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Warum dieses Buch?

Die positiven Effekte sinnvoller betrieblicher Gesundheitsförderung sind heute in den meisten Unternehmen und Organisationen anerkannt. Unternehmen, die betriebliches Gesundheitsmanagement betreiben, setzen dazu unterschiedliche Maßnahmen an. Sie reichen von gesundheitsgerechter Gestaltung des Arbeitsplatzes über spezielle Gesundheitsangebote bis zur betrieblichen Wiedereingliederung von Mitarbeitenden, die lange krank waren. Dazu kommen Beratungs- und Trainingsangebote. Allerdings wird dabei oft übersehen, dass die Art und Weise, wie Führung im Unternehmen gelebt wird, einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeitenden hat. Gesunde Führung macht den Unterschied. Salutogenese und Burnout-Prophylaxe sind wichtige Leitungsaufgaben.

In den letzten Jahren hat sich ein Krankheitsbild wie eine Epidemie ausgebreitet: Burnout. In der Wirtschaft, in sozialen Unternehmen, in Kirche und Diakonie wird intensiv diskutiert und analysiert, wie der zunehmenden Zahl der „ausbrennenden“ Mitarbeitenden begegnet werden kann. Immer deutlicher wird, dass die langen Fehlzeiten durch Erschöpfungssyndrome in Gemeinden, in kirchlichen Verwaltungen oder in diakonischen Einrichtungen einen enormen Kostenfaktor darstellen und zur Belastungsprobe ganzer Abteilungen oder Arbeitsbereiche werden.

Hinzu kommt ein auch in Kirche und Diakonie bereits spürbarer Fachkräftemangel. Es zeichnet sich ab, dass insbesondere in kirchlichen und sozialen Organisationen den Wettbewerb um die besten Mitarbeitenden nur gewinnt, wer ein Konzept zur Vermeidung von Burnout hat und ein Arbeitsumfeld schafft, das chronische Erschöpfungszustände bei Mitarbeitenden erst gar nicht aufkommen lässt.

Die These dieses Buches lautet, dass in Kirche und Diakonie ein solches Konzept nur zu haben ist, wenn sich das Führungsbild in diesen Organisationen grundsätzlich ändert.

Denn der Umgang der Leitenden mit ihren Mitarbeitenden hat entscheidende Bedeutung nicht nur auf die Motivation und Produktivität, sondern auch auf den Sinn, den die Mitarbeitenden ihrer eigenen Arbeit beimessen. Dieser Zusammenhang von Gesundheit und Führung ist in der Managementforschung unbestritten.1

Dabei beginnt die Schwierigkeit in kirchlichen Kontexten schon damit, dass sich viele Führungskräfte gar nicht als solche verstehen, sich grundsätzlich schwertun mit ihrer Leitungsfunktion und in Bezug auf ihr Handeln als Vorgesetzter nur unzureichend qualifiziert sind.

Besonders Pfarrer2 nehmen sich oft nicht als Führungskraft wahr, obwohl sie in der Regel Verantwortung für zahlreiche Mitarbeitende tragen.3 Es ist deshalb Anliegen dieses Buches, dass sich Pfarrer ihrer Leitungsverantwortung bewusst werden und Anregungen erhalten, wie sie Führungsaufgaben und Gesundheitserhaltung von Mitarbeitenden und sich selbst zusammenbringen können.

Aber auch andere Führungskräfte tun sich schwer mit ihren Führungsaufgaben. Superintendenten gehören offiziell zur mittleren Managementebene, sagen auch, dass sie gern gestalten, geben aber in internen Befragungen gleichzeitig an, dass sie sich mit der Mitarbeiterführung schwertun. Verwaltungsleitende wissen zwar um ihre Leitungsaufgabe. Sie erleben sich aber vor allem abhängig vom Superintendenten und machen sich nur selten klar, dass sie als Führungskräfte in Schlüsselpositionen Vorbildfunktion haben.

Führung bedeutet vor allem Beziehungsmanagement. Eine Aufgabe, bei der man eigentlich davon ausgehen würde, dass sie gerade in kirchlichen und sozialen Organisationen ernst genommen wird. Aber warum fühlen sich dann Kindergartenleitungen oder Leitungen von Diakoniestationen so oft allein gelassen?

Als Therapeutin und Coach berate und begleite ich seit vielen Jahren Führungskräfte. Dabei war die Beschäftigung mit dem Konzept der Salutogenese für mich persönlich ein Wendepunkt in meiner Arbeit. Mir ist in der intensiven Beschäftigung mit Aaron Antonovskys Modell klar geworden, wie wichtig und gesundheitserhaltend es ist, Menschen nicht mehr nur auf ihre Defizite festzulegen, sondern sich auf die Möglichkeiten und Potentiale der Menschen zu konzentrieren. Das gilt für die therapeutische Beratung genauso wie für das Leitungshandeln. Daher ist es notwendig, sich nicht nur von den persönlichen Schwierigkeiten und Problemen beeindrucken zu lassen, sondern mit dem gleichen Elan nach den Kompetenzen und Stärken zu fahnden.

Wer gesund führen und beraten möchte, findet in der Salutogenese ein Modell, das das eigene Handeln theoretisch untermauert.

Dieses Buch soll dazu beitragen, dass alle Führungs- und Hierarchieebenen das Thema gesunde Führung als Aufgabe begreifen und sich dabei die Grundkonzepte der Salutogenese zu eigen machen.

Es richtet sich deshalb an alle kirchlichen und diakonischen Führungskräfte, die Mitarbeiterverantwortung tragen. Dies sind Superintendenten und Abteilungsleitende im Landeskirchenamt genauso wie Pfarrer, Verwaltungsleitende, Kindergarten-, Stations- oder Einrichtungsleitungen in kirchlichen Heimen oder Hospizen.

Das Buch ist in drei Teile untergliedert. Während der erste Teil beschreibt, wie Führung und Gesundheit zusammengehören, thematisiert der zweite Teil, wie gesunde Führung gelingen kann. Teil drei stellt dann die eigene Gesundheit der Führungskraft in den Mittelpunkt. Alle drei Teile sind auch unabhängig voneinander verständlich, so dass jeder Leser sich mit den Themen beschäftigen kann, die im Augenblick für ihn von vorrangigem Interesse sind.

1 Vgl. Wahlert, Jochen von, Gesundheit als Chefsache: Die Perspektive des Unternehmens, in: Lohmer, Mathias / Sprenger, Bernd / Wahlert, Jochen von, (Hg.), Gesundes Führen. Life-Balance versus Burnout im Unternehmen, Stuttgart 2017, S. 18.

2 Sprachlich gerecht wäre eine Doppelnennung der männlichen und weiblichen Form. Aus Gründen der Lesbarkeit verzichte ich darauf. Wenn möglich formuliere ich neutral. Gemeint sind immer beide Geschlechter.

3 Vgl. Detje, Malte, Servant Leadership. Ansätze zur Führung und Leitung in der Kirchengemeinde im 21. Jahrhundert, Göttingen 2017, S. 41.

Burnoutvorsorge ist Chefsache

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