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1. Szene

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( Links und rechts steht jeweils eine Säulenreihe; im Hintergrund befindet sich ein großes Standbild der Isis.

In der Mitte, zwischen den beiden Säulenreihen, befindet sich eine stufenförmige Pyramide auf der ein Altar steht; darauf befindet sich ein Räucherkessel. Rechts und links vom Altar stehen jeweils ein Feuerkessel mit brennender Flamme.

Maria Magdalena:

Gepriesen seist du, Isis,

Schöpferin meines Selbst und allen Seins,

Göttin aller Göttinnen,

Die du den geliebten Brudergemahl

Zu neuem Leben erwecktest,

Nachdem der von Neid zerfressene Seth,

Durch Arglist den eigenen Bruder ermordet.

In vierzehn Teile hat er seinen Leichnam zerstückelt,

Und in allen Richtungen

Der fruchtbaren Erde Ägyptens vergraben,

Auf dass niemand ihn jemals wieder finde

Und verschollen er auf ewig sei.

Doch voller Hoffnung und Mut

Betratest du, himmlische Göttin, die Pfade

Des endlosen Suchens nach den Gebeinen

Des göttlichen Osiris.

Getrieben von Kummer und Gram

Nahmst du auf dich die Qual des endlosen Suchens,

Bist du fandest das, nach dem du gesucht.

Zusammengefügt hast du die toten Glieder

Des göttlichen Osiris

Den du schon im Mutterleib

Mehr als alles geliebt,

Um zu zeugen mit ihm einen göttlichen Sohn,

Doch ward seine Männlichkeit verschwunden,

Gefressen von den Fischen des Nil.

Geformt hast du für ihn ein neues Glied

Und gesprochen die Worte dunkler Magie,

Auf dass ihr vollziehen konntet

Das geheiligte Ritual der Vereinigung

Zwischen Göttin und Gott,

Zum letzten Mal wieder erleben gemeinsam

Den sakralen Akt der Verschmelzung

Von Mann und von Frau.

Und nachdem euch Horus geboren,

Stieg Osiris hinab in die Unterwelt,

Wo er seit Äonen über das Reich der Toten herrscht,

Während du, das Göttliche im Weibe beschützt.

*

Gepriesen seist du, Isis,

Schöpferin meines Selbst und allen Seins!

Göttin aller Göttinnen,

Ich flehe dich an,

Gib mir Vertrauen und Kraft

Die Hürden des Diesseits zu überwinden

Bis meine Seele kommt zu dir

Am Tag der großen und letzten Entscheidung.

Schenke mir deinen Schutz und deinen Segen

In allem was ich tue und allem, was mir widerfährt.

Leite meine Schritte auf den Pfaden des Lebens.

*

Ich rufe und beschwöre dich,

Göttliche Isis,

Dringe ein mit deiner Kraft in meinen Geist

Und lasse meine Worte und Taten die deinen sein.

Lasse meinen Körper zu deinem Tempel werden,

Damit Liebe ihm widerfahre

Und Leidenschaft der Atem meines Lebens sei.

Umhülle mich mit deinen sternebesetzten Schwingen

Und hauche mir ein deine ewige Weisheit

Damit ich Trägerin deines unendlichen Wissens sei

Und verkünde das Wort der allmächtigen Göttin

Im Hier und im Jetzt.

*

Isis, Schöpferin des Lebens,

Wirke in mir und durch mich,

Wirke mit mir und für mich.

Lasse mich würdig erscheinen vor dir

Durch meine Gedanken und Taten.

Ich flehe dich an, unsterbliche Isis,

Schöpferin meines Selbst und allen Seins,

Göttin aller Göttinnen,

Geleite mich hier auf Erden

Und in allen Welten der Ewigkeit,

Die der große Osiris beherrscht.

*

Gepriesen seist du in deiner unendlichen Weisheit,

Oh göttliche Isis!

Gesegnet sei der Leib, der die Frucht der Lenden

Des großen Osiris in sich trug.

In Demut sage ich Dank der allmächtigen Göttin,

Die an diesem vergangenen Tage

Mein Handeln und Tun

In die richtigen Bahnen gelenkt,

Mein Denken und Fühlen

Fürsorglich geleitet

Und mich nicht abkommen ließ

Vom Pfad des reinen Geistes

Und der rationalen Vernunft,

Die mir geholfen, mein Selbst zu bewahren

Und den Stürmen des Tages siegreich zu entgehen.

Gepriesen seist du, göttliche Isis!

Ich flehe dich an, Spenderin des Lebens,

Schenke mir in dieser Nacht

Die endlosen Freuden der Liebe.

Lasse all meine Sinne erzittern

Und erbeben meinen Leib vor Verlangen

Bis gestillt ist die Begierde

Und die Extase die Höchste sei!

In Demut bitte ich dich um diese Gunst.

*

Heil dir, Göttin des leuchtendes Pfades!

Heil dir, allmächtige Göttin der Liebe und der Nacht!

Alle: Heil dir, Göttin des leuchtendes Pfades! Heil dir, allmächtige Göttin der Liebe und der Nacht!

(Sekundenlanges Schweigen)

Maria Magdalena: Lasst uns tanzen den Reigen zum Ruhme der ewigen Göttin.

(Musik; alle Anwesenden tanzen mit lasziven, sinnlichen Bewegungen - ca. 2-3

Minuten)

Maria Magdalena (Klatscht in die Hände): Lasst uns weihen die heilige Flamme der Göttin. (Schwenkt den Weihrauchkessel einige Male über der Flamme)

Alle: Heil dir, Göttin des leuchtendes Pfades! Heil dir, allmächtige Göttin der Liebe und der Nacht!

Maria Magdalena: Lasst uns trinken vom Blut der ewigen Göttin. (Nimmt den Kelch, trinkt, reicht ihn weiter; alle Anwesenden trinken.) Heil dir, Göttin des leuchtendes Pfades! Heil dir, allmächtige Göttin der Liebe und der Nacht!

Alle: Heil dir, Göttin des leuchtendes Pfades! Heil dir, allmächtige Göttin der Liebe und der Nacht!

Maria Magdalena: Beendet sei nun diese heilige Zeremonie... (Klatscht in die Hände) Geht jetzt, Töchter der Isis, und begebt euch zur Ruhe. Möge die Göttin über eure Träume wachen. Diejenigen von euch, die in dieser Nacht den heiligen Dienst versehen werden, begeben sich nun mit Martha nach nebenan. (Mädchen nach links und rechts ab.) Martha!

Martha von Bethanien: Ja, liebe Schwester?

Maria Magdalena: Kümmere dich um sie. Aber sei vorsichtig - lass keine grob-schlächtigen Tölpel die zarte Schönheit unserer Schülerinnen beflecken.

(Vor dem Tempel stehen einige Männer, darunter Petrus und sein Bruder Andreas)

*

Petrus (Ungeduldig): Wie lange dauert es denn noch, verdammt nochmal!?

Andreas: Geduld, Petrus, Geduld. Bestimmt werden die Tore bald geöffnet.

Petrus: Ich habe nicht ewig Zeit. Ich muss morgen früh raus...

Andreas: Keine Sorge, die Fische laufen dir schon nicht davon...

*

Martha von Bethanien (Lächelnd): Selbstverstänldich - wie immer.

Maria Magdalena (Vertraulich): Ja, ich weiß... Auf dich, liebste Schwester, ist immer Verlaß. Ich danke dir.

Martha von Bethanien (Sie in die Arme schließend): Ich kenne nur all zu gut aus eigener Erfahrung die Bürde der großen Verantwortung, die auf deinen Schultern lastet. Es ist alles andere als einfach den Tempel der Göttin zu führen...

Maria Magdalena: Du sagst es... Und doch bereitet es mir irgend wie Freude...

Martha von Bethanien: Ja, manchmal ist es schön, die Leidenschaft und tieirsche Begierde eines Mannes zu fühlen...

Maria Magdalena: Wenn sie jung und schön sind, ja... Aber die sabbernden Greise... (Sich schüttelnd)

Martha von Bethanien: Aber genau die sind es, die unseren Tempel jedes Mal reich beschenken... Ihnen verdanken wir unseren ganzen Reichtum, unseren Ein-

fluss...

Maria Magdalena (Seufzend): Ja... Doch geh nun, liebste Tante und öffne die Tore. Lasse uns den Reichtum der Göttin mehren. (Nach hinten ab.)

Martha von Bethanien (Nach vorne gehend): Die Göttin öffnet ihre Pforten - so tretet ein!

Petrus (Mürrisch): War ja auch Zeit!

(Männer betreten den Tempel, wo einige junge, in weiß gekleidete Mädchen, auf sie warten und sich ihnen nähern.

Licht wird schwächer)

Petrus (Laut zu einem Mädchen): He, du da - komm her! (Ein Mädchen nähert sich ihm) Dreh dich um, lass dich mal sehen. (Befummelt sie) Na ja, nicht schlecht...

Martha von Bethanien: Ich bitte Euch, etwas leiser...

Petrus (Immer noch laut): Warum? Ich bin Gast hier und bezahle... Was soll die da kosten?

Martha von Bethanien: Fünf Silberlinge.

Petrus (Aggressiv): Bist du des Wahnsinns, Weib? Weißt du, wie viele Fische ich dafür fangen muss?

Martha von Bethanien: Nun, wenn Ihr...

Andreas (Beschwichtigend): Lass es gut sein, Petrus...

Petrus: Gar nichts. Ich gebe dir anderthalb, höchstens zwei. Mehr ist sie nicht wert.

Martha von Bethanien: Der Preis liegt bei fünf.

Petrus: Zwei - mehr nicht.

Martha von Bethanien: Wenn Ihr nicht zahlen könnt, so geht, bitte.

Andreas: Lass uns gehen, Petrus...

Petrus (Wütend): Ja, gehen wir... Diese elenden Hetären sollte man ausrotten...

Steinigen sollte man sie und diesen Tempel in Brand setzen... Dann wäre endlich Schluss mit diesem Wucher und der ganzen Hurerei.

(Petrus und Andreas ab. Dunkel.)

Maria von Magdala

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