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2.2 Übergangsregimes – nationale Rahmungen des Übergangs von der Schule in den Beruf

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Pädagogisches Handeln im Übergang ist bereits vorstrukturiert durch Normalitätsannahmen bezüglich gelingender und gescheiterter Übergänge, die nicht nur auf individueller und institutioneller, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene verankert sind (Walther, 2014a, S. 78). Übergangsregimes können als nationalstaatliche Rahmen verstanden werden, in denen Übergangspfade vorgezeichnet werden. Sie sind »Konstellationen der gesellschaftlichen Regulierung von Übergängen« (Walther, 2014a, S. 80). Übergangsregimes präfigurieren Möglichkeit und Ausmaß individueller Gestaltungsmöglichkeiten und werden beispielsweise durch Gesetzgebung, strukturelle Vorgaben oder auch Zeitpunkt und Ausmaß von Gatekeepingprozessen3 durch professionelle Akteur*innen auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar. Das bedeutet, Heranwachsenden und Menschen, die diese im Übergang begleiten, kommt immer nur ein begrenzter Handlungsspielraum zu, welcher gemäß einer bestimmten Logik vorstrukturiert ist. Übergangsregimes können als nationalstaatliche Normalitätsannahmen betrachtet werden und sind derart in sozio-ökonomische und institutionelle Prozesse eingeflochten, dass sie als notwendig und nicht wandelbar erscheinen (Walther, 2014a, S. 78).

Auf der Suche nach grenzübergreifenden Mustern innerhalb der verschiedenen institutionellen und strukturellen Arrangements wurde in einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie eine heuristische Typologie von Übergangsregimes entwickelt, der zufolge sich die nationalen Übergangsregimes in Europa in vier idealtypische Modelle einteilen lassen:

Das universalistische Übergangsregime (nordische Länder) zeichnet sich im Schulbereich durch eine hohe Durchlässigkeit aus. Junge Erwachsene sind im Übergang von der Schule in den Beruf vor allem durch den Staat sozial abgesichert und münden in ein offen strukturiertes Arbeitsregime mit geringem Risiko;

das liberale Modell (angelsächsische Länder) zeichnet sich mit dem Ziel möglichst rascher Unabhängigkeit und Erwerbstätigkeit durch ein durchlässiges Schulsystem und flexible Strukturen im Übergangs- und Ausbildungsbereich aus, ist allerdings mit hohem Risiko für die Bewerber*innen verbunden. Soziale Absicherung erfolgt teilweise durch den Staat, teilweise durch die Familie;

das unter-institutionalisierte System (südeuropäische Länder) bietet durchlässige Schulstrukturen bei niedrigen Standards. Durch einen eher in sich geschlossenen Arbeitsmarkt mit hohem Risiko sind junge Erwachsene und Jugendliche oftmals lange von ihrer Herkunftsfamilie abhängig, durch die die alleinige soziale Sicherung erfolgt;

das erwerbszentrierte Modell (mitteleuropäische Länder) zeichnet sich besonders durch ein selektives Schulsystem, das die Schüler*innen früh in verschiedene Sparten unterteilt. Das Arbeitsregime wird als geschlossen, jedoch mit nur geringem Risiko für die Heranwachsenden bewertet. Sozialer Rückhalt wird hier zum Teil durch staatliche Förderungen geleistet, zum Teil wird er von der Herkunftsfamilie abhängig gemacht (Walther, 2014a, S. 94f.).

Das Übergangsregime Österreichs, Deutschlands und der Schweiz wird dem erwerbszentrierten Typus zugeordnet, der sich in erster Linie durch eine hohe Standardisierung, eine hohe Differenzierung und ein hohes Maß an sozialer Selektion auszeichnet.

Die Typen von Übergangsregimes unterscheiden sich insbesondere auch darin, ob Benachteiligung strukturell oder individuell bedingt interpretiert wird (Lindmeier & Schrör, 2015, S. 153). Strukturell meint dabei, dass »Jugendliche benachteiligt [sind], weil sie arbeitslos sind und ihnen dadurch Teilhabemöglichkeiten vorenthalten sind, und sie sind arbeitslos, weil Arbeit oder Bildungsmöglichkeiten fehlen bzw. der Zugang verschlossen ist« (Walther, 2014a, S. 95). Diese Auffassung spiegelt sich im universalistischen und unter-institutionalisierten Modell wider. Im Zuge der individuell bedingten Auslegung von Benachteiligung wird Arbeitslosigkeit eher geknüpft an individuelle Defizite wie fehlende Ausbildungsreife oder Motivation. Diese Auffassung von Benachteiligung dominiert im erwerbszentrierten und liberalen Übergangsregime und kommt teilweise im universalistischen Modell vor. Je nach Interpretation folgt als nationalstaatliche Antwort eher die Schaffung von (Aus-)Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten oder die Schaffung von Maßnahmen zur individuellen Förderung und Anpassung von jungen Erwachsenen, um den vorgegebenen und benötigten Anforderungen zu entsprechen (ebd.).

Inklusive Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf

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