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Ein unerwarteter Besucher

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Das Schicksal stand an seinem Fenster und blickte hinaus aufs Universum. Etwas hatte es geweckt. Etwas Unschönes, Schicksalsträchtiges. Etwas, das eigentlich nicht hätte passieren dürfen. Doch es war passiert. Und es hatte das Schicksal vieler verändert. Es betraf die Bewohner der Welten, die Gezeiten, die Gestirne.

Das, was hätte vermieden werden sollen, war geschehen. Es ließ sich nicht rückgängig machen. Der Sand der Zeit rann nur in eine Richtung – daran konnte selbst das Schicksal nichts ändern.

Und das, was geschehen war, zog weitere gewaltige Ereignisse nach sich. Einen Streit zwischen Vater und Sohn, den der Vater durch unlautere Methoden für sich entschied. Eine trauernde Tochter, eine trauernde Mutter. Dunkelheit zwischen den Sternen.

Das Schicksal stand an seinem Fenster, blickte hinaus aufs Universum und überlegte.

Eines Abends im Dezember stand ein Troll vor meiner Tür und fragte höflich, ob ich ihn vielleicht begleiten wolle. Er hatte geklingelt, ganz wie es sich gehört, und war gerade dabei, sich die großen nackten Füße auf meiner Fußmatte abzuputzen, als ich die Tür öffnete um nachzusehen, wer mich so spät noch besuchen kam.

Die unerwartete Frage des Trolls brachte mich gehörig aus dem Konzept.

„Begleiten?“, fragte ich irritiert. „Wohin?“

Der uneingeladene Gast schenkte mir ein freundliches Lächeln und hob andeutungsweise die Schultern. „Nach überall“, war die kryptische Antwort, „und nirgends.“

Meine Augenbrauen zogen sich misstrauisch zusammen, als ich mich mit derlei tiefsinniger Philosophie konfrontiert sah. Ein innerer Instinkt riet mir, dem Troll die Tür vor der Nase zuzuschlagen und mich weiter der Zubereitung meines Abendmahls zu widmen. Gerade so, als wäre nichts gewesen. Jedoch ein anderer Teil in mir dachte an das bevorstehende Mahl, welches das gleiche sein würde wie am gestrigen Tag. Er dachte an die darauffolgende Nacht, die ich alleine in meinem Bett verbringen würde. Er dachte an den kommenden Tag, an dem mir wieder der graue Dezember einen guten Morgen wünschen würde, während ich mich auf den Weg in die Arbeit machte. Der andere Teil gewann.

„Möchtest du hereinkommen, während ich meinen Rucksack packe?“, lud ich den Troll ein. Mit einem breiten Grinsen nickte er zustimmend und befasste sich ein weiteres Mal mit meinem Fußabstreifer. Dann betrat er mein Haus. Seine bloßen Füße verursachten auf dem hölzernen Dielenboden ein merkwürdiges Geräusch, eine Mischung aus Stampfen und Klatschen.

Während ich begann, diverse Kleidungsstücke zusammenzusuchen – Was trug man nur überall und nirgends? – hievte sich der Troll auf eine massive Holztruhe und sah mir entspannt beim Packen zu. Er baumelte gelassen mit den Beinen, die etwa zehn Zentimeter über dem Boden hingen und war mir bei meiner Tätigkeit keine allzu große Hilfe.

„Was meinst du – brauche ich einen Regenschirm?“, wollte ich von ihm wissen, während ich das knallrote Objekt unschlüssig in der Hand hielt.

„Der Regen wird nicht unbedingt das sein, wovor du dich abschirmen solltest“, kam die ablehnende Antwort von meinem Gast. „Hast du noch andere Schirme?“

Ich starrte den kleinen Kerl auf meiner Holztruhe verwirrt an. Da er aber auf eine Antwort zu warten schien, schüttelte ich irgendwann den Kopf. Ein ergebenes Schulterzucken war alles, was ich dafür erhielt. Ohne weiter auf dem Thema herumzureiten, legte ich den Regenschirm zur Seite und widmete mich im Stillen der Frage, ob ich denn wohl einen Sonnenhut bräuchte. Da ich aber wohl auch vor der Sonne nicht auf der Hut sein musste – oder, musste ich? – ließ ich auch diese Überlegung schnellstmöglich fallen und packte stattdessen nur Sachen ein, die keinerlei Diskussionsstoff boten: Hosen, Schuhe, Hemden, ein Handtuch. Solche Dinge.

Nachdem ich den grünen Rucksack verschnürt hatte, ließ ich meinen Blick ein letztes Mal durch das Haus gleiten. Mein Haus. Mein Leben. Mein Alltag. Ein kleines Lächeln erschien auf meinem Gesicht.

„Ich bin soweit“, teilte ich dem Troll mit, der mich schweigend bei meinem Tun beobachtet hatte. Der kleine Kerl mit der Knollennase und dem dichten braunen Haar nickte, stemmte sich hoch und ließ sich behäbig von der Holztruhe plumpsen.

„Dann los“, war alles, was er sagte. Wortlos folgte ich ihm durch meinen Hausflur, durch die Eingangstür in den kleinen Vorgarten, für den ich nie Zeit gehabt hatte.

Als ich die Haustür hinter mir schließen wollte, hob mein Begleiter warnend eine Hand.

„Wenn du die Tür hinter dir zumachst, wirst du nicht wieder zurückkommen können“, meinte er ruhig. „Es ist wie mit Brücken, die man nicht hinter sich abreißen sollte.“

Wieder starrte ich den kleinen Kerl einfach nur an. Sprachlos. Ohne zu wissen, wie ich auf diese erneute Enthüllung reagieren sollte. Die Tür offenlassen? Unmöglich. Und ohne weiter darüber nachzudenken, zog ich die Haustür hinter mir ins Schloss. Der Troll schien einen Moment lang überrascht. Dann jedoch erinnerte er sich daran, was sich für einen Troll gehörte, hob kurz die Schultern zum Zeichen dafür, dass ihn das nun wirklich nichts anging, sondern ganz allein meine Entscheidung war und wandte sich um. Der Straße zu. Ich folgte ihm wortlos.

Sonne, Mond und Troll

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