Читать книгу Der Vertrauensbruch - Heidi Oehlmann - Страница 6
4. Kapitel
ОглавлениеAls Edgar in seinem Wohnbüro eintraf, wollte er gleich die Bilder auf der Speicherkarte sichten. Er musste wissen, ob die Karte noch intakt war und die Bilder ausreichten, um dem Auftraggeber die gewünschten Ergebnisse zu liefern. Er schob die Karte in das interne Kartenlesegerät seines Rechners und wartete gespannt, bis sich die Datei öffnete.
Die Bilder waren vielversprechend und Beweis genug für die Untreue der Anwaltsgattin. Edgar wollte seinen Auftraggeber, den Anwalt, gleich am nächsten Tag anrufen und dessen Verdacht bestätigen. Seine Frau betrog ihn tatsächlich. Wahrscheinlich würde er sie aus seinem Haus werfen. Er hatte mehrfach betont, es sei sein Haus. Das sollte aber nicht Edgars Problem sein. Für ihn war nur wichtig, dass dieser Auftrag abgeschlossen war und er endlich sein Honorar erhalten würde. Das hatte er bitter nötig, er war mit zwei Monatsmieten im Rückstand. Sein Vermieter nervte ihn deshalb seit Wochen. Mit dem Geld wollte er die rückständige Miete bezahlen, damit sich der Vermieter erst mal wieder entspannte. Allerdings würde diese Entspannung nicht von Dauer sein. Seit einem Tag war bereits die Miete für den laufenden Monat fällig. Darauf müsste sein glatzköpfiger Vermieter so lange warten, bis sich ein neuer Fall ergäbe. Nur wann das sein würde, konnte der Detektiv noch nicht abschätzen. Die Auftragslage in den letzten vier Wochen war so mies, dass Wolf gerade mal zwei Aufträge hatte. In beiden Fällen ging es um die Beschaffung von Beweisen für die Untreue von Ehefrauen. Also nicht gerade Edgars Traumjobs. In diesen Zeiten musste er nehmen, was er bekam, um Geld in seine Kasse zu bekommen.
Um einen neuen Fall dieser Art annehmen zu können, wollte Wolf überprüfen, ob seine Kamera nach dem Aufprall noch funktionstüchtig war. Notfalls müsste er seinen alten Fotoapparat benutzen. Einen, in den noch ein Film eingelegt und dieser zum Entwickeln weggebracht werden musste. Das dauerte zwar länger, aber bevor Edgar gar keine Aufträge mehr annehmen konnte, war es zumindest eine Übergangslösung.
Er schaltete die Kamera ein und welch ein Wunder, sie schien kaum einen Schaden davon getragen zu haben. Sie funktionierte noch. Nur optisch sah sie nicht mehr so gut aus. Das Display war mehrfach gesprungen. Die nächsten Bilder konnte er sich nur schwerlich direkt auf der Kamera anschauen. Um zu sehen, ob seine Fotos wirklich gelungen waren, musste er sie sich zukünftig auf seinem Computer ansehen. Edgar fand das nicht weiter schlimm. Die Hauptsache war, dass seine Digitalkamera, für die er lange gespart hatte, noch einsatzfähig war. Bei den alten Fotoapparaten konnte man sich die Bilder schließlich auch erst nach dem Entwickeln anschauen und wusste erst dann, ob sie überhaupt zu gebrauchen waren. Sollte irgendwann der Reichtum in Wolfs Leben treten, konnte er sich immer noch eine neue Kamera kaufen. Solange musste die Alte ihm noch ihre Dienste erweisen.
Edgar druckte die Bilder aus und kontrollierte sie auf ihre Qualität. Als er damit zufrieden war, steckte er die Bilder in einen Briefumschlag und verstaute sie in der obersten Schublade seines Schreibtisches. Danach schaltete er seine Schreibtischlampe aus und ging ins Bad. Er putze sich die Zähne und fiel anschließend todmüde ins Bett. Es dauerte nicht lange, bis er einschlief.
***
»Ja! Hallo!«, nuschelte Edgar verschlafen in den Hörer, als morgens halb zwei das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Wie er es hasste, so abrupt aus dem Schlaf geholt zu werden und dann gleich aufstehen zu müssen.
»Spreche ich mit Edgar Wolf?«, fragte eine aufgeregte Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
»Ja. Das tun Sie! Mit wem habe ich denn das Vergnügen?«
»Mein Name ist Elena Bukova. Sie müssen mir helfen, meine Freundin zu finden. Sie ist seit gestern verschwunden. Die Polizei will einfach nichts unternehmen! Angeblich ist sie noch nicht lange genug weg.«
»Jetzt beruhigen Sie sich erst mal! Meinen Sie nicht, Ihre Freundin wird bald von alleine wieder auftauchen? Vielleicht ist sie ja bei einer anderen Freundin oder sie ist ein paar Tage in den Urlaub gefahren.«
»Das hätte sie mir gesagt. Sie erzählt mir sonst immer alles. Und es passt auch nicht zu ihr, einfach so zu verschwinden. Ich mache mir wirklich große Sorgen um sie. Bitte! Sie müssen mir helfen!«
»Okay. Kommen Sie heute um zehn Uhr in mein Büro und bringen Sie ein Foto von ihr mit!«
»Das mache ich. Vielen Dank!«
»Okay. Dann bis später! Tschüss.«
»Tschüss.«
Edgar legte auf und ging zurück ins Bett. Nun war er hellwach und hoffte auf einen neuen Auftrag. Einem, bei dem er keine eifersüchtigen Ehepartner mit Informationen versorgen musste. Eine vermisste Person zu suchen, war für den Privatermittler eine neue Situation. Allerdings wäre es nicht unwahrscheinlich, wenn die verschwundene Frau bis um zehn Uhr wieder aufgetaucht sein würde. Es passierte doch ständig, dass jemand mal einen oder zwei Tage nicht erreichbar war und sich dann plötzlich eingefunden hatte. Deswegen musste er nicht mitten in der Nacht aus dem Bett geholt werden. Während Edgar so darüber nachdachte, spürte er, wie ihm die Augen langsam zu fielen. Es dauerte nicht lange, bis er wieder einschlief.