Читать книгу Bonjour Motte! - HeikeHanna Gathmann - Страница 5
3. „Die vier Pfeifen meines Vaters“
ОглавлениеMein Vater besass vier Pfeifen. Er paffte, was das Zeug hielt. Die angenagten Mundstücke und das dunkel eingefärbte Innere der Pfeiffenköpfe erzählen von seiner immensen Schaffenskraft, denn er hinterlies viel und nicht nur Rauchschwaden. Sogar ein kleines Schränken, in welchem er seine rauchenden Wegbegleiter aufbewahrte, wurde angeschafft. Es heisst, Pfeifenraucher seien gutmütige und nachdenkliche Wesen. Die reinsten Philosophen. Die sinkende Zahl der Tabakfans spricht dagegen für ein nicht zu bestreitendes oder anzweifelbares Gesundheitsbewusstsein. Die Logik von dem gesellschaftlichen Aussterben der Güte, dem Mitgefühl und dem besonnenen Handeln. Doch sie trifft auch im Falle meines Vaters nur teilweise zu. Zwar liess er am Abend alle Viere gerade sein und kraulte, entspannt auf dem Wohnzimmersofa liegend, seinen geliebten, schwarzen Pudel. Aber ein Wehe, es ereilte ihn die Ungeduld. Etwa, wenn nicht rechtzeitig eine Rechnung beglichen worden war. Dann half sein Pfeifchen, um ihn zu beruhigen. Oder wenn ihn trotz des Respektes, der ihm allerorts entgegengebracht wurde, eine kindliche Schüchternheit überkam. So beim Treffen der städtischen Honorationen, zu welchem er regelmässig eingeladen wurde. Dann griff der gute Mann zu einem hellbraun schimmernden Rauchutensil aus Feinschliff. Zu seinem besten Stück. „Irgendwann wird dich deine elende Schmökerei umbringen“, maulte meine Mutter, welche den Geruch der Tabakschwaden hasste. Nur sollte er an diesem Laster nicht sterben. Weise, vorsichtig in allen Geldanlagen hatte er es zu Etwas gebracht. Immerhin zählten vier schmucke Häuser sein Eigen. War der Geschäftsmann besonders guter Laune, wurde die französische Variante gezückt und entfacht. Es handelte sich um ein tiefschwarzes, elegantes Souvenir aus dem Urlaub in Südfrankreich. Der Duft, den sie hinterlass, war süsslich und fruchtig. Mein Vater wäre nicht der meine gewesen, hätte er nicht neben der Alltagspfeife noch eine zweite besessen, um jeweils die andere für eine Weile zu schonen.