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2.1 Die Nahtstelle Schule-Beruf im österreichischen (Berufs-)Bildungssystem

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Die allgemeine Schulpflicht endet in Österreich nach dem 9. Schuljahr im Alter von 14–15 Jahren. Die Thematik des Übergangs und Fragen nach weiteren Anschlussmöglichkeiten werden zumeist jedoch schon früher virulent, denn mit dem Ende des 8. Schuljahres endet in Österreich auch die Sekundarstufe I, welche entweder an einer Mittelschule oder der Unterstufe einer AHS (Allgemeinbildenden Höheren Schule) absolviert werden kann. Bei Vorliegen eines SPF (Sonderpädagogischen Förderbedarfs) aufgrund von Behinderung oder Beeinträchtigung gibt es die Möglichkeit integrativer Beschulung oder, falls nicht vorhanden oder möglich, des Besuches einer Sonderschule.1 Allein an einer AHS besteht (bei entsprechend erfolgreichem Abschluss der Sek I) die Möglichkeit, in derselben Schule in die AHS Oberstufe zu wechseln. Ein Wechsel von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II und die Fortsetzung der schulischen Laufbahn ist neben der Oberstufe einer AHS in folgenden Schulformen möglich: BMS (Berufsbildende Mittlere Schule) oder BHS (Berufsbildende Höhere Schule). Die inklusive Beschulung von Schüler*innen mit Behinderung oder Beeinträchtigung in der Sekundarstufe II ist derzeit in Österreich nur im Rahmen von Schulversuchen oder in Privatschulen möglich. Damit ist – die genannten Schulversuche ausgenommen – für eine Beschulung in höheren Schulen (Oberstufe AHS oder BHS) noch vorwiegend ein »normaler Lehrplan« sowie eine Beschulung ohne SPF erforderlich (Moser, 2018).

Zudem sind einjährige Schulformen zur Erreichung der Schulpflicht und Absolvierung des 9. Schuljahres vorhanden: PTS (Polytechnische Schule) sowie das BVJ (Berufsvorbereitungsjahr). Die Polytechnische Schule stellt einen einjährigen Schultyp zur Berufsvorbereitung dar. Nach Abschluss des 9. Pflichtschuljahres an der PTS oder einer anderen höheren Schule kann anstatt weiterer schulischer Bildung auch im Zuge einer Dualen Ausbildung/Lehre (Berufsschule und Ausbildung in einem Betrieb) direkt der Weg in die Erwerbstätigkeit eingeschlagen werden2 (Euroguidance Österreich, 2021, online).

Das BVJ stellt einen einjährigen Bildungsgang dar. Es findet an Sonderschulen statt und bildet dort das 9. Pflichtschuljahr. Der Lehrplan des BVJ findet zudem auch bei Schüler*innen mit SPF, die eine Integrationsklasse besuchen, Anwendung. Im Allgemeinen richtet sich das BVJ an Schüler*innen mit Behinderung oder Benachteiligung. Den Anschluss an das BVJ bildet zumeist eine Integrative Berufsausbildung, welche eine berufliche Erstausbildung für Schüler*innen mit Behinderung oder Benachteiligung umfasst. Eine Integrative Berufsausbildung kann unterschiedliche Formen annehmen (verlängerte Lehre oder Teilqualifizierung), beinhaltet jedoch zumeist eine Lehrstelle am ersten Arbeitsmarkt ( Kap. 6.3).

Der Arbeitsmarkt wird in verschiedene Teilsegmente unterteilt: Der erste, auch reguläre oder allgemeine Arbeitsmarkt genannt, umfasst die reguläre, tarifvertragliche und sozialversicherungspflichtige Erwerbsarbeit in Wirtschaftsunternehmen oder öffentlichen Einrichtungen. Der zweite Arbeitsmarkt betrifft zeitlich befristete und im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik geförderte Arbeitsplätze. Dazu zählen in Österreich zum Beispiel Sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte. Am zweiten Arbeitsmarkt finden sich reguläre, nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, die zwar geschützt, aber wirtschaftsnah sind und den Übergang bzw. Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen sollen. Der dritte Arbeitsmarkt ist der sogenannte ›erweiterte Arbeitsmarkt‹ (Sonderarbeitsmarkt oder Ersatzarbeitsmarkt genannt) und existiert in Form von Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM), Beschäftigungstherapie oder Tagesstruktureinrichtungen. Dieser Arbeitsmarkt ermöglicht dauerhaft geförderte Arbeitsplätze für jene Personen mit Behinderung, die am ersten Arbeitsmarkt keine Beschäftigungsmöglichkeiten erhalten. Der zweite und dritte Arbeitsmarkt dienen der beruflichen Rehabilitation von Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigung, die nicht, noch nicht oder nicht wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt erwerbstätig werden können (Stadler, 1996, S. 275ff.; Wegscheider & Schaur, 2019, S. 50; arbeit plus – Soziale Unternehmen Vorarlberg, 2016, online).

In Österreich soll jedoch das 2016 in Kraft getretene Ausbildungspflichtgesetz (›Ausbildung bis 18‹) sicherstellen, dass jede*r Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren eine Form der Ausbildung (Schule oder Duale Berufsausbildung) in regulärer, verlängerter oder teilqualifizierender Form besucht. Tagesstrukturen und WfbM sowie ungelernte Hilfsarbeit erfüllen grundsätzlich nicht die Voraussetzungen für die Ausbildungspflicht. Es kann jedoch zu einem Einmünden in den Ersatzarbeitsmarkt kommen, wenn ein Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt nicht gefunden oder gehalten werden kann und es demnach zu einem langfristigen Verbleib im Übergangssystem kommt. Grundsätzlich stellen Beschäftigungen am Ersatzarbeitsmarkt jedoch eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation dar, wodurch die (Wieder-)Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt eine ihrer Aufgaben ist.

Sind Jugendliche bis 18 Jahre nicht in einem dieser beiden Ausbildungsstränge (sog. NEET: Not in Education, Employment or Training oder systemferne Jugendliche), brechen vorzeitig Schule oder Berufsausbildung ab (EAL: Early School Leavers bzw. FABA: Frühe (Aus-)Bildungsabbrecher*innen) oder sind hinsichtlich ihres weiteren (Aus-)Bildungsweges noch unentschlossen, sind sie dazu angehalten, eine Maßnahme im sogenannten »Übergangssystem« (erstmalige Erwähnung im Nationalen Bildungsbericht 2006, siehe: Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2006) zu besuchen.

Das Übergangssystem gilt als Teilbereich des außerschulischen Berufsbildungssystems und beinhaltet unterschiedliche, nicht berufsqualifizierende Maßnahmen, die als Brückenangebote fungieren und der Berufsorientierung, -vorbereitung oder der Ausbildungsqualifizierung und Nachreifung und damit der Anbahnung bestimmter ausbildungsrelevanter Kompetenzen oder von Ausbildungsreife dienen. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Chancen der Jugendlichen zu verbessern und diese so bald als möglich (wieder) in das (Berufs-)Bildungssystem zu integrieren. Maßnahmen des Übergangssystems bieten somit keine zertifizierten Berufsausbildungen und -abschlüsse (Kohlrausch, 2012).


Abb. 2.1: Nahtstelle Schule-Beruf im österreichischen Bildungssystem (eigene Darstellung)

Auf dem Niveau der Sekundarstufe II verlaufen demnach das Schulbildungssystem, das Berufsbildungssystem sowie das Übergangssystem parallel zueinander. Der Weg von Jugendlichen von der Schule in den Beruf kann dabei von (mehrmaligen) Wechseln zwischen diesen Systemen geprägt sein.

Die rechtliche Grundlage für Teilhabe an Ausbildung und Beruf von Menschen mit Behinderung bildet auf internationaler Ebene die UN-Behindertenrechtskonvention (Art. 24 und 27). Auf nationaler Ebene sind vor allem der Nationale Aktionsplan Behinderung 2012-2020 als Umsetzungsstrategie der UN-BRK zu nennen sowie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG), das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), das Arbeits- und Gesundheitsgesetz (AGG), Teile des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) sowie das Ausbildungspflichtgesetz (APflG ›Ausbildung bis 18‹).

Inklusive Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf

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