Читать книгу Wolf unter Wölfen - Ханс Фаллада - Страница 33

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„Hören Sie zu““, sagte Direktor Doktor Klotzsche zu dem Reporter Kastner, der ausgerechnet heute auf seiner Fahrt durch Preußens feste Häuser in das Zuchthaus Meienburg gekommen war. „Hören Sie zu! Man muß nichts darauf geben, was die im Städtchen unten über uns klatschen. Wenn zehn Gefangene ein wenig laut sind, schallt es in diesem Haus aus Zement und Eisen, als brüllten tausend.““

„Immerhin haben Sie nach Reichswehr telefoniert““, stellte Reporter Kastner fest.

„Es ist unerhört …““, wollte Direktor Klotzsche losbrechen und sich über Pressespionage, die sich bis auf seine Ferngespräche erstreckte, ereifern. Aber zu rechten Zeit fiel ihm noch ein, daß dieser Herr Kastner eine Empfehlung des Herrn Justizministers in der Tasche trug. Zudem hieß der Herr Reichskanzler wohl Cuno, aber er sollte ja schon wieder wackeln, und mit der SPD, deren Presse Herr Kastner vertrat, durfte man es also nicht verderben. „Es ist unerhört““, fuhr er darum wesentlich gemäßigter fort, „wie in diesem Klatschnest aus der einfachen Erfüllung einer dienstlichen Vorschrift eine große Sache gemacht wird. Droht Unruhe im Zuchthaus, habe ich vorsorglich Polizei und Reichswehr zu benachrichtigen. Nach fünf Minuten konnte ich den Alarm schon wieder rückgängig machen. Sie sehen, Herr Doktor –!““

Aber auch der Doktor zog bei diesem Manne nicht. Er fragte: immerhin drohte auch Ihrer Ansicht nach Unruhe. Warum –?““

Der Direktor ärgerte sich schändlich – aber was half es? – „Es war wegen des Brotes““, sagte er langsam. „Es war einem nicht gut genug, er schrie. Und als sie das Schreien hörten, schrien gleich zwanzig mit …““

„Zwanzig, nicht zehn““, sagte der Reporter.

„Meinethalben hundert““, rief der Direktor, dem die Galle überlief. „Meinethalben, mein Herr, tausend, alle –! Ich kann es nicht ändern, das Brot ist nicht gut – aber was soll ich machen?! Unsere Verpflegungssätze hinken um vier Wochen hinter der Geldentwertung drein. Ich kann kein vollwertiges Mehl kaufen – was soll ich tun?!““

„Anständiges Brot liefern. Schlagen Sie doch Krach im Ministerium. Machen Sie Schulden für die Justizverwaltung, alles gleich – die Leute sind nach Vorschrift ausreichend zu beköstigen.““

„Jawohl““, sagte der Direktor bitter. „Ich riskiere Kopp und Kragen, damit meine Herren nur gut zu essen haben. Und draußen hungert das unbestrafte Volk, was?!““

Aber Herr Kastner war für Ironie und Bitterkeit nicht zugänglich. Er hatte einen Mann in Zuchthauskleidung gesehen, der den Gang bohnerte; er rief, plötzlich recht freundlich: „Sie, hören Sie mal, Sie da! Ihr Name bitte?““

„Liebschner.““

„Hören Sie mal, Herr Liebschner, sagen Sie mir mal ganz ehrlich: Wie ist das Essen? Besonders das Brot?““

Der Gefangene sah mit raschen Augen von dem Direktor zu dem dunklen Herrn in Zivil, noch unsicher, was man hören wollte. Man konnte nicht wissen, der Fremde konnte von der Staatsanwaltschaft sein, und wenn man die Klappe aufriß, saß man drin. Er entschied sich für Vorsicht: „Das Essen? Mir schmeckt es.““

„Ach, Herr Liebschner““, sagte der Reporter, der nicht zum ersten Male mit einem Gefangenen sprach, „ich bin Presse, vor mir brauchen Sie sich nicht zu genieren. Sie werden keine Nachteile haben, wenn Sie offen sprechen. Wir werden ein Auge auf Sie haben. Also was war das heute früh mit dem Brot?““

„Ich bitte doch sehr!““ rief der Direktor, bleich vor Wut. „Das grenzt an Aufwiegelei …““

„Machen Sie sich doch nicht lächerlich!““ bellte Herr Kastner. „Wenn ich den Mann auffordere, die Wahrheit zu sagen, heißt das Aufwiegeln? Reden Sie ruhig frei von der Leber weg – ich bin Kastner vom Sozialdemokratischen Pressekonzern, Sie können mir immer schreiben …““

Doch der Gefangene hatte sich schon entschieden. „Manche müssen immer meckern““, sagte er und sah dem Reporter treu ins Auge. „Das Brot ist, wie es ist, und ich mag’s essen. Die hier drinnen am lautesten schreien, schieben draußen meistens Kohldampf und haben keine heile Hose auf dem Hintern.““

„So““, sagte der Reporter Kastner mit gerunzelter Braue, sichtlich unzufrieden, indes der Direktor leichter atmete. „So! – Wegen was sind Sie denn bestraft?““

„Hochstapelei““, antwortete Herr Liebschner. „Und dann sollen ja jetzt Erntekommandos rausgehen, Tabak und Fleisch, soviel man will …““

„Danke!““ sagte der Reporter kurz, und zum Direktor gewandt: „Gehen wir weiter? Ich hätte gerne noch eine Zelle gesehen. Man weiß auch, was man vom Geschwätz der Kalfaktoren zu halten hat, die haben alle Angst um ihren Posten. Und dann Hochstapelei – Hochstapler und Zuhälter, das ist das unglaubwürdigste Gesindel von der Welt!““

„Zuerst schien Ihnen an der Aussage dieses Hochstaplers aber viel zu liegen, Herr Kastner.““ – Der Direktor lächelte hinter seinem blonden Bart.

Der Reporter sah und hörte nicht. „Und dann Erntekommandos! Den Großagrariern ihre Dreckarbeit machen, für die sich sogar die Pollacken zu schade sind! Und für Schandlöhne! Ist das eine Erfindung von Ihnen?““

„Nicht doch““, sagte der Direktor freundlich. „Nicht doch. Eine Verfügung Ihres Parteigenossen im Preußischen Justizministerium, Herr Kastner …““

Wolf unter Wölfen

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