Читать книгу Des Ranchers Vermächtnis - Heinz Squarra - Страница 6

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Lex Hardin hielt auf einem Plateau und schaute auf die erhabene Bergwelt, als der ferne, dünne Knall eines Schusses aus einem Canyon wehte. Gleich folgte noch eine wild knatternde Salve.

Es klingt, überlegte Lex Hardin, als wären es zwei oder noch mehr Schützen. Es kann meilenweit entfernt sein, aber kenne sich einer in den Bergen mit den Echos aus.

Seine Gedanken wurden durch erneute Schüsse unterbrochen. Der kräftige Wallach hob den Kopf und blähte die Nüstern.

Da ließ Lex die Zügel schießen.

Sofort fegte das Pferd in den Canyon hinein, aus dem der Widerhall wehte. Das Echo verstärkte sich schnell.

Der Wallach bog um die zweite Kante, als Lex an den Zügeln riss. Noch zwei Sprünge, dann stand das Tier. Lex sah einen Mann von zirka fünfundfünfzig Jahren, der hinter einem großen Stein lag und keine Bewegung wagen durfte. Rechts, unter der überhängenden Felswand stand ein Pferd mit zitternden Flanken. Oben aber, schräg über dem Hohlweg, hockten zwei Kerle auf den Felsspitzen und schossen was das Zeug hielt.

Lex Hardin überschaute das alles im Bruchteil einer Minute. Er riss seine Winchester aus dem Sattelschuh und feuerte zur Höhe hinauf.

Die beiden Kerle waren so vertieft gewesen, dass sie ihn erst jetzt bemerkten. Dem einen wehte der Stetson davon, noch ehe er seine Flinte herumwerfen konnte. Über seine Lippen sprang ein Fluch.

„Hölle, Howdy, da kommt noch einer!“, schrie der Kerl, indem er aufsprang.

Lex sah, dass der Mann klein und wuchtig war und sich mit seinem Stiernacken abschleppen musste. In der nächsten Sekunde duckte er sich aber schon wieder.

Der zweite Halunke wirbelte schon herum. Eine Kugel zupfte an seiner Schulterspitze, dann war er verschwunden.

„Das war sowieso der falsche da unten“, hörte Lex ihn noch rufen. Dann war der letzte Schuss verklungen. Gleich darauf verriet rasender Hufschlag, dass sich die beiden Strauchdiebe in wilder Flucht entfernten.

Lex schaute zu den Felsen hinauf. Sie waren an dieser Stelle nicht zu erklimmen.

Der Mann hinter dem Stein richtete sich jetzt auf. Er war klein und krummbeinig und hatte fast wasserhelle Augen. An seiner Weste steckte der Stern eines Sheriffs.

„Es sieht so aus, als hätten Sie mir eben das Leben gerettet, Fremder“, sagte der Sheriff. „Mein Name ist Big Diboll. Ich bin der Sheriff von Eldorado.“

„Lex Hardin“, gab der Reiter zurück, indem er sein Gewehr im Sattelschuh verschwinden ließ. „Ich kam zufällig des Weges. Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie behilflich sein?“

„Nein. Ich möchte nur wissen, was diese Strolche von mir wollten. Ich habe noch fünf Dollar. Übermorgen ist der Erste des Monats. Soweit müssen die Halunken doch auch rechnen können.“

„Wenn ich den einen Kerl richtig verstand“, erwiderte Lex Hardin, „so galt der Anschlag nicht Ihnen, sondern einem anderen Mann. Vielleicht handelt es sich um einen Racheakt.“

Der Sheriff zuckte die Schultern und lief hinüber zu seinem Pferd, das sich noch immer ängstlich an die Wand drückte.

„Hier kommt selten jemand durch“, sagte er schwach. „Der Weg führt zu Kane Seftons Ranch. Außer den Ranchleuten benutze höchstens ich mal die Straße – oder mal ein Sattelstrol …“

„Sprechen Sie ruhig weiter“, sagte Lex Hardin gelassen, „Mich treffen Sie damit nicht.“

Der Sheriff zog die Gurte seines Pferdes nach und stieg auf. Er brummelte etwas in seinen Stoppelbart. dann sagte er laut: „Ich habe Sie noch nie gesehen. Suchen Sie Arbeit hier?“

Lex schüttelte abweisend den Kopf.

„Nein. Ich will mich vierzig Meilen weiter mit einem Freund treffen. Falls Sie nichts dagegen haben, können wir bis Eldorado zusammen reiten.“

Sheriff Diboll hatte nichts dagegen. Zusammen ritten sie den Canyon hinunter.

Zehn Minuten sprach keiner ein Wort, dann sagte der Sheriff mit einem Kopfschütteln: „Außer uns beiden ist heute meines Wissens nur der Rancher Sefton selbst hier entlang geritten. Er muss kurz vor mir gewesen sein. Sollte ihm der Anschlag gegolten haben?“

„Keine Ahnung“, lächelte Lex. „Mir hat sich der Gent noch nicht vorgestellt. Ich könnte mir aber denken, dass ein Rancher ein lohnenderes Objekt ist, als ein Sheriff kurz vor dem Ersten.“

Big Diboll zerkaute einen Fluch zwischen den Zähnen.

„Sparen Sie sich Ihre bissigen Bemerkungen“, knautschte er durch die Zähne. Dann überlegte er eine Weile. Ruhig setzte er hinzu: „Immerhin, es könnte stimmen. Kane Sefton gehört eine gewaltige Ecke des Distrikts. Ich könnte mir verschiedene Leute vorstellen, die ihm gern mal die Taschen umdrehen würden. Wenn er nach Eldorado reitet, zieht ihm die Hose zumeist den Gürtel nach unten. Er ist ein unverdrossener, aber schlechter Pokerspieler – und das hat sich im Laufe der Zeit herumgesprochen.“

„Er hat also die Taschen immer voller Geld?“

„Ja. Stranger. Fast hätte ich gedacht, Sie wären begriffsstutzig.“

*

Die Sonne neigte sich schon nach Westen, als die beiden Reiter die Stadt Eldorado erreichten. Der Ort bestand aus einer langen Hauptstraße und fünf oder sechs Nebengassen. Die Häuser waren flach aber stabil. Eldorado war eine Präriestadt, wie es zu jener Zeit unzählige im weiten Westen gab.

„Da drüben ist der Langreiter-Saloon“, brummte Sheriff Diboll. „Sie können dort ein Zimmer nehmen. Sicher wollen Sie doch die Nacht über hierbleiben?“

„Das ist genau meine Absicht.“

Plötzlich ruckte Diboll an den Zügeln und zog die Augen zusammen.

„Der große Mann vor dem Saloon ist Kane Sefton“, sagte er. „Der klotzige Kerl ist sein Vormann. Wie kommt der denn hierher? Vorhin war er noch auf der Ranch.“ Der Sheriff ritt weiter, indem er verwundert auf den Mann blickte.

„Vorhin“, sagte Lex grinsend, „dürfte mindestens ein paar Stunden her sein. Wir waren jetzt zwei Stunden zusammen.“

„Ja, es ist vier Stunden her, seit ich von der Ranch wegritt.“

„Der Vormann wird also einen anderen Weg genommen haben“, sagte Lex ruhig. Er tippte an seinen Hut und fuhr fort: „So long, Sheriff, Ihre Begleitung war mir angenehm. Falls Sie mal wieder in Verlegenheit wegen einiger Schurken sind, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich.“

Und er ritt über die Straße, stieg ab und schlang die Zügel um den Holm. Dann beugte er sich unter das Pferd, um die Sattelgurte zu lockern.

In diesem Moment geschah etwas, das Lex Hardins Leben grundlegend verändern sollte. Und der Stein des Anstoßes war eine kleine, hässliche Stechfliege, die sich ins Fell des Wallachs setzte und ihren Stachel in den Tierkörper stieß.

Das Pferd wieherte schrill auf und schlug aus. Lex bekam den Huf zu kosten und flog drei Schritte zurück. Er prallte gegen die Brust des Ranchers Sefton und kratzte dessen Bein mit seinem Sporn.

Kane Sefton knurrte eine Verwünschung.

Lex fasste sich mühsam. Er drehte sich, neigte den Kopf und sagte: „Entschuldigen Sie, Mister. Ich konnte …“

Weiter kam er nicht.

Der Rancher war im Gesicht krebsrot angelaufen. Sein Hals war geschwollen, dass der Kragen zu platzen drohte. Ohne nach dem Warum zu fragen, schlug er zu.

Auf der Straße blieben die Männer stehen und äugten herüber.

Lex kam schwer auf die Beine. In seinem Schädel rumorte es wie in einem Bienenstock. Er hatte Mühe, den großen Rancher mit den feurigen Augen im kantigen Gesicht richtig zu sehen, aber mit jeder Sekunde kehrte ihm ein Stück Klarheit zurück.

Jetzt ging er wieder an den Mann heran, der sich noch immer nicht beruhigt hatte.

„Ich entschuldigte mich“, sagte Lex scharf. „Ich konnte nichts dafür. Dafür schwingt man die Faust nicht, Mister. Tun Sie das nie wieder!“

Kane Sefton blies die Luft ab wie eine defekte Lokomotive.

„Hört euch den Specht an!“, schnaubte er ergrimmt. „Er scheint gar nicht zu wissen, mit wem er es zu tun hat.“

„Bring‘s ihm bei, Boss!“, drängte der bullige Vormann, dessen brandrote Haare glitzernd unter dem Hutrand hervorleuchteten.

Das schien Musik für Seftons Ohren zu sein.

Doch seine Faust zischte an Lex vorbei. Der große Cowboy war blitzschnell zur Seite gesprungen. Jetzt hielt auch er es an der Zeit, in diesem Spiel seine Karten auf den Tisch zu legen. Er holte kurz aus, und der Rancher ging ziemlich schwer zu Boden.

„Jetzt sind wir wohl quitt“, sagte der Cowboy ruhig.

Die Männer auf der Straße aber standen sprachlos. Kane Sefton hatte noch niemand zu verprügeln gewagt, auch dann nicht, wenn er gleich die Kraft dazu besessen hätte. Nein, gegen einen so mächtigen Mann ging man einfach nicht vor.

Es dauerte eine ganze Weile, bis der Rancher wieder auf den Beinen stand.

Lex blickte kurz über die Schulter auf den Vormann. Es schien ihm, als grinse der Kerl, doch es war gleich wieder weg, wie aus dem Gesicht gewischt.

Kane Sefton hatte die Hand auf dem tief geschnallten Colt. Seine Augen glommen dunkel.

„Das, Halunke, wirst du mir büßen!“, zischte er hasserfüllt. Er machte eine ruckende Bewegung, da aber stand plötzlich der Sheriff wie aus dem Boden gewachsen zwischen den Männern.

„Hier wird nicht geschossen, Kane Sefton“, sagte Big Diboll rau. „Du weißt, dass diese Stadt arm ist und keine Begräbnisse ausrichten kann. Wenn ihr euch umbringen wollt, dann reitet hinaus in die Prärie.“

Kane Sefton schob den halb gezogenen Colt mit einem harten Ruck ins Halfter zurück.

„Okay“, presste er durch die Zähne. „Bei Anbruch der Dunkelheit erwarte ich dich an dem Kegel dahinten!“ Seine Hand zeigte die Hauptstraße hinauf und aus der Stadt hinaus, wo in einer guten Meile Entfernung ein kegelartiger Felsen wie ein gewaltiger Finger in den Himmel stach.

Lex Hardin drehte sich ohne Antwort auf dem Absatz um und verschwand im Saloon.

Er saß noch nicht richtig an der Theke, da kam der Sheriff herein.

„Sefton wird dich erledigen“, sagte er düster. „Tut mir leid, Freund. Du warst ein Narr. Am besten, du schwingst dich jetzt auf deinen Gaul und reitest schnell fort. Mehr konnte ich nicht für dich tun.“

Der Sheriff drehte sich um und ging mit hölzernen Schritten hinaus.

Lex sah ihm lange nach. Jetzt erst verstand er. Sheriff Diboll hatte den Kampf verboten, um ihm eine Chance zur Flucht zu geben.

Lex Hardin trank zwei Whisky. Er dachte gar nicht daran, das Feld vor diesem wütenden Rancher zu räumen. Er besaß selbst eine beachtliche Fertigkeit mit seinen Eisen. Und zudem sagte er sich, dass sich Kane Sefton die Sache in den nächsten zwei Stunden sicher selbst noch überlegen würde. Wenn er ein ehrlicher Mann war, dann würde er sich eingestehen, dass er nur das bekommen hatte, was ihm zustand, nämlich eine ordentliche Antwort.

Des Ranchers Vermächtnis

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