Читать книгу BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil - Harm Peter Westermann - Страница 136
2. Geldschulden, § 275 und der Topos „Geld hat man zu haben“
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Ein in Klausuren und Lehrbüchern zum Schuldrecht gerne verwendeter Topos ist der Satz „Geld hat man zu haben“. Damit wird unter anderem zum Ausdruck gebracht, dass § 275 keine Anwendung auf die Geldschuld finden soll. Diese wohl hM[37] lässt sich allerdings nicht überzeugend begründen. Der Gesetzeswortlaut des § 275 spricht für die Anwendbarkeit der Norm auf Geldschulden. Gleiches gilt für die systematische Stellung der Norm im Allgemeinen Schuldrecht. Der Topos „Geld hat man zu haben“ ist keine Rechtsnorm des positiven Rechts, die einen Ausschluss einzelner Bestimmungen begründen könnte. Auch die historische Auslegung spricht für die Anwendbarkeit des § 275: Im Diskussionsentwurf zur Schuldrechtsreform 2002 (DiskE)[38] war eine explizite Ausnahme der Geldschuld vom Unmöglichkeitsrecht vorgesehen. Sie wurde allerdings nicht in den Gesetzestext aufgenommen. Das spricht dagegen, diese Ausnahme ohne gesetzliche Grundlage anzunehmen.[39] § 275 ist also auf Geldschulden grundsätzlich anwendbar. Allerdings ist der Tatbestand der Unmöglichkeit in der Regel aus faktischen Gründen nicht erfüllt: Objektive Unmöglichkeit[40] ist kaum vorstellbar, weil dazu überhaupt niemand mehr Geld haben müsste. Auch subjektive Unmöglichkeit wird sehr selten zu bejahen sein: Selbst wer krank, arm und ohne Erbschaftsaussicht ist, kann durch Schenkung oder Lottogewinn zu Geld gelangen.