Читать книгу Que seco Rosa - Hans-Peter Holz - Страница 4
2. Wie alles anfing
ОглавлениеDie ganze Geschichte begann an einem Freitag, nach einer stressigen Woche. Heute stand die wöchentliche Besprechung wieder an und Mike musste noch einiges vorbereiten. Er schüttete sich einen Kaffee auf und sah sich die Unterlagen noch einmal an. Schon seit längerem merkte Mike, dass das Team der Agentur mittlerweile zu klein war. Thomas Borgward wollte, wie er sagte „klein aber fein“ bleiben, obwohl die Agentur in der Werbebranche mittlerweile recht bekannt war. Aus diesem Grund hatte die Agentur vor kurzem ihre Büros zur Düsseldorfer Kö verlegt. Seitdem bekamen sie viele lukrative Aufträge und hatten größere Agenturen ausgestochen. Eine der erfolgreichsten Aufträge war die Kampagne für eine große Alkoholfirma, die unter anderem einen weißen Rum herstellt. Die gedrehten Spots wurden mehrfach ausgezeichnet, die Musik entpuppte sich als der Sommerhit des vergangenen Jahres. Dadurch wurden auch andere Firmen aufmerksam und so konnte sich die Agentur vor Anfragen und Aufträgen kaum retten. In den letzten Monaten wurde fast rund um die Uhr gearbeitet. Darunter litt bei allen das Privatleben, obwohl sie alle stolz auf den Erfolg „ihrer“ kleinen Agentur waren. Nach dem morgendlichen Team-Meeting in Thomas´ großem Büro wollte Mike unter vier Augen mit ihm darüber reden. Er wartete bis alle gegangen waren.
„Was ist los, Mike, worauf wartest noch? Hast nichts zu tun?“ polterte Thomas aus seinem großen gemütlichen Sessel und man merkte, dass er ziemlich unter Druck stand.
„Mensch Thomas, wir sind nur 10 Leute, alle sind voll ausgelastet, kloppen Überstunden bis spät in die Nacht, nur um Termine einhalten zu können. Wenn nicht bald was geschieht, kippen wir alle um oder hauen ab. Was dann?“
Thomas zog nervös an seinem Zigarillo.
„Verdammt, ich weiß es! Meinst etwa ich bin blind? Endlich haben wir die Firmen, die ich schon immer haben wollte und bekommen die echt interessanten Budgets. Soll ich die einfach so sausen lassen?“
„Nein, das nicht, aber dann musst Du noch ein paar gute Leute einstellen.“
„Gute Leute..., gute Leute! Ha! Hast gut reden. Finde erst mal welche. Und was die für Vorstellungen haben. Nach der tollen Geschichte mit dem Rum, meinen die alle, wir hätten es dicke und kommen mit Vorstellungen an, die wahnsinnig sind. Meinst, ich sitze hier nur blöd rum und mache mir keine Gedanken? Doch der Auftrag von `Natura´ liegt mir quer. Ich komme nicht weiter. Du weißt, dass ich in den letzten Wochen Stellen ausgeschrieben habe. Es liegen noch einige interessante Bewerbungen auf dem Tisch. Doch dazu brauche ich Zeit, die ich nicht habe. Das macht ich rasend!“ seine Faust knallte auf den Tisch.
„Hey, hey... nun mal langsam. Dein Nervenkostüm ist auch nicht mehr das Beste. Ok Jammern hilft uns auch nicht weiter. Ich mach dir `nen Vorschlag: Du kümmerst dich um neue Leute und ich schau` mir mal die Unterlagen von `Natura´ an. Ok?“
„Lass man, hast genug zu tun...“
„Quatsch nicht, ich weiß doch, dass du erst mal einen freien Kopf brauchst. Also los, her mit den Sachen, wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinkriegen“ dabei zwinkerte er Thomas mit einem Auge zu.
„Hm.., ja..., hast ja recht... gut, also die Sache ist etwas kompliziert, musst...“
„Stopp, ich les’ mir alles durch und wenn ich Fragen habe tret’ ich dir auf die Füße.“
„Jetzt aber ran...“ grinste Thomas ihn an und gab ihm die Unterlagen.
„Ach ja, was ist denn mit heute Abend? Kommt Ihr mit zu Charles Fete?“
„Ich werde wohl alleine kommen, im Moment bestehen leichte Störungen zwischen Chris und mir und außerdem bastelt sie gerade an einem neuen Trainingskonzept.“
„Mike, Mike, was soll das Ganze. Warum seid Ihr beide nur so dickköpfig? Dabei ergänzt Ihr Euch doch. Wollte dich sowieso nach deiner Meinung fragen, ob wir nicht eine Abteilung `Unternehmensberatung´ bilden sollen und deine Chris übernimmt die Leitung“
„Chris und ich in einem Job?? Hast ‘nen Knall. Das ginge schon mal gar nicht gut.“
„Wieso ein Job. Ihr wärt nur hier im Büro bei den Meetings zusammen, ansonsten hätte jeder seinen Job.“
„Komm, komm, das kenn’ ich. Du willst dann wieder alles miteinander verknüpfen, so dass wir dann auch oft zusammenarbeiten müssten. Nee, nee, mein Lieber, das gibt nichts.“
„War ja nur ´ne Überlegung. Denk noch mal darüber nach.“
„Mach ich, aber ich glaube auch nicht, dass Chris das tun würde. Dafür ist sie zu dickköpfig. Sie meint wahrscheinlich noch, wir wollten ihr Schützenhilfe geben, da sie nicht in der Lage ist, ein Geschäft selbst aufzubauen.“
„Die kleine werbliche Unterstützung ist doch ein reiner Freundschaftsdienst und außerdem dein Problem.“
„Ja, ja, dann ist es mein Problem. Dabei kennst du Chris genauso gut wie ich. Du weißt schon warum du mir die Sache überlässt.“
„Ok Genug geblubbert“ brach Thomas die Diskussion mit einem breiten Grinsen ab.
„Eye, Eye Sir“ grinste Mike zurück und verzog sich in sein Büro. Auf dem Weg in sein Büro dachte er unwillkürlich an die Anfänge mit Chris zurück. Schmunzelnd schüttelte Mike seinen Kopf über diese schönen Erinnerungen und konzentrierte sich auf die Unterlagen. Bei einer heißen Tasse Kaffee und einer Zigarette studierte er die Unterlagen. Es war kompliziert aber nicht unlösbar. `Natura´ wollte für die übernächste Saison die Dominikanische Republik stärker bewerben. Mike hatte auch schon einige Ideen und kalkulierte sie durch. Doch mit dem vorgegebenen Budget kam er nicht hin. Er hatte sich mal wieder so hineingesteigert, dass er Zeit und Raum und auch fast die angesagte Fete vergaß. Von Thomas und den anderen war schon nichts mehr zu sehen. Er hatte nicht mitbekommen, dass die schon weg waren. Er packte die Unterlagen weg und verließ sein Büro. Ein Zettel klebte an der Tür.
`Wollte dich nicht aus Deinem Büroschlaf wecken. Wir sind schon zur Fete. Gruß Thomas`
`Haha, typisch Thomas. Mike schüttelte schmunzelnd den Kopf und machte sich auf den Weg. Eigentlich hatte er gar keine Lust mehr. Er fühlte sich kaputt und müde und wenn er an die Anfahrt dachte, wurde ihm schon schlecht. Nachdem Mike etwas irrend durch die Gegend gefahren war, hatte er tatsächlich die Adresse gefunden. Irgendwo hinter Mettmann feierte ein Kollege seinen Geburtstag. Eine Menge Leute waren da. Thomas´ sah er irgendwo im Gewühl herausragen, natürlich umgeben von einigen Frauen, die ihn umschwärmten. Mike grinste vor sich hin. Thomas liebte es zu flirten, doch seiner Julia war er absolut treu. Heute hatte Mike keine Lust sich mit den anderen über Budgets und bevorstehenden Aufträgen zu unterhalten. Kurzerhand half er hinter der Theke aus, denn die Kellner kamen nicht zurecht. Natürlich wollte Mike zwischendurch tanzen, doch die Musik war nicht das, was er sich erhofft hatte. Gegen 23.00 Uhr hatte er von dieser Musik endgültig die Nase voll. Er verließ die Party, stieg in seinen Wagen und machte sich auf den Heimweg. Innerlich war Mike aufgedreht, er musste noch irgendwo hin, wo anständige Tanzmusik lief und er seinen Frust austanzen konnte. Doch wohin noch? Nach Düsseldorf, Köln? Der Rückweg wäre wieder so lang, also fuhr er in sein Städtchen zurück. In einem Geschäftszentrum hatte vor einiger Zeit ein kleines Tanzlokal aufgemacht. Er hoffte, seinen Freund Pascal dort zu treffen, denn die beiden gingen öfters auf „Tour“, wenn er mal wieder im Lande war und seine Vanessa ihn ließ. Doch an diesem Tag konnte er Pascal nicht ausfindig machen. So stand Mike an der Tanzfläche und schaute den Paaren zu und durch die Runde, ob er nicht einige andere Bekannte sehen würde. Das Lokal war einem Winzergarten nachempfunden. Überall waren die Wände und die Decke mit Weinreben dekoriert. Ein kleines, gemütliches Lokal. Von der Stelle aus wo Mike stand, konnte er alles überblicken. Rechts war die Theke, an der sich die Leute dicht drängten, wie immer um diese Uhrzeit. Am Ende der Theke hatte auch der DJ seinen Platz. Rund um die Tanzfläche war eine Brüstung angebracht, an denen auch viele Gäste standen. Die Kellner hatten leichte Probleme sich ihren Weg zu bahnen. An der linken Seite war eine kleine Balustrade mit Tischen, die in einer Zweierreihe standen und alle besetzt waren. Dort wo Mike stand, befand sich an der Wand ein kleiner offener Kamin, in dem ein künstliches Kaminfeuer brannte. Vor diesem Kamin drängten sich auch die Gäste. Mit einem Wort: es war wieder einmal rappelvoll. Von dieser Stelle aus konnte Mike alles beobachten. Ihm fielen zwei Frauen auf, die in der zweiten Reihe auf der Balustrade an einem Tisch saßen. Mike wunderte sich, dass jeder Mann, der eine der Beiden zum Tanzen aufforderte, einen Korb bekam. Anscheinend saßen die beiden dort, nur um die Leute zu beobachten und über die Gäste zu lästern, insbesondere über die Machos. Er bemerkte bald, dass die Beiden immer zu ihm herüberschauten, er fragte sich, ob er was Falsches an hatte oder ob vielleicht der Reisverschluss seiner Hose offenstand. Doch das war nicht so. Also, was sollte das wohl? Beide Frauen waren dunkel gekleidet. Die Frau, die von ihm aus gesehen, links am Tisch saß, hatte schulterlange, rotblonde Haare, die je nach Lichteinfall, einen goldenen Glanz hatten. Sie trug einen Jeansrock, darüber eine dunkelfarbige Bluse, keine Strümpfe, schwarze Schuhe. Die andere Frau trug etwas kürzere, dunkle Haare, ein schwarzes Kleid, dunkle Strümpfe und Schuhe. Was bei ihr sehr auf fällig war, war ihr wahnsinnig tiefes Dekolleté in ihrem Kleid und da sie sehr üppig ausgestattet war, konnte Mike sich vorstellen, dass allein ein Blick ins Dekolleté die Männer reizte, diese Frau zum Tanz aufzufordern und anzubaggern. Die meisten dachten wohl, dass die Beiden eine „leichte Beute“ für eine Nacht wären. Doch das war nicht der Fall. Jeder Mann wurde erst einmal von oben bis unten „gecheckt“. Und bis dahin hatte keiner den Check bestanden. Zwischendurch tuschelten sie wieder und schauten zu Mike. Ihm wurde es etwas komisch, denn er kannte die beiden Frauen nicht, und konnte sich auch nicht vorstellen, was an ihm denn so auffällig war. Es dauerte dann auch nicht lange, da stand eine der Beiden auf. Er sah es aus den Augenwinkeln.
„Wo mag sie jetzt wohl hingehen?“ fragte er sich noch, als ihm jemand auf die Schulter klopfte. Er blickte sich um, und da stand sie vor ihm. Er musste etwas in die Höhe schauen, denn sie war ein Stück größer als er. Und er sah in ein paar wunderschöne, unergründlich tiefe grüne Augen.
„Hi, sag mal, bist du Jörg?“
„Ähm..., ich..., nein..., ich heiße immer noch Mike.“
Sie schaute ihm tief in die Augen. Dieser Augenblick kam Mike schon fast wie eine Ewigkeit vor.
„Ach..., du heißt Mike... Ja..., dann ist gut“ sagte sie nur, drehte sich abrupt um und ging. Verdattert schaute Mike ihr hinterher. „Hey, was war das denn? Lässt so `ne tolle Braut einfach gehen?“ stupste ihn ein Nachbar in die Seite.
„Ja, soll ich ihr etwa hinterherlaufen?“
„Nein, das nicht gerade, aber die ist doch nett, fordere sie doch zum Tanz auf.“
„Keine Chance, bis jetzt sind alle Männer abgeblitzt.“
„Wenn du nicht willst... Aber da würde heute sicher noch etwas abgehen.“
„Auf einen One-Night-Stand bin ich aber nicht aus“ meinte Mike und wandte sich wieder der Tanzfläche zu. Doch er ertappte sich dabei, wie er immer öfters zu ihr hinschaute und sie schaute fast immer auch zu ihm. Sie lächelte ihn an, als wenn sie ihm Mut machen wollte, an ihren Tisch zu kommen. Mike schwankte, sollte er, sollte er nicht, was sollte er tun? Er fasste sich ein Herz und ging zu den beiden Frauen hin.
„Darf ich mich zu euch setzen?“
„Klar, hier ist noch Platz“ antwortete die Eine.
„Jetzt kennst ja schon meinen Namen. Mit wem habe ich es denn zu tun?“ fragte er die Beiden.
„Das ist die Verena und ich bin die Evelyn, doch alle sagen Eve zu mir“ stellte die Rothaarige ihre Freundin und sich vor.
„Wie kommst denn darauf, dass ich Jörg sein soll?“
„Ich kannte mal einen Jörg, der war bei mir in der Klasse, und ich glaubte, ihn jetzt wieder getroffen zu haben. Aber da habe ich mich wohl geirrt.“
„Ja, das hast du, denn ich glaube, dass ich auch einige Jahre älter bin. Einen Zwillingsbruder oder einen jüngeren Bruder habe ich auch nicht. Ich bin und bleibe Mike.“
„Schade, ich hätte gern ein paar alte Erinnerungen aufgefrischt“ sagte Eve mit einem süßen Lächeln. Sie plauderten stundenlang miteinander ohne zu merken wie schnell die Zeit verging. Früh am Morgen verabschiedete sich Mike höflich von den beiden, doch er tauschte mit Eve noch Adresse und Telefonnummer aus. Auf dem Weg nach Hause dachte er noch darüber nach. `Eine hübsche Frau. Sie könnte mir gefallen. Schade, sie ist verheiratet und hat ein Kind. Lass besser die Finger davon, das kann nichts werden. Deine eigene Ehe ging wegen einem anderen Mann kaputt, dann kannst du dich nicht in ihre Beziehung einmischen.´ grübelte er die ganze Zeit. `Aber warum sollte man nicht miteinander telefonieren oder sich einmal zu einem Kaffee treffen? Mal sehen.´
Hundemüde fiel er nur noch auf seine Couch und schlief tief und fest. Erst spät am nächsten Morgen wachte er auf. Ihm kam alles wie ein Traum vor, doch dann fand er den Bierdeckel, auf dem er ihren Namen und Adresse notiert hatte.
„Also, doch kein Traum“ lächelte er vor sich hin. Mike stand gerade unter der Dusche, als das Telefon ging. Der Anrufbeantworter sprang an.
„Hallo Mike, hast du verschlafen, oder hast du unser Date vergessen? Wir wollten doch noch die Scribbles der Prospekte zu meinem neuen Trainingskonzept durchgehen. Los, los, komm schon aus den Federn!“ hörte er Chris. Fluchend lief er zum Telefon und hob ab.
„Chris, du hast ein wundervolles Feeling, genau dann anzurufen, wenn ich unter der Dusche stehe. Aber es stimmt ich habe verschlafen, gestern war es mal wieder spät.“
„Klar, ich war ja auch nicht dabei. Hauptsache du hattest deinen Spaß! Und ich kann hier bis spät in die Nacht arbeiten.“
„Nun mach mal halblang. Bin ja erst gegen acht gefahren und außerdem hab ich denen noch beim Kellnern geholfen. Was soll das denn schon wieder?“
„Komm. Wenn Charles ´ne Fete hat, sind auch immer viele Mädchen da.“
„Ja, und? Komm, lass uns darüber jetzt nicht streiten. Ich beeile mich, dann schauen wir uns die Sachen an, sind schnell damit fertig und können für den Rest des Tages was gemeinsam unternehmen. Ok ?“
„Ja. Ok Bis gleich, wir treffen uns in meinem Büro“ klang es mürrisch.
`Verdammt, was sollte das denn schon wieder?´ fragte sich Mike. Er zog sich schnell an und machte sich auf den Weg. Ihr Büro lag nur wenige Autominuten von ihm weg. Ziemlich brummig empfing Chris ihn in ihren neuen Büroräumen. Chris hatte in der Innenstadt in einem Neubau einige Büroräume angemietet. Die Räume lagen innerhalb der Fußgängerzone über einem großen Bekleidungsgeschäft. Auf diese günstige Lage legte sie besonderen Wert. In der Nähe befand sich ein Parkhaus, denn die Schulungen hielt sie gerne in ihren eigenen Räumen ab. Alle Räume hatte sie in warmen Farben streichen lassen, damit direkt eine positive Stimmung auf die Seminarteilnehmer übertragen wurde. Ihr Büro hatte sie auf der Südwestseite eingerichtet, damit sie mit viel Tageslicht arbeiten konnte. Das Büro wirkte sachlich aber nicht zu kühl. An einer freien Wand hatte sie einen riesigen Planer angebracht, auf dem die nächsten Projekte eingetragen waren. Auf dem Besprechungstisch lagen die von ihr entworfenen Scribbles der Prospekte. Eine recht große Bank in Düsseldorf, für die die „MB-Media GmbH“ schon recht erfolgreiche Kampagnen gemacht hatte, wollte auch ihre Mitarbeiter weiter fördern. Auf diesem Weg bekam Chris die Chance für ein Angebot.
„Komm, sei nicht so brummig. Wenn wir uns jetzt die Scribbles sachlich ansehen, sind wir schnell fertig“ beschwichtigte sie Mike.
„Was heißt sachlich? Ich bin in dieser Hinsicht sachlicher als du. Komme direkt auf den Punkt!“
„Hab ich deine Kompetenz darin je angezweifelt?“
„Nein, eigentlich nicht, aber sie werden dir nicht gefallen.“
„Mit dieser Einstellung ist unser Streit ja schon vorprogrammiert. Lass sie mich doch erst mal ansehen.“
Mike riss sich zusammen, innerlich kochte er schon. Chris Haltung war von vorne herein auf Kontra eingestellt. Mike versuchte durch sachliche Fragen Chris auf ein paar kleine Fehler aufmerksam zu machen, die sie natürlich nicht so sah und schon hatten die beiden den schönsten Streit. Doch je mehr sie sich mit dem Thema auseinandersetzten, desto mehr kamen sie gemeinsam auf den Punkt. Nach ein paar Stunden, waren die Scribbles soweit, dass sie als Vorlage zum Layouter konnten.
„Ok Das hätten wir. Werde die Sachen am Montag entsprechend bearbeiten lassen. Denke, dass sie spätestens, nach deiner letzten Korrektur, am Mittwoch gedruckt werden können. Dafür brauchen wir bis Ende der Woche. Montag könntest du die Sachen versandfertig haben. So nun ist aber Schluss für heute, gehen wir heute Abend essen?“
„Nee, darauf hab ich keinen Bock. Ich bin froh, wenn ich gleich auf der Couch liege und meine Ruhe habe.“
„Och, komm, nur Esen, dann können wir’s uns anschließend gemütlich machen.“ nach einigem hin und her ließ Chris sich doch überreden. Obwohl Mike versuchte sie noch aufzumuntern, kam sie doch immer wieder auf die Fete zu sprechen. Auch noch, als sie bei ihr waren, dabei überzog sie wieder heftig. Mike reichte es. Nach einigen heftigen Worten fuhr er nach Hause. Innerlich ärgerte er sich, dass sie sich beide so das Wochenende vermiesten. Wütend setzte er sich noch am Samstagabend an seinen PC, überarbeitete die Scribbles und gestaltete die Layouts. Bei dieser Arbeit konnte er sich ablenken. Ihm machte es trotz des Streits Spaß, Chris zu helfen. Er wusste, dass sie eine gute Unternehmensberaterin war und wollte, dass sie schnell bekannt wurde. Natürlich wollten Thomas und er ihre Beziehungen dabei spielen lassen. Wenn sie erst einmal einige wichtige Klienten hatte, war der Rest ein Kinderspiel. Bisher waren es nur kleine Aufträge, die sie an Land gezogen hatte. Mike und Thomas wussten, dass mehr drin war. Über diese Arbeit war es doch spät geworden. Den Sonntag schlief er sich aus. Am frühen Nachmittag ging er ins Fitnessstudio und reagierte seinen Ärger ab. Montagmorgen gab er die vorbereiteten Layouts zur letzten Überarbeitung weiter und beauftragte einen Mitarbeiter, die Korrekturen an Chris zu mailen und sich mit ihr abzustimmen. Es war jedes Mal das gleiche, wenn die beiden sich stritten, dann vergingen Tage, bis sich einer von beiden wieder meldete. So auch diesmal. Chris meldete sich nicht und auch Mike rief sie nicht an.
Fast jeden Abend sah er den Bierdeckel mit Eves Telefonnummer auf seinem Wohnzimmertisch liegen. Obwohl sie verheiratet war, reizte ihn das Spiel mit dem Feuer. Er wollte wissen, wie weit Eve das Spiel mitspielen und wo sie die Grenze stecken würde. Er machte sich auch gar keine Gedanken oder Hoffnungen, dass aus diesem Spiel mehr würde, als ein harmloser Flirt. Ein paar Tage später rief er einfach bei ihr an.
„Videoservice Evelyn Berger, was kann ich für sie tun?“ klang eine wunderbare, sanfte Stimme aus dem Hörer.
„Hallo Eve, ich wusste gar nicht, dass du so eine warme und sanfte Stimme am Telefon hast. Hi, hier ist Mike.“
„Mike?... Mike?.... Ach ja, Mike! Ich habe nicht damit gerechnet, dass du dich meldest.“
„Warum sollte ich mich nicht bei dir melden.“
„Tja, ich dachte, du hättest mich schon längst wieder vergessen und ich wäre für dich nur eine nette Unterhaltung für den Abend gewesen. Nun wie geht es dir?“
„So geht es mir ganz gut. Ich habe die ganzen Tage mit mir kämpfen müssen, ob ich dich nun anrufe oder nicht.“
„Warum denn?“
„Nun, bist in festen Händen und dein Mann könnte denken ich wollte mehr als nur mit dir reden. Ich kenne eine ganze Menge Männer, die sehr allergisch auf andere Männer reagieren.“
„Ach, weißt du, Frank sieht das nicht ganz so eng. Jeder hat so seine Freiheiten. Ich gehe ja auch jede Woche Skat spielen. Verena, Klaus und ich spielen dann bis spät in die Nacht. Und Frank ist durch unsere kleine Firma auch oft unterwegs, trotzdem hat auch er seine Freiheiten. Er hat auch keine Probleme damit, wenn ich neue Leute kennen lerne.“
„Ok. Wann hast du denn mal Zeit Kaffee zu trinken und wo können wir uns treffen?“
„Lass mich mal sehen. Wie wäre es nächste Woche Donnerstag? Kannst du mich abholen und wir gehen dann irgendwo hin, aber nicht zu dir, darauf bestehe ich.“
„Kein Problem. Nächste Woche Donnerstag gegen 20.00 Uhr komme ich dich abholen. Wenn du mir den Weg beschreibst, bin ich auch pünktlich.“ sie lachte und gab ihm eine kurze Wegbeschreibung.
„Gut. Wir sehen uns dann. Ich freue mich schon darauf “ sagte sie noch. Mike legte auf und freute sich wie ein Schneekönig, denn dass sie sich mit ihm verabreden würde, daran hatte er im Traum nicht gedacht. Die Woche verging Mike nicht schnell genug. Zum Glück gab es in der Agentur einiges zu tun. Außer an dem Konzept für `Natura´ arbeitete gerade an einem neuen Konzept für eine große Bausparkasse. Und trotzdem wurde er immer wieder abgelenkt. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu Eve. Er fieberte dem Donnerstag entgegen. Endlich war er da. Mike war so nervös wie ein junger Pennäler, der sein erstes Rendezvous hatte. Es erging ihm wie mancher Frau. Er stand vor seinem Kleiderschrank und überlegte fieberhaft, was er denn anziehen könnte. Es sollte nicht zu chic sein, aber auch nicht zu leger. Nun, nach einiger Zeit hatte er sich für eine Jeans, graues Hemd, Weste, schwarze Schuhe entschieden. Etwas nervös und aufgeregt fuhr er zur angegebenen Adresse. Eve und Frank wohnten in einem 6-Familienhaus im ersten Stock. Die ganze Siedlung bestand nur aus diesen Wohneinheiten und ein Haus sah aus wie das Andere. Er musste erst noch nach der richtigen Hausnummer suchen und als er sie gefunden hatte klingelte er; als ihm geöffnet wurde ging er die Stufen hoch in den ersten Stock. Das Treppenhaus war riesig. Rund um die Wände verlief die Treppe nach oben und es sah aus, als wenn man etwas vergessen hatte, wie ihm Eve später erklärte, beinhaltete die Planung den Einbau eines Lifts, doch der wurde später nicht mehr realisiert. Eve stand schon in der Eingangstür. Sie lächelte ihn an.
„Hi, du bist ja sehr pünktlich, komm rein.“
Mike betrat die Diele. Linker Hand ging es in eine schmale Küche. Wandte man sich in der Diele nach rechts, wurde sie nach links breiter und dort stand die Essecke. Von der Diele aus ging es an der linken Seite zu Markus Zimmer, Eves vierjährigem Sohn. An der rechten Seite trennte eine Glaswand den Einblick ins Wohnzimmer und daneben die Tür zum Schlafzimmer, links neben der Eingangstür ging es ins Bad. Frank saß im Wohnzimmer vor seinem Computer und bearbeitete gerade seine Kundendatei. Das Wohnzimmer war in schwarz gehalten und wirkte gemütlich. Frank, kräftige, rundliche Figur stand auf und reichte Mike die Hand.
„Hallo Mike. Eve hat schon eine ganze Menge von dir erzählt. Ich freue mich, dich einmal kennen zu lernen. Setz dich, du weißt, Frauen brauchen immer ein wenig länger, bis sie fertig sind.“
„Hi Frank, nett dich kennen zu lernen.“
Sie unterhielten sich noch einige Minuten über belanglose Dinge.
„So, jetzt bin ich fertig. Wir können fahren.“ Eve stand in der Tür zum Wohnzimmer. Sie trug eine Jeans und eine sportliche Bluse.
„Tja, dann wünsche ich euch viel Spaß“ verabschiedete Frank die Beiden. Sie fuhren in die kleine Stadt hinein. Mike kannte ein kleines uriges Bistro. Dort lief gute Musik und es gab gemütliche Sitzecken, in denen man sich ungestört unterhalten konnte. In der Nähe eines Fensters fanden sie einen freien Tisch. Sie bestellten sich zwei Kaffee und unterhielten sich über Gott und die Welt. Die Zeit verging wie im Flug. Das Bistro wurde leerer und auf einmal waren sie noch die einzigen Gäste. Der Wirt ließ sie merken, dass er gerne Feierabend machen möchte. Sie bezahlten und gingen.
„So, und was jetzt?“
„Wir könnten noch durch die Fußgängerzone schlendern und wenn ich mich nicht irre, hat „Haus Franken“ noch offen“ machte Mike ihr den Vorschlag.
„Ja, gut, ich habe noch keine Lust nach Hause zu gehen. Komm, gehen wir.“
Sie schlenderten durch die Fußgängerzone, schauten hier und da in die Schaufenster. Im „Haus Franken“ war noch einiges los. Sie fanden in einer kleinen Ecke noch einen Tisch. Es war jetzt nicht nur einfach quatschen, sondern ihre Augen flirteten schon miteinander. Eve hatte aber auch ein paar wunderschöne, unergründliche tiefe grüne Augen und sie wusste ganz genau, wie sie sie einsetzte. Oder machte sie es unbewusst? Mike war von dieser Frau einfach fasziniert und hätte ihr noch stundenlang nur in ihre schönen Augen sehen können. Doch auch jeder noch so schöne Abend geht einmal vorüber. Mike fuhr Eve nach Hause.
„Vielen Dank für diesen schönen Abend. Es war nett und hat Spaß gemacht.“
„Mir auch, und ich hoffe, dass wir uns wiedersehen“ verabschiedete sich Mike und wartete bis sie die Haustür aufgeschlossen hatte. Gedankenverloren aber irgendwie mit einem Glücksgefühl fuhr er nach Hause. Freitagmorgen nach einer Besprechung in seinem Büro mit Thomas, also seit über zwei Wochen, hatte er schon nichts mehr von Chris gehört, läutete das Telefon.
„MB-Media GmbH, Mike Tennhoff, guten Tag“
„Ach, du lebst ja noch, ich dachte du wärst schon tot“ hörte Mike eine bekannte Stimme.
„Hallo Chris, na? Wieder beruhigt? Wie sind denn Deine Prospekte angekommen?“
„Hervorragend, deine Vorschläge waren doch ganz gut. Sorry, wenn ich so aufbrausend war. Warum hast du dich denn mal nicht gemeldet? Stattdessen hatte sich Charles um die restliche Abwicklung gekümmert. Warst du so sauer auf mich?“
„Ich war zwar sauer, doch ich hab ja auch noch andere Projekte, für die ich arbeite.“
„Ja, ja, ist ja schon gut. Hast du heute Abend Zeit? Ich möchte mit dir anstoßen.“
„Anstoßen? Auf was?“
„Das verrate ich dir dann. Wie sieht’s aus?“
„Hm, lass mal sehen, ja ab 20.30 Uhr geht’s, eher komm ich einfach nicht weg.“
„Ist zwar schon spät, aber Ok Ich freue mich. Bis dann. Tschüs.“
„Ok Bis dann.“
`Hm, was soll das denn wieder?´ dachte Mike. `Lassen wir uns mal überraschen.´
Die Zeit verging rasch und er musste sich ganz schön sputen, dass er nicht zu spät kam. Als er bei Chris ankam empfing sie ihn strahlend und gut gelaunt. Auch ihr Outfit war mal wieder toll. Klar wusste sie, wie sie Mike anmachen konnte. Es war Ende August und noch sehr warm. Chris trug helle, ziemlich enge Shorts und ein T-Shirt mit Rückendekolleté. Ihre Haut schimmerte bronzen.
„Hallo, komm rein, hab schnell eine Kleinigkeit zusammengekocht“ und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Chris untertrieb mal wieder schamlos. Sie war eine hervorragende und auch leidenschaftliche Köchin. Mike musste immer höllisch aufpassen, dass er bei ihrer Küche nicht zunahm. Es schmeckte ihm immer zu gut. Oft aß er über seinen eigentlichen Hunger hinaus. So auch heute. Sie hatte etwas Spanisches gekocht. Sie liebten beide die spanische Küche. Mike folgte ihr durchs Wohnzimmer auf den riesigen Balkon. Er fühlte sich immer wohl, wenn er in seine `alte´ Wohnung kam, die er Chris für einen Freundschaftspreis überlassen hatte. Chris hatte den Esstisch liebevoll gedeckt. Sie nahm zwei Gläser Sekt und ging auf ihn zu.
„Lass uns auf meinen ersten größeren Klienten anstoßen“ strahlte sie ihn an.
„Wie? Hast du den Vertrag? Mensch, da freue ich mich aber! Toll. Pass mal auf, wenn das einschlägt wird das die Runde machen und du kannst dich vor Aufträgen nicht retten. Dann musst du noch Mitarbeiter einstellen. Gratuliere meine Liebe“ dabei stieß er mit ihr an.
„Ja, ich freue mich auch riesig darüber. Salut mi Amigo.“
Sie setzten sich an den Tisch und während des Essens erzählte Chris, wie es zu diesem Auftrag kam. Chris erzählte so begeisternd, dass sie gar nicht merkten wie es doch ziemlich abkühlte. Sie gingen nach dem Essen ins Wohnzimmer und setzten sich in die gemütliche Couchecke und redeten noch stundenlang. Es war seit langer Zeit mal ein Abend an dem sie sich nicht stritten. Als sie ins Bett gingen und Chris sich ankuschelte, dachte Mike sie würde noch gern schmusen oder sogar noch mehr. Doch als er sie küssen wollte...
„Och, komm, Mike, nicht doch, bin müde, lass uns so angekuschelt einschlafen, ja? Sei nicht böse, aber die ganze Anspannung ist jetzt weg und ich bin einfach platt. Ein anderes Mal, bitte?“
„Ok Dann gute Nacht.“
Mike konnte schon verstehen, dass Chris jetzt, nachdem die ganze Anspannung von ihr gewichen war, doch erschöpft und recht müde war. Doch in letzter Zeit kam das sehr häufig vor. Das Wochenende verlief dann auch sehr ruhig. Chris war zwar gut gelaunt, ließ sich auch mal in den Arm nehmen, aber das war’s auch schon. Wenn Mike sie dann darauf ansprach, hatte sie immer eine Ausrede parat. Mike überlegte und dabei dachte er sehr oft an Eve. Mike beschloss, in den nächsten Wochen weniger Zeit für Chris zu haben. Die Arbeit in der Agentur nahm viel Zeit in Anspruch. Oft kam er erst spät in der Nacht nach Hause. Nach der heutigen Besprechung saß Mike in seinem Büro und dachte nach. Er war unruhig. Seit geraumer Zeit hatte er nichts mehr von Eve gehört und fragte sich, ob das jetzt alles war. Dabei hatte er das Gefühl, dass er Eve nicht gleichgültig war. Es schien ihr Spaß zu machen, mit ihm zu flirten. Doch konnte er es wagen, sich wieder bei ihr zu melden? Denn schließlich konnte sie ihn ja auch anrufen. Er hielt es nicht mehr aus. Er nahm den Telefonhörer und wählte ihre Nummer, die er schon im Schlaf tippen konnte.
„Ja, Videoservice Evelyn Berger, was kann ich für Sie tun?“
„Ach.., du lebst ja noch. Hi..., wie geht es dir mi querida Amiga?“
„Hi, Mike, ich dachte schon du würdest dich nicht mehr melden. Mir geht es gut, ich hatte in der letzten Woche nur viel zu tun. Wie geht es dir?“
„Du kannst Fragen stellen. Wieso sollte ich mich denn melden, du hättest mich ebenso anrufen können.“
Mike hörte ein leises Lachen am anderen Ende der Leitung.
„Ach, hätte ich das? Das würde so nach nachlaufen aussehen und das wollte ich nicht. Zum anderen wollte ich wissen, wie lange du es aushältst, bis du dich wieder bei mir meldest. Hast es ganz schön lange ausgehalten.“
„Ja, aber frag` nicht wie. Doch es ist schön, Deine warme Stimme zu hören, dann geht es mir sofort besser. Wie sieht es denn aus, können wir uns mal wieder sehen?“
„Ja, können wir. Was hältst du denn von Dienstag?“
„Ja, Ok Dienstagabend gegen 20.00 Uhr. Wo treffen wir uns?“
„Ich komme bei dir vorbei.“
„Wie??? Du kommst zu mir? Ich dachte, das wäre nicht dein Stil.“
„Wieso? Jetzt kenne ich dich schon ein bisschen. Ich möchte jetzt einmal Deine Wohnung sehen, dann kann ich mir noch ein besseres Bild von dir machen.“
„Ok Dann sehen wir uns Dienstag.“
Als Mike auflegte starrte er noch eine ganze Weile aus dem Fenster. Er spürte wieder dieses Glücksgefühl, so als wenn 1000 Schmetterlinge in seinem Bauch wären. Er fand dieses Gefühl einfach toll, eine Frau interessiert sich für ihn. Doch noch ahnte er nicht was dieses Gefühl wirklich war. Mike zählte die Tage, Stunden und Minuten, es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis der Dienstagabend da war. Ein gewisses Zittern erfasste seinen Körper. Nicht, dass man es sehen konnte, sondern eher so, als wenn man nach einem heftigen Rausch aufwacht. Endlich war es soweit, die Uhr schlug acht und schon klingelte es an seiner Tür. Freudig erregt drückte er den Türöffner und stellte sich ans Treppengeländer. Langsamen Schrittes kam Eve die Treppe hoch.
„Hi, hier wohnst du also, ein schöner Neubau“ sie trat in den Flur. „Darf ich direkt eine Besichtigung machen?“
„Ja, klar doch.“
Mike zeigte ihr seine Wohnung.
„Die Wohnung gefällt mir, die ist ja größer als unsere. Und das alles nur für Dich. Gemütlich hast du es hier.“
„Ja, kann nicht klagen, aber ewig will ich hier nicht wohnen.“
Sie setzte sich auf die Dreiercouch und Mike auf die Zweier. Es bestand noch eine erhebliche Distanz zwischen ihnen. Mike war auch nicht locker, er fühlte sich verkrampft und das drückte sich auch in seiner Körpersprache aus. Eve bemerkte das. Mike bot ihr einen Sherry an und legte eine CD ein, auf denen er etwas ruhigere Musik aufgenommen hatte. Die Musik störte nicht, sondern lief leise im Hintergrund und schaffte eine beruhigende Atmosphäre. Diese Ruhe übertrug sich auch auf Mike und er wurde mit der Zeit lockerer. Eve lächelte vor sich hin und sagte es ihm dann auch, dass er ihr verkrampft vorkam und nun so langsam auftaute. Mike war eigentlich gar nicht überrascht davon. Sie erzählten sich viel voneinander und doch hatten beide das Gefühl, sie würden sich schon ewig kennen. Die innere Angespanntheit wuchs bei beiden. Er erzählte ihr auch von seiner momentanen Situation, bzw. von Anfang an die ganze Geschichte mit seiner Partnerin. Vor allem erzählte er ihr, wie er mit Chris umging. Er schaffte es einfach nicht, die Geschichte mit Chris zu beenden. Ihr zu sagen, dass es aus ist. Er lässt es einfach laufen. Ihm wäre es lieb, wenn Chris den Schluss-Strich ziehen würde. Damals bei seiner Ex-Frau, war das Ganze viel einfacher. Die Beiden diskutierten lebhaft über dieses Thema und Eve sagte ihm offen und ehrlich ihre Meinung darüber.
„Du bist ein Schwein, wie kannst du die ganzen Jahre nur so mit dieser Frau umgehen. Mit mir würdest du das nicht machen. Eigentlich hältst du dir doch ein Hintertürchen offen. Du sagst, du willst hier alleine wohnen, aber den Kontakt zu ihr hältst du aufrecht. Mein Lieber, ich hätte dich schon längst vor die Tür gesetzt!“
Peng! Das saß! Doch eigentlich wusste Mike das alles. Nur verdrängte er es ins Unterbewusstsein. Es lief doch ganz nett. Hier hatte er seine Ruhe vor den Problemen, lief im Prinzip vor diesen Problemen weg und ließ die Frau im Stich. Eigentlich wünschte er sich, dass die Frau ihn zum Teufel jagen würde, aber sie tat es nicht, weil sie ihn viel zu sehr liebte und auch heute noch liebt.
„Weißt du, dass ihr euch beide nur noch gegenseitig quält? Was bei euch abläuft ist doch keine Partnerschaft. Sei doch fair zu ihr und beende die ganze Geschichte, dann hat die Frau auch noch eine Chance einen anderen Mann kennen zu lernen, mit dem sie glücklich sein kann. Du bist ein Feigling!“
Was sollte Mike darauf noch sagen, natürlich hatte sie Recht. Er wusste es schon lange, nur sie war der erste Mensch, der es ihm so deutlich sagte.
„Ich weiß Eve. Ich bin ein Feigling, doch ich kann dir nicht erklären warum ich so handele und nicht für klare Verhältnisse sorge. Ich kann einfach nicht mir ihr Schluss machen, irgendetwas ist da, was mich an sie fesselt, ich weiß nicht was. Weißt du Eve, ich fühle mich im Moment hundeelend.“
„Das glaub` ich dir aufs Wort.“
Ziemlich niedergeschlagen saß Mike da.
„Hey, Mike. Ich bin so. Ich sage immer alles gerade heraus. Ich weiß, das tut weh, aber ich kann auch nicht anders.“
„Ist ja Ok, nur hast das zu Tage gefördert, was schon lange tief in mir schlummerte und ich einfach unterdrückt habe. Ist Ok“
Ein Moment der Stille. Eve rutschte zu ihm rüber und legte ihren Arm um ihn und ihren Kopf auf seine Schulter. Vorsichtig legte er seinen Arm um ihre Schulter. So saßen sie eine ganze Weile ohne auch nur ein Wort zu sagen und lauschten der Musik.
„Du hast ja ein ganz tolles Parfum, das macht mich noch ganz irre. Ich kenne schon einige Düfte, aber der ist mir unbekannt.“
„Wie? Diesen Duft kennst du nicht? Das ist `Chanell Allure`. Schön, dass er dir gefällt. Ich habe lange nach diesem Duft gesucht.“
„Ja, der ist einfach toll. Darf ich einmal ganz nahe riechen?“
„Ja, klar doch.“
Sie richtete sich auf, legte ihren Kopf zur Seite, so dass Mike an ihrem Hals schnuppern konnte, dabei berührte er, nicht gewollt, so gerade mit seiner Nasenspitze ihren Hals. Erschrocken fuhr sie zurück.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht küssen, es war nur meine Nasenspitze.“ entschuldigte sich Mike und als er sie ansah, sah er ein gefährliches Funkeln in ihren Augen.
„Ehrlich, es war nicht meine Absicht!“ beteuerte er noch einmal. „Dann ist ja gut.“
„Es ist schön dich zu riechen und im Arm zu haben.“
„Vermisst du das?“
„Ja, sehr. Ich bin nun mal ein Schmusekater. Stundenlang könnte ich so mit dir sitzen und dich nur im Arm halten, ohne dass irgendetwas anderes passiert.“
„Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Ich vermisse das auch.“
„Dann sind wir ja schon zu zweit. Schmust dein Frank denn nicht mit dir?“
„Das ist schon lange her. Durch seine Arbeit, den Nebenjob und unsere kleine Firma ist er abends einfach kaputt. Obwohl ich ihm schon einiges aus der Firma abnehme und Markus mich auch ganz schön auf Trab hält, sehne ich mich doch nach seinen Zärtlichkeiten, so wie es früher war. Aber er fällt nur noch ins Bett und schläft.“
„Hast du ihn denn nicht mal überreden können? Ihr Frauen habt doch eigentlich immer überzeugende Argumente. An seiner Stelle könnte ich noch so müde sein, ich könnte dir einfach nicht widerstehen.“
„Tja, früher war es mal so. Ich glaube mit der Zeit, wenn der Alltagstrott eintritt, schleift sich das alles ab. Doch ich vermisse es einfach“ bei diesen Worten kuschelte Eve sich ganz dicht an Mike. Was sollte er jetzt tun? Würde sie abrupt aufstehen und gehen, wenn er seinen Arm fester um sie legen würde? Oder würde sie es geschehen lassen und sich noch mehr ankuscheln? Mike fühlte sich gespalten. Diese Frau faszinierte ihn nicht nur, nein, er spürte, dass er sie begehrte. War es nur das Neue oder was war es? Könnte es sein, dass er diese Frau nicht nur faszinierend fand, sondern dass er sie mochte? Sehr mochte? Er legte seinen Arm um ihre Schultern und sie kuschelte sich noch enger an ihn. Ein warmes Glücksgefühl durchlief seinen Körper. Plötzlich entzog sie sich sanft seiner Umarmung.
„Es ist besser, wenn ich jetzt nach Hause fahre. Es ist auch schon spät geworden und um halb sechs klingelt der Wecker. Magst du mich noch bis zu mir begleiten?“
„Ja, klar mache ich das. Sag` mal, hast du Angst?“
„Ja, mir ist da mal etwas passiert und dann ist mir lieber, wenn du in der Nähe bist. Vielleicht erzähle ich dir die Geschichte einmal“ Mike fragte auch nicht weiter. Sie gingen zu ihren Wagen, stiegen ein und Mike fuhr voraus. Langsam folgte Eve ihm. Vor ihrer Tür wartete er wieder. Sie kam zu seinem Wagen.
„Danke für den schönen Abend. Wartest du noch, bis ich die Haustür aufgeschlossen habe?“
„Ja, ich warte. Schlaf gut und träume etwas Schönes.“
„Ich versuch´s. Gute Nacht. Wir hören voneinander.“
Mike wartete noch bis sie die Haustür hinter sich geschlossen hatte und fuhr grübelnd nach Hause. Er musste über den ganzen Abend nachdenken. Wie in Trance fuhr er zurück. Unruhig verbrachte er die Nacht und stand wie gerädert am nächsten Morgen auf. Obwohl nichts geschehen war, empfand er ein wohliges Gefühl, wenn er an Eve dachte. Eve hatte ihn ganz schön durcheinander gebracht.