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Sinsum

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Wenn man von Langwarden die Butjadinger Straße Richtung Burhave fährt, zweigt rechterhand kurz vor Burhave der Sinsumer Weg ab und führt direkt nach Sinsum.

Vor dem Ort stand hinter hochgewachsenen und verwilderten Büschen das verlotterte Anwesen. Es bestand aus einem reetgedeckten Wohnhaus, das einmal sehr repräsentativ gewesen sein musste. Jetzt zeigte es unübersehbare Spuren des Verfalls. Weiter bestand das Anwesen aus einigen kleinen Nebengebäuden, einer Scheune und Stallungen. Überall hatte der Zahn der Zeit genagt. In Scheune und Stallungen, die offensichtlich nicht mehr genutzt wurden, gab es kein Leben mehr, und am Tag schien die Sonne und nachts der Mond durch das zum Teil eingestürzte Dach auf allerlei Gerümpel, das die Besitzer über die Jahre hineingeworfen hatten.

Nicht mehr funktionierendes und verrostetes landwirtschaftliches Gerät wie eine alte Egge, eine ehemals mit der Hand betriebene Häckselmaschine, mehrere Sensen und Sicheln und andere Maschinenteile aus dem vorigen Jahrhundert lagen verstreut auf dem Hof herum.

Es war spätabends, als eine alte, etwas grobknochige Frau, die sich auf jugendlich getrimmt hatte, aus dem Haus trat. Sie war stark geschminkt und hatte die schlecht blondierten, grauen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie trug einen kurzen Rock und eine enge, weit geöffnete Bluse, so dass ein Teil ihres welken Busens zu sehen war.

Mathilde Koller-Elberfeld nahm die Zigarette aus dem Mundwinkel und rief ihre Katzen. „Miez, Miez, Miez.“

Aber kein Tier ließ sich auf dem Hof blicken.

Die Frau wollte gerade wieder ins Haus gehen, als sie das Motorgeräusch eines herannahenden Autos hörte. Sie blieb vor ihrer Haustür stehen und beobachtete, wie ein klappriger, älterer VW-Bus auf den Hof gefahren kam. Der Fahrer schlängelte sich durch herumliegende Schrottteile und hielt kurz vor der Frau an. Aus dem Wagen stieg Gunthram Vallay. Sofort wurde er von der Frau mit einem Schwall von Vorwürfen überhäuft.

„Wo warst du den ganzen Abend? Ich weiß nie, wo du dich immer herumtreibst. Bestimmt hast du wieder getrunken und sonst was angestellt. Ich finanziere dein Auto und das Segelboot, lasse dich ohne Kostenbeteiligung in meinem Haus wohnen, und du dankst es mir, indem du dich nie um mich kümmerst. Außerdem wolltest du dich längst um ein Engagement bemühen. Aber das wird wohl auch so ein Windei wie deine hochtrabenden Filmpläne.“

Damit drehte sie sich um und ging ins Haus zurück.

Gunthram Vallay, der noch am Wagen stand, warf die Fahrzeugtür zu und folgte der Frau ins Haus, wo er sah, wie sie sich eine Flasche und ein Glas aus einer Kredenz holte und sich einen dreifachen Scotch einschenkte.

Das verstärkte die Wut, die nach der Tirade der Frau in ihm hochgestiegen war. „Du versoffene alte Vettel wirfst mir vor, dass ich trinke, wo du nur noch an der Flasche hängst und dabei noch rauchst wie ein Schlot. Und was das Boot angeht, das ist doch nur noch ein löchriger, alter Kahn, und bei der Rostlaube von einem Auto zu sprechen, ist ein Witz. Und in deiner Bruchbude, die du Haus nennst, wohne ich doch nur, weil du mich auf Knien darum angefleht hast. Du bist doch froh, dass es in deinem Leben überhaupt noch einen Menschen gibt. Was meine Theater- und Filmpläne angeht, habe ich noch eher eine Chance als du mit deinen Träumen von einem Engagement. Dich kennt doch keine Sau mehr. Dass du vor vierzig Jahren mal eine große Nummer im Filmgeschäft warst und Rekordgagen bekommen hast, weiß heute auch kein Mensch mehr.“

Mathilde Koller-Elberfeld hatte ihr Glas inzwischen ausgetrunken. Tränen liefen über ihre faltigen Wangen. Sie machte zwei Schritte und warf sich dem jüngeren Mann an den Hals. Ihn fest umklammernd, hing sie schluchzend an seiner Schulter.

„Ach Gunthram, entschuldige bitte, ich liebe dich doch und habe nur dich.“

Angeekelt löste der Mann die Hände der Frau und schob sie von sich weg.

„Lass mich zufrieden, du alte Schachtel.“

Jetzt noch lauter schluchzend, ging die Frau wieder zur Kredenz, wo sie sich noch einen großen Schluck Scotch einschenkte. Dann griff sie wieder zur Zigarettenschachtel.

Ein Mordsdreh am Jadebusen

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