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2. Im Bann der Zeit

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Die ZETRIS hatte gerade ihre Position auf der entfernten Mondbahn bezogen, als die Besatzung die Ankunft eines fremden Raumschiffes ortete. Es war auf keinen Fall die CRYPTOI, das Schwesterschiff der ZETRIS. Sie war weder angekündigt worden noch entsprach das fremde, unscheinbare Raumschiff ihrer gewaltigen Erscheinung.

Der Schiffsführer der ZETRIS vermutete die Ankunft eines ax´lánischen Kommandos. Aber auch das bestätigte sich nicht. Und hätte es sich doch darum gehandelt, dann konnte es weder dem Hilferuf gefolgt sein noch dem Signal von dem Blauen Berg. Es sei denn, dieses Schiff hätte sich in der Nähe von Elveran aufgehalten. Aber es antwortete weder auf die Funkrufe nach dem Code des Zivilisationsrates noch auf diejenigen, die auf ax´lánischen Frequenzen gesendet wurden. Es blieb vorerst das Raumschiff eines unbekannten Volkes. Und es näherte sich zielstrebig mit langsamer Fahrt dem Planeten.

Die Besatzung der ZETRIS wartete ab. Es war nicht die erste Begegnung mit einem fremden Raumschiff, und da das Weltall eine ungastliche Umgebung ist, verliefen solche Begegnungen äußerst selten mit wilden Schießereien. Es war nicht üblich, die eigene Existenz durch leichtsinniges Verhalten aufs Spiel zu setzen. Dass sich die Besatzung des kleinen Schiffes nicht zu erkennen gab, mochte auch daran liegen, dass es im nahen Weltraum um den Planeten Elveran keine anderen Nichtelveraner vermutete, denn die ZETRIS befand sich sehr nahe über dem Mond Duglar und war nur schwer zu orten, und möglicherweise betrieben die Ankömmlinge ihre Funkempfänger nur auf bestimmten Frequenzen.

Die Besatzung des kleinen Schiffes schien aber sehr genau zu wissen, wohin sie wollte, denn anstatt erkundend um den Planeten zu kreisen, schob es sich in eine Warteposition unmittelbar über dem Kontinent Päridon. Dort verharrte es eine kurze Zeit und begann dann mit dem Anflug - geradewegs auf die Seemark zu. Es war verblüffend. Die Ortungszentrale auf der ZETRIS stellte fest, dass es in unmittelbarer Nähe des Ortes landete, an dem die Seefestung gestanden hatte.

Der Kommandant der ZETRIS rief die Raumfähre, die über der Urwaldpyramide Warteposition bezogen hatte, und fragte an, ob dem Piloten die Ankunft des fremden Raumschiffes aufgefallen war. Raumfähren waren jedoch nur mit dürftigen Ortungsgeräten ausgestattet, da sie für gewöhnlich von ihren Mutterschiffen geleitet wurden. Aus dem Grund hatte der Pilot nichts davon bemerkt. Genauso wenig war das fremde Raumschiff in seiner Nähe aufgetaucht. Es war äußerst rätselhaft.

Um den sonderbaren Ereignissen dieses Tages noch ein weiteres hinzuzufügen, kam dann auch noch ein weiteres Raumschiff. Das konnten unmöglich Zufälle sein.

Dieses Raumschiff war um einiges größer als die ZETRIS und unterschied sich von ihr in einem geradezu phantastischen Aufbau. Dieses Mal war es tatsächlich ein ax´lánisches Schiff. Und sein Auftauchen zu diesem frühen Zeitpunkt war unvorhergesehen. Diese Begegnung lenkte die Oson für einige Zeit von dem kleinen Schiff ab.

Kaum hatte das Schiff sich Elveran bis auf wenige Raummeilen genähert, da empfing die ZETRIS einen Funkruf.

„Ax´lánisches Forschungsschiff EXPEDITOR im Erkundungsanflug auf Elveran“, klang eine raue Stimme aus dem Lautsprecher in der Zentrale der ZETRIS. „Pekor Granick, Kommandant. Wer seid ihr?“

„Kommandant Hermissen auf dem osonischen Forschungskreuzer ZETRIS. Ebenfalls im Erkundungsauftrag. Seid ihr herbeordert oder wart ihr in der Gegend?“

„Wir hielten uns ein Lichtjahr entfernt auf, als wir einen ungewöhnlichen Energieausbruch auf diesem Planeten feststellten. Kurz darauf empfingen wir einen Warnruf, der ebenfalls von diesem Planeten abgestrahlt wurde. Was geht auf diesem Planeten vor?“

„Wenn wir das wüssten“, flunkerte Hermissen. „Bisher haben wir nur herausgefunden, wo all diese Anomalien entstanden sind. Ein Landungskommando befindet sich als Kundschafter auf Elveran. Wir rechnen in Kürze mit ersten Nachrichten.“

„Ihr habt euch weit von dem Planeten zurückgezogen. Welchen Grund hat das?“

„Das Kommando ist mit einem Beiboot dort gelandet. Es gibt Anzeichen für eine Gefährdung der ZETRIS.“

„Dann habt ihr mutige Leute“, stellte Pekor Granick unüberhörbar spöttisch fest.

Kommandant Hermissen lächelte.

„Mehr als das.“

„Wir werden eigene Untersuchungen durchführen“, entschied Granick.

„Wir werden euch nicht daran hindern. Viel Erfolg.“

Sie hörten ein kurzes Knacken im Lautsprecher, als der Kommandant des ax´lánischen Raumschiffes die Verbindung unterbrach. Dann schwenkte die EXPEDITOR ab und beschleunigte in Richtung Elveran.

„Die haben mir gerade noch gefehlt“, sagte Héth-Béckûs, der sich auf der Kommandobrücke der ZETRIS aufhielt, um sofort unterrichtet zu sein, wenn sich Taligh und Neneema meldeten.

„Um unsere Leute mache ich mir weniger Sorgen“, erklärte Kommandant Hermissen. „Der Pyramide können sie kaum zu Leibe rücken, außerdem werden sie dort bald fertig sein, schätze ich. Und die Fähre werden sie kaum beachten. Sie glauben zu wissen, warum sie über Elveran steht. Da, fürchte ich, werden sie sich schon eher für das fremde Raumschiff interessieren.“

Eine Nachfrage Hermissens in der Ortungszentrale ergab, dass es immer noch unverändert dort stand, wo es gelandet war. Bisher hatte es anscheinend noch keine Aktivitäten gegeben. Sie konnten weiterhin nur abwarten.

Lange wurde ihre Geduld jedoch nicht mehr auf die Folter gespannt. Kurz nach der Begegnung mit der EXPEDITOR meldete sich Taligh und berichtete knapp, was geschehen war. Neneema beorderte die ZETRIS wieder nach Elveran zurück. Außerdem hatte die Raumfähre bereits zur Landung angesetzt. In Kürze konnten sie mit der Ankunft der Überlebenden Sinaraner rechnen. Das war eine gute Nachricht. Der Funker überbrachte die Meldung auf die Brücke und der Kommandant gab den Befehl zum Anflug auf Elveran.

Kaum eine osonische Stunde später befanden sich alle an Bord der ZETRIS. Erst jetzt erfuhren Taligh und Neneema von den beiden Raumschiffen, die so unerwartet aufgetaucht waren.

„Habt ihr die Ax´lán schon von unserem kleinen Problem unterrichtet?“, fragte Taligh.

„Noch nicht“, erklärte Héth-Béckûs. „Ich bezweifle, dass sie überhaupt schon etwas davon ahnen. Granick, der Schiffskommandant, bezeichnete die EXPEDITOR als Forschungsschiff, obwohl sie mir eher als ein Kriegsschiff erscheint. Vermutlich waren sie zufällig in der Gegend. Außerdem hielten wir es für angebracht, zunächst einmal eure Sache zu beenden.“

„Das ist erledigt“, bestätigte Neneema. „Was ist mit dem anderen Schiff?“

Bevor Héth-Béckûs auf ihre Frage antworten konnte, rief sie der Ortungsoffizier in den Ortungsraum. Mit Elveran ging etwas Merkwürdiges vor sich.

„Aha, es fängt an“, meinte Taligh und folgte den anderen.

Sie glaubten, sie müssten sich ihre Augen reiben, um die Umrisse des Planeten klar erkennen zu können. Die Atmosphäre schien am äußeren Rand mit dem Weltraum ineinanderzufließen. Und genauso verschmolzen die Küsten der Kontinente mit den Ozeanen.

„Anscheinend büßt Elveran an Massestruktur ein“, stellte Neneema fest. „Gibt es neue Dichte-Messungen?“

Diese Frage galt einem wissenschaftlichen Offizier.

„Ja, unverändert vierkommadreifünf. Auch die Atmosphäre hält noch ihren Druck auf Meereshöhe.“

Neneema nickte.

„Ich schätze, das wird sich bald ändern. Nun gut. Meldet euch, wenn sich etwas ändert.“

„Vielleicht ist es ein stetig fortschreitender Prozess“, meinte Taligh.

„Wir werden sehen.“

„Konntet ihr die Quelle des psychischen Feldes lokalisieren?“, fragte sie einen anderen Orter.

„Nein. Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Nach dem Ausbruch in der Pyramide wurde sie schlagartig schwächer und war bald nicht mehr messbar.“

„Vielleicht hast du gerade die Erklärung dafür gegeben“, meinte Neneema. „Wie vom Erdboden verschluckt, könnte stimmen. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn die Ursache für dieses Phänomen nicht unser Kristall wäre. Vielleicht ist er in die Erdkruste Elverans eingedrungen. Dann werden wir ihn nicht wiederfinden.“

Neneema, Taligh und der Kommandant standen gerade im Begriff den Raum zu verlassen, da rief sie der Orter wieder zurück.

„Da passiert etwas! In der Seemark!“

„Das fremde Raumschiff“, stellte Taligh fest.

Auf den optischen Schirmen war nichts zu erkennen, aber auf dem Schirm, der Kraftfelder sichtbar machte, sahen sie, wie sich eine ungewöhnlich große, buntschillernde Glocke um das Raumschiff gelegt hatte und immer dichter wurde.

„Was machen die da?“, fragte der Orter. Er blickte auf eine Skala und schüttelte verblüfft den Kopf. „Das kann niemals ein gewöhnliches Schiff sein. Es besitzt die stärksten Kraftwerke, die ich je bei einem Raumschiff kennengelernt habe. Und die Leistung wird noch gesteigert. Es ist unglaublich. Jetzt ist es bei der doppelten Leistung der ZETRIS. Das gibt es nicht.“

Atemlos starrten sie abwechselnd auf die Glocke und auf die Skala der Anzeige. Bei rund der viereinhalbfachen Kraftwerksleistung der ZETRIS blieben die Farbbalken stehen und die Glocke veränderte die Dichte nicht mehr. Sie überdeckte jetzt eine Fläche von etwa einem Quadratkilometer.

„Ich verstehe das nicht“, sagte Orlis, der kurz vorher in den Ortungsraum eingetreten war. „Das Schiff hätte längst explodieren müssen.“

Plötzlich erschien ein Schatten innerhalb der Glocke, der auf den optischen Schirmen deutlich erkennbar war. Es war ein kleiner, rechteckiger Schatten.

„Das ist die Seefestung!“, entfuhr es Taligh. „Die experimentieren mit der Zeit! Sie holen sie zurück!“

Dieser Zustand hielt eine quälend lange Zeit an, in der die Oson hofften, dass die Glocke zusammenfallen und die Ruine, denn das schien sie immer noch zu sein, in der Gegenwart erhalten bleiben würde. Doch plötzlich geschah das Unfassbare. Die Glocke erlosch tatsächlich, aber im gleichen Augenblick verschwand auch wieder die Seefestung. Jetzt stand nur noch das kleine Raumschiff auf der Ebene, als wäre nichts geschehen.

Stumm starrten sie Oson auf die Schirme.

„Kraftfeld gleich Null“, meldete der Ortungsoffizier. „Das war´s.“

„Wenn das ein Rettungsversuch war, dann ist er gescheitert“, stellte Kommandant Hermissen enttäuscht fest.

„Augenblick!“, sagte der Ortungsoffizier. „Das Raumschiff startet.“

Tatsächlich, es hob vom Boden ab und beschleunigte. Aber es verschwand nicht im Weltraum, sondern kam geradewegs auf die ZETRIS zu.

Kurz darauf meldete sich eine Frauenstimme auf osonisch:

„Hier spricht Wissenschaftsoffizierin Scilla. Bereitet schon `mal das Abendessen, wir haben Hunger.“

Ein grenzenloser Jubel erfüllte die Ortungszentrale. Wie immer sie es angestellt hatten, sie hatten ihre Freunde aus der Vergangenheit zurückgeholt.

Wie sich bald herausstellte, handelte es sich bei dem kleinen Raumschiff um ein Spezialschiff der Tibaner, des Volkes von Tjerulf, mit dem Namen THULA. Weitere Erklärungen würden später erfolgen. Sie erfuhren nur so viel, dass die gesamte verschollene Gruppe von Tjerulf gerettet worden war. Nach wenigen Minuten dockte die THULA an der Seite der ZETRIS an und kurz darauf wurden Tjerulf, Scilla, Durhad, Elemaris, Fintas sowie Dalmo Branis Alen, die Kommandantin der THULA, auf der ZETRIS in Empfang genommen. Das unverhoffte Wiedersehen löste eine überschwängliche Freude aus und besonders herzlich nahmen sich Scilla und Gnee in die Arme.

Die Geretteten waren weitgehend unversehrt, obwohl ihnen deutlich die Strapazen der vergangenen Tage anzusehen waren. Nachdem sie die erbeuteten Dokumente aus der ax´lánischen Forschungsstation an die Schiffsführung übergeben hatten, wurde ihnen für einige Zeit Ruhe verordnet. Währenddessen kamen Dalmo Branis Alen, Kommandant Hermissen, Neneema, Taligh und Héth-Béckûs zu einer Besprechung zusammen.

Die Kommandantin der THULA hatte schon einiges durch Tjerulf und seine Gruppe erfahren, so auch, dass die festgestellten Veränderungen Elverans nicht zufällig eingesetzt hatten, aber ob es bereits mit diesem mysteriösen Kristall zu tun hatte, der dabei erwähnt wurde, konnten sie ihr auch nicht sagen. Natürlich waren die Oson brennend an den Fähigkeiten der THULA interessiert, denn was sie beobachtet hatten, sprengte jeglichen Rahmen dessen, was ihnen an Raumschiffsleistung bisher bekannt war. Dalmo Branis Alen lächelte zufrieden, als sie die Bewunderung der Oson für ihr Schiff bemerkte.

Die THULA war, wie sie erfuhren, ein besonderes Raumschiff und bisher hatten die Tibaner erst ein weiteres Schwesterschiff gebaut. Obwohl sie nur von unscheinbarer Erscheinung war, was ihre Ausmaße betraf, die ZETRIS besaß die dreifache Größe, waren sie die bisher schnellsten und stärksten Schiffe der Tibaner. Branis Alen nannte einpaar beeindruckende Leistungsdaten, von denen Kommandant Hermissen nur träumen konnte, obwohl sein Schiff alles andere als eine lahme Ente war.

Die THULA konnte verschiedenen Arten von Kraftfeldern erzeugen, die, wie die Oson festgestellt hatten, eine außerordentliche Stärke und fast physische Dichte erreichte. Die THULA war kein Kriegsschiff, wenn ihre Kraftfelder auch einen besonderen Schutz gegen Beschuss boten, sondern ein Forschungsschiff, das speziell für die Erforschung von Sonnen konzipiert war. Aufgrund ihrer geringen Größe und ihrer energetischen Macht konnte sie tief in bestimmte Arten von Sonnen eindringen, um dort Messungen vorzunehmen. Außerdem galten die THULA und ihr Schwesterschiff als die schnellsten der tibanischen Flotte. Die Oson hatten bisher kein gleichwertiges Schiff gebaut.

Bei ihren verschiedenen Forschungsflügen hatte die Besatzung der THULA festgestellt, dass die Stärke der erzeugten Kraftfelder einen gewissen Einfluss auf die Zeit hatte. Weite Zeitsprünge waren ihnen zwar noch nicht gelungen, aber anscheinend konnte sich das Schiff etwa jeweils eine Woche in die Zukunft oder in die Vergangenheit bewegen. Dabei schien es unbedeutend zu sein, ob es sich im Flug befand oder die Kraftwerke in einer stationären Position auf die notwendige Leistung hochgefahren wurden. Welche Möglichkeiten sich daraus ergaben, war noch nicht abschließend erkundet. Doch eines war klar, unter diesen Umständen konnte Tjerulfs Gruppe wirklich von Glück reden, dass ihre Einwirkung die ax´lánische Zeitmaschine zerstört hatte, bevor sie weiter als eine tibanische Woche in die Vergangenheit versetzt wurden. [Das war natürlich nichts anderes als der Beginn von Zeitexperimenten. Aber erstens gehörten die Tibaner nicht zum Zivilisationsrat, brauchten also auch die Zeitpolizei nicht zu fürchten. Und zweitens hätte die Besatzung der ZETRIS in diesem Fall wohlwollend darüber hinweggesehen, wenn die Tibaner den Gesetzen des Bündnisses unterworfen gewesen wären].

Ein weiterer glücklicher Umstand fügte, dass die THULA innerhalb von zehn Lichtjahren Entfernung zu Elveran stand, als sie den Notruf Tjerulfs empfing. Es war ihm gelungen, in eine ax´lánischen Forschungsstation vor der Küste der Seemark ein Fernfunkgerät so einzustellen, dass er einen Funkspruch absetzen konnte. Innerhalb von sieben Tagen hatte die THULA Elveran erreicht. Aufgrund der mitgeteilten Koordinaten fiel es den Tibanern nicht schwer, den Ort in der Seemark ausfindig zu machen.

Aus dem Notruf ging hervor, dass es eine Zeitverschiebung gegeben hatte, aber Tjerulf wusste nicht, um wie viel. Allerdings hatten er und seine Leute festgestellt, dass es sie in die Vergangenheit verschlagen hatte. Die Besatzung musste sich mit dem besonderen, zeitwirksamen Kraftfeld an sie herantasten. Sie hatten die Verschollenen erreicht, als die Ruine der Seefestung sichtbar wurde. Die Gruppe wurde von der THULA aufgenommen und schließlich zur ZETRIS gebracht.

„Wir haben euren Funkruf zwar aufgefangen“, erklärte Branis, „aber die Zeit drängte im Sinne des Wortes, deshalb mussten wir uns zuerst um die Zeitgefangenen kümmern.“

„Eine unglaubliche Geschichte“, fand Kommandant Hermissen. „Und wenn wir es nicht selbst gesehen hätten, hätten wir sie nur schwerlich geglaubt.“

Branis lächelte.

„Es war ein besonderer Einsatz, das gebe ich zu, aber wir sind mit dem Ergebnis voll und ganz zufrieden. Er hat uns selbst in dem Verständnis unserer Möglichkeiten weitergebracht.“

Natürlich durften die Berichte von Tjerulf, Scilla, Durhad, Fintas und Elemaris nicht fehlen, denn selbst die tibanische Kommandantin hatte bisher nur wenig über die Ereignisse in dem Zeitfeld gehört. Sie war besonders an den Erlebnissen interessiert, denn die Erfahrungen der Gruppe konnten für zukünftige Experimente mit ihrem Schiff von Bedeutung sein.

Es war dunkel, es war kalt und es gab keinen Anhaltspunkt, wo er sich befand. Das Letzte, woran sich Tjerulf erinnerte, war dieser mörderische Sog, der ihn in die glühende Kugel befördert hatte. Jetzt war alles Licht um ihn herum erloschen. Immerhin spürte er keine Schmerzen. Aber das konnte auch die Taubheit sein, die dem Einsetzen sehr starker Schmerzen oft voranging. Er versucht seine Gliedmaßen zu bewegen und stellte erleichtert fest, dass er anscheinend noch ganz war.

Vorsichtig richtete er sich auf. Seine Hand berührte einen Arm. Als sie weggezogen wurde, wusste er, dass noch Leben in ihm steckte.

„Durhad?“, fragte er.

„Fast“, erwiderte eine jugendliche Stimme. „Ich bin Fintas.“

„Gut. Wie geht es dir?“

„Ich glaube, nicht so schlecht, wie ich befürchten sollte. Wo sind die anderen?“

„Weiß ich nicht. Das müssen wir wohl erst noch herausfinden.“

Etwas zerrte an seiner Schulter, und als er es entfernen wollte, stellte er fest, dass es seine Tasche war. Wo seine Tasche war, da war auch ihr Inhalt nicht fern. Und dazu gehörte bis zu diesem Unfall auch eine Stablampe. Sie war auch noch da.

Sie hatten diese merkwürdige Reise tatsächlich gemeinsam gemacht, denn er entdeckte jetzt auch Scilla, mit offenen Augen ins Licht starrend und Durhad, der sich gerade zu regen begann. Elemaris fand er erst auf den zweiten Blick. Er stand ein kleines Stück entfernt an der Wand. Seine Augen hatten wieder diese unnatürliche und unter diesen Bedingungen etwas erschreckende Größe und Blässe angenommen.

„Hast du schon irgendetwas entdeckt, das darauf hinweisen könnte, wo wir sind?“, fragte Tjerulf.

„Noch nicht“, erwiderte Elemaris. „Ich habe eben gerade erst angefangen, mich umzuschauen.“

„Umschauen?“, fragte Scilla. „Kannst du in der Dunkelheit tatsächlich etwas sehen?“

„Schlechter als sonst, aber es reicht, um mich zurechtzufinden.“

Sie hatten ihr seltsames Abenteuer erstaunlich unbeschadet überstanden. Durhad rieb sich seine Schulter, mit der er irgendwo angestoßen war.

„Kann mir einer erklären, was geschehen ist?“, wollte Scilla wissen.

„Nein“, gab Tjerulf ehrlich zu. „Da wir aber alle beieinander sind, werden wir wohl auch alle von der Zeitmaschine erfasst worden sein.“

„Du meinst, wir sind in ihr drin?“, wunderte sich Fintas.

„Ich meine damit, dass wir vielleicht eine Zeitreise gemacht haben.“

„Wirklich?“

„Das war nur so eine Vermutung“, meinte Tjerulf. „Ich weiß es natürlich nicht.“

„Unmöglich ist es auch nicht, aber wir sind bestimmt nicht mehr in der Maschine“, meinte Elemaris. „Das hier ist ein steinerner Raum und“, er stemmte sich angestrengt gegen die Wand, bis plötzlich ein schmaler Lichtstreifen zu erkennen war, „mit einer Tür nach draußen.“

Das war eine gute Nachricht. Dann waren sie wenigstens nicht gefangen. Elemaris stieß die Tür - sie bestand aus dicken Bohlen - ganz auf und die Sonne schien herein. Der Raum war leer und außer dieser einen Tür gab es keine weiteren Öffnungen.

„Weit sind wir ja nicht gekommen“, fand Scilla.

Sie standen am Rand des Ruinenfeldes der Seefestung. Anscheinend war dieser Raum der einzige noch unversehrte und ihnen bisher entgangen. Warum sie von der Zeitmaschine ausgerechnet dorthin befördert worden waren, war unerklärlich. Aber immerhin waren sie dem Gefängnis der unterirdischen Forschungsstation entronnen.

„Ich wundere mich, dass wir überhaupt hierher gelangt sind“, meinte Tjerulf.

„Ich wundere mich, dass wir nur hierher gelangt sind“, erwiderte Elemaris.

„Wie kommst du darauf?“

„Ich sagte euch doch, dass ich von diesem Experiment wusste und nach allem, was ich erfahren habe, sollte die Station von allen lebenden Wesen befreit werden, um für irgendwelche anderen Experimente, die nicht näher erklärt wurden, vorbereitet zu werden. Da kann ich mir nicht vorstellen, dass der Transport hier oben schon beendet sein sollte.“

„Das ist aber alles etwas haarig“, fand Tjerulf und kratzte sich am Kopf. „Ich werde sie jetzt nicht stellen, weil die Antworten nur einen theoretischen Charakter hätten, aber mir fällt gerade ein ganzer Haufen von Fragen dazu ein.“

„Die ich wahrscheinlich auch nicht beantworten könnte“, meinte Elemaris.

„Möglicherweise würden sie uns auch nicht weiterbringen.“

„Also, was wollen wir jetzt machen?“, fragte Scilla.

„Das allerdings, ist eine sehr gute Frage“, spöttelte Elemaris. „Und noch weiß ich auch auf sie keine Antwort. Eigentlich sollten wir uns zunächst einmal um Talighs Gruppe kümmern.“

Das war natürlich naheliegend. Also machten sie sich wieder auf den Weg, in der Hoffnung, sie zu finden.

Zum Eingang des Tunnels, den ihnen Elemaris gezeigt hatte, war es von der Festungsruine weniger weit als von seinem Versteck. Obwohl sie in dem Raum und im ersten Teil des Tunnels Licht angelassen hatten, war es jetzt aus. Dabei dachten sie sich noch nichts, als Elemaris es wieder einschaltete. Aber als sie vor der unversehrten Stahltür standen, die Taligh doch eigentlich aufgebrochen hatte, wurden sie nachdenklich.

„Und dabei ist es doch so einfach“, meinte Tjerulf erkennend. „Die Tür ist noch ganz, weil sie Taligh noch nicht geöffnet hat, weil er noch gar nicht hier war. Also doch eine Zeitreise.“

„Du meinst, wir stehen zu einem Zeitpunkt hier, als unsere ganze Gruppe noch überhaupt nicht hier unten gewesen ist“, schloss Elemaris und nickte mit dem Kopf. „Dann sind wir in die Vergangenheit geraten.“

„Das ist meine einzige Erklärung.“

„Dann warten wir doch hier, bis sie - wir - kommen und Taligh uns die Tür öffnet“, meinte Fintas ein wenig einfältig.

„Ich glaube, das ist kein guter Vorschlag“, sagte Tjerulf. „Ich verstehe zwar nichts von Zeitexperimenten, aber ich bin sicher, dass es nicht gut wäre, sich selbst zu begegnen. Außerdem wissen wir nicht, wie lange es dauern wird, bis sie hierher kommen.“

„Unter diesen Umständen ist es doch sowieso nicht mehr nötig, zu der Forschungsstation zu gelangen“, meinte Scilla. „Dann sind die anderen nämlich noch gar nicht da. Und ohne Alben Surs Hilfe haben wir wahrscheinlich keine guten Aussichten hineinzukommen.“

„Das ist zu vermuten“, erwiderte Tjerulf.

„Also rufen wir die ZETRIS, damit sie uns abholt“, schlug Scilla vor.

Sie pflichteten ihr bei. Kurze Zeit später waren sie wieder im Tageslicht und auf dem Weg zu Elemaris Versteck. Dort hatten sie ihre Funkgeräte zurückgelassen. Bis zu dem Versteck hatte das Zeitfeld glücklicherweise noch gewirkt.

„Es geht tatsächlich nicht“, fand auch Tjerulf, nachdem Elemaris erste Zweifel angemeldet hatte.

„Wie kommt ihr darauf?“, fragte Scilla.

„Ich kann nur sagen, dass es nicht gut wäre, obwohl ich mir über die Gründe im Unklaren bin. Es ist eine Schlussfolgerung ohne handfeste Grundlage. Wir müssen alles vermeiden, um uns selbst zu begegnen.“

„Was nur möglich wäre, wenn wir die gleiche Zeitstrecke vorwärtsgehen würden, stimmt´s?“

„Genau.“

Die Funkgeräte schwiegen. Was sollten sie tun? Bevor sie sich etwas überlegen konnten, hörten sie einen schrillen, nervenzerreißenden Schrei und im Licht der tieferstehenden Sonne erkannten sie zwei Lichtkörper, die sich ihnen näherten. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass sie in die Vergangenheit versetzt worden waren, jetzt hatten sie ihn. Es waren Telerin. Also befanden sie sich in der Zeit, als diese Geister noch nicht vernichtet waren. Das bedeutete einen Zeitsprung von wenigstens vier Tagen.

„Schnell! Unter die Erde!“, sagte Elemaris.

Glücklicherweise hatten sie sich nicht weit von dem Eingang zu seinem Versteck entfernt. Elemaris schob den Deckel über das Loch, dann waren sie in Sicherheit. Warum die Telerin niemals in seiner Erdhöhle aufgetaucht waren, konnte er nicht erklären. Aber er war sicher, dass sie irgendetwas daran hinderte, denn mehr als einmal hatten sie ihn bis zu dem Eingang verfolgt.

Sie verbrachten die Nacht in ungemütlicher Finsternis. Immerhin hatten sie seit ihres ersten Aufenthaltes einigen Proviant in der Höhle gelagert und mussten daher nicht hungern. Trotzdem konnte es so nicht weitergehen. Irgendetwas musste ihnen einfallen.

Bis zum nächsten Morgen hatte Tjerulf sich zwar einen Vorschlag überlegt, aber wie sie ihn umsetzen konnten, wusste er selbst nicht.

„Ich sagte euch gestern, dass ich davon abraten würde, uns zu begegnen, obwohl es nicht mehr als die Ahnung eines Unglücks ist“, begann er. Das hörte sich zwar seltsam albern an, aber wer wusste es schon, vielleicht konnte es tatsächlich zu unangenehmen Verwicklungen kommen. „Also kann es nur Hilfe von jemandem geben, in dessen Umgebung sich bestimmt keiner von uns aufhält, der aber weiß, wo wir uns befinden, zumindest auf welchem Planeten.“

„Und die kennst den jemanden“, vermutete Scilla.

„Ich denke schon. Es sind einige Freunde aus meinem Volk, zu denen ich seit einiger Zeit Verbindung habe.“

„Befinden sie sich in der Nähe von Elveran?“, fragte Elemaris.

„Das wäre ein Zufall. Von Zeit zu Zeit bekomme ich von ihnen Besuch. Angekündigt habe sie sich erst für nächstes Jahr. Aber vielleicht gelingt es mir, sie durch einen Notruf zu erreichen.“

„Aber können sie uns auch aus der Zeitverschiebung befreien?“

Tjerulf lächelte geheimnisvoll.

„Es gibt da bei uns eine neue technische Entwicklung, von der ich erst bei ihrem letzten Besuch beiläufig erfahren habe. Es ist ein Experimental-Raumschiff, dessen übergroße Reaktoren ein Kraftfeld erzeugen können, dass sich auf den Zeitverlauf in der näheren Umgebung auswirkt. Wie weit in jede Richtung war noch nicht völlig erforscht. Aber vielleicht könnten sie sich uns mit seiner Hilfe so weit nähern, dass sie uns aufnehmen können.“

„Vorausgesetzt seine Reichweite reicht aus“, meinte Scilla.

„Ja, aber dieses Schiff sehe ich im Augenblick als einzige Lösung unseres Problems an.“

„Wann könnte es denn hier sein?“

„Tja“, sagte Tjerulf und kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Genau das weiß ich nicht. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht einmal, wie ich Tiba erreichen kann. Dazu brauche ich als Erstes einmal ein starkes Funkgerät, an dem ich einige Veränderungen vornehmen muss. Ich schätze, ich könnte es so umrüsten, dass der Notruf in etwa zwei Wochen meine Heimatwelt erreicht. Das Experimentalschiff soll unglaublich schnell sein, so wurde es mir jedenfalls beschrieben. Angeblich würde es von Tiba bis nach Elveran nur eine Woche unterwegs sein. Geben wir der Besatzung noch einpaar Tage, um es startklar zu machen, dann wäre die Hilfe in spätestens vier Wochen hier.“

„Das wäre zu spät“, wandte Durhad ein. „Vielleicht gibt es Elveran in vier Wochen gar nicht mehr, falls Taligh das Fragment gefunden hat.“

„Ich hoffe, sie werden in diesem Fall zögern, den Kristall zusammenzusetzen. Ich vermute, dass sie versuchen werden, uns irgendwie wiederzufinden, bevor sie riskieren, das Elveran untergeht.“

„Und wie sollen wie hier so lange überleben, ohne Nahrung und mit den Telerin im Nacken?“, wandte Fintas ein.

Das war eine berechtigte Frage, auf die Tjerulf keine Antwort hatten. Ihm war ja sogar unklar, wo er das benötigte Funkgerät herbekommen konnte. Die Forschungsstation der Ax´lán kam dafür zwar in Frage, aber wie sollten sie dort hineinkommen, ohne bemerkt zu werden. Eine Sprengung der Stahlwand wäre vielleicht möglich gewesen, aber dann wären ihnen in kürzester Zeit die Kampfroboter auf den Fersen. Ein solches Eindringen würde kein Wachmechanismus als besonders freundliche Geste beurteilen. Sie konnten nur versuchen, durch den Tunnel der Maschinenspinnen hineinzugelangen.

„Vielleicht kann ich da weiterhelfen“, meinte Elemaris. „Wie ich euch bereits gesagt habe, gibt es vor der Küste der Seemark eine weitere unterseeische Station. Die befindet sich zweckmäßigerweise nicht weit entfernt von der Ruine und ist durch einen Tunnel erreichbar. Dort befindet sich auch eine umfangreiche technische Ausstattung. Da wirst du bestimmt finden, was du suchst.“

„Ist die Energieversorgung noch betriebsbereit?“

„Zumindest gibt es da unten Licht.“

„Bleibt immer noch das Problem mit der Dauer, bis sie hier sein können, und der Ernährung bis dahin“, meinte Scilla.

„Immer eins nach dem anderen“, meinte Tjerulf hoffnungsvoll. „Für einige Tage haben wir genug zu essen. Und vielleicht dauert es ja auch gar nicht so lange, bis die Hilfe eintrifft.“

Auch wenn Scilla es vermutete, was das betraf, wusste Tjerulf nicht mehr als sie. Aber sie verstand immer noch nicht, warum es nicht möglich sein sollte, von der ZETRIS abgeholt zu werden. Man hätte ja einen Zeitpunkt vereinbaren können, an dem sie sich alle auf Elveran befanden und an Bord konnte man sich wohl so lange aus dem Weg gehen, bis eine Lösung gefunden wäre. Aber je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr musste sie Tjerulf Recht geben. Es war nicht gut, wenn sie sich selbst irgendwann gegenüberstanden. Und das wäre der Fall, wenn ihre Gruppe wieder in ihre Zeit versetzt werden würde. Dann gäbe es sie zweimal und das war eine undenkbare Vorstellung. Vier Wochen würden sie schon irgendwie überstehen - vorausgesetzt Elveran blieb stabil. Ach, ist das alles kompliziert, seufzte sie in Gedanken.

Nach einem kargen Frühstück verließen sie das Versteck. Immer auf der Hut vor den Telerin bewegten sie sich im Eilmarsch auf die Küste zu. Einst waren die Seefestung und der Eingang zum Tunnel zur Unterwasserstation jeweils von einem eigenen Wald umwachsen, doch inzwischen hatten sich die beiden zu einem großen und dichten Wald vereinigt. Nach etwa einer Stunde kamen sie unbehelligt dort an.

„Hier ist es“, sagte Elemaris und drückte die Zweige eines Strauches zur Seite.

„Den hätten wir allein nie gefunden“, meinte Scilla.

„Da bin ich sicher.“

Die Ax´lán waren fleißige Tunnelbauer. Auch dieser war sehr lang, geradlinig und sorgfältig bearbeitet. Er ähnelte dem, durch den sie die Forschungsstation unter der Festungsruine erreicht hatten. Allerdings hatten sich die Ax´lán nicht die Mühe gemacht, dort Licht anzubringen. Und auf eine versperrende Tür stießen sie erst, als sie bei dieser Station angelangt waren. Sie wies einige Beschädigungen auf und ließ sich ohne Schwierigkeiten öffnen. Wieder betraten sie eine Schleuse. Sehr dicht war sie nicht mehr, denn es tröpfelte hier und dort Wasser von den Wänden, aber bisher war es nicht so viel, als dass es nicht durch ein Drainagesystem hätte abgeführt werden können. Das Wasser schmeckte salzig, also sickerte Meereswasser herein. Lange würde diese Einrichtung der Ax´lán nicht mehr bestehen, vermutete Tjerulf.

„So ist es schon, seit ich sie vor einigen Jahren entdeckte“, meinte Elemaris. „Ich bin zuversichtlich, dass sie nicht gerade heute überflutet. Und in einpaar Tagen werden wir sie wahrscheinlich nicht mehr brauchen.“

Diese Äußerung ließ Raum für verschiedene Deutungen. Plötzliche zögerte Scilla.

„Fürchtest du dich?“, fragte Tjerulf.

„Ja. Seid ihr sicher, dass wir hier nicht auf die Überreste von Menschenversuchen stoßen? So etwas möchte ich nicht noch einmal sehen.“

„Da kann ich dich beruhigen“, sagte Elemaris. „Diese Station diente nicht solchen Zwecken. Ich habe sie gründlich untersucht, und nirgends Hinweise darauf gefunden. Außerdem kommt ihr nur in den Funkraum.“

Sie betraten die Station durch einen engen Schacht, in dem eine stählerne Leiter nach oben führte. Drinnen wurde die Luft schlagartig stickig. Anscheinend arbeitete die Lufterneuerung nicht mehr. Lange würden sie es in den Räumen bestimmt nicht aushalten.

Wie Elemaris gesagt hatte, brannte zumindest noch die Deckenbeleuchtung. Er versicherte ihnen, dass es keine Kampfroboter gab und den einzigen Wachroboter, der ihm begegnet war, fanden sie in Trümmern kurze Zeit später in einem Gang. Die Station war in zwei Etagen errichtet und an den Außenseiten mit Fenstern ausgestattet, von denen einige auch nicht mehr vollkommen dicht waren. Sie musste ziemlich tief unter der Meeresoberfläche liegen, denn das Licht in den Fenstern hätte sonst die Aufmerksamkeit zufällig darüber hinwegfahrender Seeleute erregen müssen.

„Das wäre immerhin eine Quelle für schaurige Legenden über die Seemark“, meinte Scilla schmunzelnd.

Dieses Mal wollten sie sich nicht lange mit der Erforschung dieser Station aufhalten. Sie schien zwar kleiner zu sein als die unter der Ruine, aber ihnen brannte ein anderes Problem unter den Fingernägeln. Elemaris führte sie geradewegs in einen Raum, der angefüllt von technischen Geräten war. Eines davon hielt er für ein Funkgerät. Tjerulf hätte nach einiger Zeit selbst die Beschriftung entziffern können, aber mit der Hilfe von Elemaris ging es schneller.

Es war tatsächlich ein Funkgerät und Tjerulf stand nicht zum ersten Mal vor ax´lánischer Technik. Die Einzigen, die ihm helfen konnten, waren Durhad und Scilla. Elemaris hatte zwar schon viele ax´lánische Apparaturen ausprobiert, aber seine Neugierde war noch nie so weit gegangen, dass er sie zerlegt hatte. Und wenn doch, dann war es infolge einer unerwünschten Auseinandersetzung geschehen. Anschließend hatte er kaum eine Neigung verspürt, sie näher zu untersuchen, sofern es überhaupt noch etwas zu untersuchen gab.

Fintas war ein technischer Waisenknabe, hatte er sich bisher hauptsächlich mit Pflanzen und Tieren beschäftigt. Seine Zeit als Eichhorn hatte ihn verständlicherweise in diesen Dingen auch nicht weitergebracht. Gebannt beobachtete er das spärliche Meeresleben durch das Fenster des Funkraumes, während sich Elemaris irgendwo in der Station herumtrieb. Sie sollte ihn rufen, wenn sie ihn brauchten.

Seit Tjerulf das erste Mal mit ax´lánischer Technik in Verbindung gekommen war, hatte er spürbare Fortschritte gemacht. Nach einigen Anläufen gelang es den dreien, das Funkgerät so in Betrieb zu setzen, wie es Tjerulfs Absichten entsprach. Es gab sogar die Möglichkeit einer Einstellung, dem Funksignal eine bestimmte Richtung zu geben. Die Nachricht war dann schnell abgesetzt. Tjerulf wiederholte sie dreimal, dann schaltete er das Gerät ab. Es würde keine Antwort erhalten, denn ein Teil seiner Botschaft war, dass er nicht erreichbar sein würde, bis die Rettung kam. Aber dass sie kommen würden, damit rechnete er fest.

Die Arbeit war getan. Jetzt galt es abzuwarten. Sie verließen die Station bald wieder, denn jedem fiel das Atmen schwer. Unter diesen Bedingungen hatten sie kein weiteres Interesse daran, die Räume zu erkunden. Und eigentlich hatten sie von ax´lánischen Einrichtungen ohnehin allmählich die Nase voll und wollten so bald es ging aus der Seemark verschwinden. Nur Elemaris schien das alles nichts auszumachen.

Die folgenden Tage verbrachten sie in einer gewissen Anspannung. Es war nicht nur die Enge in Elemaris´ Versteck. Dort hatten sie zwar schon mit der doppelten Anzahl übernachtet, aber mit jeder weiteren Nacht kam es ihnen enger vor. Dazu kam der Umstand, dass sie sich nicht weit von ihrem »Kaninchenbau«, wie Fintas es einmal entnervt ausdrückte, entfernen konnten, ohne befürchten zu müssen, von den Telerin bedrängt zu werden. Es war schon erstaunlich genug, dass diese Geister nicht ständig vor dem Zugang warteten.

Sie begannen, Pläne zu schmieden, in denen sich ein Teil von ihnen zum Fenharenwald durchschlagen sollte, während die anderen die Ankunft der Tibaner abwarteten. Aber sie verwarfen sie wieder, denn welchen Nutzen hätte dieses Vorhaben gehabt. Es gab keine andere Möglichkeit, sie mussten die Geduldsprobe auf sich nehmen. Der Einzige, der sich häufiger hinauswagte, war Elemaris. Und bemerkenswerterweise machten sie sich um ihn keine Sorgen. Keiner von ihnen kannte sich in der Seemark so gut aus wie er.

Jeder dachte plötzlich über die Zeit nach. Ihre Vorstellungen trieben gelegentlich erstaunliche Blüten, und die meisten liefen in die Irre. Die Zeit mit all ihren Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten zu verstehen, war unmöglich.

Drei Tage später machte die Umgebung eine unerwartete und beängstigende Veränderung durch und jeder dachte, das wäre der Anfang von dem geweissagten Untergang Elverans.

Ein leises Brummen schreckte sie in ihrem Unterschlupf auf. Es war kurz nach der Mittagszeit und Tjerulf hatte sanft gedöst. Es schwoll deutlich an und wurde bald zu einem Rauschen.

„Raus hier!“, befahl er.

Als sie den Deckel von dem Eingang wegschoben, erwartete sie ein seltsames Lichtspiel. Obwohl Nephys wie immer um diese Tageszeit, wenn der Himmel nicht bewölkt war, ruhig am Himmel stand und gleichmäßig herabschien, wurde das Licht umso unruhiger, je weiter sich ihr Blick von ihr abwandte. Es schien von merkwürdigen Wellen durchlaufen zu werden und die Dinge in ihrer Umgebung verloren an Schärfe. Alles wurde von diesem unerklärlichen Rauschen überlagert, obwohl nicht der Hauch eines Windes wehte. Furcht begann nach ihnen zu greifen, denn keiner verstand, was vor sich ging.

Und plötzlich war alles vorbei. Alles war wieder ruhig, die Luft war klar, die Umrisse in ihrer Umgebung deutlich, der Lärm vorbei.

„Versteht das einer?“, fragte Scilla.

„Hierher! Schnell! Zur Ruine!“, hörten sie aus einiger Entfernung die Stimme von Elemaris. Er winkte sie heftig zu sich. „Ein Raumschiff!“

Konnte das schon die Hilfe sein? Es war mehr als unwahrscheinlich. Aber wenn Elemaris behauptete, dass dort ein Raumschiff stand, dann war es auch so.

„Lauft!“, befahl Tjerulf.

Er selbst hastete noch einmal in den Unterschlupf und griff sich die Taschen mit den Dokumenten, die sie aus der Forschungsstation der Ax´lán mitgenommen hatten, und folgte den anderen.

Es war tatsächlich ein Raumschiff. Deutlich prangten die Buchstaben TSS THULA auf der Außenhaut und dazu in tibanischer Schrift. Also musste es ein tibanischen Sternenschiff sein, aber es war von einer Bauart, wie sie Tjerulf nicht kannte. Es glich keinem der tibanischen Raumschiffe, die in jüngster Zeit auf Elveran aufgetaucht waren.

Die anderen hatten das Schiff schon erreicht und vor ihnen hatte sich eine Luke geöffnet. Darin stand unübersehbar eine tibanische Frau. Als Tjerulf näher kam, erkannte er ihre Rangabzeichen eines Dalmo. Also war sie die Kommandantin.

Die Begrüßung fiel knapp, aber nicht eilig aus. Offensichtlich hatten sie genug Zeit, um sich die Gruppe genau anzusehen.

„Habt ihr den Notruf gesendet?“, fragte sie.

„Ich war es“, erklärte Tjerulf. „Aber warum seid ihr jetzt schon da? Wir haben mit euch frühestens in drei Wochen gerechnet.“

Ohne auf die Frage einzugehen, erkundigte sie sich nach dem Tibaner in ihrer Gruppe. Der Notruf war auf tibanisch abgestrahlt worden, also musste auch ein Tibaner bei ihnen sein. Tjerulf begriff, dass jetzt erschwerte, was ihm viele Jahre zum Vorteil war. Er sprach die Kommandantin auf tibanisch an und versuchte in wenigen Worten seine Geschichte so überzeugend zu machen, dass sie ihm glaubte. Dazu nannte er ihr einige Dinge, die nur ein Tibaner wissen konnte. Schließlich hatte er sie überzeugt, obwohl sie noch nicht verstand, warum er wie ein Elveraner daherkam. Aber das konnten sie auch später klären.

Sie nahm die Gruppe an Bord und startete zur ZETRIS. Aus der Funkzentrale gab Scilla ihre Bestellung des Abendessens ab und kurz darauf verband sich die THULA durch einen beweglichen Schlauch mit der ZETRIS.

Die Anwesenheit des ax´lánischen Raumschiffes war der Besatzung der THULA nicht entgangen, aber da es sich in einiger Ferne aufhielt und keine Anstalten machte, näherzukommen und sie auch nicht anfunkte, hielt es Dalmo Branis Alen auch nicht für notwendig, mit den Ax´lán Verbindung aufzunehmen.

„Das ist unsere Geschichte“, beendete Tjerulf seinen Bericht. „Wir sind froh, dass ihr uns so schnell abgeholt habt.“

„Auch wir sind dankbar“, erklärte Neneema. „Mit unseren Mitteln hätten wir euch nicht helfen können und ob die EXPEDITOR die technischen Mittel an Bord hat, weiß ich nicht, falls diese Ax´lán überhaupt bereit wären, uns zu helfen.“

Den Rest der Besprechung bestritten die beiden Gruppen mit ihren Erlebnissen und den Erkenntnissen aus der Forschungsstation.

Kaum waren sie fertig, da wurden sie von dem Ortungsoffizier auf die Brücke gerufen. Elveran war offensichtlich in eine neue Phase seiner Verwandlung getreten.

Ein blasser Lichtstrahl verließ den Planeten. Sein Ursprung lag bei der unterirdischen Stadt Elgen Damoth und verlor sich im Weltraum. Auf der ZETRIS gab es sogenannte Psychosensoren, die Aufzeichnungen der Ausstrahlungen lebendiger Wesen machen konnten. Sie schlugen in diesem Augenblick bis zum Anschlag aus.

„Eine solch starke Psychostrahlung habe ich noch nie erlebt“, erklärte der Ortungsoffizier fassungslos. „Man könnte meinen, ganz Elveran wird von jeglichem Leben entblößt. Aber wohin geht es?“

Plötzlich überkam Tjerulf eine Ahnung, was da geschah, und wenn er Recht hatte, dann war es geradezu phantastisch, dass sie es miterleben durften. Er brauchte nur noch einen letzten Beweis.

„Kannst du die genaue Richtung feststellen?“, fragte er den Ortungsoffizier.

Der stellte einpaar Berechnungen an, dann sagte er: „Hast du geahnt, dass dieser Strahl zielgerichtet ist? Er führt genau in das Südkamin-System. Bedeutet das etwas?“

Kaum hatte er seine Frage gestellt, löste sich das Ende des Lichtstrahls von der Oberfläche Elverans und schnurrte wie ein Gummi ins All. Dann verschwand er.

„Und ob es etwas bedeutet. Das, meine Freunde, war der Große Auszug der Ogmari. Das Südkamin-System ist die Heimatwelt der Amurthi, von denen die Ogmari abstammen. So erfüllen sich am Ende die Legenden. Die Ogmari kehren in ihre Heimat zurück.“

Plötzlich erfüllte ihn eine tiefe Wehmut. Mit dem Großen Auszug war sein Freund Trywfyn endgültig von Elveran weggegangen.

Die Verwandlung des Planeten hatte inzwischen erschreckende Ausmaße erreicht. Die Oberfläche war nur noch ein bunter Brei aus den Farben der Landmassen und der Meere. Der Rand des Planeten erschien jetzt ausgefranst und insgesamt schien er transparent zu werden. Wenn es so weiter ging, würde er bald durchsichtig werden und dann ganz verschwinden. Die Ortungsgeräte, besonders die Psychosensoren zeigten irrwitzige Daten. Ein solches Ende eines Planeten, noch dazu in einer so rasanten Geschwindigkeit, hatte keiner der Beobachter je erlebt.

„Jetzt bleibt nicht mehr viel Zeit“, erklärte Tjerulf.

Einige sahen in verständnislos an, nur Durhad verstand. Er war in die Pläne seines Freundes eingeweiht.

„Zeit zum Abschied“, erklärte Tjerulf. „Ich werde Elveran nicht verlassen, habe ich entschieden. Durhad, Fintas und ich werden jetzt dorthin zurückkehren. Solange es noch möglich ist.“

„Zurück nach Elveran?“, fragte Taligh entsetzt. „Hast du nicht gesehen, was mit dem Planeten geschieht? Er ist dabei sich aufzulösen. Bald wird es ihn im sichtbaren Weltraum nicht mehr geben.“

„Aber er wird weiterexistieren, das weißt du.“

„Aber du könntest doch mit eurem Schiff nach Tiba zurückfliegen“, schlug Scilla vor.

„Es gibt einige Gründe, warum das, vorläufig, aber wahrscheinlich für immer, nicht möglich sein wird. Es war eine aufregende Zeit, mit euch nach den Fragmenten des Chrysalkristalles zu suchen. Doch das ist jetzt vorüber. Und jetzt gibt es für mich noch einiges zu erledigen. Ich möchte euch nun bitten, mir die beiden Teile der »Sphäre« zu übergeben und uns dann auf den Planeten hinunterzufliegen.“

„Wenn das deine Entscheidung ist, dann soll es so sein“, meinte Neneema und veranlasste, dass sein Wunsch erfüllt wurde.

Tjerulf spürte die Freude von Kerlon und Ithlor in seinem Körper. Bald schon würden sie wieder in der ganzen »Sphäre« vereint sein. Und vielleicht wäre auch Ughel-do´bec nicht damit einverstanden gewesen, dass er Elveran verließ. Aber der war wieder einmal nicht da. Tjerulf jedenfalls hatte seinen Willen derart entschlossen geäußert, dass niemand versuchte, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.

Der Abschied fand im Hangar der Raumfähre statt. Die Oson Taligh, Scilla, Gnee, Hyldan, Vanes, Orlis, Kirouena, Elemaris, Neneema und Héth-Béckûs, die Tibaner Tjerulf und Branis Alen sowie die Morain-Menschen Durhad und Fintas trafen sich ein letztes Mal. Tjerulf trug einen handlichen Behälter mit den beiden »Sphären«-Elementen.

„Bevor wir uns trennen, muss ich euch noch etwas mitteilen“, eröffnete Elemaris. „Auch ich werde nach Elveran zurückkehren.“ Das war eine Überraschung. „Ihr irrt euch, wenn ihr mich für den Oson Elemaris haltet. Bisher habt ihr mich immer so genannt, oder einst Angrod, und ich habe nichts dagegen einzuwenden gehabt, aber dieses Wesen existiert schon lange nicht mehr in diesem Körper.“

„Warum existiert Elemaris nicht mehr?“, fragte Neneema erstaunt. „Hast du dich von uns losgesagt? Dass deine Entwicklung auf Elveran anders verlief, ist uns zwar stets ein Rätsel gewesen, aber trotzdem bist du ein Oson und gehörst zu uns. Also was soll dieses Spiel?“

„Das ist kein Spiel. Ich will versuchen, es euch zu erklären. Als Angrod noch ein Kind war, war er schwer erkrankt und einige Zeit ohne Bewusstsein. Seine Familie befürchtete, dass er sterben würde. Nun, so war es auch, obwohl es keiner bemerkte, denn im gleichen Augenblick habe ich von seinen Körper Besitz ergriffen. Ich habe seine Erinnerungen kopiert, und nachdem sein Körper wieder gesund war, als Angrod weitergelebt. Aber ich bin kein Oson und konnte mich deswegen der Gruppe von Taligh nicht anschließen. In Wirklichkeit bin ich ein körperloses Wesen auf der Suche nach Erkenntnissen. Es war für mich eine günstige Gelegenheit.“

„Aber woher kommst du?“, fragte Taligh. „Und was wurde aus Elemaris?“ Er zögerte einen Augenblick, fragte dann aber frei heraus: „Hast du ihn getötet?“

„Nein, das müsst ihr mir glauben. Ich stritt mich mit ihm nicht einmal um seinen Körper. Er war des Lebens auf Elveran überdrüssig, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Das war der Grund für seine Krankheit. Ohne weitere Erklärung verschwand er und ich hörte nie wieder etwas von ihm. Ich kann euch nicht sagen, wo er ist, aber ich hatte angenommen, er wollte in seinen osonischen Körper zurückkehren.“

„Das ist er aber nicht“, erklärte Héth-Béckûs. „Sein Körper befindet sich auf der ZETRIS und lebt. Hätte er versucht, ihn wieder einzunehmen, hätten die Geräte es bemerkt.“

„Das ist merkwürdig. Aber gebt ihn nicht auf. Ich bin sicher, eines Tages wird er in ihn zurückkehren. Er wird ihn finden.“

Das war eine unheimliche Geschichte, und es fiel nicht allen leicht, sie zu glauben, andererseits erklärte sie aber das rätselhafte Verhalten von Elemaris, oder desjenigen, den sie für ihn gehalten hatten.

„Willst du uns wenigsten deinen Namen verraten und wo du herkommst?“, fragte Neneema.

„Mein Ursprung liegt nicht im Irdischen und dieser Körper ist nicht der erste, den ich übernommen habe. Und es wird sicher nicht der letzte sein. Mein Name ist Tno´tau. Aber er hat keine Bedeutung, weil ich ihn mir nur vorübergehend zugelegt habe.“

„Was hast du vor, wenn du nach Elveran zurückgekehrt bist?“, fragte Tjerulf.

Tno´tau im Körper des Elveraners Angrod lächelte.

„Wenn du einverstanden bist, werde ich mich dir für einige Zeit anschließen. Das wird bestimmt interessant. Man sagt, du bewegst dich in illustren Kreisen.“

Tjerulf lächelte zurück. Diese Tatsache war ihm noch nie so deutlich klargeworden wie in diesem Augenblick. Da passte auch Tno´tau sehr gut in diese illustren Kreise, wie er sie bezeichnet hatte.

„Du bist uns willkommen.“

Jetzt wurde es tatsächlich Zeit. Nach einem herzlichen Abschied bestiegen Tjerulf, Durhad, Fintas und Tno´tau die Raumfähre. Die anderen verließen den Hangar, denn vor dem Abflug musste die Luft abgepumpt werden.

Während des Anfluges auf Elveran geschah Merkwürdiges. Die Fähre und ihre Besatzung zeigten plötzlich ähnliche Erscheinungen wie Elveran und der Pilot wollte sich weigern weiterzufliegen.

„Habe keine Angst“, versuchte Tno´tau ihn zu beruhigen. „Wir dringen jetzt in das Feld ein, das für die Verwandlung des Planeten verantwortlich ist. Noch ist es jedoch nicht stark genug, um dich festzuhalten. Wenn du wieder zurückfliegst, wirst du feststellen, dass für dich wieder alles so wird, wie du es kennst. Noch besteht also keine Gefahr für dich. Würden wir diese Veränderung nicht durchmachen, könntest du auf Elveran mit seiner inzwischen geringeren Dichte und höheren Schwingung nicht mehr landen.“

Das Verschwimmen der Farben und Konturen war nur von kurzer Dauer. Plötzlich war alles wieder so klar, als wäre nichts geschehen. Die Fähre wurde jetzt von dem Feld voll erfasst und es glich sie beständig dem Zustand des Planeten an.

Tjerulf, Tno´tau, Durhad und Fintas ließen sich ohne Umwege zu Tjerulfs Anwesen Wingert-Haus bei Leyhaf-Nod bringen. Als sie dort landeten, herrschte schönster Sonnenschein und nichts deutete auf die Veränderungen des Planeten hin. Die Landung der Raumfähre sorgte natürlich für erhebliche Unruhe unter den Bediensteten und Tjerulf musste einiges erklären.

Der Pilot blieb nur so lange, wie seine Gäste brauchten, um auszusteigen, dann verschwand er wieder in den Himmel. Die ganze Entwicklung war ihm zu unheimlich, als dass er riskieren wollte, Zeit zu vergeuden. Im äußeren Bereich des Umwandlungsfeldes trat wieder die schon bekannte Erscheinung auf, nur dass die Fähre jetzt wieder in das irdisch-manifeste Weltall eindrang. Elveran unter ihm bot jetzt nicht nur ein wildes, zerfranstes Farbenspiel, das immer transparenter wurde, sondern seine vormals kugelrunde Gestalt hatte sich allmählich in die einer Kartoffel verwandelt. Glücklich, keinen Schaden genommen zu haben, landete der Pilot wieder im Hangar der ZETRIS.

„Wisst ihr, was ich bedauere?“, sagte Taligh, während sie auf den Bildschirmen beobachteten, wie Elveran allmählich aus dem irdischen Universum verschwand. „Dass wir nie herausfinden werden, was aus dem Chrysalkristall geworden ist.“

„Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben“, sagte Neneema. „Elveran existiert weiter und vielleicht werden wir eines Tages in der Lage sein, ihn zu erreichen.“

Das war eine vage Hoffnung und Taligh bezweifelte, dass er es sein würde, der noch einmal auf diesen Planeten zurückkehrte.

Dalmo Branis Alen war wieder auf die THULA zurückgekehrt und hatte das Schiff von der ZETRIS gelöst. Aber noch blieb sie im Nephys-System, um die weitere Entwicklung zu beobachten. Auch für die Tibaner war es das erste Mal, Zeugen des Überganges eines Planeten aus der physischen Welt in die geistige, oder wie sie es nannten, in eine höherdimensionale Welt zu werden. Es war sensationell.

Die EXPEDITOR schwebte ein wenig abseits von beiden Schiffen. Neneema und Héth-Béckûs hatten den Ax´lán die Dokumente überspielt, die Tjerulf aus dem Bauch der NUMHAREIS mitgebracht hatte. Der Kommandant hatte sie mit einem kurzen und etwas unwilligen Kommentar entgegengenommen und sich seitdem nicht mehr gemeldet.

Die Ax´lán machten aber keine Anstalten, den Raumsektor um Elveran zu verlassen. Sicher wollten sie dem Schauspiel bis zu seinem Ende beiwohnen, denn solange noch etwas von Elveran zu sehen war, blieben auch sie in seiner Nähe.

Das Erbe der Ax´lán

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