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Vorwort

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Es war an meinem 60. Geburtstag. Eine bunte Gesellschaft von Angehörigen und Freunden traf sich an einem strahlenden, kalten Januartag in einem Hotelsaal im obersten Toggenburg zu einem reichhaltigen Frühstück. Unsere beiden Söhne nahmen ihren Papa dort ganz ordentlich auf die Schippe und zerrten Müsterchen mehr oder weniger gelungener Erziehungsbemühungen ans Licht der Halböffentlichkeit. Ganz unvermittelt fiel dabei der Satz: «Was unser Vater genau denkt und glaubt, ist uns nie so richtig klar geworden, aber eines ist sicher: Er glaubt an Kobi Zollinger.»

Ich sass betreten da und konnte das eben Gehörte kaum fassen. Was hatte die beiden jungen Männer zu diesem Satz bewogen? Sie kannten Jakob Zollinger, meinen hochgeschätzten Mittelstufenlehrer, späteren Vereins- und Bergkameraden, kaum. Sie hatten ihn vielleicht ein-, zweimal gesehen. Ich forschte nicht weiter nach dem Ursprung dieser Aussage, aber sie wirkte in mir in den folgenden Monaten nach. Ich begann, über meine Beziehung zu Jakob Zollinger nachzudenken. Dabei wurde mir manches bewusst, was uns verband. Irgendwann kam mir die Idee, das Leben dieses so eigenwilligen Mannes in einer Biografie nachzuzeichnen, und ich hoffte, eine solche Aufgabe könnte meinen bevorstehenden Pensionierungsschock abdämpfen. Das Einverständnis von Witwe Elisabeth Zollinger-Anliker und ihren drei Kindern zu meinem Vorhaben kam prompt.

Nachdem ich den Schritt in die grosse Altersfreiheit getan hatte, begann ich mit der Recherche. Zuerst galt es, das Gespräch mit den noch lebenden Weggefährten zu suchen. Angefangen bei den Brüdern Emil und Fritz Zollinger führte ich rund sechs Dutzend Interviews. Danach las ich ein paar Tausend Seiten Tagebucheinträge durch. Weil in der Zwischenzeit der Historiker Walter Bersorger den Jakob-Zollinger-Nachlass im Dürstelerhaus Ottikon im Auftrag der Gemeinde Gossau geordnet hatte, fand ich mich in dem überreichen Material überhaupt zurecht. Ich richtete mir einen Arbeitsplatz inmitten der Akten ein und schrieb das vorliegende Buch in der Jakob-Zollinger-Stube des altehrwürdigen Hauses.

Es geht mir nicht darum, die Forschertätigkeit Jakob Zollingers zu würdigen und zu beurteilen. Dafür fehlt es mir an fachlicher Kompetenz. Diese Aufgabe übernimmt hier der Fachmann Walter Bersorger. Wenn sich künftig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Zollingers Werken, Materialien und Arbeitsweisen auseinandersetzen wollen, steht ihnen dafür eine gewaltige Menge eindrücklichen Materials zur Verfügung.

Jakob Zollinger hat für seine Heimat – vor allem, aber nicht nur für das Zürcher Oberland – Grossartiges geleistet. Er hat das Verständnis der Oberländerinnen und Oberländer für ihre Herkunft sowie ihr Selbstbewusstsein gestärkt, indem er die Geologie dieser Region, ihre Natur, die Entwicklung der Kultur- und Siedlungslandschaft und die Lebensweise ihrer Bewohnerinnen und Bewohner in seiner eigenwilligen Art gründlich erforscht und packend dargestellt hat.

Ich möchte hier den Werdegang Jakob Zollingers nachzeichnen und herauszuarbeiten versuchen, was ihn zu seiner so vielfältigen Tätigkeit angetrieben hat. Einzelne Beispiele sollen zeigen, wie er geforscht und wie präzise er seine Erkenntnisse jeweils dargestellt hat. Bei meinen Nachforschungen habe ich manche Überraschung erlebt: Der äusserlich so ruhig und geerdet wirkende Mann wurde von grossen Selbstzweifeln geplagt und focht grosse innere Kämpfe aus. Er war als Lehrer nicht so unumstritten, wie ich das geglaubt hatte, und ist mit seiner Hartnäckigkeit beim Bewahren von Dingen und Zuständen, die er als wertvoll erachtete, weit mehr angeeckt, als ich es zunächst wahrhaben wollte.

Hätte Jakob Zollinger Freude am Erscheinen seiner Biografie? Sicher würde er sie in wohl anerzogener Bescheidenheit vordergründig als unnötig taxieren – und sich dann gleichwohl geehrt fühlen und sich ein bisschen freuen. Vielleicht so wie 2003, als die Universität Zürich dem einstigen Flarzbueb den Ehrendoktortitel verlieh.

Nachdem ich mich nun durch viel Material gearbeitet, mit Dutzenden von Menschen Gespräche geführt und den Kosmos meines ehemaligen Lehrers und Freundes weiter ergründet habe, muss ich meinen beiden Söhnen recht geben. Die Faszination für die Persönlichkeit Kobi Zollinger war immer da, und sie ist durch die spannende und bereichernde Arbeit an diesem Buch nicht kleiner geworden.

Heinz Girschweiler

Jakob Zollinger

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