Sie hatte sich aber zu früh gefreut, da sich hinter der Ausfahrtskurve bereits ein anderer Stau – aufgrund einer neuen Ampel – gebildet hatte. So dauerte es noch gut 20 Minuten, bis sie wieder zu Hause war.

Der Wagen ihres Mannes stand bereits in der Auffahrt. Verwundert hielt sie dahinter an. „Vincent ist heute aber früh da!“, stellte sie irritiert fest, „Stand er etwa nicht im Stau?“ Grübelnd richtete sie den Innenspiegel so, dass sie sich sehen konnte und löste ihren Pferdeschwanz. Sie schüttelte ihre Haare. Dann griff sie zu ihrer Handtasche, die auf dem Beifahrersitz lag, und tauschte ihr Haargummi gegen einen Lippenstift aus. Sie malte sich ihre Lippen rot an, presste sie zusammen und deutete sich selbst gegenüber im Spiegel einen Kuss an.

Zora und Vincent hatten sich vor fünf Jahren in einer Bar in Spanien kennengelernt. Sie hatte dort einen Auftrag gehabt und er war wohl zum Urlaub dort gewesen. Vielleicht aber auch nicht. Genau genommen wusste sie nicht einmal, als was genau ihr Mann arbeitete, es hatte wohl nur etwas mit Medien zu tun, wenn sie das richtig verstanden hatte. Überhaupt sprachen sie eigentlich nie über ihre Arbeit.

Seufzend stieß Zora die Autotür auf, griff nach ihrer Handtasche und stieg aus. Sie schloss ihr Auto ab und ging zur Haustür. Erst wollte sie nach ihrem Schlüssel in ihrer Handtasche graben, doch dann fiel ihr ein, dass Vincent ja da war und vermutlich nicht abgeschlossen hatte. Sie sollte recht behalten, die Tür war offen.

„Schatz?“, fragte sie, besorgt, ihr Liebster wäre verhungert, „Liebling, ich bin da!“ „Hi!“, sagte Vincent, als er aus der Küche heraustrat, „Du kommst gerade rechtzeitig! Das Essen ist fertig!“ „Was denn? Du hast gekocht?“, fragte Zora irritiert. Das hatte er in vier Jahren Ehe noch nie getan.

Sie betraten die Küche. Es roch köstlich. „Mh, was ist das?“, wollte Zora, den Geruch einsaugend, wissen. „Och, nichts Besonderes. Nur Spaghetti Bolognese, es musste ja schnell gehen“, meinte er abwehrend. „Na, dann tisch mal auf!“, forderte sie ihn lächelnd auf und ging ins Esszimmer.

„Wie war dein Tag so?“, fragte Vincent, als sie beim Essen waren. „Och, ganz gut. Egon und Willi haben sich etwas über mich lustig gemacht, weil ich eine Anweisung unseres Vorgesetzten falsch verstanden hatte, aber Luana hat mich verteidigt“, erzählte Zora, „und bei dir?“ „Alles so wie immer. Nichts Besonderes. Das ist halt der Nachteil an einem Bürojob“, erwiderte Vincent. Zora nickte nachdenklich. „Das schon. Du, sag mal – arbeitest du eigentlich nicht mehr in Frankfurt? Ich meine – wie konntest du bei dem Stau so früh hier sein?“, wollte sie wissen. „Nun, ich hatte früher aus und bin über die Dörfer gefahren – sozusagen“, erklärte er.

„Sag mal – wollen wir deine Kollegen eigentlich mal einladen? Ich würde sie schon gerne mal kennenlernen!“, schlug Vincent nach einer kurzen Pause vor. Zora stockte. „Öhm“, machte sie, fieberhaft überlegend, wie sie ihre Kollegen aus Berlin – Vincent dachte, sie arbeitete in Frankfurt – hierher verfrachten sollte. „Tja, weißt du“, sagte sie schließlich, „Egon hat irgendwie nie Zeit und Wilibald mit seinen fünf Kindern hat auch immer viel zu tun und Luana ist zu beschäftigt damit, sich einen Freund zu suchen.“

„Wilibald hat fünf Kinder?“, fragte Vincent fast schon entsetzt. „Ja“, sagte Zora nickend.

Nach einer Weile Schweigen fragte sie dann: „Was hältst du eigentlich von Kindern?“ „Ich? Meinst du jetzt allgemein oder“, er unterbrach sich und musterte sie forsch. „Das Oder“, antwortete sie. „Oh. Nun, ich denke, wir sind doch etwas zu alt dafür, oder?“, meinte er unsicher. „Du vielleicht, ich nicht“, murmelte Zora betrübt. „Hm? Was hast du gesagt?“, wollte er wissen. Scheinbar hatte er es nicht gehört.

„Ich bin satt“, sagte Zora und nahm ihren Teller, um ihn in die Spülmaschine zu stellen.

Sie ging heute sehr früh ins Bett.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Vincent besorgt, als er sich neben sie legte. „Du willst wirklich keine Kinder?“, erwiderte sie als Antwort. Er musste kurz lachen. Dann meinte er: „Nun – jedenfalls nicht jetzt. Wir arbeiten Beide sehr lange und ich zumindest will nicht wegen einem Kind aufhören, zu arbeiten. Wer soll sich denn dann um die Kinder kümmern? Nein, ich denke einfach, es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt.“

„Es ist nie der richtige Zeitpunkt!“, erwiderte sie. Dann, nach einer kurzen Pause, fragte sie: „Aber – wenn ich nun doch plötzlich schwanger wäre – wie würdest du reagieren?“ Er überlegte etwas. Dann meinte er grinsend „Das lass mich entscheiden, wenn es so weit ist!“ und begann, sie mit Küssen zu überhäufen.

Ein Maulwurf im System

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