Читать книгу Das versteckte Gold - Ein Fall für Jaromir - Heinz Janisch - Страница 9
ОглавлениеViertes Kapitel
in dem dreizehn Zeitungen gekauft werden, ein Fotograf von einem Fallschirmspringer erzählt und Lord Huber sich wie ein Pirat fühlt
Mit dreizehn Zeitungen in der Hand kehrten die drei Freunde zum Kaffeehaus zurück und bestellten noch einmal Tee, Wasser und Kaffee.
Sie hatten bei einer freundlichen Frau alle Zeitungen gekauft, die ihnen in ihrem Geschäft aufgefallen waren. Zeitungen aus verschiedenen Ländern waren dabei, auch eine Bezirkszeitung, und sogar Herrn Jaromirs englische Lieblingszeitung, The Daily Telegraph, hatte noch auf einem Zeitungsständer auf sie gewartet.
„Herr Jaromir verbessert gern seine Englischkenntnisse“, sagte Lord Huber zur Erklärung, als Franz Heindl die englische Zeitung erstaunt betrachtete.
„That’s right“, sagte Herr Jaromir. „I love the English language.“
„Oh“, sagte Franz Heindl. Er dachte nach.
„Good luck!“, sagte er dann.
Beide mussten lachen. „Mein Englisch ist nicht sehr berühmt“, sagte Franz Heindl. „Ich sollte wohl auch ein wenig üben.“
Lord Huber unterbrach die beiden und deutete mit seinem Stock auf das Fotogeschäft von Erwin Miku. Der Fotograf schloss gerade sein Geschäft ab, in der Hand hielt er einen silbernen Koffer.
„Er fährt wohl zu einem Fototermin“, sagte Lord Huber. „Vielleicht hat er noch kurz Zeit für ein Gespräch mit uns.“
Franz Heindl eilte schon über den Platz. Er begrüßte den Fotografen und plauderte kurz mit ihm. Dann führte er ihn zum Tisch, an dem Lord Huber und Herr Jaromir warteten.
Franz Heindl stellte seine Freunde vor. Sie seien bei ihm zu Besuch und würden sich sehr für die Burg und die Gegend interessieren.
„Es freut mich, dass Ihnen das Südburgenland gefällt“, sagte Erwin Miku und setzte sich zu ihnen. „Ein rascher Kaffee geht sich aus. Dann muss ich zu einer Hochzeit.“
Er bestellte bei der Kellnerin einen Kaffee und ein Glas Wasser.
„Hochzeit ist ein gutes Stichwort“, sagte Lord Huber. „Eine Nichte von mir würde gern auf der Burg heiraten. Ich nehme an, das sollte kein Problem sein.“
„Oh, es gibt inzwischen lange Wartelisten. Sie muss sich rechtzeig anmelden“, sagte der Fotograf. „Auf der Burg Güssing finden viele Hochzeiten statt. Hier ist meine Karte, falls Sie noch einen Fotografen für das Fest brauchen.“
„Das ist sehr aufmerksam“, sagte Lord Huber. „Darauf komme ich gern zurück. Ich liebe Hochzeiten. Dürfte ich Sie morgen im Geschäft besuchen und mir eine kleine Auswahl Ihrer Hochzeitsfotos anschauen? Das würde mich interessieren. Nicht, dass ich an Ihren Qualitäten als Bildkünstler zweifle, aber jeder Fotograf hat so seine eigene Handschrift.“
„Sie können gern vorbeikommen“, lachte der Fotograf. „Ich habe Berge von Hochzeitsfotos, allein von den letzten drei Wochenenden. Da ist alles dabei. Einmal ist ein Bräutigam sogar mit einem Fallschirm im Burghof gelandet. Das sind schöne Fotos geworden. Aber leider ist mein Beruf nicht sehr familienfreundlich. Meine Frau und meine Söhne murren schon, weil ich so oft am Wochenende arbeiten muss.“
„Wann ist denn die nächste Hochzeit auf der Burg?“, fragte Lord Huber beiläufig.
„Übermorgen“, sagte der Fotograf. „Es beginnt am Nachmittag und endet erst spät in der Nacht.“
Die Kellnerin brachte seine Bestellung.
Erwin Miku stand auf und legte ein paar Münzen auf den Tisch. Dann kippte er seinen Kaffee in einem Zug hinunter. „Kommen Sie doch morgen um zehn Uhr in mein Geschäft. Ich würde mich freuen.“
Er deutete eine leichte Verbeugung an und verließ mit schwungvollen Schritten das Kaffeehaus.
„Ein Fotograf, der in der Burg ein und aus geht, ganz nach Belieben“, sagte Lord Huber. „Und der übermorgen wieder dort sein wird, weil es eine Hochzeit gibt. Ich denke, wir sollten auch vor Ort sein.“
Franz Heindl deutete auf den Stoß Zeitungen, der vor ihnen auf dem Tisch lag.
„Hier wartet noch Arbeit auf uns. Wonach suchen wir eigentlich?“
Lord Huber holte eine Schere aus seinem Rucksack.
„Es muss einen Grund geben für Ferdinands Aufenthalt hier“, sagte er. „Er hat meistens mit Fällen zu tun, die international Aufsehen erregen. Wir halten Ausschau nach Diebstählen oder anderen Verbrechen, die uns auffallen. Oft sind es nur kleine Randnotizen.“
Minuten später lag auf der einen Seite des Tisches ein Berg von zerknitterten Zeitungen, auf der anderen Seite hatte Lord Huber fünf ausgeschnittene Artikel fein säuberlich nebeneinandergelegt.
„Was haben wir alles?“, fragte Lord Huber. „Fassen wir zusammen.“
Er deutete auf einen ausgeschnittenen Artikel.
„Die Bezirkszeitung erzählt uns, dass schon wieder ein rotes Schwert auf eine Tür gemalt wurde. Bei einem Professor aus der Gegend, der sich für Ritter interessiert. Er ist Historiker und will ein Buch über Ritter schreiben. Anscheinend dürfte er dabei jemandem in die Quere gekommen sein. Wir sollten bald mit ihm reden.“
Er nahm drei Artikel auf einmal in die Hand.
„In drei Zeitungen – aus drei verschiedenen Ländern – wird von Diebstählen berichtet, die in Sammlerkreisen für Aufsehen sorgen. Wertvolles Porzellangeschirr ist verschwunden – aus Schlössern und Museen in Ungarn, Deutschland und Österreich. Von der Burg Güssing ist dabei nicht die Rede.“
Er legte die Artikel vorsichtig zur Seite und hob den vierten Ausschnitt hoch.
„Kommen wir zu dieser seltsamen, spannenden Nachricht.“
Er räusperte sich. Dann las er laut vor:
„Selbsternannter Schatzgräber in der Steiermark verhaftet. Mann sucht auf alten Ritterburgen nach vergrabenen Schätzen. In seiner Wohnung wurden mehrere Goldmünzen gefunden.“
Franz Heindl schaute Lord Huber skeptisch an.
„Davon hören wir doch immer wieder. Es gibt einige Leute, die glauben, dass auf alten Burgen Gold versteckt sein könnte, und die dann heimlich auf Schatzsuche gehen. Natürlich ist das ohne Genehmigung verboten. Aber diese Leute zahlen eine kleine Strafe, gehen wieder nach Hause, holen sich eine Schaufel – und fahren zur nächsten Burg.“
„Zum Beispiel nach Güssing“, sagte Lord Huber.
„Vielleicht nach Güssing“, bestätigte Franz Heindl.
„Weil es auf der Burg möglicherweise nicht nur einen Roten Ritter gibt, sondern auch einen versteckten Schatz“, fügte Herr Jaromir hinzu.
Lord Huber stand auf und zückte seinen Stock wie einen Degen.
„Liebe Freunde! Ich fühle mich plötzlich wie ein Pirat, der auf Schatzsuche geht, mitten im Burgenland“, sagte er feierlich. „Ich wollte schon als Kind ein Pirat sein und eine Schatzinsel entdecken! Vielleicht ist diese Schatzinsel ja eine Burg!“
Er lächelte verlegen.
„Verzeiht meine kindliche Freude! Eigentlich sind wir ja drei Piraten auf Schatzsuche!“
„Schiff ahoi!“, rief Franz Heindl. „Ich bin zum Entern bereit!“ Er hielt die Schere in die Höhe.
Herr Jaromir bellte vergnügt.
„Jetzt stellt sich nur noch eine Frage“, sagte Lord Huber. „Wo ist das versteckte Gold?“