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Vorwort

zur 1. Auflage

Als Harry Rowohlt mich vor ein paar Jahren am Ham­bur­ger Hauptbahnhof abholte, hatte er Frank Mc­Courts Buch »Die Asche meiner Mutter« unter dem Arm, frisch von ihm übersetzt. »Ein Vorabexemplar«, sagte er, »das Buch kommt nächste Woche in die Läden.« Zehn Stun­den später, in denen er mir die Kneipenszene seiner Heimatstadt anhand von praktischen Beispielen erläu­terte, hatte ich die Plastiktüte mit meiner Reiselektüre längst verloren, doch Harry Ro­wohlt hatte seinen McCourt noch immer unter dem Arm. Da wußte ich, daß es ein außergewöhnliches Buch sein mußte.

Was in den zehn Stunden dazwischen geschehen war, ist mir nur bruchstückhaft in Erinnerung. Angefangen hatte es in einem Hamburger Irish Pub, wo ein Länder­spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft über­tragen wurde. Bertis Buben verloren, was wir mit meh­reren Guinness begingen, bevor wir zügig zum Whiskey überwechselten. Schließlich war Harry Rowohlt gerade »Ambassador of Irish Whiskey« geworden, und solch ein Titel verpflichtet. Beim Lokalwechsel hatten wir in der S-Bahn den gleichen Gedanken: »Nächste Station. Egal, was sich uns in den Weg stellt.« Mit entleerter Blase ging es weiter. Zum Schluß landeten wir in »Nummer Sieben«, einer Hafenkneipe, und an unserem Tisch stand eine Babsi im engen, giftgrünen Kleid und wurde hinterrücks von ihrem Freund angegrabbelt. Babsi sagte mit tonloser Stimme: »Ich glaub’, ich krieg’ die Krise.«

Man muß aber nicht unbedingt mittrinken, es ist fast so schön, Harry Rowohlt beim Trinken zuzusehen. »Schausaufen mit Betonung«, so nennt er seine Lesun­gen, bei denen er aus übersetzten Werken liest oder seine eigenen Kolumnen vorträgt, die in der Rubrik »Pooh’s Corner« unregelmäßig in der Zeit erschienen. Sie hießen »Hippie Lehmann, die Sofa-Schnute«, oder »Ich bin das Ohr eines Mannes aus Connaught«, oder auch »Im Speisewagen mit Jutta Ditfurth«, und es standen Sätze drin wie: »Früher, wenn man sich keine Namen merken konnte, hieß das vergeßlich. Inzwischen heißt das Alzheimer. Und wieder muß man sich einen Namen merken.«

Wer zu Harry Rowohlts Lesungen geht, sollte sich für den Rest des Abends nichts vornehmen, unter fünf Stun­den kommt man nicht weg. »Ich kann euch nur bewun­dern«, rief er dem Publikum einmal zu. »Das könnte ich nie, so lange sitzen und zuhören.« Sagen Sie hinterher nicht, Sie seien nicht gewarnt worden.

Aber eigentlich ist Harry Rowohlt Übersetzer, und das kann er gut, er gewinnt jedes Jahr einen Preis, auch wenn er nicht angemessen dafür bezahlt wird. »Meine Herren. Meine Damen. Meine sehr verehrten Personen«, schrieb er. »Ich beantrage – und wenn Sie mor­gens noch nicht so fett mögen, schlage ich vor –, daß Sie es sich noch ein paarmal überlegen, bevor Sie Über­setzer werden. Zu dreifuffzich die Stunde.«

Vor einer Weile hat Harry Rowohlt sein hundertstes Buch übersetzt, »Killoyle« von Roger Boylan, einem Iren. Und um einen weiteren Iren, der aber nicht mehr lebt, hat er sich besonders verdient gemacht: Flann O’Brien, the drinking man’s Joyce. »Diese Art Journalismus, der das Medium der seriösen Tageszeitung mißbraucht, um hemmungslos hellsichtigen Schabernack zu treiben, hat es vorher und nachher nicht gegeben«, sagte Rowohlt über O’Brien. Die beiden hätten sich gut verstanden.

Schauspieler ist Harry Rowohlt auch, nämlich in der »Lindenstraße«, und weil er soviel erlebt hat und zahl­reiche wichtige Menschen kennt, kam der Verleger Klaus Bittermann auf die Idee zu diesem Buch: »Ihr sitzt doch ohnehin immer in der Kneipe und erzählt euch gegenseitig Geschichten. Laßt doch einfach mal ein Tonband mitlaufen.« Wir haben die Gespräche an sieben Tagen im Juli 2001 aufgenommen – allerdings nicht im Wirtshaus, sondern im Garten eines Cottages in Bally­vaughan an der irischen Westküste, und zwar bei zahl­reichen Kannen Tee. Jawohl: Tee.

Übrigens sind sowohl der Verleger, als auch Harry Rowohlt und ich Widder mit Aszendent Schütze. Was das bedeuten mag, weiß ich aber nicht. Und noch etwas: Fragen Sie Harry Rowohlt, ob er etwas mit dem Ro­wohlt­-Verlag zu tun hat. Für diese Frage, die ihm stän­dig gestellt wird, berechnet er fünf Euro und verdient sich ein nicht zu verachtendes Zubrot. Andererseits können Sie das Geld auch sparen: Diese und andere Fragen werden auf den nächsten Seiten beantwortet.

Ralf Sotscheck

Februar 2002

In Schlucken-zwei-Spechte

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