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Die Dichtung

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Die älteren Quellen zum Leben des Franziskus wissen zu berichten, daß er, wenn er in ekstatische Erregung geriet, französisch sprach79 oder sang.80 Wenn auch Heinrich von Avranches behauptet, er habe die französische Sprache durch himmlische Eingebung gelernt,81 so ist es doch wahrscheinlicher, daß seine Sprachkenntnis natürliche Ursachen hatte. Genaueres wissen wir darüber allerdings nicht. Im Languedoc, dem heutigen Südfrankreich, blühte damals die Kunst der Troubadours.82 Möglicherweise brachten der Vater des Franziskus, Pietro di Bernardone, und andere Kaufleute, die in die Provence und das Rhônetal reisten, Troubadour-Lieder mit nach Italien. Doch spricht auch einiges für die Vermutung, daß die Mutter des Franziskus mit dem schönen Vogelnamen Pica (Elster) aus dem Languedoc stammte und ihrem Sohn ihre eigene Muttersprache beibrachte. Die schwärmerische Begeisterung des jungen Franziskus für das Rittertum und die Vorliebe für höfische Lebensart (curialitas, courtoisie), die er zeitlebens bewahrte, können sicher auch von seiner Kenntnis provenzalischer Dichtung her erklärt werden.

Daß die Troubadours dem Katharismus nahestanden, wie es gelegentlich behauptet wird, scheint fraglich. Im Text der einzelnen Lieder finden sich dafür keinerlei Anhaltspunkte. Die Dichtung der Troubadours hat im ganzen einen vitalen, lebenbejahenden Charakter, während die Weltsicht der Katharer vom Pessimismus bestimmt war.83 Doch sieht z.B. RENÉ NELLI auch Berührungspunkte zwischen den »Guten Leuten« (Katharern) und den Troubadours: sie hatten die gleichen adeligen Protektoren, auf den gleichen Schlössern lauschte ihnen dasselbe Auditorium von Damen und Edelleuten. NELLI verweist insbesondere auf die Angriffe, die beide gegen Kirche, Klerus und Mönche richteten, sowie auf das Bestreben der Troubadours, die Liebe zu reinigen und zu vergeistigen.84

Sowohl die Kenntnis der provenzalischen Lyrik wie auch der großen ritterlichen Epen und ihrer Stoffe dürfte noch gegen Ende des 12. Jahrhunderts nach Italien gelangt sein. Um diese Zeit sind auch die ersten Dichtungen in italienischer Sprache, dem sogenannten Volgare, nachweisbar.85 Die erste Hochblüte, die diese Dichtung dann in der Scuola Siciliana, der am Hofe Kaiser Friedrichs II. in Süditalien blühenden Liebeslyrik, erreichte, kann auf den jungen Franziskus nicht mehr eingewirkt haben, da ihre Anfänge um das Jahr 1220 liegen,86 dem »Sonnenlied« (Canticum fratris Solis) fast gleichzeitig.

Zu den ersten erfolgreichen Troubadours in Italien scheint der als »Versekönig« bekannte Dichter gehört zu haben, den Franziskus um 1212–1215 bekehrte und in seinen Orden aufnahm. Franziskus gab ihm den Namen »Bruder Pacificus«: es ist die erste erwähnte Namensänderung bei einem Eintritt in den Orden. Pacificus war seinerzeit der bekannteste Dichter und Kantilenenmacher gewesen und war sogar vom Kaiser gekrönt worden.87 Im Orden zeigte sich seine visionäre Begabung: mehrere für das Selbstverständnis des frühen Franziskanertums wichtige Visionen werden von ihm berichtet. Pacificus stammte aus der Mark Ancona. Als sein Geburtsort wird Lisciano d’Ascoli genannt. Nach späteren Quellen soll sein weltlicher Name Guglielmo Divini gewesen sein. Er war (ab 1217) der erste Provinzialminister der französischen Ordensprovinz.88 Während der drei letzten Lebensjahre des Franzisetkus hielt er sich wieder in dessen engster Umgebung auf. Als Dichter und Sänger scheint er sich im Orden nicht mehr betätigt zu haben.89 Pacificus starb 1236 im Franziskanerkonvent von Vézelay.

Franziskus von Assisi

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