Читать книгу Generation Y - wie wir glauben, lieben, hoffen - Hannes Leitlein - Страница 6

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Editorial

Wie schreibt man das: ein Porträt der eigenen Generation? Wir sind selbst um die 30. Aber wir sind nur zwei: Stephanie und Hannes – Teil der sogenannten Generation Y. Um herauszufinden, wie unsere Generation tickt, reicht es nicht, in uns selbst hineinzuhören. Wir wollten mindestens 30 Menschen fragen, die ähnlich alt sind: Was glaubt ihr, wie hofft ihr, wen liebt ihr? Gesprochen haben wir bis zur Fertigstellung des Buches knapp 200.

Der Impuls zu diesem Buch kam aus dem Neukirchener Verlag und seinem ziemlich jungen Team. Inspiriert von der Studie „Warum ich nicht mehr glaube“ des Forschungsinstituts empirica in Marburg wollten sie wissen, was denn demgegenüber junge Christen in unserer Generation glauben, wie bunt sie das tun, wo sie sich treffen und was der Glaube in ihrem Leben bedeutet. Schnell stand fest, dass es keine neue Studie geben sollte, sondern eine Art Gesamtkunstwerk, das den Glauben auf vielfältige Weise einfängt und artikuliert, mit Bildern, Poesie, starken Zitaten, eindrücklichen Persönlichkeiten. Ein Bekenntnis, das einlädt, ein eigenes Bekenntnis zu formulieren oder zu filmen, zu singen …


Angefangen haben wir 2014 mit einer Umfrage. Wir wollten möglichst viele Menschen erreichen, nicht nur unseren eigenen Freundeskreis, nicht nur unsere Facebook- und Twitterfreunde, sondern auch Freundinnen und Freunde unserer Freundesfreunde. Wir wollten die Generation Y. Die nicht mehr ganz jungen Erwachsenen, die noch nicht in oder noch am Anfang der Familiengründungsphase stehen, die sich einrichten in ihren Berufen und außerhalb von Praktika, die in den Redaktionen zu Stimme kommen und sich mehr und mehr Gehör verschaffen, die praktisch nur ein geeintes Deutschland kennen, für die Computer und Internet selbstverständlich sind, die Kontakte nur zu besonderen Anlässen noch per Brief pflegen, für die Youtube ein besserer Fernsehsender ist und Facebook ein lebendiges Adressbuch.

Worauf setzen sie ihre Hoffnung? Was ist ihre Sehnsucht? Was beflügelt sie? Wie bietet ihnen das Christentum Heimat? Wie verantworten sie ihr Leben zwischen den Labels öko, bio, fair? Holt sie der Wunsch nach Gerechtigkeit noch vom Sofa oder resignieren sie vor immer neuen und nie verlöschenden Krisenherden? Welche Vorbilder inspirieren sie? Wie formulieren sie ihren eigenen Glauben? Lebt eine vernetzte Generation Glaube und Hoffnungen anders?

Die Antworten auf unsere Umfrage waren starke Sätze unserer Generation, die sich als viel frommer herausstellte, als die Gesellschaft und wir es ihr zugetraut hätten. Wir hatten eine konkrete Vorstellung, was unsere Generation ausmacht und besonders ihren Glauben. Bei manchen Fragen hofften wir auf bestimmte Antworten. Hier und da wurden wir enttäuscht. Wir wollten diese Leute kennenlernen und sie vorstellen. 2015 wählten wir neun aus, verabredeten uns und stellten ihnen viele Fragen: Jonte, Katharina, Alina, Thomas, Stefanie, Simon, Elena, Ralf und Salama. Fast alle waren überrascht, wie ungewohnt es ist, über den eigenen Glauben zu reden – und wie schön. „Wann setz ich mich schon mal zwei Stunden hin, um mich zu fragen, was Gott für mich bedeutet?“, stellte Thomas verwundert fest. Die Porträts, die entstanden sind, haben wir nicht aktualisiert. Unsere Gesprächspartner und -partnerinnen sind inzwischen weitergezogen, haben geheiratet, ihre Stelle gewechselt oder Kinder bekommen. Wahrscheinlich würden sie heute andere Antworten geben als damals. Der zeitliche Abstand soll ihnen ein bisschen Anonymität verschaffen.

Wir sind mit der Zeit – und je mehr Antworten wir hatten –, immer neugieriger geworden. Und es stellten sich neue Fragen: Wo treffen sich Christen in unserem Alter und entwickeln eigene Formen, ihren Glauben zu leben? Wir haben uns auf die Suche gemacht nach Netzwerken, Treffpunkten, Lebensgemeinschaften – Orte, an denen der christliche Glaube in unserer Generation Raum gewinnt. Wir waren verblüfft, was in diesem Land Kirche und Gemeinde abseits der Konventionen bedeuten und dass sie nicht unbedingt Extravaganz mit sich bringen. Die Netzwerke haben wir gebeten, sich selbst vorzustellen: ihre Hoffnungen, ihre Texte, ihre Lieder.

Und wie denken andere über uns? Das war nach so viel Selbstdarstellung eine befreiende Frage. Wer könnte etwas über uns sagen? Finden wir Menschen, die unsere Generation geprägt und den Kontakt nicht verloren haben? Gefunden haben wir Christina Brudereck und Fulbert Steffensky. Sie: 46, Theologin, Ex-„JesusHouse“-Predigerin, Autorin, Lyrikerin – eine, der wir, Stephanie und Hannes, unsere Glaubenssprache verdanken. Er: 82, Theologe, Ex-Mönch, Kirchentagsdauergast – ein alter Weiser. Beide frech.

Zum Schluss stellen wir fünf Themen vor, die wir unter uns Christen in der Generation Y und für Kirche und Gemeinde als wichtig, dringend und herausfordernd wahrnehmen. Da mischt sich unsere persönliche Erfahrung mit den Sätzen unserer Umfrageteilnehmenden und der Porträtierten.

Entstanden ist also ein Puzzle aus verschiedenen Elementen, die sich jetzt zu einem Ganzen fügen. Einem Ganzen, das nicht komplett unsere Generation abbildet. Aber irgendwie doch. Es ist ein Buch an uns selbst: So sehen wir uns – wie seht ihr uns? Es ist ein Buch an jeden – was glaubst du? Es ist Selbstvergewisserung: Wir sind mit unserem Glauben nicht allein. Und das ist vielleicht der wichtigste Punkt. Ja, wir gehen auf das Ende der Volkskirche zu, auf schrumpfende Gemeinden und ein Christentum, das in die Versenkung oder ins Fundamentalistische wandert. Aber. Wir gehen nicht auf das Ende des Christentums, nicht auf das Ende des Glaubens und schon gar nicht auf das Ende von Liebe und Hoffnung zu. Das ist es, was wir hören, wenn wir mit den Christen in unserer Generation sprechen.

Dass all das zwischen zwei Buchdeckeln und nicht online in einem Blog erscheint, passt natürlich überhaupt nicht zu unserer Generation. Aber Hannes und Stephanie lieben Bücher und die, die sie lesen. Ein Buch von uns für alle. Glaube, Liebe, Hoffnung zum Anfassen, Reinblättern, Anschauen und Freuen.

Zwei Puzzleteile stellen wir an dieser Stelle näher vor, weil sie über das ganze Buch verteilt sind:

Die Songtexte

Wir wollten neue, unkonventionelle Formulierungen: Poesie, Überraschung, etwas zum Nachdenken. Junge Songwriterinnen und Songwriter formulieren ihren Glauben in ihrer Musik, in ihren Worten und Melodien. Darum haben wir populäre und junge Musiker gebeten, ihre Texte in unserem Buch zu veröffentlichen. Manche der Künstler spielen auf internationalen Bühnen und in den Charts, andere bewegen sich vor allem im christlichen Umfeld oder bieten ihre Musik noch im kleinen Rahmen dar. Zu jedem Songtext erzählen wir ein paar Hintergründe, stellen Künstler oder Künstlerin kurz vor und warum wir sie im Buch dabei haben wollten. Die Lieder finden sich zwischen den Kapiteln dieses Buches.

Was sich schlecht abdrucken ließ: Auch der gute alte Posaunenchor verliert in unserer Generation nicht seine tongewaltige Anziehungskraft. Die Band Betagrooves beispielsweise lässt mit ihren neu arrangierten Gesangbuchklassikern hören, wie das in unserer Generation klingen kann: betagrooves.de/videos. Unter betagrooves.de/sheet/befiehl_horns.pdf gibt es ein Bläserarrangement zum Nachspielen.

Fotoprojekt „Generation Y glaubt“ von Steffi Kunze

Wir haben Steffi Kunze gebeten, Fotos für unser Buch zu machen. Wie sie Glauben sieht, wollten wir wissen, was Glaube für sie bedeutet und was sie glaubt. Ihre Fotos illustrieren dieses Buch. Die Greifswalderin lebt seit Jahren mit der Kamera in der Hand, in Leipzig, Berlin und jetzt in München. Ihre Bilder erzeugen jenseits der klassischen christlichen Bildsprache eine eigentümliche Spannung. Sie wecken Erinnerungen, wirken vertraut. Die Elemente Feuer, Erde, Wasser, Luft erzählen darin in archaischer Nüchternheit Grundsätzliches. Ihr Spiel mit Licht, Wetter und Perspektiven rührt an tiefer liegende Emotionen – die Angst vor dem Fall, die Sehnsucht nach Höherem, Leidenschaft, Einsamkeit, Freiheit, Begeisterung –, die eng mit dem Glauben verbunden sind. Glänzende Oberflächen, barocker Tand, hippe Klamotten, forcierte Coolness finden nicht den Fokus ihrer urbanen Motive und domestizierter Natur. Sie sieht hinter den blankpolierten Kulissen des Alltags Details, die von Größerem erzählen, vom Mehr, vom Geheimnis, das uns umgibt. Verfall und Verlassenheit versieht sie mit einer Perspektive, mit offenen Türen und Fenstern, die die Chance andeuten. Die Betrachtenden werden Teil eines Anfangs, einer neuen Geschichte. Im Alten regt sich die Lust auf das Morgen. Sie deutet an, dass da Licht ist.

Steffi Kunze hat in Berlin Film und Fernsehen mit Fachrichtung Regie studiert, während der Entstehung dieses Buches gerade ein längeres Praktikum bei Constantin Film gemacht und arbeitet seit zwei Jahren als Trailercutterin. 2011 hat sie den Eurocities-Fotowettbewerb gewonnen. Sie selbst sagt über ihr Fotoprojekt für unser Buch: „Am Anfang gab es ein paar klassische Kirchenbilder. Danach kam die Idee, Sachen zu fotografieren, die den Glauben symbolisieren, wie die Surferin oder das Pärchen. Sie glauben an die Liebe, die eigene Stärke … Mehr mit dem Glauben an Gott haben vielleicht die Fotos zu tun, in denen Menschen ihre Hände ausstrecken oder im Gespräch sind, in den Himmel schauen oder der Weg, der im Nebel endet. Eine Freundin, die an dem Projekt beteiligt war, meinte, sie würde Gott eher in der Natur suchen als in der Kirche. Deswegen sind viele Bilder mit Natur dabei.

Die Leute, die die Hände hochheben oder springen, bewegen sich in der Freiheit des Glaubens und zeigen das Gefühl, das erfüllter Glaube in einem auslöst. Eigentlich wollte ich gerne noch einen alten Mann mit weißem Rauschebart fotografieren, weil viele Gott als Kind so gesehen haben, aber ich bin leider keinem begegnet.“

Generation Y - wie wir glauben, lieben, hoffen

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