Читать книгу Das versteckte Gold - Ein Fall für Jaromir - Heinz Janisch - Страница 8

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Drittes Kapitel

in dem eine Braut winkt, Lord Huber sich über Feenstaub freut und Herr Jaromir ein zweites Rätsel löst

Es waren nur wenige Kilometer von Strem bis nach Güssing. Schon von Weitem konnte man die Burg Güssing gut sehen, die über der alten Stadt auf einem Berg thronte.

„Das ist ein erloschener Vulkankegel“, erzählte Franz Heindl. „Ein guter Platz für eine Burg. Vor euch steht übrigens die älteste Burg des Burgenlandes. Aber bevor wir sie besuchen, könnten wir am Hauptplatz noch etwas trinken. Dann seht ihr gleich das Zentrum der Stadt.“

Sie fuhren an einem alten Elektrogeschäft, einer modernen Apotheke und an der großen, beeindruckenden Kirche vorbei. Dann standen sie auf dem kleinen Hauptplatz der Stadt.

Tische und Stühle waren auf dem Platz aufgestellt, sie gehörten zu einem Kaffeehaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Kellnerin musste die Straße überqueren, um die Gäste bedienen zu können.

Sie fanden einen Parkplatz direkt an der Hauptstraße, die am Hauptplatz vorbeiführte.

Herr Jaromir sprang aus dem Auto und betrachtete die Auslage eines Fotogeschäfts. „Foto Miku“ war über der Eingangstür zu lesen. Was Herrn Jaromir sofort auffiel: Auf allen ausgestellten Fotos sah man nur Brautpaare – und stets war eine alte Burg im Hintergrund.

„Sie haben recht, mein Freund “, sagte Lord Huber, der plötzlich neben ihm stand. „Auf der Burg Güssing wird anscheinend gern geheiratet. Ob das dem Roten Ritter gefällt?“

Lautes Hupen war zu hören. Es wurde immer lauter.

Sieben, acht mit weißen Bändern und Blumen geschmückte Autos fuhren langsam und unablässig hupend an ihnen vorbei. In einem Auto saß eine Braut in einem strahlend weißen Brautkleid, sie hielt einen Blumenstrauß in der Hand und winkte den Leuten auf der Straße zu. Ein Autofenster wurde geöffnet, eine Kinderhand warf glitzerndes Konfetti in die Luft.

„Feenstaub“, sagte Lord Huber fasziniert. „Ich liebe Feenstaub.“

Die Autos fuhren weiter, das Hupen war noch minutenlang zu hören.

„Hier wird gern geheiratet“, sagte Franz Heindl. „Das ist gut für Erwin Miku, den Fotografen. Da gibt es immer genug zu tun. Jetzt hab ich in dem Trubel den Bräutigam gar nicht gesehen. Vielleicht fahren sie zu einem Gasthaus. Oder zum Fotografieren auf die Burg.“

Lord Huber schien kaum zugehört zu haben.

„Feenstaub ist ein gutes Zeichen“, flüsterte er. „Für die Hochzeit und für unseren Fall.“

„Ich verstehe nicht ganz, was Hochzeiten mit dem Diebstahl auf der Burg zu tun haben sollen“, wunderte sich Franz Heindl.

„Hochzeiten sind wunderbare Feste. Mit Feenstaub, Musik und Geschenken“, sagte Lord Huber.

Er deutete auf das Fotogeschäft. „Wir müssen bald mit dem Fotografen reden. Er ist bei den Hochzeiten dabei. Er ist ein wichtiger Zeuge. Vielleicht sogar mehr. Er ist oft auf der Burg anzutreffen und hat als Fotograf überall Zutritt. Wir sollten ihm heute oder morgen einen Besuch abstatten. Ich würde mir gerne seine Hochzeitsfotos anschauen.“

„Die Hochzeitsfotos?“ Franz Heindl seufzte. „Davon wird es hunderte geben! Willst du dir das wirklich antun?“

Lord Huber nickte nur.

Sie überquerten den Hauptplatz. Auf einer Holzbank saßen zwei Figuren aus Bronze.

Die eine stellte einen alten Mann mit Hut und Stock dar. Er saß auf der einen Seite der Bank und schaute sich das Treiben auf dem Platz an. Die zweite Bronzefigur – am anderen Ende der Bank – war ein junges Mädchen, das in einem Buch las.

Herr Jaromir bellte plötzlich wie wild und rannte auf die beiden Figuren zu. Ohne sie zu beachten, sprang er auf die Bank. Er setzte sich zwischen die Figuren und wartete zufrieden, bis Lord Huber und Franz Heindl vor ihm standen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Franz Heindl besorgt.

„Oh, ja“, sagte Herr Jaromir. „Ich habe einen guten Platz in der Mitte gefunden.“

Lord Huber klopfte mit seinem Stock kurz gegen die Bank. „Herr Jaromir hat das Rätsel gelöst“, sagte er zufrieden. „Wir sind drei. Ich bin in der Mitte.“

Er zeigte auf Herrn Jaromir. „Hier wird Ferdinand sitzen und auf uns warten. In der Mitte, zwischen diesen beiden Figuren.“

„Und wann wird das sein?“, fragte Franz Heindl erstaunt.

Um 12 hab ich frei“, sagte Lord Huber leise.

Herr Jaromir sprang von der Bank.

„Ferdinand wollte uns in einem Satz den Tag und die Uhrzeit verraten“, sagte er. „Die Uhrzeit haben wir: 12.00 Uhr. Es kann nicht Mitternacht sein, sonst stünde da eine 24. Und bei welchem Wochentag kommt die schöne Formulierung frei vor?“

„Freitag!“, rief Franz Heindl. Er griff sich an die Stirn. „Es kann also nur heißen: Freitag um 12.00 Uhr. Hier bei der Bank.“

„So ist es“, sagte Lord Huber. „Wir haben also noch ein wenig Zeit, bis wir ihn morgen treffen.“

Er nickte Herrn Jaromir anerkennend zu.

„Ich gratuliere, mein Freund! Gut kombiniert. Wollen wir etwas trinken gehen?“

Sie setzten sich an einen der freien Tische auf dem Platz. Es waren nur wenige andere Gäste da. Ein kleiner Junge lief über den Platz und setzte sich zwischen dem alten Mann und dem Mädchen aus Bronze auf die Bank.

Ein älterer Mann mit weißen Haaren, der auffällig elegant gekleidet war, verließ eben das Kaffeehaus. Er trug einen weißen Anzug mit weißen Schuhen und hatte einen weißen Hut auf dem Kopf. Nur der Stock in seiner Hand war schwarz. Der Mann stieg in ein großes weißes Auto, das vor dem Kaffeehaus geparkt war, und fuhr davon.


Lord Huber schaute dem Auto lange nach.

„Noch mehr Feenstaub“, sagte er. „Eine Figur wie aus einem Märchen. Wer ist dieser Mann im weißen Anzug, der wie ein Schneekönig aussieht? Im Märchen würde er wohl Herr Schneeweiß heißen.“

Franz Heindl lachte. „Der Name würde ihm bestimmt gefallen. Das ist Leopold von Schöntal, so lautet zumindest sein offizieller Name. Hier kennt man ihn nur als den Grafen Leo. Manche sagen auch „der Weiße Graf“. Ihm gehört eine Villa in der Nähe, die eher wie ein Schloss aussieht. Seine Familie besitzt viele Wälder und Grundstücke ringsum. Graf Leo kann es sich leisten, im weißen Anzug herumzulaufen. Er lebt von seinem Erbe und kann es sich gut gehen lassen. Er liebt die Farbe Weiß – wie man sehen kann – und er sammelt schöne Dinge, zum Beispiel alte Gläser und Glasfiguren aus der ganzen Welt. Einmal war seine Glas-Sammlung sogar auf der Burg ausgestellt, in einer Sonderausstellung.“

Franz Heindl fuhr sich mit der Hand durch die Haare.

„Was soll ich sagen? Graf Leo ist ein seltsamer Kauz. Er lebt allein und hat keine Freunde. Bei ihm eingeladen zu werden – das ist bisher nur wenigen gelungen.“

„Ich würde dieses Kunststück gerne schaffen“, sagte Lord Huber. „Dieser Graf interessiert mich. Ein Mann, der Zerbrechliches liebt, muss eine besondere Persönlichkeit sein. Vielleicht ergibt sich schon bald die Möglichkeit für ein Gespräch.“

Die Kellnerin kam zum Tisch.

Lord Huber bestellte sich eine Tasse Tee und eine Schüssel mit Wasser für Herrn Jaromir. Franz Heindl trank Kaffee.

„Unser Freund Ferdinand muss schon hier in der Gegend sein“, überlegte Lord Huber. „Sonst kann er uns nicht diese Rätselaufgaben stellen. Er muss bereits in Strem und in Güssing gewesen sein. Aber irgendetwas scheint ihn heute so zu beschäftigen, dass er uns nicht treffen kann. Vielleicht muss er jemanden beobachten? Oder er muss einer Spur folgen, die ihn zwischendurch woanders hinführt, weg von hier? Wir werden es morgen zu Mittag erfahren.“

„Wenn Ferdinand vor Ort ist, dann geht es um mehr als nächtliche Ritterspiele auf der Burg“, sagte Herr Jaromir. „Ich bin neugierig, wobei er unsere Hilfe braucht.“

„Noch einer, der etwas von euch will“, sagte Franz Heindl. „Vielleicht hängt es ja doch mit dem Roten Ritter zusammen. Wollen wir jetzt auf die Burg hinauf? Ich zeige euch das Museum, und dann können wir oben im Burgrestaurant etwas zu Mittag essen.“

„Die Burg kann noch warten“, sagte Lord Huber. „Vorher steht etwas ganz Dringendes an.“

„Was denn?“, fragte Franz Heindl neugierig.

„Wir müssen etwas tun, das Detektive immer tun sollten.“

„Und das wäre?“

„Die Zeitung lesen“, sagte Lord Huber.

Das versteckte Gold - Ein Fall für Jaromir

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