Читать книгу Ständig ist der Teufel los (Buch 1) - Hardy Juhnke - Страница 6

Die traumhaft sündige Nacht

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(Rumba mit Brigit Bardot)

Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der ins Verderben führt,

und viele sind es, die da hineingehen! (Matthäus 7:13-14)

Ich habe lange überlegt, ob ich diese Episode mit ins Buch nehmen soll. Aber ich dachte mir: Wenn es schon zu Beginn meiner Aufzeichnungen passiert ist, dann verbindet es miteinander. Und es schadet dem Leser ja nicht, zumindest gedanklich dabei gewesen zu sein. Die traumhaft sündige Nacht und seine eventuellen Folgen für mein Seelenheil, könnte das Kapitel vollständig heißen.

Wenn ich schon ständig an Sex dachte, wie soll es erst werden, wenn ich welchen habe? Aber da passierte mit mir und den Mädchen noch herzlich wenig. Deshalb versuchte ich oft an das genaue Gegenteil meines Interesses zu denken, zum Beispiel an die Tanzschule. Die ließ mich völlig kalt. Doch dann träumte ich plötzlich nachts diesen paradiesischen Traum: Brigitte Bardot kommt zu mir geflogen, will alles zeigen, erklären und gleich ausprobieren. Eigentlich konnte ich nichts dagegen machen, es passierte ja während ich schlief. Man muss wissen: Wir alle waren zu jener Zeit begeistert von ihrem perfekten Aussehen und dessen Wirkung auf unsere Phantasie.

Wir suchten zwar nach Mängeln, doch es gab keine. Sie hatte lange Beine, schmale Hüften, einen Schmollmund, oval geformte Augen, eine feine Nase und sogar zierliche Füße. Außerdem strahlte ihr vergnügliches Lachen das Verlangen nach mehr Nähe zu diesen Qualitäten aus. Als sollte man sich fürchterlich in sie verlieben, was wir auch taten. Sogar mein so kritischer Vater gab bekannt: >Junge, selbst Heilige, ja besonders die, würden ihre Seele verkaufen um einmal mit ihr eine Bett-Rumba zu tanzen<.

Und so begann meine traumhaft sündige Nacht: Sie schwebte in ihrem von Gott Amor handverlesenen Körper auf mich zu. Ihre Schuhe berührten kaum den Boden und ihre Filmstar Lippen schmollten mich knallrot an. Wie eine himmlisch frische Brise strömte mir ihre Freizügigkeit entgegen. Oh ja, welch ein anheizender Leckerbissen mit maximal erotischer Feuerkraft. So landete sie neben meinem Bett und legte ihre rosa Flügel auf dem Schrank ab, gleich neben dem Modell vom Schlachtschiff Bismarck. Nun stand sie vor mir und befreite sich auch von dem kurzem Lederrock, welcher ihr bei der Landung die leckeren Schenkel hochgerutscht war. Sie lächelte mich lieb und gleichzeitig streng dabei an. Formschön ließ sie Schuhe und Netzstrümpfe am Luxuskörper. Tolle Frau dachte ich, so sicher und selbstbewusst. Ich war das nicht!

So ließ ich sie in meiner Trance gewähren und mein erhitztes Gemüt formulierte stotternd: >In echt bist du noch schöner! < Sie lächelte mich an, nickte mit dem Kopf und flüsterte: >Dachte ich es mir doch! < Ich bekam sofort einen wunderbaren Ständer, gurkendick und knüppelgerade, der nicht aufhörte zu wachsen, was sie anerkennend durch ein Gesungenes >Oh la la< lobte. Und glaubt mir: Ihre Stimme hätte dabei einen Eisbrecher leck geschlagen. Der Rauschgoldengel umspülte mich wie echte chinesische Seide eine Jungfrau aus einem Harem.

Unsere Körper verschmolzen rasch miteinander und ich wurde von ihren roten Lippenstiftlippen gestempelt, während mein knochenharter Ständer auch etwas zum Stempeln suchte. So holte sie meine pralle und volle Eisenstange zwischen ihre Brüste und ließ sie angenehm vor und zurück gleiten, während ich half die zauberhaften Pin-Up Brüste abzufedern. Ihr flehender Blick nach mehr und mehr zupackender Bewegung ging mir tief in die Augen.

Bis natürlich meine erste schussbereite Fontäne aus der vollgepumpten Spritzvorrichtung ihr erfreutes Gesicht bemalte. Das war das beste Feuerwerk meines bisherigen Lebens und Brigitte nickte mir aus ihren verklebten Augen begeistert zu. Und bald leckte sie bereits an meiner feuchten Ständerspitze und während sie auf Französisch mit ihr sprach streichelte ich die gummiharten Filmstar-Nippel und umfasste sanft ihr Titelbild-Gesicht. Wieder blickten wir uns tief und lange in die Augen, dann tauche ich in die nächste von Brigittes Himmelspforten ein. An eine Pause war überhaupt nicht zu denken, zu stark war die magische Macht dieser französischen Göttin über meine irdische Verfassung. Ich hatte keine Fragen mehr, sie war für mich konstruiert.

Nach der fünften Nummer legten wir doch eine Pause ein, um eine Zigarette zu rauchen und das Bad aufzusuchen. Danach fragte Brigitte mich, ob sie weiterhin deutsch mit mir reden solle oder ob das etwas von dem erotischen Flair nehmen würde. Aus einer Schwäche der Befriedigung hätte ich ihr alles erlaubt und so erzählte sie mit betörender Aussprache von den skurrilen reichen Säcken an der Côte d’Azur. Danach fragte sie mich wieder in diesem süßen französischen Akzent: >Habe ich gerade unten im Wohnzimmer deinen Vater mit einem ausgewachsenen Schäferhund auf der Couch schlafen gesehen<. >Ja, klar, das kann vorkommen<, entgegnete ich ihr. >Die beiden sind ein Schnüffler-Team beim Zoll und das schmiedet zusammen, < warf ich erklärend hinterher.

>So was passieren mir nämlich auch mit meinen Tieren zu Hause in Südfrankreich<, entgegnete sie verständnisvoll zurück. >Manche Tiere finde ich zufällig und manche laufen mir zu, aber alle kennen den Wert von Liebe und Freundschaft. Auch das unterscheidet sie von den Menschen<, meinte sie noch. >Für die Schäferhunde ist mein Vater so eine Art großer Bruder<, erzählte ich wahrheitsgemäß. >Tiere geben dir zurück was du ihnen gibst. Wenn das bloß auch so bei Menschen wäre<, gab mir B.B. mit ernstem Ausdruck zu verstehen.

Oh la la, sie hatte viel Format und Charme, keine Frage. Wir gingen weiterhin ganz ungezwungen miteinander um, lachten oft und stellten fest, dass wir beide nahe am Wasser lebten. So hielt ich den Moment für günstig Brigitte zu fragen, wie sie zu mir gefunden hat. Sie warf ihre vom heftigen Sex klitschnassen Haare nach hinten auf den Rücken und sagte: >Weißt du, ich lebe mehr in dem Leben was ich nicht habe, als in dem das ich habe. Darum hat mein unterdrücktes Unterbewusstsein ein zweites Ich erfunden. Damit ich so frei genießen kann, wie meine Männer es sich in unseren Ehen erträumten. Damit die, die nur von mir träumen, vielleicht auch mal mit ihrem Objekt der Begierde in Berührung kommen. Du weißt es vielleicht noch nicht, aber das Leben ist zu kurz um alle Träume zu träumen. Und weil ich eine erotische Nymphe bin, kann ich ohne Sex nicht weiterleben! Wenn jemand meinen Körper begehrt, so lockt mich das an wie der Blütenstaub die Bienen. Wenn ich im geträumten Sexrausch begehrt werde, wie es bei mir öfter der Fall ist, habe ich die schöne Aufgabe, wo ich es kann und will, dem Begehren nachzukommen. Und da wären noch die Vorteile nicht zu altern, nicht zuzunehmen und fliegen kann ich auch! <

Außer einem dürftigem verstehe und einem Weitwinkel-Grinsen, brachte ich nichts über die Lippen. > Aber ehrlich gesagt, zu deinen Freunden treibt es mich nicht sonderlich<, sprach sie weiter. Der eine träumt jede Nacht davon mit mir seine unzähligen pornografischen Filmideen zu verwirklichen, was meine Karriere empfindlich verändern würde, und dein anderer Freund denkt zwanghaft sein einflussreicher Vater hätte Sex mit mir verboten. Und von den anderen Millionen Träumern, die diese Nacht davon phantasieren mich zu penetrieren, will ich erst gar nicht sprechen. Darum lasse ich einfach das Los eine Vorauswahl treffen und heute entschied ich mich für dich<. Ich sagte: >Das ist perfekt, ich habe ja gerade Zeit und Lust auf dich<. Sie lächelte mich an, nickte mit dem Kopf und flüsterte: >Dachte ich mir doch! < Ich redete weiter und wollte nicht, dass sie sich zu langweilen begann, bis ihre Gegenwart meine schwer rangenommene Kolbenstange wieder zuverlässig durchgehärtet hätte.

Aber sie hatte spontan eine neue tolle Idee und brachte mir somit die Rumba zu tanzen bei. Sie schnippte nur mit den Fingern und über uns begann "Something Stupid" (Nancy & Frank Sinatra) zu erklingen. In diesen Tanz konnte ich mich sofort verlieben. Es ist einfach phantastisch, was so eine engelhafte Zaubermaus alles bewirken kann. Damals wusste ich noch nicht, dass Liebe und Erotik verschiedene Seiten besetzen, wenn es auch von derselben Medaille.

Das Lied drückte perfekt aus was gerade mit mir passierte. Begeistert von allem sagte ich: >Auch Morgen würde es mir passen und es spricht nichts dagegen es wieder miteinander zu treiben und dazwischen Rumba zu tanzen. < Sie wolle versuchen es einzurichten, gab aber zu bedenken, dass ich sie süchtig machen könnte und eine Sucht sei doch immer bedenklich. >C'est la vie<, antwortete ich und verwies auf mein einsatzfähiges Stahlrohr, das klar Schiff signalisierte. >Kannst du denn wirklich noch? <, fragte sie fürsorglich besorgt und strich ihre blonde Mähne hinter ihre perfekten Ohren. >Open-End-Sex Ist meine Spezial Strecke<, gab ich zurück. Und wenn nicht? Wäre doch ein guter Moment um jung zu sterben, so kam es mir wenigstens vor. Biggi wurde sofort hungrig und wir segelten in unserem “erotischen Traumschiff“ ins Weltall zurück, erklommen die nächste Stufe unserer Suchttherapie.

Immer dann, wenn Biggi mich wieder zum spritzten brachte, hörte ich die Engel im Himmel singen. Ehrlich, sowas war mir noch nie passiert! Da könnte man glatt fromm werden, musste ich mir tatsächlich eingestehen. Ich könnte den Herrgott hundertfach loben, für das wunderbare Werk ein Weib aus einer Rippe zu basteln, die er vom Menschen genommen hatte, um sie dem Menschen in anderer Form wieder zuzuführen. Das wusste ich bereits aus dem Buch der Bücher. Damit verbunden war ich generell dankbar für die Lieferung weiblicher Reize, für ihren Anblick, mit dem sie täglich die Welt erfreuen.

Natürlich war es gut, dass unser traumhafter Sex nicht mit den Geschehnissen am Baum der Erkenntnis zu vergleichen war, denn diese französische Eva hätte mich zu allem verführen können. Ja, die Bibel hat zumindest in einem Punkt unbestreitbar Recht: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach - also prall und hart. Doch in diesem Falle ist es eigentlich auch gut so, denn es steht ja geschrieben: Liebe deinen Mitmenschen, wie dich selbst! Und die BB ist mir ein besonders lieber Mitmensch, sonst könnte ich nicht so tollen Sex mit ihr machen, keine Frage.

Mein Vater und Führungsoffizier ins Leben, nannte einmal die B.B. in meiner Gegenwart (er stand vor ihrem Poster in meinem Zimmer): >Ein rassiges Pferdchen und so schön wie die Sünde selbst! Sie ist beinahe zu schön um wahr zu sein. Aber leider sind die süßesten Früchte am schwersten zu bekommen, merk dir das gut, mein Junge. < Auch diese Weisheit von ihm habe ich mir tatsächlich gemerkt, aber es ist nicht immer so. Manchmal hat mein Glück und das Schicksal macht es einem leicht!

Als wir endlich voneinander abließen, weil einige Körperteile ans Ende ihrer Belastbarkeit kamen, sagte meine emsige Nymphomanin: >Nächstes Mal nehme ich dich mit in den Süden, an meine Lieblingsplätze<. Mein Sprachschatz blieb überschaubar und ich antwortete fragend: >Ja, geht denn das? < Sie fragte zurück: >Ist der Papst katholisch? So wie der mit seinem Heiligen Stuhl im Mittelalter hockt, so klar nehme ich dich mit unter die Pinien von Südfrankreich<. Ich antwortete spontan: >Mein Vater sagt dazu, wenn die Menschheit nur gute Leute wählte, hätten sie keine Anführer und da mache das Feilschen um den Chefposten im Weihrauchtempel sicher keine Ausnahme. Außerdem mache der Job seinen jeweiligen Darsteller noch geisteskranker, seit entschieden wurde das die Unfehlbarkeit gleich zum Amt mitgeliefert wird. Das glaube ich allmählich auch, < meinte sie zustimmend. >Aber, während die sich im Weihrauchnebel vergeistigen, liegen wir in den heißen Sommermonaten Seite an Seite unter großen, alten Bäumen im Sand einer wunderschönen Küste. Dann kann alles passieren, während der Wind unsere nackten Körper streichelt und über den Pinienhain hinweg zieht. Wir lieben uns zum Rauschen des Meeres und warmer Nachtregen kühlt unsere heiße Haut, du wirst es bestimmt genießen! <

>Ist aber nicht gerade Sommer in Europa, oder muss ich bis August warten<, fragte ich sehr, sehr interessiert nach. Sie fragte zurück: >Ist Fidel Castro ein Demokrat? So wirklich diese Spaßbremse keine ehrliche Wahlurne kennt, so sicher entführe ich dich aus Eis und Schnee, in Licht und Wärme! >Toll, du kannst wohl alles regeln<, sagte ich mit einem leergepumpten Vorratsbeutel zwischen den Beinen. >Ja, besonders Phasen längerer Trockenübungen kann ich abstellen<, rief sie lachend und sprang aus dem Bett.

Sie stellte sich in Position und begann lasziv einen freizügigen Tanz vorzuführen, der im nächsten Film gezeigt werden soll, falls er es schafft durch die sittenstrenge Zensur zu kommen. "Tanz des Orakels von Delfi", nannte sie diese gewagte Nummer. Ich war begeistert, glaubte aber nicht, dass diese Version die Zensur Auflagen der kalkigen Sittenwächter erfüllen würde. Dann zeigte ich ihr wie es mir gelang den letzten Mathematiktest in der Schule doch noch zu meinen Gunsten zu verändern.

Vor meinem erschöpften Wegdämmern nach unseren verschärften Schleuder-Nummern hörte ich sie sagen: >Das nächste Mal, wenn du wieder von uns träumst, wünscht du dir eine Gespielin aus meinen bekannten Filmrollen. Dann bin ich wie verwandelt, du wirst sehn. Du kannst Mademoiselle Javotte, die Helene, die Juliette, die Brigitte, oder noch andere Figuren aus mir entstehen lassen. Was Privates, wie heute, ist natürlich auch immer möglich. Doch Abwechslung ist der Feind von Langeweile und das ist gut so<. Ich konnte gerade ihre Filmrollen nicht komplett aus dem Gedächtnis abrufen, aber es war eigentlich egal. Jede ist mir recht und lassen wir auch hier das Los entscheiden. Aber die Helene, aus dem Film „Doktor Ahoi“, wäre mir das nächste Mal besonderes recht. Schon musste ich an einen überheblichen Spruch von Freund Gento, dem zukünftigen Kult Regisseur, denken: >Wer aussieht wie eine Hitchcock Blondine sollte über eine Filmkarriere bei mir nachdenken<.

Zum Abschied sah Biggi mir mit blitzenden Augen entgegen und meinte: > Ich freue mich sehr über dich und dass wir uns auf so schöne Weise begegnet sind! <

Plötzlich, sie war schon am davonschweben, sah Biggi wie jene Helene aus und ich musste an ihre ersten Filme denken. Die waren noch in schwarz/weiß abgedreht. Spontan rief ich ihr schnell hinterher: >Biggi, du bist die einzige Schönheit, die aus schnödem schwarz/weiß ein tolles bunt machen kann<. >Vielen Dank, das habe ich ja noch nie gehört<, rief sie mir schon weit entfernt aus den Wolken zurück.

Hundemüde ließ ich mich ins noch warme Lotterbett fallen, nicht ohne den Chefstrategen, dem lieben Gott, einen guten Mann sein zu lassen und ihm für diese wunderbare Nacht zu danken. Dann, kurz bevor ich wegdämmerte, durchschoss es mich wie ein Elfmeter von Gento getreten. Da hatte ich die Rechnung wohl ohne den Wirt gemacht. Soweit ich wusste, war die süße B.B. verheiratet und zwar mehrfach! Da änderte es nichts, dass ich unverheiratet war. Schließlich heißt es in den göttlichen Regeln für das Leben auf Erden: "Du sollst nicht begehren deines nächsten Weib - und Ende der Durchsage!" Tja, da haben wir den Tatbestand gleich mehrerer Regelverletzungen! Die Biggi war verheiratet und ich begehrte sie - und das nicht erst seit dieser Nacht! Völlig klar: Ich war der Sündenbock, nicht die Biggi! Die ja bei Tageslicht betrachtet nichts davon wusste, was ich mit ihr nachts anstellte. Ergo kam der verlockende Traum aus einer ganz anderen Ecke und mir begann der Schweiß über die Stirn zu laufen!

Wie unvorsichtig man doch sein konnte, wie uneinsichtig man seine Gefühle gewähren lässt. Völliger Wahnsinn! Diese französische Versuchung bedeutete wohl teuflische Liebe und himmlische Lust zugleich, wenn ich mir die angebotenen Fakten näher betrachte. Da wollte mich Luzifer aufs Glatteis führen, auf seine Seite ziehen. Ich hörte mal Prediger Pahlke berichten: >Der Teufel verstellt sich und gibt sich manchmal auch für einen Engel aus! < Und zweifelsohne war die Biggi ein Engel auf Erden. Aber der Prediger zitierte viel aus dem Buch der Bücher, wenn man ihn gewähren ließ und die Gläser gefüllt waren.

Anmerkung:

Für eine richtige und passende Zuordnung dieser Weisheiten gebe ich zukünftig immer das “Buch der Bücher“, die Bibel, als Quelle an.

Und der Prediger hat auch gesagt: >Wahrsagerei, Zeichendeutung und Träume sind nichtig und worauf du hoffst das bildet sich das Herz nur ein. (Buch der Bücher) < Dann wäre ja alles noch im grünen Bereich, >denn nur wer Sünde tut, ist der Sünde Knecht<, (Buch der Bücher), meinte er noch erklärend. Dazu gehört normales träumen hoffentlich nicht. Aber Achtung! - wenn es denn nur ein Traum war! Das ist noch nicht felsenfest erwiesen, es kann auch etwas dazwischen gewesen sein und wer weiß wie es sich entwickeln kann. Unser Nachbar, der Käpt´n Reinhold, hat mir ja schon manches aus den entlegensten Winkeln der Erde berichtet, so unglaublich es sein mochte. Aber, wenn da nur ein Fünkchen Wahrheit drinsteckte, indem was der Pahlke von sich gab? Ja, dann war ich mit meiner Konfirmanden Weisheit am Ende, soviel war klar.

Außerdem sagt der Prediger und ehemalige Feldgeistliche gerne: >Gott gab jedem seine besondere Gabe, dem einen diese, dem anderen jene. (Buch der Bücher) < Ich denke da sind Frauen aber mit inbegriffen! Denn, wenn das die körperliche Liebe ausschloss, dann hätte der Chefkonstrukteur uns nicht als Mann und Frau, mit allen was das bedeutet, in die Weltgeschichte entlassen. Für die besonderen Gaben von Biggi würde ich mich sogar beim Prediger und seinem Chef verbürgen.

Tja, ohne die Anwesenheit vom Maschinengewehr Gottes lief wenig in unsere Gemeinde zusammen. Ein etwas sonderbarer Advokat des Himmels, mit verzeihlichen Ladehemmungen durch teuflische Versuchungen der Schnapsindustrie. Aber, wenn er funktionierte, dann schossen die biblischen Texte nur so aus ihm heraus. Allerdings muss ich dieses Talent auch Gentos bibeltreuen Mutter zugestehen.

Doch ja, unser Prediger Pahlke war neben dem Bürgermeister wohl der bekannteste Honoratior in unserem Dorf. Einer, der im Schatten vom Oberst seiner Feldgeistlichen Berufung gefolgt war und auch mit dem Kriegsende arbeitslos wurde. Seither führte dieser dekorierte Weltkriegsoffizier ein großes Landgut nahe unserem Heimatdorf und war Chefstratege der patriotischen Front, jene ehemalige Räuberbande, deren Sprachrohr er war und zu denen auch mein Vater gehörte. Es handelte sich um eine Anzahl alternder Nationalisten, deren patriotische Besoffenheit nicht gänzlich verflogen war und die von Ruhm und Ehre faselten, aber nach Schnaps und Frauen rochen.

Wir Jugendlichen nannten diesen Ehemaligenklub passender Weise “Die wilde 13“ und davon später mehr.

Natürlich war Prediger Pahlke nicht wirklich arbeitslos, denn ein Prediger wird ja niemals arbeitslos. Mag sein, dass er tatsächlich durch seine Erlebnisse im Felde nicht mehr zur Führung einer Gemeinde geeignet war, aber andererseits waren seine Erfahrungen im Dunstkreis blutiger Schlachten der Grundstein zur Gründung eines sehr erfolgreichen Beerdigungsinstitutes. Verkehrsgünstig gelegen und nicht weit entfernt vom nächsten Friedhof.

>Seelsorger und Bestatter: Eine teuflisch gute Kombination<, wie mein Vater meinte. Als solcher wäre man nie arbeitslos und gefragt im Dorf. Außerdem müsse er nur als Bestatter einen erfolgreichen Arbeitsnachweis abliefern, seine sogenannte Seelsorge unterläge ja den Gesetzen der Scharlatanerie, so Vater. Aber besonders das könne er exzellent, meinte Vater auch.

Wenn der Prediger mit seinem schwarzen Spezialfahrzeug durch die Gemeinde glitt, macht er damit einfühlsam auf sich und seine Dienste aufmerksam. Ich schreibe bewusst glitt, denn oft wäre er gar nicht fähig gewesen schneller zu fahren. Doch er besaß immer eine gültige Fahrerlaubnis, denn welcher Polizist kontrolliert schon einen Leichenwagenfahrer im Dienst. Und Pahlke war ständig dienstlich unterwegs, das wusste man einfach. Sein Leichenwagen machte dabei einen guten Eindruck, keine Frage. Ständig glänzte der pechschwarze Mercedes, wie soeben von der Fabrik ausgeliefert, aber das hatte eine andere Ursache. Da der Prediger der Meinung war dieser “Lieferwagen seelenloser Hüllen auf dem Weg zur Endlagerung“ müsse mehr glänzten als die schwarzen Kohlestücke der Siemens Verbrennungsöfen in der Hölle. Deshalb bekam ich des Öfteren die verantwortungsvolle Aufgabe den technischen Sargträger blitzeblank zu halten.

Höhepunkt seiner berufenen Tätigkeit als Bestatter stellte die von ihm gehaltene Rede bei der Beisetzung einer verblichenen Person dar. Oft brachte er die Hinterbliebenen mit viel Geschick dazu ihn auch dafür zu engagieren. Und er hatte dabei eine Menge aufmunternder Sätze im Programm. An einen dieser Muntermacher erinnere ich mich besonders. Der ging so: Der Körper, der begraben wird, ist vergänglich. Aber der Körper, der zu neuem Leben erweckt wird, ist unvergänglich. Was begraben wird ist schwach und hässlich, aber was zum Leben erweckt wird ist stark und schön. (Buch der Bücher)

Mit derartig perspektivischen Behauptungen kam er natürlich im Kreis der Trauernden gut an, keine Frage. Sehr zum Leidwesen einiger Gemeindepfarrer, welche es zähneknirschend in Kauf nahmen und somit im Angesicht des Sarges nur die zweite Geige spielten.

Pahlke war ihnen gleich in mehrfacher Hinsicht suspekt, auch weil es doch in der Bibel heißt: Halte dich nicht an die Trunkenbolde, rechtschaffende Männer seien deine Tischgenossen! Und gerade auf der Domäne und im gelben Haus der Schlangen kommt es (Gerüchten zur Folge) immer wieder zu Trinkgelagen, wenn nicht noch zu weiteren sündhaften Spielen. Nicht, dass sie einer Einladung dorthin gefolgt wären, hätten sie denn eine erhalten. Aber, dass ein „ausgemusterter“ Verkünder der guten Botschaft dort ein- und ausging, erfüllte sie nicht gerade mit Tränen der Freude. Hilflos mussten sie den Prediger im Dorf gewähren lassen, denn über die Macht eine Verbannung auszusprechen verfügten sie leider nicht.

Diese Friedhof-Gastauftritte garantierten Pahlke die Möglichkeit sein enormes Sendungspotential abzurufen und danach zusätzlich in den Genuss von ausgiebigen Speisen und vor allem Getränken zu gelangen. Meist wurde dazu von den Hinterbliebenen in eine Gaststätte geladen. Idealer ging es für Pahlke kaum, denn man kannte ihn dort gut und er die Alkoholangebote auch gut.

Obwohl der Prediger einen Angestellten beschäftigte, ließ er es sich nicht nehmen die Gesichter der Toten, für einen letzten Blick der Trauerenden, persönlich zu modellieren. Man sagte, er könne sogar dem Gesicht eines schwer depressiven Selbstmörders etwas Zufriedenes mit viel Zuversicht abgewinnen. Außerdienstlich, bezüglich des Institutes und wenn das Wetter es zuließ, benutzte der Friedhofs-Prophet (so Vater) gerne das Fahrrad um im Dorf an sein Ziel zu gelangen. Auch dieser Gebrauchsgegenstand aus Vorkriegszeit, den er gerne Camillo nannte, war komplett schwarz lackiert und die Leuchte hatten vorne einen Lichtschlitz, wie die Autos damals im großen Krieg. Das war ein kleiner Hinweis vom Prediger an die Ahnungslosen, das er sich als Seelsorger ständig im Krieg gegen das Böse befände.

Er gehörte ins Dorf wie das Kriegerdenkmal, welches vom verehrten Oberst persönlich entworfen, vom Bürgermeister genehmigt und vom Bauunternehmer kostenlos errichtet wurde. Ja, der Pahlke war wirklich sehr präsent und wirkte auf seine Art echt und originell. Nur Gentos Mutter und die Gemeindepfarrer der Umgebung waren skeptisch und sorgten dafür das das Wort Scharlatan nicht aus dem deutschen Sprachgebrauch verschwand.

Aber ich glaube, dass das Geld, welches der Prediger als Seelsorger und Unternehmer in die Kirchenkassen spülte, die ärgsten Bedenken besänftigte. Etwas eifersüchtig nannte ein junger Geistlicher den alten Scharlatan: >Eine viel zu beliebte Sprit-Drossel! < Er brachte dann den Spruch: >Der Fromme wird nimmermehr wanken< (Buch der Bücher), wahrscheinlich zur puren Selbstmotivation, schätze ich. Denn, auch wenn der Prediger als bibelfest galt, war man sich nicht sicher, welchen Geboten des Allmächtigen er tatsächlich Folge leistete.

Aber da war er ja in bester Gesellschaft, denn drüber reden tun viele, nur danach leben: Welch weltlicher Geist will das schon?

Mir kam es damals so vor als wären Gott und Pahlke alte Kumpel. Ich glaubte, der Prediger wäre sowas wie ein Fänger besonders versprengter Seelen auf Erden. Deshalb war ohne die Anwesenheit vom Prediger kein festlicher Anlass mit den restlichen Honoratioren im Dorf denkbar. Pahlke war ihr Gewissen, ihr Zuhörer, ihr Gegner in Rededuellen, ihr Schatten in kleinen Männer Runden, ihr trinkfestes, konträres Spiegelbild und vor allem: Er schätzte sehr ihre freiwilligen Geldzuwendungen gegen die Not in der Welt. Für Pahlke war ihr Geld genauso anständig wie das einer Bank. Gut, vielleicht ist das kein gutes Beispiel, streichen wir also die unseriösen Banken.

Jedenfalls konnte man den Eindruck gewinnen, dass Pahlke niemanden aus diesen Kreisen nicht als Ehrenmann in seiner jeweiligen Selbstdarstellung ansah. Was immer das auch heißen mochte. Trotzdem kam es gelegentlich zu heftigen Rededuellen. Aber: >Das ist der Lauf der Welt, deshalb keine Feindschaft<, so die verbündeten Strategen. Schließlich wollte keiner unter seinem Niveau kritisiert werden – und das garantierte ein Kaliber wie unser Totengräber Pahlke. Die Person des Predigers sorgte eher für eine beruhigende, kritische Note, die irgendwie Sinn machte, belebend und nicht wirklich lästig war. Auch wenn heftig über die Interpretation der religiösen Dogmen und die Weltpolitik gestritten wurde.

Außerdem war es vom Image effektiver sich mit dem ausgemusterten Feldgeistlichen zu zeigen, als in die Kirchen zu trotten, wo jugendliche Schnösel, beider Konfessionen, leise und einschläfernd von der Kanzel lamentierten. Nein, der Prediger war außerhalb der Gotteshäuser bekannter und als Kriegsteilnehmer in anderer Achtung stehend. Deshalb erhoffte sich der Bürgermeister mit Pahlkes Popularität und Beistand bei den nächsten Kommunalwahlen wieder ein Ergebnis einzufahren, dass einen Urnengang in der Ostzone gleichkäme. Welcher Westdeutsche Politiker kann das schon von sich behaupten! Den Freistaat Bayern lassen wir mal davon ausgenommen.

Anders sah es mit den Bewertungen des Lebenswandels einiger Dorf Strategen bei den gesitteten Mitbürgerinnen aus. Besonders die Frauen vom Bund der Landfrauen und dem christlichen Frauenverein blieben nicht stumm, sondern folgten der Anweisung: Ermahnet die, die unordentlich leben (Buch der Bücher). Sie missbilligten eine gottlose Lebensweise und das flache Gerede mancher Dorfhonoratioren aus tiefster Überzeugung. Zum Beispiel, rügte Gentos Mutter ihren Mann anderen Menschen nicht ins Gewissen zu reden, wo bei ihm doch keines vorhanden sei. >Ich lebe ja nur noch mit deinem Vater zusammen, weil eine Ehe heilig ist und nicht geschieden werden darf, < erklärte sie ihrem Sohn. > Mangels Alternative zum jetzigen Lebensstandard<, meinte hingegen ihr verständnisloser Ehemann.

Tja, der Pahlke kritisierte vieles, aber er verurteilte nicht mit letzter Konsequenz und zornigem Blick. Verständnis für delikateste Belange lebenserfahrener Lebemänner war ihm nicht fremd, aber er musste das halt kommentieren. Weil der Feldgeistliche selbst im Kriege mancher Versuchung nahegekommen war und nur mit äußerster Selbstdisziplin und Unterdrückung gewisser Triebe sich des Teufels Versuchungen entsagen konnte. Vor allem dieser Oberst brachte unseren Gotteskrieger in manche heikle Gewissenslage und genoss das scheinbar sogar.

Erst vor kurzem bekam ich wieder eine Kostprobe seiner Wirkung auf sein Umfeld zu Gesicht. Wie so oft bei einem Richtfest, ließen sich der Bauunternehmer und der Bürgermeister (in Personalunion) es sich nicht nehmen ein paar passende Worte an die versammelten Festbesucher zu richten. Er kletterte hoch auf die Ladefläche eines LKWs und richtete das Wort an die versammelten Bürger. Im Prinzip sagte er immer dasselbe, aber das war an anderen Orten auf der Welt auch der Fall und machte gar nichts. Trotzdem war seine Ansprache immer wieder ein strategisch notwendiger Teil der Richtfest-Show. Auch zeigte er sich überaus spendabel und ließ extra Schnaps und Fressalien anliefern. Alles auf Rechnung der Baufirma, was den jeweiligen Bauherren nicht ungelegen kam und auch deshalb dem Langzeitbürgermeister zusätzliche Wählerstimmen einbrachte.

Als der talentierte Redner das Wort ergriff flog eine Sternschnuppe über das Gesicht seiner Begleiterin, welche sichtbar im Alter einer möglichen Tochter des Redners glänzte. Doch wahrscheinlich begegnete diese Schönheit dem potenten Mann mit anderen Gefühlen, als die einer leiblichen Tochter. Ich meine, ich kannte das ja schon von Alfredo, Röder, Kater Carlo und eben auch über die Jahre von Gentos Vater. Ich meine, die Magie, welche ein älterer Mann auf ein junges Mädchen aussenden kann! Ich denke, wenn das “Angebotspaket“ stimmt, dann läuft es auch mit dem Mädel. Jedenfalls für eine gewisse Zeit. Aber hat nicht alles nur eine gewisse Zeit Bestand?

Bildung, Redegewandtheit, Lebenserfahrung, Ausstrahlung und was man damit alles anstellen kann – wenn galant und reichlich finanzielle Mittel einsetzbar sind. Egal, welches Einkommen das heutige Mädchen per Arbeitsvertrag in der Baufirma verdienen mochte: Sie sah nicht billig aus!

Doch das sollte nicht etwa versteckte Kritik meinerseits bedeuten! Ich wäre auch gerne in dem Status das Fräulein erfolgreich für mich zu interessieren. Doch zweifelsohne spielte sie im Kielwasser von Strategen wie “Hans Dampf“ (So der Spitzname für den Bauunternehmer und Bürgermeister. Hans stand für seinen Vornamen und Dampf für die große Menge heißer Luft, die er als Bürgermeister und Bauunternehmer im Dorf verströmte) in einer anderen Liga.

Jedenfalls sah sie gebannt in seine Richtung und klatschte fleißig an den passenden Stellen mit. Im Gegensatz zum Prediger Pahlke, der sich nur noch selten über die Texte vom Mädchenfänger wundern konnte. Diese Gazelle musste ganz frisch in die Fänge vom Baulöwen gesprungen sein, denn scheinbar war ihr sein Rede-Ritual auf einer Baustelle noch unbekannt. Ihre “Halbwertzeit“ hatte erst begonnen, denn auch mir war die Hübsche unbekannt. Musste da mal meinen Freund Gento befragen.

Als Gentos Vater mit dem Schwall großer Worte endete, ging er (nachdem er einige begeisterte Wahlvolk Hände geschüttelt hatte), auf direktem Weg zu seiner erwartenden Mitarbeiterin, welche er bereits an der Seite vom Prediger platziert fand. Er kannte das Spiel schon und wusste mit welchen bissigen Bemerkungen der alte Kostverächter ihn wieder sein Privatleben verleiden mochte. Aber das würde ihm die süße Begleiterin noch wertvoller erscheinen lassen und er konnte locker mit den Pahlke Sprüchen leben. Wie zum Beispiel bei der Sichtung junger Gesprächspartnerinnen auf dem Sommerfest der Leistungssportlerinnen im Unterweserraum.

Dort flüsterte ihm der Pahlke ins Ohr: > Der Löwe lauert der Beute auf, wie die Sünde denen, die Unrecht tun. Ja, der Weg der Sünde ist frei von Steinen, aber sein Ende ist eine tiefe Grube! (Buch der Bücher) < Darauf entgegnet der Bürgermeister dem nur leicht angetrunkenem Maschinengewehr Gottes ganz locker:

>Mein Bester, wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in eine Grube fallen. (Buch der Bücher) Lebensqualität hängt auch an der Schönheit von Frauen. Man sollte ihren Glanz genießen, denn bald geht dieser den Weg allen irdischen und ist weg. Man kann ihn auch nicht genießen, dann ist er ebenso bald weg. <

Darauf entgegnete der niemals arbeitslose Prediger: >Na, aber das sollte für Sie ja kein Problem sein, wie ich sehen arbeiten Sie ja an einen Fundus, aus dem ständig erneuert werden kann. Ich meine, wenn sich erste Falten zeigen oder das Mädchen Sie nicht mehr vergöttert! <

Ich könnte das Geschwätz der beiden noch lange weiter wiedergeben, aber dieses Kapitel trägt immer noch ein heißes Problem mit sich: Ich hatte unwiderruflich ein göttliches Gebot verletzt, wider besseres Wissen! Und dabei fühlte ich mich wie im siebenten Himmel (ich meine den Siebenten, meint man dann ja immer). Der Hammer! Der Wahnsinn! Die Hölle!

Dabei war meine träumerische Einbildung so echt gewesen, wofür auch der Zustand meines Bettlakens und Geschlechtsteiles sprachen. Das Laken war zerwühlt, stellenweise noch feucht und mein restlicher Riemen so hart wie Softeis.

Jedenfalls war ich von meinem anerzogenen Gewissen stark vorgewarnt und es half wenig, wenn mein Vater schon lange die Bibelweisheit vertrat, die da hieß: Versage dir die Freude des Augenblicks nicht! Und die Augenblicke mit Biggi waren mir wahrhaftig eine Freude gewesen, keine Frage.

Ich meine, es hätte auch die "Wildkatze" Karin Baal sein dürfen, die gefiel mir gut in einigen Teenager Filmen. Und wenn sich noch herausstellte das die Karin nicht verheiratet ist, ja dann hätte ich keine Zweifel mehr. Aber, wenn die Karin auch gerade einen Ehering spazieren trägt, käme noch die "Wespentaille" Elke Sommer in Frage. Doch, wenn die Blondinen gerade vergriffen sind, könnte ich mir eine Nachtschicht mit der Uschi Obermaier vorstellen. Bin ja nicht pedantisch, aber was sollte ich jetzt nur tun?

Beichte ablegen, wie es bei den Katholischen funktionieren soll, kam für mich nicht in Frage. An dieses Geschäft glaubte ich nicht, dass wäre einfach zu einfach. Gut, da gäbe es die alte Methode der Selbstbestrafung durch die Peitsche. Etwas aus der Mode gekommen, aber das bedeutet ja nichts. Nur weil es schmerzhaft ist muss es nicht weniger wirken, eher das Gegenteil kann der Fall sein. Aber, wenn meine Freunde die Striemen sehen muss ich eine Begründung abliefern. Sowieso glaubten sie den Quatsch mit der Sünden Bestrafung nicht. Wenn dann noch mein Vater, der ja mein Führungsoffizier war, die Striemen zufällig sieht, dreht er sicher durch und will wieder alle "heidnischen Pfaffen" auf dem Scheiterhaufen sehen.

Außerdem habe ich keine "Sonderbehandlung-Peitsche für extrem Gläubige", zur Hand. Wüsste auch nicht woher besorgen.

Natürlich, in meinem knackigen Alter, vorausgesetzt ich wäre weiblich gewesen, – ja, dann wüsste ich schon wie eine Teufelsaustreibung ausgesehen hätte, wenn ich bei der richtigen Person vorstellig geworden wäre. Aber diese Karte konnte ich nicht ausspielen, leider.

Auch Prediger Pahlke werde ich nicht befragen und von meinem nächtlichen Ausritt berichten. Mir reichte schon das Schulpädagogen-Gespann, Eisen Erich und Stuka Riester, als Repräsentanten von Anstand und Moral. Außerdem kannte ich bereits Pahlkes Kommentar zu meiner misslichen Lage: >Brüder seid nüchtern und wachsam! Denn euer Verführer, der Teufel, geht umher wie ein Löwe und sucht seine Opfer besonders gerne in Lotterbetten. (Buch der Bücher) Ja, das Leben ist schon grausam, will nur Gier, Glück und Geld. Die höchsten Werte werden vergessen, ja abgeschafft und nun ist es auch dir passiert, mein Sohn<.

Genau das hat er nämlich auch zu “Hans Dampf“ gesagt, als der verheiratete Bauunternehmer dieses junge Ding, welches er seine eigenhändig selektierte Sekretärin nannte, zum Richtfest mitbrachte. Er nahm sein Glas, prostete dem Begleiter einer sexy Erscheinung zu und sagte: >Das Tun allen Fleisches ist Gott gegenwärtig und nichts ist vor seinen Augen verborgen. (Buch der Bücher) Halleluja, mein Sohn<.

Worauf der Bauunternehmer antwortete: >Halleluja, mein Dichter! Ja, ich hörte davon, überall sind die Augen des Herrn und überwachen Böse und Gut. (Buch der Bücher) Darum sieht er ja auch wie gut ich mit den Mädels bin. Deshalb lässt er es gerne zu, dass sie mir über den Weg gelaufen kommen. Sozusagen, damit ich Gelegenheit bekomme noch mehr Gutes zu verrichten, wie es mir als Bürgermeister und Unternehmer täglich vergönnt ist. Also ehrlich, alter Lebenskünstler: Müssen solche schönen Ereignisse, wie mit diesem Mädchen, konsequent mit negativer Auslegung von der weltlichen Kirche behaftet sein? Nach Regeln, die wir sowieso nicht einhalten können, mein lieber Freund der weltlichen Dichtung! Weil die vorbiblischen Dichter wohl der Meinung waren: Im Erfundenem lässt sich die Wahrheit viel besser mitteilen! Spannender und gewaltiger sind die Geschichten dann allemal, sieht man ja schon im Kino.

Lassen sie es mich so darstellen: Uralte Phantastereien, ich erinnere nur an den glaubhaften Einsatz der Arche Noah zur Rettung der Evolution, sind dem linientreuen Gläubigen wichtiger als beweisbare Erkenntnisse der Wissenschaft!

Da leiste ich mir gelegentlich, wenn die Sterne günstig stehen, eine kleine Erfrischung in meinem von Arbeit und Verantwortung geprägten Alltag. Der Chef-Zauberer im Himmel wird das verstehen, schließlich hat er meine Ehefrau bereits zu Lebzeiten überlassen bekommen. Ich denke, wir sind momentan quitt miteinander.

Und mal unter uns reiferen Jahrgängen: Wenn es nach ihnen ginge, würden sie doch auch die Kirche im Dorf lassen. Ich meine, wem schadet es, wenn ich so ein Stück glücklicher bin und auch davon abgeben kann. Manchmal ist die Glückliche eben blond. Meine Frau ist bereits eine Dauerleihgabe an die Kirche, das wissen sie, ihr Chef und ich ganz genau. Täglich verwirklicht sie sich in den heiligen Hallen der Kirchengemeinde. Die übrigens meine Firma gleich nach dem großen Quatsch errichtet hat. Eine Qualitätsarbeit, wo ich fast draufzahlte, weil die Kirche so arm war. Ich bin halt ein christlicher Gemütsmensch, mit großem Herzen. Kein Steinewerfer, wie Jesus übrigens auch nicht! <

>Mir reicht schon der Anblick ihrer weiblichen Begleitung um ihr Herz schlagen zu hören. Aber, vielleicht ist es nur der berauschende Schwindel des Verbotenen<, entgegnete Prediger Pahlke und schenkte Cognac nach. >Berauschend allemal, weil ich es mir nicht verbiete und die berauschenden Details sieht doch jeder. Womit ich nicht sagen will, dass es keine direkte Verbindung zwischen einem harten Ständer und einer weichen Birne gibt. Aber ich genieße diesen Wechsel sehr, denn oft ist es umgekehrt in meinem restlichen Alltag. Gib es wenigstens zu, wenn du sie anschaust geht die Phantasie mit dir durch. Was ich für normal halte, beim Anblick so einer knackigen, fleischlichen Versuchung. So ein junges Ding will doch auch ihre Erfahrungen machen, bevor sie eine christliche Ehe eingeht, oder auch nicht. Das soll doch etwas Besonderes sein und ein Leben lang gelingen. Das muss man doch berücksichtigen!

Da hat man als Praxisanleiter und Ausbilder eine große Verantwortung. Ich habe sicherlich beides, Erfahrung und Verantwortung. Da kann man mich doch nicht aus dem Spiel nehmen wollen. Das wäre geradezu unmenschlich und als Christdemokrat bin ich für die ständige Verbesserung der menschlichen Bedürfniserfüllung auf Erden. Da kann ich nicht selber mit Inkonsequenz voran gehen. Sozusagen nach rechts wollen und nach links abbiegen. Tugendhaftigkeit bringt das Mädchen doch nirgendwo hin, da bin ich ganz ehrlich. Keuschheit und Frömmigkeit verweigern ihr nur die Dankbarkeit an die göttliche Schöpfung, mein Bester. Außerdem kommt die Süße aus einem weltoffenen Stall und weiß genau was sie will. Tja, wenn man dann zusätzlich Eva heißt und so aussieht – ja, dann Gnade dir Gott! Da kriegst du die alten Knochen in die Wolken geschossen, stimmt´s alter Kostverächter? < So lautete die Antwort des weltgewandten Bauunternehmers und erfahrenen Genussmenschen.

Was ich sah und hörte waren zwei alte Bekannte beim Meinungsaustausch, nicht mehr und nicht weniger. Aber das half mir jetzt nicht wirklich weiter. Ich konnte mit dem Chefdenker im Himmel keine Geschäfte machen, so wie es Hans Dampf möglicherweise gelingen wird. Dieser Zirkusnummer traute ich nicht über den Weg. Bei dem Image, dass dieser Liebhaber von schnittigen Mercedes S Klasse und verführbaren Sekretärinnen Modellen sich in unseren Breiten erworben hatte, schloss ich eine Wiederholung im Himmel nicht hundertprozentig aus. Vielleicht ist Gott auch nur ein Mensch, aber mächtiger! Ein Zirkusdirektor, wenn man es so sehen will.

Ich bewunderte schon lange das Redetalent von Gentos Vater. Als Bauunternehmer, als Bürgermeister und als Privatmann, die Dinge "richtig" zu stellen. So möchte ich auch später reden können, so spendabel und beliebt sein können, um damit so erfolgreich durchkommen zu können. Zumindest hier auf Erden, wo sich die Knechte Gottes mit der Teufelsbrut andauernd in die Quere kommen. Ich denke, selbst Totengräber Pahlke glaubte, dass der Kerl trotz lockerer Lebensweise damit durch die Himmelspforte kommen würde. Also, wenn Gott Humor besitzt und kein Pedant ist, ja dann vielleicht wirklich.

Ich war geschockt, wie einfach der verdorbene Hauch des Teufels Angebot mich erwischen konnte und wie clever der Bursche es anstellt. Jedenfalls war mir klar geworden: Nicht gerade einfach sich den Weg ins Paradies zu verdienen und wer das behauptet hat nicht gelebt!

Als erste Maßnahme werde ich das große B.B. Filmplakat von der Wand in meinem Zimmer abnehmen. Es heißt nicht umsonst: Wir begehren was wir sehen! Wenn Karin B. noch ledig ist kommt die dran, entschied ich spontan. Dann schloss ich die Augen für einen hoffentlich traumlosen Schlaf. Denn was waren die letzten Stunden gewesen? Ein erfüllter Wunschtraum der zum Alptraum wurde.

Doch dann träumte ich davon wie Biggi und ich vom Baum der Erkenntnis essen würden, woraufhin ich auch das zweite Ich geschenkt bekam. So landete meine Nr.2 in den Träumen und Zimmern der schärfsten Mädchen meiner Schule und versuchte sich hilfreich zu verhalten. Aber ganz ehrlich: Eher kann man alle Champagnerkorken auf der Titanic finden, als alle Mädchen die von einem Liebhaber träumen.

Es leuchtete bereits der Mittag durchs Fenster und ich erwachte besonders erfrischt. Meine mit Sonne und Wasser befreundete Nymphe war wirklich ausgeflogen. Zumindest körperlich war sie nicht mehr anwesend. Aber jetzt war auch ich mit ihr befreundet. Wahrscheinlich drehte sie gerade irgendwo auf der Welt einen tollen Film und durfte nicht zu spät am Set erscheinen.

Die Umgebung meines Bettes glich einem Schlachtfeld, doch ihre französischen Zigaretten waren nun aus dem trotzdem vollen Aschenbecher verschwunden. Aber ihr Parfüm hing noch schwer in allem was ich fühlte. Nur nichts von ihr blieb haften, außer erfüllte Erinnerungen einer phantastischen Nacht. Ein zauberhafter Schwindel und trotzdem heiß wie der Strahl eines erotischen Blitzeinschlages.

Ich wusste, dass meine Freunde diesen nächtlichen Höhenflug nicht wirklich nachvollziehen werden und ließ meine hilfsbereite Freundin unerwähnt. Dann muss ich nichts erklären, nichts teilen und mich nicht überbieten lassen. Nur das Warten auf Biggi, oder lieber die hoffentlich ledige Karin Baal, das konnte ich nicht abstellen! Ja die Welt kann seltsam und wunderbar sein, wenn auch manchmal außerhalb von Regeln der alten Steintafeln vom Berg Sinai.

Außerdem: Was sollen mir die Worte “deines nächsten“, in den von Moses abgeholten göttlichen Direktiven, bedeuten? Ich meine, die Kerle, mit denen meine begehrenswerte Französin ins Bett zu gehen pflegte, stehen mir alle nicht nahe, sind mir nicht die nächsten. Ob mich das freispricht? Ob in dem Gebot nur die Frauen deiner Verwandten, deiner Freunde, eventuell noch deines Chefs gemeint waren? Das würde ich ja verstehen, denn solche Seitensprünge, bei günstiger Gelegenheit, können zu mancher Irritation führen, wenn sie dem Falschen zu Ohren kommen. Aber nein, das ist wohl nur eine dürftige Spekulation meinerseits auf Strafmilderung am jüngsten Tage.

Doch, doch, es ist schon unmissverständlich in die Steintafeln geritzt worden: Du sollst nur mit ein und derselben Sex haben und wohl nur zum Zwecke der Arterhaltung unserer menschlichen Rasse. Welche letztendlich und bei Licht betrachtet auch nicht sich selbst gehört, sondern einem Allmächtigen, auch Gott genannt.

Ein Gott den wir fürchten sollen,

ein Gott den wir lieben sollen,

ein Gott den wir loben sollen,

ein Gott den wir anbeten sollen!

>Solche Ansprüche kenne ich eigentlich sonst nur von weltlichen Potentaten, Diktatoren und anderen Plagen. Hol ihn der Teufel! < Meint jedenfalls Käpt´n Reinhold, unser Nachbar.

>Diskutieren lässt sich das auch nicht, wenn ich den Aussagen von seinen irdischen Stellvertretern vertrauen kann. Sehr schade, dass Gottes Vorstellung eine mögliche Vielfalt von sexueller Entfaltung ausschließt, zugunsten einer monotonen Einfältigkeit, die oft über Jahrzehnte vor sich hindämmert. Für manches eingefangene Männchen, durch die Hölle der Ehe bereits prüde geworden, wird seine Existenz dadurch noch höllischer, wenn er kein Freigeist wird. <

Das behauptete mir gegenüber der Toni, unser Bierkistenkönig. Und das sehr glaubhaft, denn er war auch deshalb aus Oberbayern an die Nordsee geflüchtet. Er wollte nicht dem Beispiel seines Vaters erliegen und setzte sich, mit Auto, Geld und Papieren bewaffnet, in den protestantische Norden ab. Er stand kurz vor der Hochzeit mit einer ausgesuchten Braut, welche nach guter alter Sitte aus einer erzkatholischen Familie kam. Da er Maurer von Beruf war, wusste er, dass eine Arbeit zu finden kein Problem darstellen wird. Darum reizte es ihn die Job Angebote genauer durchzuprüfen.

Er frage auf einigen Baustellen in der Umgebung die Handwerker, welcher Bauunternehmer in Verruf stand es mit den Geboten für Sitte und Moral nicht so eng zu sehen. Dabei wurde ihm immer wieder der Name unseres Bürgermeisters genannt, obwohl dieser doch einer christlichen Partei angehörte. Aber dass das kein Widerspruch in sich war wusste der Toni schon aus bayrischer Theorie und Praxis. Zusätzlich wäre dieser Arbeitgeber bekannt durch seine wechselnden (beruflichen) Begleiterinnen und beliebt wegen seiner Großzügigkeit. Das gab Toni den Rest an Entscheidungssicherheit diesen “Hans Dampf“ aufzusuchen.

Dem Toni hatte in letzter Zeit sowieso einiges an Filmen, Büchern und Schallplatten arg zugesetzt. Da war dieses süße, wilde Mädchen, dass sich auch Toni nannte, genau wie er. Toni und Toni, das war schon mal ein Anfang. Doch seine Braut hieß Maria, genau wie die – na, wir ahnen es bereits. Das halbe weibliche Dorf hieß natürlich Maria und warum auch nicht. Diese Toni hieß eigentlich Lilo, also Liselotte. Genau wie die Pulver und sie glich ihr auch in Lebhaftigkeit und Temperament.

Er traf sie in einem Künstlerlokal in der großen Stadt, wo er auf Montage beschäftigt war. In diesen verrauchten Jazzschuppen war er zufällig gestolpert und trotz fortgeschrittener Stunde steppte dort noch der Bär, wie man so sagt. Eine unbekannte Szene tat sich auf, die Stimmung war famos und es waren ein paar dürftig gekleidete Frauen anwesend. Schnell fand der Junge vom Dorfteich Kontakt in der zwanglosen Musikkneipe und das die Toni wohl Geschmack an ihm gefunden hatte, bemerkte er bald.

Rasend schnell fing er Feuer für sie und der bereits angefangene Abend wurde mit Rauchen, trinken und tanzen verbracht. Viel geredet wurde weniger, es war einfach zu laut und auch nicht sonderlich nötig.

Sie sahen sich dann öfter und einmal ist er zum Wochenende nicht zurück ins Dorf gekommen. Er entschuldige sich telefonisch, wegen einer bösen Magenverstimmung, die ihn ans Bett fesselte. Und das war gar nicht viel gelogen, denn er kam dieses Wochenende wirklich kaum aus dem Bett. Für die perfekte Stimmung im arbeitsfreien Wochenende sorgte die Toni in ihrer sturmfreien Studentenbude, mit fast allem was sich zwischen jungem Mann und junger Frau ausprobieren lässt. So körperliche Sachen halt, die er nach der Hochzeit mit der Maria auch hätte tun dürfen. Na, wohl nicht die besten scharfen Entgleisungen, wie seine Maria sowas animalisches bewertete. Doch ihm gefielen diese Entgleisungen - und weil die Toni sich auch so gut darauf verstand!

Ja, die Toni war schon ein modernes Mädchen, mit einem Rezept für die Anti-Baby-Pille und eigenen Ansichten über freie Liebe, Politik und Rechte der Frauen. Er war sich nicht sicher, ob sie in seinem Dorf verhaftet und an den Pranger gestellt worden wäre, derartig provokant redete sie über die noch vorhandene mittelalterliche Lebensführung in seiner dörflichen Idylle. Sie sprach auch davon, wie wichtig es wäre sich dort baldigst abzuseilen und in die Zivilisation zu flüchten. Damit er noch was vom Leben abbekomme und nicht als fügsam fromme Figur verende.

So ging es eine Weile weiter, ohne dass Maria Verdacht schöpfte, denn so eng war man im aktuellen Verlobungsstand wahrlich nicht. Eher auf dem Niveau eines Uschi Glas/Roy Black Heimatschnulzenfilmes jener Tage. Erstmal zünftig heiraten und sich dann richtig kennenlernen. Da wird so manche Ehe zum größten Überraschungspaket eines Lebens, keine Frage. Denn Sitte und Moral waren noch gelebte Werte, auch hinter den stärksten Mauern, die zu ungehörigen Versuchungen einladen könnten.

Jedenfalls war der Toni von seiner Toni hin und hergerissen, er mochte ihr schlaues Gerede und die scharfen Bettkünste nicht mehr missen. Ja, er hatte schon Angst vor seinem bereits eingetragenen Urlaub und dem Ende der Montagzeit in Tonis weltoffenen Stadt. Und da waren auch die Gedanken über das Leben im Dorf, über seine Eltern, die nicht den glücklichsten Eindruck auf ihn machten, obwohl sie sich von Kindheit auf kannten, versprochen waren und ewig miteinander verheiratet sind. Er hatte sowieso nicht den Eindruck das seine Eltern vom Charakter, Wesen und Zuneigung zueinander passten, jedenfalls jetzt nicht mehr. Aber was Gott zusammen fügt soll der Mensch nicht trennen, heißt es ja sicher nicht ohne Grund. Doch sein Leben lag noch vor ihm und keinesfalls wollte er dem Schicksal seiner Eltern folgen, obwohl er immer mehr den Eindruck bekam das die Weichen deutlich in diese Richtung gestellt waren. Mit Beteiligung der Eltern und Schwiegereltern, keine Frage. Er war durch die arrangierte Verlobung bereits an einem Punkt angekommen an dem es eigentlich kein Zurück mehr gab, soviel war klar. Also, wenn er nicht in Schimpf und Schande sein Leben fristen wollte. Er sah das heimatliche Spießrutenlaufen bildlich vor sich und ihm wurde schlecht dabei.

Mit schwersten Gewissensnötigen behaftet quälte er sich oft in den Schlaf, egal wie hart die Baustelle und eine Toni ihn rangenommen hatten. Denn er stand gleich in mehrfacher Hinsicht im Wort: Bei seiner Braut mit dem Eheversprechen und (was die zukünftige Übernahme der Hofarbeit anging) bei seinen Eltern und Schwiegereltern gleich doppelt. >Das Leben besteht nun mal aus einer Reihe verpasster Gelegenheiten<, hatte ihm sein Vater schon vorausgesagt.

Doch dann kam die Veränderung seines hervorragend exzessiven Liebeslebens auf ungeahnte Weise. Gerade wo er überlegte sein altes, langweiliges Leben aufzugeben und mit der feschen Toni in ein neues, schärferes Leben aufzubrechen, da wurde er genau von dieser Toni plötzlich ausgebremst und fallen gelassen.

Sie holte ihn von der Baustelle ab und teilte ihm Knall auf Fall mit, dass sie eine seltene Chance bekäme in eine andere Lebensphase zu wechseln. Mit einem reifen, älteren Mann, der aber leider, obwohl er als intellektueller Freidenker galt, altmodische Ansichten hinsichtlich Sex mit verschiedenen Partnern hätte. Deshalb könne sie ihm nicht anbieten, weiterhin miteinander ins Bett zu steigen und das vermisse sie bereits jetzt. Aber dieser Mann sei ein anerkannter, wohlhabender Künstler und bewege sich in derselben Kunstszene wie sie. Intellektuell passe das wahrscheinlich gut zusammen und da war dieses große Haus mit Galerie, in dem die Rollen der Hausdame, Muse und Geliebte kurzfristig neu zu besetzen sind. Das alles bedeutet für sie die große Chance im professionellen Kulturbetrieb voran zu kommen. Sie hoffe auf sein Verständnis und nichts sei schließlich für immer. Es ist zwar toll mit ihm im Bett, aber nur phantastischer Sex reiche eben nicht aus. Sie sind nun mal aus verschiedenen Welten aufeinandergetroffen und sie wünsche ihm einen baldigen Ersatz, um schnell drüber weg zu kommen.

Vielleicht war es dieser Abschiedsblick den er jetzt trug, oder sie wurde schlagartig megageil, jedenfalls brach es spontan aus ihr heraus und sie bat ihm um ein letztes Mal Sex miteinander, der alten Zeiten wegen. Erst wollte er stolzer Weise ihrem Vorschlag ignorieren und er fühlte sich auch von einer Traurigkeit befangen, aber dann spürte er ihre fleißigen Finger bereits an seiner Hose und als Reaktion fasste seine starke Hand blitzartig unter ihrem Flittchen Rock, hob dabei das leichte Mädchen im Schritt hoch. Sie stöhnte auf, umfasste seinen festen Hals und da war ihr seidiges Unterhöschen bereits nicht mehr trocken. Sie waren nun mal ein spitzenmäßig eingespieltes Vögel-Pärchen, keine Frage.

Ohne große Überlegung trug er sie in die vom Feierabend geleerte Hausbaustelle und platzierte sie mit dem Gesicht vor einer frisch gemauerten Innenwand. Für sie roch es herrlich nach Arbeit und Männern, was ihrer Geilheit noch mehr Auftrieb gab und ihr Ex-Freund erfreute sich am Anblick ihres knackigen Hintern, den er sofort frei legte und sein pralles Rohr ansatzlos in das heiße Flittchen versenkte. Beide stöhnten gleichzeitig auf und genossen spürbar sich und die Situation. Er nahm sie mächtig ran und ruinierte ihr bei dieser rohen Baustellen Nummer die komplette Wäsche, welche sie noch am Leib trug. Daraufhin fuhren sie in seinem Wagen in eine fremde Absteige und vögelten sich durch die anbrechende Nacht.

Erfrischt trennten die beiden Tonis sich am nächsten Morgen und man durfte gespannt sein ob diese Trennung hält. Wenn die Toni glaubt, diese Trennung ist es Wert um eine Karriere zu haben, wie auch immer sowas funktioniert, dann kann er ihr nicht im Wege stehen wollen. Was ist schon ein Maurergeselle vom Dorfteich gegen ein bekanntes, weltstätisches Künstlergenie und engagierten Förderer junger, weiblicher Talente und mit fünfzig hat der Knabe wahrscheinlich noch ein paar gute Jahre mit ihr im Bett. Außerdem soll man Reisende nicht aufhalten und er selbst spürte in sich den starken Drang eine Luftveränderung haben zu wollen.

Für Toni, den jungen Maurergesellen, waren die Würfel des Schicksals nun auch gefallen. Er entschied mit seinem Abschied aus dem schönen Bayernland über diese rattenscharfe Phase, mit der rattenscharfen Toni, den schweren Deckel des Vergessens zu legen. Er würde sein altes Leben nicht mehr aufnehmen, sondern sich weit weg von allem neu erfinden. Er machte sich auf in den Norden der Republik, sozusagen zu neuen Ufern. Dort wird zwar nicht bayrisch gesprochen, aber er wird sich schon durchschlagen.

Hans, der schlaue Bauunternehmer, brauchte sich den Toni nur 2 Sekunden ansehen, schon stand dieser unter Vertrag und hatte das erste Schnapsglas in der Hand. So einen jungen kräftigen Maurergesellen würde sich Hans Dampf von niemanden in der Branche wegschnappen lassen, soviel war klar.

Eine Woche hauste der Toni in einem Bauwagen und hatte schon über 50 Arbeitsstunden auf der Baustelle verbracht. Es war ihm gerade nicht so wichtig wo er schlief und das Angebot beim Chef zu wohnen wollten er nicht annehmen. Doch schon in der zweiten Woche hatte sein Chef eine vorübergehende Bleibe für den hart arbeitenden Weißbiertrinker aufgetan. Es war ein kleines Apartment in einem der Mietshäuser, die von den engagierten Mädchen aus dem Rotlicht bewohnt wurden. Da gab es viel kommen und gehen und einiges zu sehen, wie sich denken lässt. Der Toni war wieder schnell in Zugriffsnähe weiblicher Reize gelandet.

Und bald darauf wurde er auch zum neuen Bierkistenkönig der Firma ernannt. Das kam so: Schon seit längerem schaffte es der Bauunternehmer seine Mannschaft die frostfreie Bausaison durcharbeiten zu lassen. Keine Betriebsferien in dieser Zeit, keine großen Urlaubsanträge, wenige Krankheitstage, viele Überstunden und ein trotzdem hochmotiviertes Team. Das hat natürlich seinen Preis. Also sehr gute Stundenlöhne, sehr gute Überstundenlöhne, Schwarzgeldzuwendungen und Freibier auf der Baustelle. (man muss wissen, dass damals auf Baustellen noch Bier wie Wasser getrunken wurde) Zusätzlich veranstaltete der Chef auch kleine Firmenfeiern, wo es immer was zu gewinnen gab. Und gleich bei seinem ersten Auftritt schaffte der Toni es zum Bierkistenkönig des Monats. Er konnte die größte Menge leerer Bierkisten, auf beiden Armen tragend, über 5 Meter balancieren. Und als Gento später den Toni für seine Erotikfilm Sparte entdeckte und als Akteur einsetzte, war Toni endgültig im Norden angekommen. Aber zu diesen Geschichten kommen wir erst später.

Bei aller zu erwartender Einsicht hat der dumme Junge (der ich zweifellos war) den ganzen nächsten Abend damit verbracht aus dem Fenster in den Himmel zu schauen. Das Bett war neu gemacht und auf dem Plattenteller drehte sich als Dauerbrenner “In Dreams“, von Roy Orbison. Außerdem rauchte ich viel und wie ich dann die kommende Nacht verbrachte, weiß nur Gott allein.

Ich schaffte es nicht sie mir wieder herbei zu phantasieren. Etwas musste blockieren – leider, leider, leider! Wie sagte mein Musiklehrer so treffend: Es gab Caruso und es gibt Straßensänger! Die Biggi war zweifelsohne in ihrem Fachgebiet selten wie Caruso, keine Frage.

Also entschied ich spontan den Herrgott weiterhin einen guten Mann sein zu lassen, aber mehr den Offenbarungen meines Vaters zu glauben, als den Drohgebärden aus dem Buch der Bücher, inklusive dem Gerede des Predigers und Totengräber. Obwohl ich seine Auftritte nicht missen wollte, inklusive seiner Wortgefechte mit den anderen Strategen der patriotischen Front. Ich predigte mir ins Gewissen: Lebe so wie es dir gefällt und störe die anderen dabei nicht wirklich, d.h., auch die Kirchenläufer nicht! (Viele werden mich wohl trotzdem ins Fegefeuer wünschen.) Das sei das einzig gültige Gesetz für mich auf Erden. Ich bin nun mal kein Kandidat fürs Himmelreich, nach Leseart der Heiligen Schriften.

Vaters felsenfeste Meinung über die Heilige Schrift ging ungefähr so: >Mein Junge, das meiste was sich zwischen den Buchdeckeln der Bibel befindet ist nur das fantastische Geschwafel begabter Scharlatane, über Jahrhunderte hinweg. Da wurden örtliche Ereignisse und Begebenheiten zum Anlass genommen, um diese Phänomene für sich zu erfinden und zu nutzen.

So etwas endet dann bei Position eines Papstes und Millionen anderen “Gottesmännern“, die dadurch Status und Auskommen erlangen. Die Menschheit ließ sich immer schon gerne von Dogmen hypnotisieren, ja suggestiv in Geiselhaft nehmen. Das hat immer und zu allen Zeiten funktioniert. Ist aber purer Blödsinn und weit unter dem Niveau was man tatsächlich Göttlich nennen dürfte. Eine Schmierenkomödie über imaginäre Wunder, Erscheinungen und außerirdische Taten.

Ja und auch heute gelingt es namentlich bekannte Personen durch ihre Einbildungskraft mit Gott Kontakt zu halten. Seine Anweisungen und Signale geben sie in ihren Offenbarungen kund, wie es schon über die Zeiten hinweg andere “Kompetenzen“ für ihre Zwecke angepasst haben. < Abschließend fügte mein Vater noch hinzu: >Junge, der Pahlke ist einer dieser talentierten Trinker und Schwafler, die können 85 Jahre alt werden! Ich kenne diese Sorte. <

Der Käpt´n drückte sich beim Thema Glauben ähnlich welterfahren aus, denn schließlich habe er die Fähigkeit zum Denken von Gott bekommen und nicht vom Teufel.

Der Käpt´n nennt die Bibel nur respektvoll“ The greatest Show on Earth“ und würde seine Treffen mit Klabautermann, Neptun und dem fliegenden Holländer gerne darin verewigt sehen. Ich finde aber die Bibel ist schon dick genug. Denke auch, dass die Erlebnisse vom Käpt´n mit nicht genug Angst und Schrecken drohen und außerdem kann er nicht das Himmelreich, samt ewigem Leben, anbieten. Nein, das ist viel zu weltlich was der Seemann anbieten kann. Somit nicht tauglich für das Buch der Bücher und mein Vater sagt dazu: Dass die Bibel nur Geschichten braucht, mit denen man felsenfest die größten Illusionen vermarkten kann.

Ich will daran glauben, dass das Jüngste Gericht unter den blitzgescheiten Augen von Biggi stattgefunden hat. Ich alle Prüfungen bestanden habe und kein himmlisches Gericht in unbekannter Zukunft, an zweifelhaftem Ort und mit zweifelhafter Begründung, abgehalten wird.

Der Angstmachmaschine Religion wollte ich keinen Einfluss mehr auf mein Leben gestatten. Nein, zu den kirchentreuen Religioten wollte ich mich nicht mehr zählen. Keine Sakramente, keine Segnungen und keine Vererbung von Religionszugehörigkeit. Schließlich entschied ich mich dafür das alles eine Auslegungssache wäre, wie so oft im Leben. >Laster und Tugend hängen immer von den Umständen ab, < sagt schon unser Nachbar, der Kapitän. Der Käpt´n erklärte mir das so: >Junge, bedenk doch nur mal, wie so ein Jude lebt in der Welt von 613 Gesetzen seiner heiligen Schriften. Kannst du dir vorstellen was das für Arbeit macht und wieviel Entsagung es bedeutet? Aber Ok, in seinem Reli- Zauberland geht es schließlich um Himmel oder Hölle. Aber Zeit die auf Kirchenbänken verbracht ist, ist Zeit die nicht gelebt wurde, mein Junge. Als würden Blinde über Farben reden, so musst du dir das gepredigte Wort von den Kanzeln vorstellen. Die alten Mythen und Sagen können deshalb meinem Verstand nichts anhaben. Wenn ich dem ganzen “mach dies und lass das Getöse“ folge, komme ich mir vor wie im Winter, wo alles auf Stillstand gestellt ist. Zusätzlich wird sich in kalte Tempel verkrochen, um an den Teufel und sein Wirken erinnert zu werden. Der schmale Pfad der Tugend ist nur was für steinalte Menschen und für die, die der Heilige Geist abholen soll, merk dir das Junge. <

Der Käpt´n erzählte mir auch, er habe in der Karibik einen Voodoo Priester erlebt, der sei genauso überzeugend aufgetreten wie der Pahlke bei uns. Aber zusätzlich könne der Voodoo Meister mit Toten auf Friedhöfen tanzen und Schlangen beim Zaubern zusehen.

Wie der Teufel es so will, lief ich dem Prediger am nächsten Tag fast in die Arme. Ich sah ihn gerade noch mit einer übergroßen Bibel im Arm dem Hans Dampf auf dem Parkplatz vom Rathaus begegnen. Dieser stoppte, sah den Prediger und Beerdigungsunternehmer überrascht an und fragte sofort: >Donnerwetter, welch eine Leistung! Wenn man bedenkt, dass das Buch so gehaltsschwer ist das man es eigentlich gar nicht tragen kann! < Der Pahlke lächelte cool zurück und erwiderte: >Oh, wie weise ist wenigstens der Herr Bürgermeister heute unterwegs und ja, es ist so wie Gold schürfen und nachhause tragen. Ich denke, das könnte sogar der Herr Bauunternehmer beinahe verstehen! < Beide lachten zufrieden über den gegenseitigen Humor und der Bauunternehmer fragte den Beerdigungsunternehmer: >Sieht man sich am Samstag, zum Kohl- und Pinkelessen beim Herrn Oberst? < Und Pahlke antwortete mit erhobenem Arm und der Bibel in der Hand: >Worauf sie ihre teure Casanova Kutsche verwetten können, mein mit weltlicher Stimmabgabe gewählter Bürgermeister. <

Während er das sagte, streichelte er mit der freien Hand über den verchromten Mercedesstern einer Statuslimousine jener 60er Jahre. >Aber nein, das ist lediglich ein Nutzfahrzeug für meine weltlichen Bemühungen und Bedürfnisse. Dieses finanzielle Opfer verlangt mir der Beruf des Bauunternehmers ab. Der Wagen bürgt für Souveränität und Qualität. Das muss man doch berücksichtigen! <, entgegnete ein überrascht wirkender Gesprächspartner.

>Es soll ja leichtsinnige, junge Frauen geben, denen so eine Luxuskarosse die Sinne trübt und sie empfänglich macht für manche Art von bedenklichen Zauberkunststücken der Verführung. Wie ich sie kenne, legen sie Wert darauf ihre persönlichen Erfolge sehen und anfassen zu können<, mahnte der Geistliche zurück.

>Mein lieber Lieblingstheologe, bleiben wir menschlich und realistisch: So ein Sahnestück der Automobilbaukunst wird natürlich deutlich mehr favorisiert als ihr symbolträchtiger Leichenwagen es jemals sein kann. Aber deshalb kein Neid und Missgunst. Ich sag mal so: Alles zu seiner Zeit! Meine Zeit ist hier und jetzt, und ihre Zeit dann später in der Chefetage beim Fürsten des Lichts, während der Fürst der Finsternis allen Casanovas die Hölle heiß macht. Und vielleicht besuchen sie mich mal im Fegefeuer, der alten Zeiten wegen. Und vielleicht haben sie dabei ein Mädel im Arm und ich sage: Respekt, hübsches Ding! Kann doch sein und wäre ihnen zweifellos Recht, oder? <

Das reichte mir jetzt wieder und ich wollte nichts mehr von Himmel und Hölle hören. Also ließ ich die beiden palavernd zurück und ging meiner Wege.

Ständig ist der Teufel los (Buch 1)

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