Читать книгу 1001 Münchhausen Abenteuer - Hans Jürgen Borgmann - Страница 3
Zur Einführung
ОглавлениеDie wahre Geschichte
der Familie von Münchhausen
Autor
Anonymus Clarus
Bekanntlich trug der uralte griechische Philosoph Heraklit den Beinamen „Der Dunkle“. Dies hatte seinen Grund vor allem darin, dass er seine weisen Sprüche recht unverständlich aussprach, weil er ständig lallte und die Sprüche deshalb reichlich rätselhaft klangen - was möglicherweise an übermäßigem Weingenuss gelegen haben könnte. Daher trug er nicht nur den Beinamen „Der Dunkle“, sondern auch den Spitznamen „Heraklit, der Lallit“. Seine Nachkommen wollten nicht unbedingt Herakliten heißen, eben wegen seiner Lallerei, und nannten sich darum aus völlig unverständlichen Gründen „Lalen“. Unter diesem Namen verließen sie schleunigst das antike Griechenland und breiteten sich auf dem ganzen Erdball aus, wobei sie aber so vorsichtig waren, sich ein Zentrum in Gestalt einer Stadt zu schaffen, die sie in einer völlig unbekannten Gegend unseres Planeten ansiedelten und „Laleburg“ nannten. Dadurch hatten sie eine Art Heimstatt geschaffen, wo sie sich regelmäßig zu Beratungen trafen und wohin sie flüchteten, wenn irgendein bös gesonnener Übeltäter ihnen an den Kragen und ans Leben wollte. Überall waren sie hoch angesehen wegen ihrer Weisheit und klugen Ratschläge. Doch sie mussten erkennen, dass zu viele der so genannten „großen“ Herrscher der Welt dumm, arrogant, hinterfotzig, kriegslüstern und vor allem geil waren auf Geld und Macht (oder umgekehrt), sowie auf Frauen, Männer und Tiere und die guten Ratschläge der Lalen missachteten, sofern deren Weisheit ihren primitiven Instinkten widersprach. Darauf beschlossen die Lalen während einer Ratssitzung in Laleburg, sich nur noch der Narretei zu widmen und den Mächtigen einen Streich nach dem anderen zu spielen, um ihnen ihre tierische Blödheit vor Augen zu führen. Da Laleburg inzwischen den Machthabern durchaus bekannt war, verließen die Lalen eines Nachts bei Neumond und totaler Sonnenfinsternis im vollen Schein besagter Gestirne ihre Stadt und gründeten eine neue, der sie den Namen Schilda gaben. Dort heckten sie gewaltige Streiche aus und erdachten ganz verrückte Lügenmärchen. Die besten verzeichneten sie in einer geheimen Schrift mit dem Namen „Lalebuch“, das bisher jedoch kein Mensch zu Gesicht bekommen hat.
Ein Stadtteil von Schilda hieß „Flunkhusen“, und darin lebte eine Familie, die ganz besonders begabt war, dumme Streiche zu ersinnen. Ein Mitglied dieser Familie, ein gewisser Jan van Flunkhusen, zog in die Welt, trieb überall viel Unfug und foppte alle Potentaten mit seinen Possen und dummen Späßen. Da er aufgrund seiner Lügenmärchen und üblen Schelmereien schon in ganz Europa bekannt war, obwohl er des Öfteren seinen Namen wechselte - unter anderem hieß er „Till Ulenspegel“, „Schelmuffsky“, „Simplex Simplizissimus“, „Pantagruel Pantagruelissimus“, „Narrator Narretissimus“, „Lukian der Lukiantiker“, „Alcofribas der Nasieriker“ -, und weil er fürchten musste, dass ihm die Inquisition – bestehend aus einem Haufen zynischer Pfaffenaffen in Weiberklamotten - auf die Schliche kam und ihn wg. satirischer Landschaftspflege in Gestalt seiner Schabernackiaden bösen Sinnes auf den Scheiterhaufen bringen würde wie den armen Filippo Bruno, siedelte er sich irgendwann in einem winzigen Kuhbullenkaff namens Hodenwerder an, wo sich Kuh und Bulle nie gute Nacht brüllten, es aber trotzdem taten. In Hodenwerder stand ein altes, seit Jahren unbewohntes und dem Verfall nahes Kloster - genannt „Mönkhus“ -, in das er einzog. Und weil er überall bekannt und verschrien war wie ein bunter Hund, gab er sich einen neuen Namen und hieß fortan „Jan van Mönkhusen“. Er nahm sich – wie weiland Mohammed - eine reiche Witwe zur Frau, ließ sich von ihr mehrere Kinder gebären und lebte fortan still und unerkannt vor sich hin bis er – eigentlich recht zufällig – beim Lachen über einen dummen Witz vom Stuhl fiel, sich das Genick brach und zufrieden über sein gelungenes Leben verstarb. Seine Nachkommen zeugten auf ganz natürliche Weise Kinder, die wiederum zeugten als Erwachsene neue Kinder, deren Sprösslinge weitere Nachfahren und so ging das Kinderzeugen in der Familie munter fort. Allerdings war bei den „van Mönkhusens“, - oder später „von Münchhausens“ – erstaunlicherweise nie erkennbar, ob die Männer mit ihren Frauen oder die Frauen mit ihren Männern dafür sorgten, dass immer neue Nachkommen entstanden. So lebten sie die folgenden Jahrhunderte unauffällig und ruhig dahin, ohne dass in der Familie das Erbe des Jan in irgendeiner Form bekannt geworden wäre. Bis sich am 17. Mai 1716 eine wahrhaft gigantische Explosion des flunkhusenschen Gens ereignete, deren Wirkung sich auf der ganzen Erde und im gesamten Universum zeigen würde, denn an diesem Tag wurde Knut Blöderich Sokratorix Freiherr von Münchhausen geboren, der später den schmückenden Beinamen „Der Lügenbaron“ erhielt, ein Titel, der nicht im geringsten die Wahrheit darstellt, denn alles, was der Baron erlebt, geschrieben und gesprochen hat, ist so ungemein ehrlich und ohne jede verlogene Absicht berichtet, dass man sich nur wundern kann ob der Wahrhaftigkeit seiner von ihm selbst erzählten und völlig glaubwürdigen Abenteuer. Hier folgen seine außerordentlich wahren und vor allem echt originalen Erlebnisse in schriftlicher Form aus seinem eigenen Munde.