Читать книгу Mei Ruah möcht i'ham - Heidi Dietzel - Страница 5

Der Dichter Otto Ehrhart-Dachau schickte Herrn Valentin aus Verehrung sein Buch »Das sterbende Moor« mit einer schönen Widmung. Valentin bedankte sich einige Tage darauf in folgender Weise:

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Sehr geehrter Herr Ehrhart!

Ich danke schön für das schöne Buch, habe aber leider keine Zeit, dasselbe zu lesen, schicken Sie mir doch bitte ein »gelesenes« Buch.

Der Radfahrer

Personen: Der Radfahrer Karl Valentin, ein Schutzmann.

Schutzmann: Halt!

(Valentin blinzelt den Schutzmann an.)

Schutzmann: Was blinzeln Sie denn so?

Valentin: Ihre Weisheit blendet mich, da muß ich meine Schneebrille aufsetzen.

Schutzmann: Sie haben ja hier eine Hupe, ein Radfahrer muß doch eine Glocke haben. Hupen dürfen nur die Autos haben, weil die nicht hupen sollen.

Valentin (drückt auf den Gummiball): Die meine hupt nicht.

Schutzmann: Wenn die Hupe nicht hupt, dann hat sie doch auch keinen Sinn.

Valentin: Doch – ich spreche dazu! Passen Sie auf, immer wenn ich ein Zeichen geben muß, dann sage ich Obacht!

Schutzmann: Und dann haben Sie keinen weißen Strich hinten am Rad!

Valentin: Doch! (Zeigt seine Hose.)

Schutzmann: Und Rückstrahler haben Sie auch keinen.

Valentin: Doch! (Sucht in seinen Taschen nach.) Hier!

Schutzmann: Was heißt in der Tasche – der gehört hinten hin.

Valentin (hält ihn auf die Hose): Hier?

Schutzmann: Nein – hinten auf das Rad – wie ich sehe, ist das ja ein Transportrad – Sie haben ja da Ziegelsteine, wollen Sie denn bauen?

Valentin: Bauen – ich? Nein! – warum soll ich auch noch bauen? Wird ja so soviel gebaut.

Schutzmann: Warum haben Sie dann die schweren Steine an Ihr Rad gebunden?

Valentin: Damit ich bei Gegenwind leichter fahre, gestern in der Frühe z. B. ist so ein starker Wind gegangen, da hab ich die Steine nicht dabei gehabt, ich wollt' nach Sendling nauf fahren, daweil bin ich nach Schwabing nunter kommen.

Schutzmann: Wie heißen Sie denn?

Valentin: Wrdlbrmpfd.

Schutzmann: Wie?

Valentin: Wrdlbrmpfd – –

Schutzmann: Wadlstrumpf?

Valentin: Wr – dl – brmpfd!

Schutzmann: Reden S' doch deutlich, brummen S' nicht immer in Ihren Bart hinein.

Valentin (zieht den Bart herunter): Wrdlbrmpfd.

Schutzmann: So ein saublöder Name! – Schaun S' jetzt, daß Sie weiter kommen.

Valentin (fährt weg – kehrt aber nochmal um und sagt zum Schutzmann): Sie Herr Schutzmann?

Schutzmann: Was wollen Sie denn noch?

Valentin: An schönen Gruß soll ich Ihnen ausrichten von meiner Schwester.

Schutzmann: Danke – ich kenne ja Ihre Schwester gar nicht.

Valentin: So eine kleine stumpferte – die kennen Sie nicht? Nein, ich habe mich falsch ausgedrückt, ich mein, ob ich meiner Schwester von Ihnen einen schönen Gruß ausrichten soll?

Schutzmann: Aber ich kenne doch Ihre Schwester gar nicht – wie heißt denn Ihre Schwester?

Valentin: Die heißt auch Wrdlbrmpfd.

Trambahngespräch

Ort der Handlung: Linie 2 der Münchner Straßenbahn, zwischen Galerie- und Theresienstraße. Personen: Karl Valentin und Lisl Karlstadt.

Schaffner (zu Valentin): Wo fahren S´ denn hin?

Valentin (zur Lisl): Wo fahrn mir denn hin?

Lisl: No, nach Nymphenburg, du woaßt es doch!

Valentin (nach einer Pause): So, nach Nymphenburg. (Sinnend.) Geht da koa Autostraßen naus?

Lisl: Geh, sei doch stad. So an Unsinn. Sei doch stad vor die Leit.

Valentin (leicht gekränkt): Warum soll jetzt da koa Autostraßn nausgehn. Gehn ja anderswohin aa Autostraßen. (Pause.) I hab no nie a Autostraßen gsehng.

Lisl: Na fahrn ma halt amal naus, nach Tegernsee oder nach Holzkirchen, na kannst as aa sehng.

Valentin: Nach Tegernsee? Bis nach Tegernsee? Aber i will ja gar net viel sehng von der Autostraßn. A kloans Stückl langat mir scho. Bloß an Meter, ungefähr.

Hochwasser

Heute nachmittag 3.30 Uhr sind genau 800 Jahre verflossen seit Bestehen unserer Isar. Das Isarbett selbst wurde erbaut von Herzog Jakob dem Wäßrigen. Seine Gemahlin, die spätere Kronprinzessin Cenzi von Harlaching, der frühere Kurprinz Maximilian der Wamperte, Großherzog von Kleinhesselohe, waren bei der Isarenthüllung zugegen. Es war ein feierlicher Akt, ein historisches Jubiläum, als die ganze Münchener Bürgerschaft, der Stadtmagistrat samt den Stadtvätern auf der Fraunhoferbrücke standen und jeden Moment auf die ersten Isarwellen warteten. – Auf der damaligen Praterinsel standen schon Böller salutbereit, die kleinen Häuser und Herbergen waren schon den ganzen Tag illuminiert in den Münchener Stadtfarben und Tausende gelb und schwarze Flämmchen leuchteten in den sonnigen Tag hinein.

Punkt 4 Uhr sollte der grüne Fluß eintreffen, aber es wurde später und später, und kein Tropfen Isar war zu sehen. Es wurden sofort Extrablätter verteilt mit der Inschrift: »Isar noch nicht eingetroffen, eine Stunde Verspätung!«

Große Bestürzung unter der Bevölkerung, aber das Volksgemurmel wurde durch ein eigenartiges, unleises Rauschen unterbrochen – ein kurzes Horchen der Menge, und aus tausend Kehlen schallt es durch die Auen: die Isar kommt, die Isar kommt, die Isar ist schon da. Vom Frauenturm herab (der allerdings erst später erbaut wurde) hielt Bürgermeister A. Bcdef eine Ansprache, welche durch das damalige trübe Wetter für die Allgemeinheit sehr schwer verständlich war; nur der Turmwächter, welcher die Rede mitstenographierte, konnte dieselbe der Nachwelt überliefern. Die Ansprache lautete:

»Willkommen, edler Gebirgsfluß, willkommen in deiner Heimat, in der Haupt- und Residenzstadt München. Endlich haben deine Wogen unsere Stadt berührt, und wir alle freuen uns, des großen Nutzens und Schadens wegen, den wir durch dich bekommen. Du wirst in Zukunft unsere Windmühlen treiben, du gibst uns einen großartigen Aufenthaltsort für unsere armen Fische, wir können in dir baden. Geheimrat Pettenkofer wird dir etwas Gruseliges (nämlich die Fortschwemmung der Fäkalien) anvertrauen. – Liebe Mitbürger, wir können nicht umhin, uns selbst den herzlichsten Dank auszusprechen, denn gerade ich und wir waren es, welche uns am meisten ins Zeug gelegt hatten zur Errichtung einer Isar in der Stadt München. – Aber noch wer ist uns beigestanden bei unserer harten Arbeit: nämlich der da oben (deutet vom Frauenturm noch höher hinauf), er hatte uns das nasse Element, allerdings in etwas knapper Anzahl, zur Verfügung gestellt; alles in allem, ich ersuche sämtliche Anwesende möchten sich von ihren Sitzen erheben und möchten mit mir in den Ruf einstimmen: »Die schöne grüne Isar, sie lebe hoch!« (Böller) »Hoch!« (Böller) »Hoch!« (Böller).

Aber Gott läßt seiner nicht spotten, nach den letzten »Hoch!« stieg der Pegel auf 1 – 2 – 3 – 4 – 5 – und gar 6 Meter, die gutmütige grüne Isar schäumte gelb vor Wut, die haushohen Wellen waren mindestens 1-2 Meter hoch, die am Ufer stehenden Menschen flohen in die Stadt – ins Hofbräuhaus –, welches bald überfüllt war, der Rest zog traurig von dannen, – in die Kirche.

Mittlerweile wimmerte auf den Kirchtürmen der Stadt die Sturmglocke und verkündete Unheil – die Hunde heulten, der Wind ebenfalls, die furchtsamen Weiber auch ebenfalls, die Kinder gingen nicht in die Schule, der Bäcker backte, die Kinos wurden geschlossen und die Schweine grunzten, aber das Hochwasser stieg trotzdem immer tiefer. Eine allgemeine Angst überfiel jeden, die Stadtväter traten mit gerunzelter Stirn zusammen, um Sicherheitsmaßregeln auszudenken, aber bei ihnen war alles Denken umsonst. Man beschloß, 100 Silbertaler demjenigen als Belohnung zu geben, der das Hochwasser zum Sinken brächte. Verschiedene Vorschläge von Mitbürgern sind gemacht worden:

Sofortige Tiefergrabung des Flußbettes.

Der Vorschlag, eine Arche Noah zu bauen, wurde des alten Systems wegen verworfen.

Ein Bittgang zum hl. Nepomuk war zu spät, da das Hochwasser bereits zu groß geworden war.

Ein Spaßvogel meinte, das Überwasser abzuschöpfen, aber wohin? Aber dem einen Vorschlag: »abwarten«, bis das Hochwasser selbst aufhört, wurde allgemein zugestimmt, da das auch kostenlos wäre.

Und einige Tage später war aus dem Hochwasser ein Niederwasser geworden, es wurde noch öfters Hochwasser, 1899 wurde es gleich so hoch, trat wieder aus den Ufern heraus, riß alle modernen Eisenbetonbauten um, die unmodernen alten Holzbrücken blieben stehen. Da wurde es den technischen Wasserbaumenschen einmal zu dumm, und sie sprachen: »Entweder – oder!«

Sie bauten Kaimauern in München und zwar so hoch, daß die Isar niemals mehr über die Ufer fließen kann, und die Geschichte war für immer erledigt.

Und die Herren Ingenieure und Architekten machten sich lustig über Schillers Worte: »Denn die Elemente hassen das Gebild von Menschenhand!« und auch mit Recht, denn sie allein wissen es ja bestimmt, wie hoch die Isar in Zukunft werden kann!

Nebenbemerkung:; der Münchener Bevölkerung: „ Wir wollen nichts vom Wasser wissen.

Oh… flösse Bier im Isarbett!“

Mei Ruah möcht i'ham

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