Читать книгу Ben und Lasse - Mit Räubern auf der Flucht - Harry Voß - Страница 6
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2. Dezember
Der Weihnachtsmann wuschelt mit seiner freien Hand über die Haare des Jungen. „Na, und du, Junge? Freust du dich auch?“
Der Junge zieht seinen Kopf zurück und schiebt die große Hand von sich weg. „Nein“, sagt er frech. „Den Weihnachtsmann gibt es nicht. Du bist nur verkleidet!“
„Nanu“, entfährt es dem überrascht.
Die Mutter zieht einen Schmollmund, sieht dabei aber nicht wirklich streng aus: „Nun sei mal nicht so frech, Luis-Anatol. Bedank dich lieber bei dem guten, alten Weihnachtsmann.“
„Nein“, kommt es von dem Jungen, der soeben mit Luis-Anatol angesprochen wurde, und er verschränkt trotzig seine Arme. Luis-Anatol? Na gut. Ich nehme mir vor, mich an diesen Namen zu erinnern, wenn ich das nächste Mal mit meinem eigenen Vornamen unzufrieden bin …
Der Weihnachtsmann greift mit einer Hand tief in den großen Sack und holt ein Stofftier heraus. Das hält er dem Jungen vors Gesicht: „Möchtest du das haben?“
„Nein!“
„Na, na, na. Wer nicht lieb ist, bekommt keine Geschenke vom Weihnachtsmann.“
„Du spielst das nur!“, beharrt Luis-Anatol.
„Nein, nein.“ Der Weihnachtsmann schüttelt mit großen Bewegungen den Kopf. „Für dich sieht es aus wie ein Spiel. Tief im Herzen bin und bleibe ich der Weihnachtsmann.“
Darauf sagt der Junge nichts mehr. Der Weihnachtsmann nutzt die Gelegenheit, dass der Junge stumm da steht, steckt das Stofftier zurück in den Sack und kommt auf Lasse und mich zu: „Na, ihr beiden? Habt ihr schon bei unserer schönen Geschenke-Aktion mitgemacht?“
„Nein“, antwortet Lasse artig. „Bekomme ich auch so ein Stofftier geschenkt?“
Der Weihnachtsmann zerstrubbelt nun auch Lasses Haare. Ich gehe automatisch einen Schritt zur Seite, damit der Kerl nicht auch durch meine Haare fährt. Ich habe meine Frisur mit Gel bearbeitet, da dürfen keine fremden Hände dran. Schon gar nicht die von einem alten, verkleideten Wichtigtuer. „Unsere Geschenke-Aktion läuft so ab: Ihr könnt einen Weihnachtswunsch dort auf einen der Zettel schreiben und den an den Baum hängen.“, erklärt der Mann im roten Mantel, „Dann geht der Wunsch vielleicht in Erfüllung.“
Lasse reißt Mund und Augen auf: „Echt?“
„Ja. Das ist die Weihnachts-Aktion dieser Bank für ihre Kunden. An jedem Samstag erfüllt sie zehn Wünsche, die sie an diesem Baum findet. Vielleicht gehört euer Wunsch ja dazu.“
„Cool!“
„Und wenn du willst, kann ich dir anschließend auch noch etwas Schönes aus meinem Sack schenken.“
Lasse schaut mich an. „Ben, sollen wir da mitmachen?“
„Hm“, mache ich. Besonders große Lust habe ich nicht. Das ist bestimmt eher was für die jüngeren Kinder. „Zuerst heben wir unser Geld ab. Danach schauen wir mal, wie viel Zeit wir noch haben.“
Lasse zieht einen Schmollmund. „Manno.“
„Wir müssen ja auch noch ins Kaufhaus.“
Ich will mein Handy aus der Hosentasche ziehen, um nach der Uhrzeit zu schauen. Statt des Handys fühle ich ein Kärtchen aus Pappe in der Tasche. Ich ziehe es raus und betrachte es. Ach so. Das ist eine kleine Karte, die wir vergangenen Sonntag im Kindergottesdienst bekommen haben. Seitdem ist die Hose noch nicht wieder in der Wäsche gewesen, aber an das Kärtchen hab ich gar nicht mehr gedacht. Darauf steht: „Fürchtet euch nicht! Seht doch, ich habe eine große Freudenbotschaft. Sie gilt für das ganze Volk. Für euch ist heute der Retter geboren worden. Es ist Christus, der Herr.“ Bibelstelle: „Lukas 2, Vers 10 und 11.“ Der Engel hat das zu den Hirten gesagt, nachdem Jesus geboren worden ist. Das weiß ich, denn diese Stelle kommt auch in dem Krippenspiel vor, das wir an Heiligabend in der Kirche aufführen werden. Elisabeth, die den Engel spielt, hat diesen Satz zu sagen. Jeder aus dem Kindergottesdienst hat ein ähnliches Kärtchen bekommen. Ich habe es letzten Sonntag in die Hosentasche gestopft. Und da hat es bis jetzt gesteckt.
Aber wo ist mein Handy? Habe ich das etwa verloren?