Читать книгу "Vielleicht" ist nicht genug - Helene Hammerer - Страница 8
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ОглавлениеNun war er da, der 27. Juni, der Tag der Hochzeit. Und wie vom ganzen Dorf erhofft, war es ein strahlend schöner Sommertag. Den ganzen Vormittag ging es rund im Hotel. Die langen Tafeln im Saal waren festlich gedeckt und dekoriert. In der Küche wurde das Hochzeitsmahl vorbereitet und Imelda ging mit Rosi, der Kellnerin, in die Kirche, um dort die Agape, Brot und Wein für alle, vorzubereiten. Sie würde zur Trauung in die Kirche gehen und alle vom Personal, die nicht in der Küche oder im Service arbeiten mussten, waren auch zur Nachhochzeit eingeladen. So bezeichnete man den Tanz am Abend, zu dem auch alle Nachbarn und Freunde kamen, die beim Festmahl nicht dabei waren. Kurz nach Mittag eilten Imelda und Balbina heim, um sich in Schale zu werfen. Balbina machte sich die traditionelle Frisur zur Tracht, bei der das Haar in zwei Zöpfe geflochten und dann um den Kopf gewunden wurde. Mit Hilfe eines schwarzen Samtbandes wurden die Flechten befestigt. Imelda ließ sich von ihrer Mutter die Haare zu einer Krone flechten. Auch die kleine Sophia bekam eine Zopffrisur. Dann halfen sich die Frauen gegenseitig beim Anlegen der Tracht. Zuerst wurden die Trachtenärmel angezogen, darüber kam der bodenlange Miederrock aus schwarzem, plissiertem Leinen, mit wertvollen Goldstickereien am Halsausschnitt. In den eckigen Ausschnitt steckte man das reichbestickte Brusttuch und band sich ein schwarzes Band um den Hals. In der Taille wurde das Kleid von einem schwarzen Lackledergürtel zusammengehalten, der mit einer feinziselierten Schnalle aus Gold und Silber geschlossen wurde. Die „Juppe“, wie die Tracht genannt wurde, war der Stolz der Frauen und die einzelnen Teile wurden in den Familien von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Sophia durfte die weiße Mädchentracht anziehen, die Imelda schon als Kind getragen hatte. Wolfgang machte bei den Schülern mit, die Lieder und Gedichte eingeübt hatten.. Markus, der Schulleiter, war zu Imelda gekommen und hatte gemeint, es wäre eine gute Gelegenheit für Wolfgang, seine Klassenkameraden kennenzulernen. Er trug die traditionelle Männertracht. Ein weißes Hemd, ein rotes Wams, schwarze Kniebundhosen aus Wollstoff und weiße, gestrickte Kniestrümpfe. Die Kinder schauten einander an und lachten. „Du siehst lustig aus, wenn du so verkleidet bist“, kicherte Sophia. „Du auch“, gab ihr Bruder zurück. Wolfgang machte sich gleich auf den Weg, denn der Schuldirektor wollte noch kurz mit den Kindern proben. Die Frauen und Sophia warteten vor dem Nachbarhaus auf Frieda. Onkel Kaspar, der beim Kirchenchor Bass sang, war schon vor einer halben Stunde aufgebrochen. Von allen Seiten strömten festlich gekleidete Menschen zur Kirche und auch das Brautpaar und die Festgesellschaft näherten sich in Begleitung der Blasmusik. Da der Wirt der Alpenrose auch Vizebürgermeister war, wurde ihm diese Ehre zuteil. Imelda ging mit Sophia weiter nach vorne, während die älteren Frauen lieber in den hinteren Bankreihen Platz nahmen. Bald danach kamen die Musikanten und suchten ihre Plätze und schließlich erklang der Hochzeitsmarsch von Mendelssohn. Alle standen auf und drehten die Köpfe. Vorne weg hüpften Carina und Elsbeths Jüngste, Marie-Theres, und hinter ihnen schritt das Brautpaar. Felicia in einem schneeweißen Spitzenkleid mit weitem Rock, dem Hochzeitskleid ihrer Mutter, wie sie Imelda erzählt hatte, mit weißen Blumen in ihrem langen, dunklen Haar. Daneben Alexander, umwerfend wie immer, im schwarzen Anzug. Der Kirchenchor sang, der Pfarrer sprach lange und feierlich und als sich das frischvermählte Ehepaar küsste, schlüpfte Carina aus der Bank und lief zu den beiden. Der Pfarrer runzelte die Stirn und die Leute lachten. Alexander und Felicia nahmen die Kleine in ihre Mitte und hielten beide ihre Hand. Rundherum wurden Taschentücher gezückt und auch Imelda spürte Tränen aufsteigen. Ob ihre Kinder jemals einen neuen Vater bekämen, der sie so liebte, wie Felicia die kleine Carina? Imelda bezweifelte es.
Später auf dem Kirchplatz ging es fröhlich zu. Die Schulkinder sagten Gedichte auf, die Blasmusik spielte und alle aßen frische Brötchen und tranken Wein oder Saft. Plötzlich fühlte Imelda etwas wie Stolz in sich aufsteigen, auf die Dorfgemeinschaft, die fröhlich feierte, und es war gut, ein Teil davon zu sein.