Читать книгу Schwein gehabt - Hans Christ - Страница 5

Als Kurpfuscher unterwegs

Оглавление

Als Kurpfuscher, früher hatte man diese Leute auch Quacksalber genannt, werden nach dem Strafgesetzbuch jene Personen bezeichnet, die ohne entsprechende Ausbildung und Zulassung Patienten behandeln. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist der Höller Hans, ein Bauer aus dem Steiermärkischen, der in der Volkslegende einen geradezu legendären Ruf genoss. Er stellte seine Diagnosen aus der Urinbeschau der jeweiligen Kranken und traf nicht selten das Richtige. Noch heute verkehrt als Touristenattraktion der so genannte „Flascherlzug“ mit seinen bunten Waggons zwischen den Ortschaften Stainz und Preding. Der Name des Zuges rührt von der ursprünglichen Tatsache her, dass die Hilfesuchenden damit von weit und breit mit ihren in Fläschchen abgefüllten Harnproben angereist kamen.

Es existiert sogar ein populäres Lied darüber:

Auf ’n Bergl drob’n,

gar net weit von Stanz,

wohnt a Wunderdoktor,

der hoasst Höller Hans.

Waun’s Euch int’ressiert,

wia der die Leut kuriert,

schauts Euch den Hansl an

was der all’s kann.

Zeitig in da Fruah

kumman von weit und breit

mit’n Flascherlzug

die alt und jungen Leut,

trag’n in Säck’ und Taschen

eahn’re Brunzlflasch’n

auf den Berg hinauf

in vollem Lauf.

usw.

Seine Beliebtheit in der Bevölkerung verhinderte jedoch nicht, dass er sich aufgrund von Anzeigen, hauptsächlich aus Kreisen der Ärzteschaft, mehrere Male wegen Kurpfuscherei und Scharlatanerie verantworten musste. Natürlich hatte der gute Höller Hans manchmal mit seiner Diagnose danebengehauen. Aber das soll ja in der Schulmedizin bekanntlich auch schon vorgekommen sein.


Mir ist bekannt, dass etliche Tierärzte meiner Vorgängergeneration, streng nach dem Buchstaben des Gesetzes, ebenfalls Kurpfuscherei betrieben haben. Waren doch früher viele Höfe nur mühsam zu Fuß erreichbar, sodass die Bauern am Sonntagmorgen entweder vor oder nach der Kirche – meistens Ersteres, weil nach der Messe das Wirtshaus angesagt war –, mit einem Rucksack bewaffnet, beim Tierarzt vorbeischauten, um Medikamente mitzunehmen. Meistens waren es nur harmlose Sachen, wie Scharfeinreibungen, zum Beispiel Pferdefluid, oder Hustensaft oder ein Durchfallpulver aus gemahlener Eichenrinde für Kälber. Und ich bin mir sicher, dass es vielen Kollegen klar war, dass das Pferdefluid nicht beim Pferd gelandet ist, sondern auf den schmerzenden Knien des Bauern und der Hustensaft im Hals der Bäuerin. Geholfen haben diese Mittel zwar häufig, aber es ist lustig, dass diese Tierärzte sich unheimlich darüber alteriert hatten, wenn ein heilkundiger Laie, wie es damals Senner oder Kräuterweiblein waren, gewagt hatte, eine Kuh aus dem Schatzkästlein der Natur selbst zu behandeln, ohne den teuren Veterinär zu rufen, und noch dazu Erfolge verzeichnet hatte.

Solche „Bauerndoktor“ gibt es heutzutage kaum mehr, obwohl der Trend dazu geht, dass die in Kursen vermittelte, vielgeschmähte Homöopathie in den Ställen vermehrt Einzug hält.

Und wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, auch schon hie und da als Kurpfuscher aufgetreten zu sein. Eine Mutter hatte einmal am Abschluss einer Visite ihrer siebzehnjährigen Tochter resolut den Kittel in die Höhe gehoben, sodass ich neben einer nicht mehr ganz taufrischen Unterhose ein entzückendes Steißbein zu Gesicht bekam.

„Schau’n Sie sich das an, Herr Doktor! Drei Mal waren wir mit der Anni schon beim Arzt und der Fleck wird immer größer!“

Eigentlich hatte ich erwartet, dass Anni diese spontane Entblößung peinlich sein würde, aber offensichtlich war ein Tierarzt für sie so etwas Ähnliches wie ein gestiefelter Gynäkologe, weil sie mir ohne Scheu das Hinterteil entgegenreckte. Oder der Juckreiz war wirklich sehr stark!

Deshalb traute ich mich, über den Brillenrand hinweg die betroffene Stelle aus der Nähe zu inspizieren. Kein Zweifel, es handelte sich hier um eine ausgeprägte Form von Trichophytie oder, wie man landläufig sagt, Kälbergrind, eine hartnäckige Pilzerkrankung.

Erstaunlicherweise steht die moderne Humanmedizin dieser Infektion meistens hilflos gegenüber, weil sich herkömmliche Pilzmittel dagegen als wirkungslos erweisen.

Zum Glück besaß ich für solche Fälle eine Salbe nach einem uralten Rezept, welche mir eine befreundete Apothekerin je nach Bedarf zusammenmischte.

Ich drückte der Mama eine Dose in die Hand, murmelte: „Einmal täglich auftragen, mehrere Tage lang“, und ließ über Annis Kehrseite wieder den Vorhang fallen.

Nach ungefähr einer Woche hatte ich wieder auf dem Hof zu tun und die Bäuerin präsentierte mir voller Freude bei der Gelegenheit erneut die Hinteransicht ihrer Tochter.

„Es beißt auch nicht mehr“, bestätigte Anni ebenfalls den Fortschritt.

Man sah es deutlich: Der Fleck hatte deutlich seine Rötung und Schuppigkeit eingebüßt. Nur die Unterhose, so mutmaßte ich, war noch immer dieselbe!

Ein anderes Mal pflanzte sich eine junge Bäuerin neben meinem Auto auf und gestikulierte hilfeheischend wild um sich. An ihrem fast tonlosen Krächzen erkannte ich die virale Kehlkopfentzündung und überließ ihr homöopathische Tropfen. Am nächsten Morgen, so gegen halb acht, rief sie mit fast normaler Stimme an, bedankte sich und fragte, ob sie nochmals dasselbe haben könnte, jetzt hat es nämlich ihren Mann erwischt.

Auch dem Lechnerbauern konnte geholfen werden. Der stand eines Tages in der Ordination mit zwei Augen, die mit ihren zugeschwollenen Lidern an eine aufgeschnittene Handsemmel erinnerten. Dazu wies er einen starken Tränenfluss auf.

„Waren Sie schon beim Arzt damit?“, fragte ich.

„Ja“, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken. Das wäre hier aber auch nicht gut möglich gewesen.

Trotzdem glaubte ich ihm kein Wort.

Da aber der Lechner einer von den Hartgesottenen war, der höchstens weinte, wenn ihn der Viehhändler angeschmiert hatte, war ich mir sicher, dass er an einer starken Bindehautentzündung litt. Wahrscheinlich durch den Heustaub verursacht, weil das Futter, das der Lechner seinen Rindern vorsetzte, immer knochentrocken war.

„Hat das eine Ihrer Kühe auch?“, fragte ich pro forma.

„Ja“, antwortete er.

Ich glaubte ihm noch immer kein Wort.

„Na schön. Für Ihre Kühe kann ich Ihnen etwas herrichten!“

Ich komponierte, wie es einst auch Mozart mit seinen Noten getan hatte, wieder homöopathische Tropfen in eine Pipettenflasche und gab sie ihm:

„Nur für die Kühe“, schärfte ich ihm ein.

„Geht klar, Herr Doktor!“, grinste er.

Ich glaubte ihm kein Wort.

Einige Tage später stand eine Flasche mit selbstgebranntem Schnaps auf dem Tischchen im Warteraum. Daneben lag ein Zettel, auf dem mit ungelenker Handschrift stand: „Besten Dank, Straberger.“ Das war der Lechner!

Als ich einen Schluck kostete, kamen mir selbst die Tränen.

Aber meine größte Leistung auf dem Gebiet der Kurpfuscherei war die Geschichte mit dem Filzer Kilian. Wenn es ihn nicht gäbe, erfinden könnte man ihn nicht.

Er hatte bereits die Siebzig weit überschritten, war aber immer noch zwei Meter groß und von ausladender Statur.

In seiner Aktivzeit beim Bauhof hatte man gemunkelt, dass er in der Adventszeit die Weihnachtsbeleuchtung über den Straßen ohne Leiter hatte anbringen können.

Jetzt war er längst schon in Pension und machte, weil er nie einen Führerschein besessen hatte, das Gasteinertal auf dem Sitz seines uralten Steyr-Traktors aus den Fünfzigerjahren unsicher. Unsicher ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber wenn Du hinter ihm mit einem heißen Zwanziger kilometerlang herzuckelst und wegen der Gegenverkehrskolonnen nicht überholen kannst, schmeißt Du schon ein wenig die Nerven weg.

Diesen Zustand kannte der Kilian von seiner Natur aus nicht. In einer stoischen Gelassenheit steuerte er sein historisches Gefährt über die Bundesstraße und ignorierte sämtliches Gehupe und Blinksignale mit dem Fernlicht hinter ihm, frei nach dem Motto „Die Straße ist für alle da, die Vorfahrt aber nicht“.

Beim Traxlerbauern war ich ihm zum ersten Mal persönlich begegnet. Ich hatte dort einer Kuh mit Gebärmutterentzündung den Uterus gespült und gerade, als ich ihr als Zusatz eine antibiotische Injektion verpassen wollte, verfinsterte sich der Stalleingang. Der Kilian musste sich beim Eintritt halb bücken, dann baute er sich neben uns auf und beobachtete mich wortlos bei meinem Tun.

Der Traxler nahm seine plötzliche Anwesenheit ebenso kommentarlos zur Kenntnis. Die einzige, die eine unwillige Lautäußerung von sich gab, war die Kuh, als sie die Nadel im Oberarm spürte.

Das schien den Kilian zu animieren.

„Servus, Herr Doktor! Hast Du nicht auch eine Spritze für mich?“, war seine Begrüßung. „Ich bring’ die Schulter nicht weiter als so.“

Zum Beweis hob er den rechten Arm in die Waagrechte und begann zu stöhnen: „Zwei Mal war ich schon im Spital, aber die wissen dort auch nichts. Nach der Arthroskopie ist es sogar noch ärger geworden mit den Schmerzen.“

Der Traxler feixte: „Die sind halt nicht auf Elefanten wie Dich spezialisiert. Da musst Du freilich den Tierarzt fragen.“

„Genau“, meinte der Kilian, „weil was für eine Kuh gut ist, kann auch den Leuten nicht schaden.“

Prinzipiell gab ich ihm Recht. Zwischen Mensch und Rindvieh besteht gar kein so großer Unterschied, wie ihn sich manche wünschen mögen. Trotzdem erklärte ich kategorisch: „Also eine Spritze kriegen Sie von mir nicht!“

„Na geh! Ihr Viechbader habt doch so manches Wundermittel.“

Die Bezeichnung „Viechbader“ war jetzt nicht gerade der Schlüssel zu meinem Herzen.

Um ihn loszuwerden, förderte ich aus den Tiefen meiner Medikamentenkiste eine bewährte Lahmheiten- & Wundsalbe hervor. „Probieren Sie das! Zwei Mal täglich einschmieren!“

Er drehte die Dose mehrmals in seinen Pranken: „Was bin ich schuldig?“

„Die schenk’ ich Ihnen“, erklärte ich, „in diesem Fall Geld dafür zu kassieren, würde nämlich unter den Kurpfuscherparagraphen fallen.“ Außerdem erwartete ich mir, ehrlich gestanden, keine „Wunder“-Wirkung für seine Schulterprobleme.

Aber ich sollte mich noch wundern!

Einige Wochen danach rief die Bergerhub-Bäuerin an und wollte zweiundzwanzig Dosen Lahmheiten- & Wundsalbe.

Ich war wie vom Donner gerührt: „Ja wollen Sie damit ein Vollbad nehmen?“

„Nein, aber der Kilian hat über die Salbe so gefoppt (regionaler Ausdruck für loben), dass ich gleich für die ganze Nachbarschaft und meine Verwandten eine besorgen soll.“

Mir war gar nicht bewusst, dass es im Gasteinertal von Schulterproblemen nur so wimmelte.

„So viele habe ich nicht auf Lager“, gestand ich, „diese Menge müsste ich erst bestellen.“

„Na, dann bestellen Sie am besten gleich dreißig!“

Langsam beschlich mich das Gefühl, die Bergerhuberin beabsichtigte, die Salbe ihren Hausgästen aufs Frühstücksbrot zu schmieren, um deren Aufenthalt in einen Wellness-Urlaub zu verwandeln.

Als ich das nächste Mal an der Tankstelle stand, passte mich der Kilian, dem ich diesen Großauftrag verdankte, freudestrahlend ab. „Na, was sagen Sie, was ich schon zusammenbring?“, röhrte er von seinem Traktor herunter, dabei hob er scheinbar mühelos den Arm über den Kopf. „Ich hab’ ja gewusst, ihr Viechbader habt’s Tricks auf Lager, dass sich die Ärzte davon eine Scheibe herunterschneiden können!“

„Freut mich, freut mich“, murmelte ich. Noch mehr hätte mich aber gefreut, wenn er mich nicht dauernd Viechbader nennen würde.

Seither riss er, wenn wir uns auf der Straße begegneten, schon von Weitem triumphierend den Arm zum Gruß in die Höhe. Weil er dabei auch die flache Hand ausstreckte, hoffte ich für ihn, dass ihn niemand wegen Wiederbetätigung anzeigte.

Die nächste Episode lieferte er ein Jahr darauf ab. Eines schönen Tages läutete es so gegen halb neun am Morgen an unserer Haustüre.

Ich war natürlich schon längst unterwegs, nur Karin, die gerade ihre sieben Zwetschken für die Schule zusammenzupacken im Begriff war, war noch daheim.

Sie drückte auf die Gegensprechanlage, konnte aber auf dem Bildschirm außer ein paar unidentifizierbaren Hemdknöpfen nichts erkennen. Kein Wunder, das Gesicht vom Kilian befand sich oberhalb des Kamerawinkels.

„Ja bitte?“

„Ist der Doktor da?“, kam es aus dem Lautsprecher.

„Leider nein. Mein Mann ist um diese Uhrzeit auf Visite.“

„Ich brauch ihn aber!“

„Da müssen Sie vorher anrufen!“

„Ich hab kein Handy!“

„Na, dann von Zuhause!“

„Ich bin aber nicht zuhause. Ich bin jetzt da!“

Der Dialog nahm einen etwas mühsamen Charakter an. Karin versuchte es anders: „Worum geht es denn? Kann ich ihm was ausrichten?“

„Sagen Sie ihm, ich hab’ ganz blaue Füße und kalte Zehen!“

Karin schluckte: „Sie wissen aber schon, dass Sie beim Tierarzt sind?“

„Natürlich“, tönte es ungeduldig aus der Gegensprechanlage, „aber er hat mir letztes Jahr mit meiner Schulter auch so geholfen!“

„Ja also, da muss ich ihn erst einmal fragen!“

„Fragen Sie ihn, fragen Sie ihn! Ich melde mich wieder!“ Damit verschwanden die Hemdknöpfe aus Karins Blick.

Obwohl sie es schon eilig hatte, rief sie mich an. „Du, da war so ein komischer Mann, der wegen seiner blauen Füße unbedingt zu Dir wollte …“

Ich dachte kurz nach: „So ein großer Loder?“ (Regionaler Begriff für einen kräftigen hochgewachsenen Kerl.)

„Offensichtlich. Weil außer seiner Hemdbrust habe ich nichts von ihm erkennen können.“

Ich grinste: „Der Kilian! Das ist typisch für ihn!“

„Was machst Du jetzt mit ihm?“

„Keine Ahnung! Aber wie ich ihn kenne, gibt er nicht so schnell auf.“

Da ich die Sache höchst lustig fand, wählte ich die Nummer seines ehemaligen Hausarztes, der ein guter Bekannter war, weil seine Frau und Karin dieselbe Klasse in der Linzer Körnerschule besucht hatten, und der ganz in unserer Nähe wohnte. So klein ist die Welt.

„Du“, begann ich, „jetzt muss ich Dir was erzählen. Ihr Ärzte habt ja ein schönes Image, wenn Eure Patienten lieber zum Tierarzt pilgern.“ Ich schilderte ihm genüsslich den Vorfall.

Er lachte etwas gequält: „Die Geschichte kenn’ ich schon!“

„Wieso kannst Du sie kennen? Das war vor zehn Minuten?“

„Weil der Kilian sich auf seinen Traktor geschwungen hat, zu mir heraufgefahren ist und sich beschwert hat, dass Du nicht zuhause warst.“

„So ein Depp! Was glaubst Du denn, was er hat?“

„Ein postthrombotisches Syndrom! Hat er schon länger. Scheint aber wieder ärger geworden sein.“

„Und? Hast Du ihm was gegeben?“

„Mein Lieber! Ich bin seit vier Jahren in Pension. Außer einem doppelten Marillenbrand habe ich ihm nichts anbieten können!“

Am nächsten Tag in der Früh verstaute ich noch schnell ein paar Medikamente im Wagen. Dabei hatte ich schon das Garagentor geöffnet, was sich als Fehler entpuppte, weil das sich nähernde Tuckern eines Traktors signalisierte, dass der Kilian seine Drohung, sich wieder zu melden, in die Tat umsetzte. Gottergeben wartete ich, bis sein Gefährt um die Ecke bog.

„Ah, Herr Dokter! Jetzt erwisch’ ich Sie. Schau’n Sie sich meine Füße an!“

Er stellte sich vor mich hin, zog die Schuhe samt den Socken aus und lüftete die Hosenbeine. Barfuß stand er auf dem nicht ganz sauberen Garagenboden.

Da schaute ich wirklich. Bis zur halben Wade hatte sein Gehwerkzeug eine blauviolette Verfärbung.

„Und eiskalte Zehen!“, ergänzte er, „wollen Sie einmal fühlen?“

„Ich glaube es Ihnen auch so“, wehrte ich ab. „Das sind offenbar massive Durchblutungsstörungen. Damit sollten Sie schleunigst zum Arzt gehen!“

„Sie sind ja einer!“

„Ja, aber ein Viechbader, wie Sie sich auszudrücken pflegen!“

Der Kilian feixte: „Na und? Manche behaupten ja sowieso, ich bin ein Urviech!“

Das war nicht ganz von der Hand zu weisen. Und weil ich wusste, dass er zuerst eine Behandlung von mir erwartete, drückte ich ihm eine Salbe aus Rosskastanienextrakt in die Pfoten. Rosskastanie ist bekanntlich gut gegen alle Arten venöser Stauungen. „Und heiße Heublumenbäder schlage ich vor!“

„Na also!“ Der Kilian strahlte: „Was kostet die Paste?“

„Nichts!“ Angesichts der dreißig Lahmheiten- & Wundsalben glaubte ich, mir das Defizit leisten zu können.

Während der Kilian seine Adjustierung wieder in Ordnung brachte, sah ich zu, dass ich weiterkam.

Nach ein paar Wochen läutete es erneut an der Haustüre. Als Karin die Gegensprechanlage einschaltete, waren wiederum nur die bekannten Hemdknöpfe zu sehen.

„Ich will mich nur beim Doktor bedanken! Die Füße sind nicht mehr so blau und die Zehen so kalt! Ich habe ihm einen Käse in den Warteraum gelegt.“

„Fein“, sagte Karin. Hoffentlich stammt der nicht von seinen Füßen, hoffte sie insgeheim.

Als ich das nächste Mal dem Kilian auf dem Traktor begegnete, riss er wie gewohnt die Hand zum Gruß empor. Zum Glück ließ er zumindest die Beine unten. Vielleicht aber auch nur, weil hinter mir die Polizei fuhr.

Schwein gehabt

Подняться наверх