Читать книгу Seelentaucher - Heiko Buhr - Страница 7

Оглавление

3

Ein Gerichtssaal im Gerichtsgebäude von Jackson. Montagnachmittag, 9. Mai 2005, 14.30 Uhr. Es wird wild durcheinander gesprochen, man hört nur einzelne Stimmenfetzen. Dann tritt, da sich der Gerichtsschreiber erhebt, ganz plötzlich Totenstille im Saal ein.

Gerichtsschreiber Das Verfahren gegen Bobby Norman wird hiermit eröffnet. Den Vorsitz hat der ehrenwerte Richter Donald A. Barnett. Bitte erheben Sie sich.

Eine Tür wird geöffnet, alle Anwesenden stehen auf. Nach einem kurzen Augenblick tritt der Richter schwungvoll durch die offene Tür ein, die sogleich wieder hinter ihm geschlossen wird. Des Richters ganze Erscheinung strahlt eine große Souveränität, ja beinahe Erhabenheit, aus, ohne dass er unnahbar oder gar unsympathisch wirken würde. Ganz im Gegenteil. Er geht zu seinem Platz, setzt sich hin und macht dabei den Anwesenden ein lässiges Zeichen, sie mögen seinem Beispiel folgen, was diese auch mit einer gewissen, deutlich spürbaren Erleichterung tun. Der Richter wartet ab, bevor er zu sprechen beginnt.

Richter Nun denn, dann wollen wir mal. Also ...

Er schaut bedächtig um sich, dann wendet er sich an Bobby Norman.

Richter Sie sind der Angeklagte Bobby Norman?

Erwartendes Schweigen.

Richter Ich wiederhole gern meine Frage. Sie sind der Angeklagte Bobby Norman?

Bobby wird von seiner Anwältin angestoßen und antwortet nur zögerlich, etwa wie ein verschrecktes Tier.

Bobby Ja ... ja, Euer Ehren.

Richter Gut.

Er besinnt sich kurz, dann scheint es, als bemerke er erst jetzt die Person neben Bobby Norman.

Richter Und Sie, sind Sie die Verteidigerin von Mr. Norman?

Anwältin Ja, Euer Ehren.

Richter Sehr schön.

Er schaut sich im Saal um.

Richter Wenn ich das richtig sehe, dann sind wir ja tatsächlich schon vollzählig. Wer hätte gedacht, dass das mal so schnell gehen würde?

Lacher aus dem Publikumsbereich.

Richter Also, ich will ein ordentliches Verfahren. Das heißt erstens: keine Pöbeleien, Schimpfwörter oder anderes unflätiges Zeug. Das gilt vor allem für Sie, Angeklagter.

Bobby Jawohl, Euer Ehren.

Richter Zweitens: keine Spielchen und keine Geschichten von wegen schlimmer Kindheit, böser Schwiegermutter, Jobverlust etc. pp. Solchen Mist versucht mir hier an allen gesegneten Tagen des Herrn jeder Vollidiot unterzujubeln. Interessiert mich aber nicht die Bohne. Es geht hier einzig und allein um das Verbrechen, das Sie, Angeklagter, begangen haben. Und das war, wenn ich es richtig sehe, nicht vor zwanzig Jahren. Ist das klar?

Anwältin / Bobby Ja, Euer Ehren.

Richter Das war eine rhetorische Frage. Sie beide antworten erst, wenn ich Sie eindeutig mit einem ermunternden Blick dazu auffordere oder Ihnen rundheraus das Wort erteile. Ist das klar.

Anwältin / Bobby Ja, Euer Ehren.

Richter Gut. Wenn wider Erwarten doch etwas aus der Vergangenheit des Mandanten im Hinblick auf seine Tat äußerst wichtig sein sollte und hier deshalb – und nur deshalb – vorgetragen werden muss, dann bitte ich, sich so kurz wie nur irgend möglich zu fassen.

Anwalt / Bobby Selbstverständlich, Euer Ehren.

Richter Schön, schön.

Er legt eine kurze Pause ein.

Richter Gibt es an dieser Stelle irgendwelche Fragen?

Vollkommene Stille. Dann mehr zu sich selbst.

Richter Hätte mich auch gewundert.

Er zieht theatralisch ein Taschentuch hervor, schnäuzt sich ausgiebig und steckt es ebenso theatralisch wieder weg.

Richter Ist die Zeugin schon erschienen?

Gerichtsschreiber Jawohl, Euer Ehren. Sie wartet draußen.

Richter Gut. Dann können wir jetzt zur Verlesung der Anklageschrift kommen. Gerichtsschreiber, bitte.

Seelentaucher

Подняться наверх