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12. Kapitel

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Das war knapp. Samara muss sich erst einmal kurz sammeln. So flink ist sie noch nie die Treppen herunter gespurtet, und dazu noch so leise. Ihre Ballettausbildung war eben doch zu etwas nütze. Hätte ihre Lehrerin sie nicht immer damit aufgezogen, dass Samara im Verhältnis zu ihren Mittänzerinnen keine dieser Bohnenstangen ist und auch nie sein wollte, hätte ihr das Tanzen sogar Spaß gemacht. Da war Capoeira eindeutig die bessere Sportart für sie. Durch das jahrelange Training dieser Mischung aus Tanz und Kampf ist ihre Körperbeherrschung perfekt. Deshalb brauchte sie nur ein paar gekonnte Sätze, um am Geländer nach unten zu gelangen und dann so lange in einer Nische zu warten, bis die beiden Frauen und der Mann in der Wohnung verschwunden waren. Dann konnte sie unbemerkt durch die Haustür nach draußen gelangen.

Jetzt steht sie zwei Blöcke weiter neben ihrem Auto. Noch immer hat sie das Gefühl, den Mann von eben irgendwo schon einmal gesehen zu haben. Aber wo kann das gewesen sein? In Gedanken versunken verfehlt sie sogar zwei Mal mit dem Autoschlüssel ihr Autoschloss und hätte sich dabei fast den Lack zerkratzt.

Schließlich schafft sie es aber doch noch in ihren Wagen und kommt nach nur einer knappen viertel Stunde Fahrt bei ihrer Arbeitsstelle in einem Callcenter an. Die Arbeit ist zwar nicht immer, was sie sich vorgestellt hatte, aber wirklich bereuen musste sie es noch nicht, diese Stelle angenommen zu haben.

Während sie ein wenig erschöpft von der Hitze und der Hektik vorhin ihre Tasche in die Ecke an ihrem Arbeitsplatz feuert, trifft sie es wie ein Blitz. Natürlich! Jetzt weiß sie, woher sie das Gesicht kennt. Der Mann war ein Arbeitskollege ihres Vaters. Auf der Kommode stand damals immer ein Gruppenfoto von seinen Kollegen. Eigentlich ist Samara nicht der Typ, der sich alle Gesichter perfekt merken kann, aber dieses Gesicht war ihr immer durch die strahlend weißen Zähne und dem total breiten Grinsen aufgefallen.

Ein Kollege von ihrem Vater gemeinsam in der Wohnung mit dieser Frau? Woher kann sie den denn kennen? Und wer war eigentlich die andere? Eigentlich ist sich Samara gar nicht ganz sicher, wer der beiden Frauen die war, für die sie die Nachricht hinterlassen hatte.

In ihrer Tasche steckt immer noch der Zettel mit dem Text. Deutsch zu sprechen, das gelingt ihr mittlerweile mehr oder weniger gut. Doch diese Schrift bereitet ihr noch immer so einige Schwierigkeiten. Die musste sie sich am PC ausdrucken lassen und dann sorgfältig abschreiben. Aber für die Eile, in der sie gewesen war, ist ihr das doch gut gelungen. Immerhin musste sie zuvor noch diesen abstrusen Text abschreiben und dann abwischen, der dort auf dem Spiegel stand. Noch immer klebt die rötliche Farbe an ihren Händen. Mit einem feuchten Tuch aus einem Spender auf ihrem Tisch wischt sie diese endlich ab.

Den Zettel mit dem Text zieht sie nun aus ihrer Hosentasche und legt ihn vor sich auf den Schreibtisch. Nach einiger Betrachtung steckt sie ihn dann aber doch lieber wieder ein und macht sich mit einiger Verspätung an die Arbeit.

Es gibt noch viel zu tun, denkt sie sich.

Hatschepsut

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