Читать книгу Die Superaugen ... und der Schuhdieb - Heidi Troi - Страница 6

Kapitel 1

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„Ihr könnt euch hier auf die freien Plätze zwischen Djamila und Tim setzen“, sagt die Lehrerin freundlich und zeigt auf zwei freie Plätze am Fenster. Sie hat blonde, schnippelkurze Haare und gefällt Ulli sofort.

Verlegen durchquert sie die Klasse, um zu dem Platz neben dem schwarzlockigen Mädchen zu gelangen, das ihr freundlich zulächelt.

„Willkommen in der 4d“, flüstert Djamila ihr zu.

Auch Olli wird von seinem neuen Banknachbarn fröhlich begrüßt. „Hey, du!“, sagt Tim und seine weißen Zähne blitzen in seinem schokoladefarbenen Gesicht auf.

„Hey“, sagt Olli und grinst ihn an. „Dir gefallen Planeten?“ Er deutet auf ein Bibliotheksbuch, das vor Tim auf seinem Platz liegt.

Als der Junge „Ja“ sagt, weiß Ulli Bescheid. Olli hat schon einen neuen Freund gefunden, denn wenn er sich mit jemandem über das Weltall austauschen kann, ist ihr Bruder schon glücklich. Sie will sich gerade wieder ihrer Banknachbarin zuwenden und erkunden, ob es auch etwas gibt, das sie beide gemeinsam haben, da schreit einer schräg gegenüber von ihr:

„Seht mal – alle Superaugen in einer Reihe!“ Der Junge mit den blonden Stoppelhaaren kugelt sich vor Lachen.

Ulli sieht sich um. Der Junge hat recht. Nicht nur ihr Bruder und sie selbst tragen eine Brille. Auch Djamila hat eine und auf Tims Nase sitzt ein riesiges knallgrünes Ding.


Die Lehrerin holt eben Luft, um etwas zu sagen, aber Ulli kommt ihr zuvor. Wütend steht sie auf, beugt sich vor und stützt ihre Hände auf der Bank auf.

„Superaugen? Ich geb dir gleich was auf deine Augen, dann kannst du dich zu uns setzen, wenn du das unbedingt möchtest!“ Sie funkelt den Kerl herausfordernd an.

Dem friert das Lachen auf dem Gesicht ein. „Ich mein ja nur“, stammelt er unsicher.

„Ich mein auch nur.“ Ulli setzt sich wieder hin. Ihr Herz klopft ihr bis zum Hals, so sehr ärgert sie sich.

„Freddie, das war jetzt nicht sehr nett“, sagt die Lehrerin streng zu dem Stoppelkopf.

„Nett …“, faucht Ulli.

„Wir können auch korrekt sagen, wenn dir das besser gefällt, liebe Ulrike. Auch dein Verhalten finde ich nämlich nicht besonders korrekt.“

Ulli fühlt, wie ihre Wangen heiß werden. Das hat sie ja wieder fein hingekriegt. Mit schuldbewusst gesenktem Gesicht meint sie: „Ich weiß. Entschuldigung.“

„Das klingt schon besser. Freddie, ich warte.“ Die Lehrerin schaut streng zu dem Jungen hinüber.

„Tut mir leid“, murmelt auch der, aber an dem Blick, den er Ulli zuschießt, erkennt sie, dass es ihm überhaupt nicht leidtut.

Während des Unterrichts hat sie Zeit, ihre neuen Mitschüler und Mitschülerinnen zu mustern. Ihr Blick fällt auf einen Jungen, der gar nicht weit weg von diesem Freddie sitzt. Es ist Maximilian, der gestern mit ihnen im Lift hochgefahren ist. Ulli stößt ihren Bruder an.

„Schau mal, da drüben: Maximilian!“

Olli folgt ihrem Blick, sieht den Jungen, der in diesem Moment zu ihnen herüberschaut. Er lächelt wieder, sieht zu Freddie hinüber und verdreht die Augen.

„Der geht in die Vierte?“, flüstert Olli und es ist nur natürlich, dass er sich wundert. Dieser Maximilian sitzt an einer Bank für Zweitklässler und er sieht noch kleiner aus, weil neben ihm das vermutlich größte Mädchen der Klasse sitzt.

„Vielleicht hat er eine Klasse übersprungen?“, vermutet Ulli und sieht, dass ihr Bruder den Jungen gleich mit noch größerem Interesse mustert. Ulli grinst in sich hinein. Ihr Bruder, der irgendwann einmal den Nobelpreis in Physik gewinnen möchte, hat was übrig für Kinder, die gern lernen. In ihrer Dorfschule hatte Olli niemanden gefunden, der mit ihm den Abendhimmel studieren oder Bakterien im Mikroskop anschauen wollte. Vielleicht ist dieser Maximilian ja endlich ein Freund nach seinem Geschmack. Ulli wünscht es ihm.

Während die Lehrerin irgendwas von den vier Fällen erzählt, lässt sie ihren Blick weiter über die Bänke schweifen, die in Hufeisenform angeordnet sind. Sie zählt achtzehn Kinder – viel mehr als in ihrer alten Dorfschule. Und das ist die 4d! Das bedeutet, dass es an dieser Schule noch eine 4a, eine 4b und eine 4c geben muss. Mindestens.

Sie beugt sich zu Djamila hinüber. „Wie viele vierte Klassen gibt es eigentlich an eurer Schule?“, fragt sie.

„Fünf“, sagt Djamila.

Ulli macht große Augen. „So viele Kinder!“

Djamila lächelt. „An deiner alten Schule wart ihr wohl nicht so viele?“

Ulli schüttelt den Kopf, sagt aber nichts. Wenn sie ihrer Banknachbarin verrät, dass an ihrer alten Dorfschule die dritte und vierte Klasse zusammen zwölf Kinder waren, lacht die sie vielleicht aus. Aber Djamila bohrt nicht weiter, sondern lächelt Ulli nur noch einmal lieb zu, sodass es ihr ganz warm ums Herz wird.

Die Superaugen ... und der Schuhdieb

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