Читать книгу Hilja und der Weihnachtszauber (Bd. 3) - Heidi Viherjuuri - Страница 4
Kapitel 3 Wenn wir eine Windmaschine hätten
Оглавление»Schnee, Schnee, Schnee«, wiederhole ich pausenlos in meinem Kopf, während ich die Leiter an unserem Etagenbett herunterklettere, um am Fenster durch den Vorhangspalt zu linsen. Draußen prasselt Regen vom Himmel, und es sieht überhaupt nicht danach aus, als würde es heute schneien.
Ich marschiere in Papas Arbeitszimmer, wo er gerade dabei ist, irgendwelche Zettel zu sortieren.
»Papa, kann man Schnee auch selber machen?«
»Im Prinzip schon«, überlegt er laut. »Aber die Tiefkühltruhe ist zu klein, und Mama hat was anderes damit vor.«
Ich habe eine Idee. »Wenn wir eine Windmaschine hätten, könnte man die Schneewolken vom Nordpol hierherblasen.«
Da fällt mir ein, warum das doch nicht geht: »Aber dann kriegen die Eisbären wohl Probleme …« Ich seufze tief.
Taimi tanzt inzwischen einen Schneetanz durch das ganze Erdgeschoss.
»Ich will Schnee«, klagt sie und dreht mit fliegenden Locken noch eine Pirouette.
»Ich auch!«, rufe ich.
Im selben Moment hellt Papas Miene sich auf, als wäre über seinem Kopf eine Lampe angegangen.
»Wartet mal kurz«, sagt er und geht in die Garage.
In Mamas Friseursalon stehen die Leute heute schon fast Schlange, denn alle Damen aus dem Dorf möchten vor Weihnachten noch eine frische Dauerwelle haben.
Plötzlich sehen sie vor dem Fenster etwas Weißes vom Himmel rieseln.
»Ist das endlich Schnee?«, fragt die Frau, die vor Mama im Friseurstuhl sitzt.
Mama öffnet das Fenster und fängt eine Flocke mit ihrer Hand. Dann streckt sie den Kopf nach draußen und schaut nach oben. Taimi lässt aus dem Kinderzimmerfenster Hände voll Styroporkügelchen fallen, und ich blase sie mit einem Föhn durch die Luft.
»Wir machen Schnee!«, verkündet Taimi.
»Ah ja«, stellt Mama amüsiert fest. »Aber jetzt ist genug. Plastik gehört nicht auf den Boden«, setzt sie hinzu und schließt das Fenster wieder.
»Es hilft nichts: Wir müssen einfach auf den echten Schnee warten«, sagt Papa bedauernd und geht zurück in sein Arbeitszimmer.
»Wollen wir nach der Schule Schneeflocken basteln?«, schlage ich Taimi vor.
»Kann man die ans Fenster kleben?«, fragt sie.
»Natürlich!«
Dann sage ich, dass ich jetzt zur Schule muss, und schicke sie zum Spielen zu Nachbars Inka. Eigentlich hab ich aber noch ein bisschen Zeit, bis die Schule anfängt, die ersten Stunden fallen heute nämlich aus.
Als Taimi weg ist, nehme ich mein geheimes Notizbuch heraus und lege es auf den Tisch im Kinderzimmer, um die Operation Weihnachtszauber vorzubereiten. Oben auf die nächste freie Seite schreibe ich:
Herausfinden, wie der Weihnachtszauber funktioniert.
Versuchen, einen Wichtel zu erwischen.
Am einfachsten ist es, mit den Wichteln anzufangen, überlege ich, und schreibe alles auf, was ich weiß.
WICHTEL
Erkennungszeichen:
rote Kleidung,
Segelohren,
Bart.
Aktivitäten:
sind im Dezember überall unterwegs, sammeln Wunschzettel, stellen die Weihnachtsgeschenke zusammen.
Größe:
wie Taimi oder vielleicht nur halb so groß.
Sonstiges:
gutes Gehör und gute Augen, sind flink und meist unsichtbar.
Die Liste wird nicht lang, denn ich weiß nichts darüber, was Wichtel essen oder wann sie schlafen. Also suche ich im Bücherregal im Wohnzimmer nach Hinweisen. Die Bücher stehen alle wild durcheinander, aber zwischen den dicken Schinken Renovieren für jedermann und Die schönsten Trendfrisuren entdecke ich ein altes Lexikon. Unter dem Buchstaben W kann ich nachlesen, dass Wichtel vor Weihnachten die Kinder beobachten. Das wusste ich schon.
Ich klettere auf die Leiter zu den obersten Regalbrettern. Die Leiter schwankt schon etwas, und ich bin kurz davor, aufzugeben, als mir ein dickes Buch mit dem Wort »Wichtel« ins Auge fällt. Das große Wichtelbuch lese ich und juchze vor Freude. Da finde ich bestimmt alle Antworten!
Vorsichtig klettere ich mit dem Buch herunter und schlage es auf. Auf der ersten Seite steht mit schwarzem Filzstift: Für Mikko von Papa und Mama. Ob Papa als Kind auch auf der Suche nach Wichteln herumgeschlichen ist? Im Buch geht es zwar nicht um Weihnachtswichtel, aber für mich ist jede Information über Wichtel gut genug.
Ich prüfe, ob die Luft rein ist, und trage das Buch unter meinem Pullover ins Kinderzimmer.
»Hilja?«, ruft Papa. »Bist du schon in der Schule?«
»Gleich«, rufe ich zurück und verstecke das Wichtelbuch in meinem Bett, denn Taimi darf nichts von dieser Geheimoperation erfahren.
Nachts kann ich kaum schlafen, weil das Notizheft und Papas altes Wichtelbuch die Matratze so ausbeulen. Morgen muss ich mir dafür ein besseres Versteck überlegen.