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1.5Temperatur der Atmosphäre

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Dass die Temperatur der Luft nicht in allen Höhen gleich ist, weiß man von jeder Bergtour. Um wie viel kälter es in größeren Höhen ist, sieht man daran, dass im Hochgebirge der Schnee sogar im Sommer nicht schmilzt. Das markanteste Beispiel dafür ist der schneebedeckte Gipfel des direkt am Äquator liegenden Kilimandscharo 44 (5895 m). Die wohlhabenden Römer entzogen sich der sommerlichen Hitze, indem sie die heiße Jahreszeit in ihren Villen in den Bergen verbrachten.

Wem nicht auf Anhieb klar geworden ist, dass die Druck bedingte Volumenänderung p *Δ V eine Energie repräsentiert, für den möge die folgenden kleine Dimensionsbetrachtung hilfreich sein:

Von Seite 37 wissen wir, dass der Druck eine Kraft pro Fläche ist:

p = K / f.

Wir dürfen also für p *Δ V schreiben:

Setzen wir unsere Überlegungen statt mit den Formelzeichen jetzt mit den zugehörigen Einheiten fort, so erhalten wir den Ausdruck:

wobei N für Newton, also die Einheit der Kraft (s. Seite 15) steht. Kürzen wir jetzt, so erhalten wir

N * m

also „Kraft mal Weg“. Kraft mal Weg ist aber nichts anderes als die mechanische Arbeit und damit Energie. Der Ausdruck p *Δ V repräsentiert somit eine Energie, und zwar diejenige, die zur Volumenänderung erforderlich ist.

Wie kommt diese Temperaturabnahme zustande? Denken wir an einen ganz alltäglichen Vorgang: das Aufpumpen eines Fahrradreifens. Wie man weiß, erwärmen sich dabei die Pumpe und das Ventil, insbesondere aber – wie man leicht messen könnte – die Luft in der Pumpe. Bei anderen Kompressionsvorgängen kann man entsprechende Erwärmungen beobachten. Bekanntlich wird im Dieselmotor das Kraftstoff-Luft-Gemisch durch Kompression so stark erhitzt, dass es zündet. Andererseits kühlen sich Gase beim Entspannen ab. Öffnet man das Ventil eines voll aufgepumpten Fahrradreifens, so kann man diese Abkühlung an der ausströmenden Luft deutlich fühlen. Im Kühlschrank wird das stark komprimierte Kühlmittel unter hohem Druck durch eine enge Düse gepresst. Hinter der Düse dehnt es sich aus und nimmt deshalb ein viel größeres Volumen ein, als es vor der Düse hatte. Während der Volumenvergrößerung kühlt es sich ab und erzeugt auf diese Weise die gewünschte Kälte.

Alle diese Vorgänge lassen eine Gemeinsamkeit erkennen: Wird das Volumen verändert, so ändert sich auch die Temperatur. Kompression erhöht sie, Expansion senkt sie.

Wie ist dieses Verhalten zu erklären? Machen wir dazu ein einfaches Gedankenexperiment: Wir legen einen nur schwach aufgeblasenen Luftballon unter die Glasglocke einer Vakuumpumpe. Sobald wir die Pumpe einschalten, beginnt der Ballon sich aufzublähen. Ein Zeichen dafür, dass der Druck in der Pumpe immer weiter unter den Druck im Ballon sinkt. Nun lehrt uns die Physik: Wenn das Volumen eines Gases vergrößert wird, wächst sein Energieinhalt (s. Lehrbücher der Theoretischen Meteorologie, Seite 434). Anschaulich kann man sich den Vorgang so vorstellen: Zum Vergrößern des Luftvolumens im Ballon ist eine Kraft erforderlich. Diese Kraft geht auf den Druck der Luft im Innern des Ballons zurück. Während sie den Ballon aufbläht, werden die Abstände der einzelnen Luftteichen zueinander vergrößert: Es werden also Wege zurückgelegt. Und das bedeutet: Es wird Arbeit geleistet, denn Arbeit ist Kraft mal Weg. Und Arbeit ist nichts anderes als (mechanische) Energie. Somit wird einem Luftvolumen beim Vergrößern Energie zugeführt. Diese Energie bleibt nach der Expansion im Gas zurück.

Natürlich stellt sich jetzt sofort die Frage: Woher kommt die für die Volumenvergrößerung erforderliche Energie. Und die Antwort kann nur lauten: aus dem Wärmevorrat des Gases! Das Gas kühlt sich ab und stellt die dabei freigesetzte Wärmeenergie für die 45 Expansion zur Verfügung. Bei der Kompression laufen die Vorgänge in umgekehrter Richtung ab: Mit dem Zusammenpressen des Gases wird dessen Volumen verkleinert. Damit verringert sich sein Energieinhalt und die überschüssige Energie wird zum Erwärmen des Gases verwendet.

Aus dieser Vorstellung heraus lassen sich die Vorgänge in der Fahrradpumpe, im Dieselmotor und im Kühlschrank bequem erklären. Der Grund, dass sich beim Aufpumpen des Reifens auch Ventil und Pumpe erwärmen, besteht darin, dass die in der Pumpe erhitzte Luft natürlich auch Wärme an die Umgebung abgibt.

Die gleichen Überlegungen machen aber auch verständlich, warum die Lufttemperatur mit zunehmender Höhe immer weiter zurückgeht. Dazu stelle man sich in einen Luftwürfel mit einer Kantenlänge von 1 m vor. Seine 6 Grenzflächen sollen eine vollständige thermische Isolierung ermöglichen, dabei aber beliebig und ohne Kraftaufwand dehnbar sein. Man bezeichnet ein solch gedachtes Luftvolumen üblicherweise als Luftpaket. Mit einem so definierten Luftpaket Gedankenexperimente durchführen zu wollen, mag zunächst als unrealistisch, ja absurd empfunden werden. Tatsächlich aber kommt das Verhalten realer Luftvolumina in der Atmosphäre dieser idealisierten Vorstellung so nahe, dass das Denkmodell „Luftpaket“ ohne Bedenken angewendet werden darf.

Ein solches Luftpaket soll nun vom Boden aus hochgehoben werden. Mit zunehmender Höhe wird der Luftdruck in seiner Umgebung (s. Seite 38) immer geringer. Im Inneren des Paketes herrscht aber der ursprüngliche hohe Bodenluftdruck. Die Folge davon ist, dass sich das Luftpaket aufbläht wie ein Luftballon. Es findet eine Volumenvergrößerung statt. Da die dafür erforderliche Energie aufgrund der thermischen Isolierung unseres Luftpaketes von außen nicht zufließen kann, muss sie der Luft im Paket entnommen werden. Die Folge: dessen Temperatur geht kontinuierlich zurück. Damit entpuppt sich die Temperaturabnahme der Luft mit der Höhe als eine Konsequenz aus der Luftdruckabnahme. Analoge Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass Luftpakete, die von oben nach unten verschoben werden, eine Erwärmung erfahren.

Wie gewaltig sich ein aufsteigendes Luftpaket ausdehnt, kann man mit der „Zustandsgleichung idealer Gase“ berechnen. Denken wir uns einen Luftwürfel mit 1 Meter Kantenlänge vom Meeresniveau aus (Luftdruck 1013 mbar, Temperatur 20 °C) aufsteigen. Dieses Luftpaket kann (s. Seite 52) nur bis etwa 10 km Höhe steigen. Dort sollen 265 mbar Luftdruck und –50 °C herrschen (US-Standardatmosphäre; s. Seite 40 u. 47) Die Rechnungen ergeben, dass sein Volumen dann auf rund 3 m3 und damit auf das 3fache des Startwertes gewachsen sein wird.

Für Messungen in der freien Atmosphäre benutzt man Radiosonden (s. Seite 414), die von Luftballonen in die Höhe getragen werden. Dabei bläht sich der Ballon wie ein Luftpaket auf, bis er in ca. 30 km Höhe platzt. Rechnungen ergeben (für die Bedingungen der Standardatmosphäre) dabei eine Zunahme des Ballondurchmessers von 2 m (am Boden) auf fast 9 m; das ist eine Volumenzunahme auf das 90fache.

Aus den Gesetzen der Thermodynamik kann man bequem ableiten, welche Temperaturänderungen bei Vertikalverschiebungen zu erwarten sind. Die Rechnungen ergeben einen Wert von ziemlich genau 1 K pro 100 Höhenmeter. (Einzelheiten darüber findet man in Fachbüchern zur Theoretischen Meteorologie, s. Seite 434). Man nennt diesen Wert den adiabatischen Temperaturgradienten. „Temperaturgradient“ bedeutet in diesem Fall nichts anderes als „Temperaturänderung pro Höhenänderung“; er wird meist in K/100 m 46 (siehe oben) angegeben. „Adiabatisch“ bedeutet, dass während der Vertikalbewegung keine Energie von außerhalb des Luftpaketes zugeführt oder nach außen abgegeben wird, d. h., die gesamte bei der Volumenänderung umgesetzte Energie stammt ausschließlich aus dem Wärmevorrat der Luft.

Für Luftpakete stellt der adiabatische Temperaturgradient eine Art „Normalzustand“ dar. Innerhalb höherer Luftschichten oder größerer Bereiche der Atmosphäre ist er eher die Ausnahme als die Regel. Das hängt damit zusammen, dass in der Atmosphäre eine ganze Reihe von Vorgängen ablaufen, die den Temperaturgradienten teilweise erheblich beeinflussen. Darunter sind auch solche, die nicht der Definition von „adiabatisch“ entsprechen. Die Folge ist, dass die tatsächlichen Gradienten in der Atmosphäre oft beachtlich vom adiabatischen abweichen. Sie reichen von Temperaturabnahmen spürbar über 1 K/100 m (s. Seite 51, 244) bis zu Temperaturzunahmen von fast 35 K/100 m (s. Seite 340). Im Mittel sinkt die Temperatur in der Atmosphäre innerhalb der untersten 12 km um 0,65 K/100 m. Dieser Wert ist auch der US-Standardatmosphäre (s. Seite 40) zugrunde gelegt. Man bezeichnet Temperaturabnahmen von mehr als 1 K/100 m als über-adiabatisch und solche unter 1 K/100 m als unteradiabatisch. Bleibt die Temperatur mit der Höhe konstant, so spricht man von einer Isothermie, nimmt sie mit der Höhe zu, von einer Inversion.

Auszug aus der US-Standardatmosphäre. Nach NOAA (1976) zit. in Kraus (2004).

HöheTemp.Temp.-Gradient
km°CK/100m
015,0
0,65
18,5
0,65
22,0
0,65
3–4,5
0,65
4–11,0
0,65
5–17,5
0,65
6–24,0
0,65
7–30,5
0,65
8–37,0
0,65
9–43,5
0,65
10–50,0
0,65
11–56,5

Welche Prozesse zu Veränderungen von Temperaturgradienten innerhalb der Atmosphäre führen, werden wir unten sowie auf Seite 240 besprechen. Einen wichtigen nicht-adiabatischen Vorgang kennen wir schon: die Strahlungsabsorption des Ozons (s. Seite 30), bei der Sonnenenergie von außen zufließt, wie die Abb. 15 zeigt. Bekanntlich kommt es dadurch zu einer spektakulären Inversion mit nicht weniger als 30 km Mächtigkeit. Die Kondensation von Wasserdampf in der Luft wird eine Verallgemeinerung des Begriffes „adiabatischer Gradient“ verlangen; wir werden uns auf der Seite 93 mit dieser Frage beschäftigen.

Wegen der Höhenabhängigkeit der Lufttemperatur ist es oft schwierig, den tatsächlichen Wärmeinhalt der Luft in verschiedenen Höhen miteinander zu vergleichen. Man denkt sich deshalb jede der zu vergleichenden Luftschichten zunächst einmal aus ihrer Druckfläche (p) adiabatisch in die 1 000-mbar-Fläche verlagert. Die dabei angenommene Temperatur heißt potenzielle Temperatur Θ. Sie berechnet sich nach der Formel

wobei ϑ die ursprüngliche Lufttemperatur (im Niveau p) bedeutet. 47

Dazu ein Beispiel: Bei 500 mbar sei die Lufttemperatur 0 °C. Daraus errechnet sich eine potenzielle Temperatur von 59,7 °C. 20 °C bei 800 mbar ergeben dagegen eine potenzielle Temperatur von nur 39,3 °C. Man sieht daraus, wie leicht man sich in der Beurteilung des Wärmeinhaltes der Luft irren kann, wenn man die Höhenlage unberücksichtigt lässt.

Bei der Berechnung der potenziellen Temperatur folgt man den gleichen Überlegungen wie bei der Reduktion des Luftdruckes auf Meeresniveau (Seite 44).

Zu wesentlichen Veränderungen des Temperaturgradienten kommt es, wenn in der Atmosphäre großflächige Vertikalbewegungen stattfinden. Anhand der Abb. 10 soll gezeigt werden, was sich dabei abspielt. Dazu betrachten wir die Luftschicht AB. An ihrer Untergrenze herrsche die Temperatur ϑA, an ihrer Obergrenze ϑB. Durch Vorgänge, die später (s. Seite 280) zu besprechen sind, werde die Luftschicht jetzt nach unten verlagert. Da dort ein höherer Luftdruck herrscht als oben (s. Seite 37), wird sie dabei auf die Dicke CD zusammengedrückt. Gleichzeitig erfolgt eine adiabatische Erwärmung.

Diese Erwärmung müssen wir nun etwas genauer betrachten. An der Untergrenze unserer Schicht steigt die Temperatur entsprechend dem adiabatischen Gradienten von ϑA auf ϑC. Auch die Temperatur an der Obergrenze der Schicht steigt entsprechend dem adiabatischen Gradienten von ϑB auf ϑD. Zeichnet man jetzt innerhalb der Schicht C – D die Temperatur-Höhenkurve (die durch die Punkte c und d läuft), so stellt man fest, dass die Temperatur nicht mehr mit der Höhe ab-, sondern zunimmt. 48


Abb. 10 Änderung des Temperaturgradienten bei Absink- und Hebungsvorgängen (Erläuterungen im Text).

Wie ist dieses überraschende Ergebnis zu erklären? Es ist eine Folge der während des Absinkens erfolgenden Kompression unserer Luftschicht. Dadurch legen nämlich ihre oberen Bereiche einen längeren Weg (b – d) zurück als die unteren (a – c) und da die Erwärmung proportional zur Höhendifferenz erfolgt (1 K/100 m) werden die oberen Bereiche stärker erwärmt als die unteren. Man nennt eine Temperaturschichtung, bei der es nach oben hin wärmer wird, eine Inversion. Durch das Absinken ist also eine Inversion entstanden; man bezeichnet sie unter Hinweis auf den Entstehungsmechanismus als Absinkinversion, gelegentlich auch als Schrumpfungsinversion.

Wäre die Luftschicht nicht so tief abgesunken wie in unserem Beispiel, so hätte es für die Entstehung einer Inversion nicht gereicht. Die Temperaturabnahme mit der Höhe wäre aber in jedem Fall kleiner, der Temperaturgradient also unteradiabatisch geworden.

Neben dem großflächigen Absinken von Luftschichten gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Vorgänge, die zur Entstehung von Inversionen führen. Eine besonders wichtige, die sogenannte „Strahlungsinversion“, werden wir im Zusammenhang mit dem Energiehaushalt der Erdoberfläche besprechen (s. Seite 238); bezüglich weiterer Entstehungsmechanismen muss auf Werke der Theoretischen Meteorologie (s. Seite 434) verwiesen werden.

Analoge Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass beim großflächigen Aufsteigen einer Luftschicht eine Inversion abgebaut bzw. ein unteradiabatischer Gradient in einen zunehmend adiabatischen übergeführt wird. Zu Veränderungen des Temperaturgradienten kommt es auch, wenn warme Luft auf kalte aufgleitet oder von kalter Luft hochgehoben wird (s. Seite 51ff.).

Großflächige und langlebige Absinkvorgänge stellen sich bei uns oft im Spätherbst und Winter ein. Dadurch kommt es zur Ausbildung mächtiger Inversionen, die nicht selten zu der zunächst paradox erscheinenden Situation führen, dass die Temperatur auf den Bergen höher ist als in den Tälern.

So wurde z. B. am 1. November 1984 um 7 Uhr folgendes Wetter gemeldet:

München(Höhe 530 m)nebelig:–2,2 °C
Hohenpeißenberg(Höhe 997 m)heiter:+8,6 °C
Großer Arber(Höhe 1445 m)heiter:+11,4 °C
Wendelstein(Höhe 1832 m)heiter:+10,2 °C
Zugspitze(Höhe 2930 m)heiter:+3,2 °C

Solche Situationen treten in dieser Jahreszeit regelmäßig auf. Während die tieferen Landesteile, insbesondere die Fluss- und Seeniederungen, in kaltem Nebel versinken, kann man in den Bergen oft bis in den Dezember hinein Tag für Tag bei mildem Spätherbstwetter prächtigsten Sonnenschein genießen.

Inversionen können – besonders im Herbst und Winter – so ausdauernd sein, dass sie sich sogar in den Monatsmitteltemperaturen bemerkbar machen. So wurden für den Monat Januar 1996 folgende Werte berechnet:

Metten (Donau):

(Höhe 313 m)–3,8 °C

München:

(Höhe 530 m)–3,6 °C

Garmisch-Partenkirchen:

(Höhe 719 m)–3,0 °C

Wendelstein:

(Höhe 1832 m)–0,5 °C

In der Nacht zum 30.1.1986 hatte sich im Raum Augsburg eine ungewöhnlich starke Inversion entwickelt. Innerhalb von 250 Höhenmetern wurde ein Temperaturanstieg um 25,5 K gemessen. Trotz dieses gewaltigen Gradienten von 10,2 K/100 m wurde die Inversion von einem plötzlich aufkommenden kräftigen und böigen Wind in nur gut einer Stunde restlos zerstört.

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