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2. Anfänge in Militär und Politik
ОглавлениеDies war also die Familie, in welche Marcus Antonius hineingeboren wurde – mit einem berühmten und geachteten Großvater, aber mit einem Vater und Onkel, die weder als Soldaten noch als Politiker noch als Charaktergrößen der Ahnengalerie des Triumvirn Glanz verleihen konnten. Antonius war der älteste Sohn des Marcus Antonius ‚Creticus‘ und der Iulia; er besaß zwei jüngere Brüder, Gaius und Lucius, und eine Schwester Antonia. Alle sollten es schwer haben, wieder zu den Vordersten der stolzen und herrschsüchtigen Nobilität ihrer Zeit gerechnet zu werden.
Anders stand es um die mythischen Ahnen der Antonier. Nach einer Sitte vieler vornehmer Geschlechter, die gegen Ende des zweiten Jahrhunderts aufkam, führte auch die gens Antonia die Ahnenreihen auf einen göttlichen oder gottähnlichen Vorfahren zurück; dieser Urahn wurde in der Regel über Namensähnlichkeiten kreiert. In diesem Fall wurde Antaios erwählt, ein Sohn des Herakles. Seit wann die Familie diese Genealogie propagierte, wissen wir nicht. Den ersten sichtbaren Beleg liefert der Triumvir selbst, als er im Jahre 49 mit seinen gezähmten Löwen, die er bald vor seinen Reisewagen spannen sollte, in Italien Aufsehen erregte. Der von Herakles erlegte Löwe beziehungsweise sein Fell stehen als Bildsymbol für die Abkunft von diesem Helden (Heros).1 Eine Serie von Goldmünzen aus dem Jahre 42 stellt auf den Rückseiten die mythischen Vorfahren der soeben ernannten Triumvirn Antonius, Octavian und Lepidus vor, also bei Antonius den Antaios. Er wird als Krieger mit Schwert und Lanze gezeigt, der um die Hüfte gelegte Mantel als einziges Bekleidungsstück unterstreicht den heroischen Typ der dargestellten Person. Dass Antonius schon als Volkstribun im Alter von Anfang 30 Jahren sich als ‚Löwenbezwinger‘ in einer durchaus extravaganten Art und Weise der Öffentlichkeit zeigte, spricht sowohl für sein besonderes Leistungsethos als auch für seinen Hang zu einem extrovertierten, üppigen Lebensstil.
Antonius’ Leben beginnt für den Biographen mit einer Kuriosität: Wir kennen zwar seinen Geburtstag, den 14. Januar, doch nicht das genaue Geburtsjahr, da sich diesbezüglich die Quellen widersprechen. Am wahrscheinlichsten ist das Jahr 83 v. Chr. anzunehmen. Sein Großvater war wenige Jahre zuvor umgebracht worden, seinen Vater sah er nur bis etwa zu seinem neunten Lebensjahr, bevor dieser in den Krieg zog, aus dem er nicht mehr zurückkehrte, sein Onkel war kompromittiert, und wurde, als Antonius etwa 13 Jahre alt war, aus dem Senat gestoßen. Kurz: Die männliche Verwandtschaft fehlte oder versagte, und so übernahm die Mutter Iulia die Erziehung des Sohnes. Nach dem Tode ihres ersten Gatten hatte sie Publius Cornelius Lentulus Sura aus dem patrizischen Hochadel Roms geheiratet. Die Cornelii Lentuli stellten allein im ersten Jahrhundert v. Chr. in einem Zeitraum von 70 Jahren, bis zum Todesjahr des Triumvirn, sieben Konsuln. Lentulus Sura begann seine senatorische Ämterlaufbahn unter Sulla und durchlief eine glatte Karriere bis zum Konsulat im Jahre 71. An seinem Namen hing aber der Geruch von Bestechung und schändlichem Lebenswandel, wie es in den Quellen heißt; ihn ereilte das gleiche Schicksal wie Gaius Antonius – er wurde von den Zensoren des Jahres 70 von der Senatorenliste gestrichen. Ob ihn Iulia kurz zuvor oder danach heiratete, wissen wir nicht.2 Rehabilitiert, bekleidete er zum Zeichen seiner wieder erworbenen Standeswürde im Jahre 63 zum zweiten Male die Prätur, es war das Jahr der catilinarischen Verschwörung. Catilina, ebenfalls aus patrizischem, aber seit langem politisch bedeutungslosem und verarmtem Geschlecht, plante einen Staatsstreich gegen die herrschenden Optimaten, nachdem seine wiederholten Versuche, zum Konsul gewählt zu werden, fehlschlugen. Sein Potential fand er in den wirtschaftlich und politisch Gescheiterten aus allen Schichten der Gesellschaft, von denen sein prominentester Anhänger Lentulus Sura war. Über Lentulus wurde kolportiert, er werde nach Cinna und Sulla der letzte von drei Corneliern sein, dem das Schicksal die Herrschaft über Rom bestimmt habe. Im Gegensatz zu manchen Sympathisanten der Verschwörung, die wie Crassus oder Caesar den Optimaten einen Denkzettel verpassen wollten, machte sich Lentulus zur politischen Speerspitze des Unternehmens. Der Konsul Cicero konnte eindeutige Beweise über die in Rom geplanten Gewaltaktionen beibringen, sodass der Senat Lentulus und vier Mitangeklagte für schuldig befand und die Todesstrafe beschloss, die Cicero sofort exekutieren ließ. Plutarch äußert die Vermutung, dass Antonius’ spätere erbitterte Feindschaft gegenüber Cicero auf die von diesem veranlasste Hinrichtung seines Stiefvaters zurückging.3 Wir verfügen allerdings über keinerlei Vorstellung der damaligen internen Familienverhältnisse im Hause der Iulia. Die folgenden Ereignisse vermitteln jedoch nicht den Eindruck einer permanenten und tiefen Abneigung; immerhin konnte Caesar den Cicero zehn Jahre später bitten, sich für Antonius’ Bewerbung um die Quästur zu verwenden.
Bald darauf musste Antonius, er war Anfang Zwanzig, die Verurteilung seines Onkels wegen schlechter Provinzverwaltung und dessen Verbannung miterleben. Möglicherweise haben die traurigen, ja dramatischen Ereignisse im Familienleben des jungen Mannes den Eintritt in das öffentliche Leben hinausgezögert. Cicero hatte mit 17 bis 18 Jahren, Caesar mit 20, Crassus mit 21 Jahren seinen ersten Militärdienst geleistet. Andere hatten sich früh als Gerichtsredner zu profilieren versucht, der Meister der Rhetorik Lucius Licinius Crassus, Ciceros Lehrer, mit 20, Hortensius mit 19, Caesar mit 22 Jahren. Über Antonius ist aus jener Zeitspanne nichts außer den Widerwärtigkeiten bekannt, die Cicero, aber sehr viel später, in seiner zweiten Philippischen Rede über Antonius’ Jugendjahre ausschüttete; auch Plutarch fand in seinen Quellen nichts anderes vor. Danach geriet Antonius in den Bannkreis des Gaius Scribonius Curio und des Publius Clodius, beide eng miteinander befreundet, beide hochbegabte Politiker aus angesehenen Familien, die aber durch ihre provozierenden, unkonventionellen Methoden der Lebensführung und politischen Agitation die scharfe Kritik der konservativen Optimaten wie Cicero auf sich zogen. Curios Vater, Konsul des Jahres 76, besaß wie Antonius’ Großvater einen Namen als Redner, hatte von dieser Begabung auch mehr Talent auf seinen Sohn vererbt als Antonius an seine Nachkommen. Nach Cicero soll sich Antonius der Straßenprostitution hingegeben haben, bis ihn der gleichaltrige Curio zum Leidwesen von Curios Vater als seinen eigenen Liebhaber zu sich nach Hause nahm. Curio habe auch für Antonius’ Schulden in Höhe von sechs Millionen Sesterzen gebürgt, sich aber, da selbst überschuldet und aus Furcht vor dem Zorn des Vaters, in seiner Not an Cicero gewandt mit der Bitte, die Summe bei seinem Vater loszueisen. Cicero rechnete es sich im Jahre 43 noch hoch an, dem hoffnungsvollen Jüngling Curio damals aus der Klemme geholfen und den Vater überredet zu haben, die Schulden des Sohnes zu begleichen.
Publius Clodius Pulcher, ein Patrizier mit dem ursprünglichen Namen Publius Claudius Pulcher, ein paar Jahre älter als Antonius und Curio, führte sich mit einem handfesten Skandal in die stadtrömische Öffentlichkeit ein. Im Dezember des Jahres 62 hatte er verbotenerweise an einem nur für Frauen zugänglichen Fest zu Ehren der Bona Dea als Frau verkleidet teilgenommen, das Caesars Gattin Pompeia zu Hause ausgerichtet hatte. Clodius wurde entdeckt; in dem folgenden Prozess traten sein Freund Curio als Verteidiger, kein Geringerer als Cicero als Ankläger auf. Cicero schwang wieder einmal die moralische Keule und beschuldigte Clodius sogar des Inzestes mit seiner Schwester. Unter skandalösen Umständen, dank hoher Bestechungssummen, ist Clodius zwar freigesprochen worden, aber Cicero stand nunmehr im Visier dieses Mannes. Clodius wechselte, um als Volkstribun die Gesetzesinitiative übernehmen zu können, vom Patrizier- in den Plebejerstand und führte erst von diesem Zeitpunkt an den plebejischen Familiennamen Clodius anstelle des patrizischen Claudius. Seine Rache an Cicero fokussierte er auf ein Gesetz, das er mit Unterstützung der Triumvirn Caesar, Pompeius und Crassus als Volkstribun einbrachte und welches Cicero zwang, wegen der Hinrichtung der Catilinarier ins Exil zu gehen. Insofern wird verständlich, dass es aus der Sicht Ciceros zum Verwerflichsten zählte, was ein Mensch begehen konnte, nämlich zu den Kumpanen seines Todfeindes Clodius gehört zu haben; dieses Faktum wurde durch ihn zum Menetekel einer durch und durch verdorbenen Jugend stilisiert. Selbstverständlich begegnen wir damit einer ganz einseitig verzerrten Sichtweise auf den jungen Antonius, denn Clodius handelte damals in vollem Einvernehmen sowohl mit den Triumvirn als auch mit den beiden Konsuln des Jahres 58. Insofern ist Antonius’ Parteinahme für Clodius weder als außergewöhnlich noch als verwerflich zu bezeichnen.
Noch im gleichen Jahr trennten sich die Wege der beiden Freunde. Antonius nahm jetzt, mit etwa 25 Jahren, die Gestaltung seines weiteren Lebens in Angriff. Er begab sich den Gepflogenheiten junger senatorischer Adliger gemäß auf eine Studienreise nach Griechenland, um, wie Plutarch schreibt, seinen Körper für den Kriegsdienst zu trainieren und sich in der Kunst der Beredsamkeit zu üben – beides wurde im griechischen Gymnasion vermittelt. Wieder einmal bleiben Einzelheiten im Dunkeln – über seine dortigen Lehrer sowie den Ort seines Aufenthaltes (Athen?) –, doch Antonius kann sich nicht allzu lange den schönen Künsten hingegeben haben, denn spätestens im Jahre 57 folgte er dem Ruf des neuen syrischen Statthalters Aulus Gabinius auf einen Posten als Reiteroffizier. Gabinius, einer der Konsuln des Jahres 58, war vermutlich der Sohn des gleichnamigen Quästors, der unter Antonius’ Großvater in Kilikien gedient hatte. Er zählte zu den eifrigsten und treuesten Gefolgsleuten des Pompeius. Als Volkstribun des Jahres 67 initiierte er das Gesetz, welches dem Pompeius den Oberbefehl im Kriege gegen die Seeräuber verschaffte und in den nächsten Jahren diente er ihm als sein Unterfeldherr in Syrien und Judäa. Er kannte also die Regionen, in die er nunmehr als Statthalter entsandt wurde. Da Gabinius als Konsul zu den Unterstützern des Clodius gehörte, hat er spätestens zu diesem Zeitpunkt die Bekanntschaft mit Antonius gemacht, sofern die Familien diese dank des Vaters und Großvaters gemeinsamer Tätigkeit im Osten nicht bereits schon länger begründet hatten. Sobald ein Gesetz des Clodius dem Gabinius den Posten in Syrien zugewiesen hatte, wird er Antonius die Stelle eines Befehlshabers der Reiterei angeboten haben. Syrien war erst wenige Jahre zuvor nach Beseitigung der armenischen Vorherrschaft über das ehemalige Seleukidenreich von Pompeius als römische Provinz eingerichtet worden. Aber weniger Syrien selbst als das südlich angrenzende Reich der Hasmonäer in Judäa beanspruchte damals wie in den folgenden Jahrzehnten die volle Aufmerksamkeit der römischen Autoritäten. Deren Eingreifen in Judäa bietet durchweg ein Musterbeispiel für die Defizite und Grenzen der römischen Provinzialadministration. In diesem Fall führten die komplizierten innerjüdischen Strukturen, römische Vorurteile gegenüber der jüdischen Religion und die Unfähigkeit und Korruptheit der Statthalter zu einem Knäuel nahezu permanenter Konfliktsituationen. Pompeius hatte im Zuge eines internen Machtkampfes zwischen den Hasmonäerbrüdern Hyrkanos und Arsitobulos Jerusalem erobert, das Königtum beseitigt, Hyrkanos mit dem Titel eines ‚Ethnarchen‘ der Oberaufsicht des syrischen Statthalters unterstellt und Aristobulos mitsamt Familie für den Triumphzug als Gefangene nach Rom geführt.
Gabinius war noch vor Ende seines Konsulatsjahres aus Rom abgereist, hat den Winter vielleicht in Griechenland verbracht und traf mit Antonius im Frühjahr des Jahres 57 in Syrien ein. Kaum angekommen musste er auch schon in Judäa zugunsten des Hyrkanos intervenieren, weil Alexander, ein Sohn des Aristobulos, die Flucht aus der Gefangenschaft geglückt war und nun mit schnell zusammengerafften Anhängern seines Vaters den Hyrkanos zu vertreiben gedachte.4 Den gleichen Versuch startete kurz darauf Aristobulos selbst, der sich ebenfalls aus Rom – wohl durch Bestechung – davon machen konnte. Militärisch hatten diese Scharen den römischen Legionen nichts entgegenzusetzen, so dass beide, Vater und Sohn, besiegt und Aristobulos zum zweiten Mal als Gefangener nach Rom geschickt wurden. Im Zuge dieser Strafaktionen findet zum ersten Mal die persönliche Tapferkeit des Antonius Erwähnung. Insbesondere vor der Festung Alexandreion (etwa 35 km nördlich des Toten Meeres gelegen) zeichnete er sich vor den anderen Unterfeldherrn des Gabinius aus. Die Römer wurden dabei von Hyrkanos treuen jüdischen Hilfstruppen unterstützt, die unter dem Befehl des Antipater standen, eines Idumäers und der rechten Hand des Ethnarchen. Auf diese Zeit ging die Gastfreundschaft zwischen Antonius, Antipater und dessen Sohn Herodes zurück, dem Antonius später zur Königswürde über Judäa verhelfen sollte.5
Gabinius ist damals mit allen Herausforderungen und Verlockungen, die der Osten zu bieten hatte, konfrontiert worden. Thronstreitigkeiten innerhalb der benachbarten Herrscherhäuser boten Gelegenheit, gegen gutes Geld der unterlegenen Partei zu ihrem Recht zu verhelfen und dabei noch das eigene Ruhmeskonto zu vergrößern. Zwar hatten mehrere Gesetze den Statthaltern verboten, ohne ausdrückliche Genehmigung des Senats die Provinzgrenzen in kriegerischer Absicht zu überschreiten, aber Gabinius gehörte zu der Sorte von Männern, die sich dank mächtiger Rückendeckung in Rom, in diesem Fall des Pompeius, wenig darum scherten. Ein Angehöriger des parthischen Herrscherhauses, den der König, sein Bruder, aus Medien vertrieben hatte, lockte Gabinius, mit ihm über den Euphrat zu ziehen und ihn bei der Rückgewinnung des Thrones zu unterstützen. Das Untenehmen kam nur aus dem Grunde nicht zustande, weil eine scharfe Senatsdepesche aus Rom eingetroffen war, die Gabinius das Verlassen seiner Provinz untersagte. Bald fand sich aber ein noch besseres Angebot, welches für Antonius’ späteres Leben von Bedeutung sein sollte. Es betraf das altehrwürdige Reich der Ptolemäer am Nil, das noch immer das wohl reichste Land am Mittelmeer, doch machtpolitisch nur noch ein Schatten seiner selbst und zu einer Art Bananenrepublik verkommen. Im Jahr von Gabinius’ Konsulat war der damalige König Ptolemaios XII. aus Alexandria vertrieben und als politischer Flüchtling in Rom eingetroffen. In Ägypten regierte an seiner statt die Tochter Berenike IV.
Bei Gabinius hatte sich nun ein Adliger aus dem im nördlichen Kleinasien gelegenen Königreich Pontos namens Archelaos eingefunden; es handelte sich um den Sohn des gleichnamigen Generals des Königs Mithridates aus dem ersten großen gegen Rom geführten Krieg, der nach Kriegsende auf die römische Seite gewechselt war. Dem Sohn hatte Pompeius wenige Jahre zuvor den reichen und angesehenen Tempelstaat von Komana in Pontos (heute Tokat) übertragen, bei welcher Gelegenheit der jüngere Archelaos wohl mit Gabinius, der als Legat in Pompeius’ Stab diente, Freundschaft geschlossen hat. Den Archelaos ließen Loyalität zu dem Römer oder Aussicht auf Reichtum, Ruhm und Ehre zu Gabinius in Syrien stoßen, als dieser sich anschickte, ins Partherreich einzumarschieren. Als Gabinius das Vorhaben abbrechen musste, suchte und fand Archelaos eine andere Möglichkeit des Weiterkommens. Da man am ägyptischen Hof einen Gatten für die junge Königin suchte, um deren Position zu stärken, bot Archelaos Berenike seine Hand an, indem er sich als Sohn des pontischen Königs Mithridates ausgab. Berenike willigte ein, und Archelaos bestieg den ägyptischen Thron.6
Wenige Monate später erschien dann bei Gabinius der aus Rom kommende vertriebene König Ptolemaios XII. Er hatte bei Pompeius entgegen eines anders lautenden Gesetzes seine Rückführung nach Ägypten erwirkt. Mit einem Schreiben des Pompeius in der Hand und einer gut gefüllten Schatulle im Gepäck brachte er Gabinius dazu, ihn mit Hilfe der römischen Legionen nach Alexandria auf den väterlichen Thron zurückzuführen. Auf diesem Feldzug soll Antonius zum ersten Mal als Soldat brilliert haben. Er nahm mit seinen Reitern die Grenzfestung Pelusion ein und trug in der entscheidenden Schlacht gegen die Truppen der Königin wesentlich zum Sieg bei. Plutarch schildert sodann sein Verhalten, mit dem er seine Beliebtheit bei der Bevölkerung Alexandrias begründete: Er konnte zwar nicht den Tod der jungen Königin, die der eigene Vater umbringen ließ, wohl aber ein größeres Blutbad unter der Bevölkerung verhindern. Vor allem besorgte er dem gefallenen Archelaos ein königliches Begräbnis, denn dieser hatte auch zu Antonius’ Freunden gezählt. Der Historiker Appianos berichtet von einem angeblichen ersten Treffen zwischen Antonius und der damals dreizehnjährigen Kleopatra, in die sich der Römer schon damals verliebt haben soll – es ist besser, diese Episode, ob wahr oder erfunden, auf sich beruhen zu lassen.7
Die Statthalterschaft des Gabinius überschattete allerdings, wie so viele der damaligen Zeit, das Odium der Bestechlichkeit, der schamlosen Bereicherung auf Kosten der Provinzialen und darüber hinaus der Vernachlässigung seiner eigentlichen Pflichten – es hieß, während seiner Abwesenheit hätten die Seeräuber den Bewohnern seiner Provinz schwer mitgespielt. Er wurde im Frühjahr 54 von dem Triumvirn Crassus abgelöst und reiste in Erwartung seines Prozesses angeblich besonders langsam nach Rom zurück, wo er Mitte September eintraf. Die Anklage lautete auf Verletzung der maiestas des römischen Volkes wegen seines eigenmächtigen Vorgehens in Ägypten und auf Ausbeutung seiner Provinz. Da Gabinius sowohl von Pompeius als auch von Caesar gedeckt wurde und Cicero gegen seine innere Überzeugung gezwungen wurde, für Gabinius zu sprechen, böte der Prozessverlauf Stoff für eine eigene Skandalgeschichte unter den vielen im damaligen Rom. Vom ersten Anklagepunkt wurde er freigesprochen, im zweiten Punkt aber verurteilt und ins Exil geschickt, aus dem ihn Caesar zu Beginn des Bürgerkrieges zurückholen sollte. Cicero schrieb dem Antonius elf Jahre später in seiner Aufzählung der Jugendsünden auch das ägyptische Unternehmen aufs Schuldenkonto – ungeachtet der Tatsache, dass er selbst den Gabinius in diesem Punkte verteidigt hatte und obwohl Antonius gar nicht anders handeln konnte als dem Befehl seines Vorgesetzten Folge zu leisten.8
Antonius war nicht Zeuge dieses unwürdigen Gezerres gewesen, sondern hatte zuvor die wohl wichtigste und nachhaltigste Entscheidung für seinen künftigen Lebensweg getroffen: sich von Pompeius und dessen Zöglingen abzuwenden und seinen weiteren Militärdienst bis zur Quästur im Lager von Gaius Iulius Caesar zu absolvieren. Ohne in Rom Station zu machen, begab er sich zu dem Eroberer Galliens, der damals im Land der Eburonen an der unteren Maas im Winterquartier lag. Er mochte fürchten, in dem Strudel, in welchem Gabinius gerade versank, mit hinunter gezogen zu werden und schon den Start für ein erfolgreicheres Politikerleben, als es Vater und Onkel vorgelebt hatten, zu verpassen.9 Für Caesar sprach zunächst einmal die Tatsache, dass seine Mutter Iulia aus dem Geschlecht Caesars stammte, darüber hinaus kannte Caesar Antonius’ Vater aus den Zeiten des kretischen Feldzuges. Die Vermutung liegt also nahe, dass Caesar den etwa 17 Jahre jüngeren Antonius bereits aus der Zeit vor dem Gallischen Krieg persönlich kannte. Vielleicht hat der Prokonsul auch vom Mut und Draufgängertum gehört, welche Antonius vor Alexandria bewiesen hatte, und ihm seinerseits angeboten, in seinen Stab einzutreten.
Das Geschlecht der Iulier, aus welchem auch Antonius’ Mutter stammte, ist bereits kurz vorgestellt worden. Gaius Iulius Caesar (Abb. 3), geboren im Jahre 100, gehörte zu einem seit Generationen angesehenen, weitläufigen patrizischen Familienclan; zahlreiche Iulii Caesares zierten die römische Konsulliste. Caesars Vater war allerdings schon nach der Prätur als Legat im Dienste des Marius und Cinna verstorben, ohne den Konsulat erreicht zu haben. Seine Schwester, Caesars Tante, war mit Gaius Marius verheiratet, der junge Caesar selbst hatte eine Tochter Cinnas geehelicht. Die Verwandtschaft gab also den politischen Standort im Lager der Popularen vor, verlangte dem knapp Zwanzigjährigen aber auch seine erste Mutprobe ab. Er weigerte sich, sich aus politischer Raison von seiner Gattin zu trennen, und musste dafür eine Zeit lang das Leben eines Flüchtlings und Verfolgten fristen. Anders als Cicero absolvierte Caesar an rhetorischer Ausbildung – in Rhodos – nur das Quantum, welches zum standesgemäßen guten Ton gehörte, tauchte stattdessen ganz in das Soldatenleben ein und machte durch mutige Husarenstücke gegen die Seeräuber von sich reden. Seine Karriere als Politiker war gezeichnet von einer Mischung aus Skrupellosigkeit und Genialität und war getrieben von einem unbändigen Machtinstinkt. Zur Erreichung seiner ehrgeizigen Ziele schienen ihm die Möglichkeiten des Konsulates alleine, welches er im Jahre 59 bekleidete, nicht sicher genug zu sein. Deshalb hatte er zuvor ein Bündnis mit Gnaeus Pompeius, dem größten Feldherrn, und mit Marcus Licinius Crassus, dem reichsten Manne jener Zeit, den so genannten Ersten Triumvirat, geschmiedet. Als Konsul drückte Caesar gegen den erbitterten Widerstand der Optimaten Gesetze durch, die den Wünschen der drei Politiker nachkamen. Im Mittelpunkt seines eigenen Bestrebens stand eine langjährige Statthalterschaft, während der er so viel Ruhm und Reichtum anhäufen konnte, dass er fortan vom ersten Platz unter Roms Politikern nicht mehr zu verdrängen sein sollte. Als Schauplatz oder, besser ausgedrückt, als Opfer dieser Begierde war Gallien ausersehen. Caesar verschaffte sich per Volksgesetz, welches der Volkstribun Publius Vatinius einbrachte, die Provinz Illyricum (den Küstenstreifen Dalmatiens), die Gallia cisalpina (Oberitalien nördlich des Apennin) auf fünf Jahre, unter dem Druck des Pompeius fügte der Senat die Gallia transalpina, also das Land der Kelten jenseits der Alpen, als Amtsbereich hinzu. Pompeius und Crassus hatten als Konsuln im Jahre 55 nicht nur sich selbst per Gesetz einträgliche Provinzen zugeschanzt, Spanien und Syrien, sondern Caesars Provinzen um weitere fünf Jahre bis zum Ende des Jahres 50 verlängern lassen.
Abb. 3: C. Iulius Caesar. Porträtkopf aus Tusculum. Turin, Antikenmuseum.
Kurz vor Antonius’ Ankunft in Gallien hatte Caesar bereits Regionen erreicht, die noch kein römischer Soldat vor ihm betreten hatte. Im Neuwieder Becken ließ er eine Brücke über den Rhein schlagen und durchstreifte knapp drei Wochen lang das rechtsrheinische Germanien. Im gleichen Jahr setzte er für eine kurze Expedition nach Britannien über, eine für seine Naturschätze berühmte Insel am Rande der damals bekannten Welt, ein Unternehmen, das seine Wirkung in Rom nicht verfehlte.
Zum engsten Zirkel um den Oberfeldherrn gehörten seine Legaten, Unterfeldherrn und gegebenenfalls auch Unterhändler und Diplomaten, derer Caesar in dem weiten gallischen Raum besonders bedurfte. Sie hatten in der Regel ihre senatorische Ämterkarriere bereits begonnen und suchten aus verschiedenen Gründen – und wenn es nur der Bereicherung diente – das Intermezzo des Offiziersdienstes, um ihre reguläre Laufbahn zu gegebener Zeit fortzusetzen. Die Offiziere, die Antonius an Caesars Seite vorfand, standen für dessen unkonventionelle Art, seine Gefolgsleute nicht alleine nach ihrer Herkunft, sondern nach ihren Fähigkeiten auszuwählen. Zum Zeitpunkt, als Antonius in Gallien eintraf, stammten nur die wenigsten der zehn Legaten aus senatorischen Familien. Der nach seiner Herkunft Erste hieß Marcus Licinius Crassus, der älteste Sohn des Triumvirn, gefolgt von Marcus Iunius Silanus aus einer konsularen Familie und Publius Sulpicius Rufus, Sohn des berühmt-berüchtigten Volkstribunen des Jahres 88. Alle anderen stammten aus ‚neuen‘ Familien; einige hatten bereits die Prätur bekleidet und erhofften sich von Caesar Unterstützung bei der Bewerbung um den Konsulat: So Quintus Tullius Cicero, jüngerer Bruder des großen Redners und Prätor im gleichen Jahr wie Caesar (63), Titus Labienus aus Picenum, Prätor in Caesars Konsulatsjahr 59. Zwei weitere Gefolgsleute waren erst im Jahre 55 Volkstribunen gewesen: Gaius Trebonius und Gaius Fabius, andere erst Quästor wie Lucius Munatius Plancus aus Tibur, Titus Sextius und der reiche Lucius Minucius Basilus aus Picenum. Außer Labienus und Quintus Cicero hielten sie alle Caesar im kommenden Bürgerkrieg die Treue, und Caesar belohnte sie mit Ehrenstellen, Geld und militärischem Ruhm.10 Antonius, damals noch nicht einmal dem Senatorenstande zugehörig, begründete hier in Gallien die Freundschaft mit einer Reihe von Caesars Gefolgsleuten, die ihm später als Triumvir unentbehrliche Helfer wurden: Munatius Plancus, Quintus Fufius Calenus aus Kampanien, der erst im Jahre 51 als Legat nach Gallien kam, Publius Ventidius Bassus, aus niedrigsten Verhältnissen in Asculum in Picenum stammend, unterhielt einen Fuhrpark in Rom und wurde Caesars wichtigster Heereslieferant. Zum Dank nahm ihn der Diktator im Jahre 47 in den Senat auf. Ventidius stellte sein militärisches Talent in den Dienst des Antonius, der ihn schon vier Jahre später zum Entsetzen der Nobilität zum Konsul beförderte.11
Antonius fand sich in einer Gesellschaft ehrgeiziger Männer wieder, denen das Ducken und Buckeln in Rom zu mühsam und damit der Erfolg zu ungewiss war. Caesars Art, junge Talente ohne Rückendeckung oder Beziehungen zu fördern und sich Freunde für die Zukunft zu verpflichten, bot die gegebene Alternative. Umgekehrt kamen Caesar Männer vom Typ eines Antonius besonders gelegen: Einerseits war dessen Name in Rom bekannt und die Familie gehörte zur Nobilität, andererseits stand Antonius aufgrund der schwachen Figuren, die Vater und Onkel abgegeben hatten, abseits der engen und verpflichtenden Netzwerke der Hauptstadt – und er war tüchtig.
Den ersten Posten, den Antonius von Caesar erhielt, kennen wir nicht, jedoch schickte ihn der Prokonsul, stets darauf bedacht, die Karrieren seiner Anhänger zu fördern, schon nach einem Jahr zwecks Bewerbung um die Quästur nach Rom. Er bat Cicero, Antonius’ Bewerbung zu unterstützen. Antonius fand in der Hauptstadt chaotische Zustände vor, die durch die Bewerbungen des Clodius um die Prätur und seines Erzfeindes Annius Milo um den Konsulat für das Jahr 52 verursacht worden waren. Sie bewirkten offenbar, dass seine Kandidatur vorerst nicht zum Zuge kam, doch blieb er in Rom, um hier im Sinne Caesars zu wirken.
Nachdem Crassus im Juni des Jahres 53 in der Schlacht bei Carrhae in Mesopotamien gefallen war, musste Caesar seine Position zu Pompeius und den Optimaten neu austarieren und war zu diesem Zweck im darauf folgenden Winter nach Ravenna gereist, wo er Cicero traf. Den Plan, sich zusammen mit Pompeius für das Jahr 52 zum Konsul wählen zu lassen, musste er angesichts des Aufstandes des Vercingetorix in Gallien, der seine dortige Anwesenheit erforderte, aufgeben. Er konnte allerdings Pompeius’ Einwilligung zu einem Plebiszit erhalten, welches ihm gestattete, sich für das Jahr 48 um den Konsulat bewerben zu dürfen, ohne dafür in Rom persönlich erscheinen zu müssen. Antonius gehörte, nachdem sein alter Freund Clodius im Januar ermordet worden war, drei Monate später zu den Unterzeichnern einer Anklage gegen Milo, die Clodius’ Anhänger mit dem Einverständnis von Caesar und Pompeius verfolgten. Im Frühherbst wurde er dann zum Quästor für das folgende Jahr (51) gewählt und begab sich sofort in Caesars Provinz. Ohne dass er an der üblichen Verlosung der Provinzen teilnehmen musste, und ohne die gesetzlichen Formalitäten abzuwarten, reiste er alsbald nach Gallien ab. Dort wurde er nämlich dringend gebraucht, weil Caesar sich anschickte, Vercingetorix in Alesia einzuschließen, und die übrigen gallischen Völker ein großes Entsatzheer aufstellten. Caesar erwähnt Antonius in seiner Schrift de bello Gallico das einzige Mal, als dieser zusammen mit Trebonius den eigenen Soldaten im Schanzwerk vor Alesia zu Hilfe kommt. Zu Beginn des neuen Jahres 51 ließ Caesar Antonius, nunmehr Quästor, als Befehlshaber der Winterlager zurück, während er selbst in 40 Tagen eine Expedition gegen die Biturigen führte. Dann finden wir Antonius als Befehlshaber der 12. Legion an Caesars Seite, der ihn bald darauf mit 15 Kohorten im Stammesgebiet der Bellovaker am Unterlauf der Seine zurückließ. Zu Beginn des Winters musste Antonius eines der letzten Feuer des Widerstandes austreten, welches der Fürst Commius im Gebiet der Atrebaten an der oberen Schelde entfacht hatte.12
So sehr Caesars Eroberungswerk für ihn und seine Getreuen Ruhm, Ehre und Reichtum bedeutete, so tief ließ der mit unglaublicher Grausamkeit geführte Krieg das einst freie Gallien in eine Apathie von Ohnmacht und Trauer sinken. Den letzten Widerständlern in Aquitanien, sofern er sie lebend fasste, ließ Caesar als abschreckendes Beispiel die Hände abhacken, damit sie nie wieder Waffen tragen konnten. Das geschundene, ausgeblutete und ausgeplünderte Land musste Caesars Weg zur Macht in Rom ebnen. Es diente nicht nur als Ruhmesblatt für den Sieger, sondern auch als Geldquelle, aus der Caesar für sich selbst, seine Offiziere, Soldaten, die Politiker in Rom schöpfte – vom vornehmen Senator wie Cicero, dem er ein Darlehen von 200.000 Sesterzen gewährte, bis zum einfachen Legionär, den er durch bislang nicht gekannte Donative an sich band. Zu den auf diese Weise Begünstigten und Begüterten gehörte sicher auch Antonius. Caesar war von ihm begeistert. Hirtius, der Verfasser des achten Buches des bellum Gallicum, schrieb, dass Antonius mit Caesar auf äußerst vertrautem Fuße stand. Caesar hatte Größeres mit ihm vor und bewies an Antonius wie auch an vielen anderen Anhängern sein Talent, im richtigen Augenblick die richtigen Männer in die passende Position zu lancieren.13
Kaum war der Winter vorüber, schickte Caesar Antonius nach Rom, damit er sich auf eine durch Tod eines Mitglieds frei gewordene Stelle im Priesterkollegium der Auguren bewerbe. Die Anfänge dieses altehrwürdigen, geachteten Kollegiums datierten die Römer selbst in die Königszeit zurück. Seine Hauptaufgabe bestand in der Deutung göttlicher Zeichen als Zustimmung oder Ablehnung von bevorstehenden Handlungen staatlicher Amtsträger oder Kollegien. Seit Sulla zählte es 15 Mitglieder und ihm gehörten damals unter anderen Pompeius, Cicero, Antonius’ Onkel mütterlicherseits Lucius Iulius Caesar und zwei weitere Konsulare an. Die Wahl erfolgte durch das Volk nach einer vom Kollegium aufgestellten Kandidatenliste. Antonius’ einzige, aber gewichtige Empfehlung bestand in der Tatsache, dass auch sein Großvater bis zu seiner Ermordung durch die Schergen Cinnas dem Augurenkollegium angehört hatte. Mit Caesars Geld, Druck und sicher auch der Fürsprache seines Onkels konnte sich der junge Quästorier gegen einen gewesenen Konsul, Lucius Domitius Ahenobarbus, durchsetzen.14
Das Jahr 50 stand allerdings nicht im Zeichen dieses Ereignisses, sondern der sich zuspitzenden Auseinandersetzung über Caesars Schicksal nach seiner gallischen Statthalterschaft. Davon hing seine Zukunft als Privatperson und Politiker ab, denn seine innenpolitischen Gegner sehnten nichts sehnlicher herbei, als Caesar für die während seines Konsulates begangenen legislativen Gewaltakte zur Rechenschaft zu ziehen. Caesars Kommando in Gallien endete nach zehnjähriger Dauer am 31. Dezember des Jahres 50. Der Senat durfte gemäß eines von den Konsuln Pompeius und Crassus im Jahre 55 initiierten Gesetzes nicht vor, sondern erst ab dem 1. März desselben Jahres über einen Nachfolger beratschlagen. Dieser Nachfolger hätte Caesar sofort am 1. Januar des Jahres 49 ablösen, sein Heer übernehmen und Caesar nach Rom schicken können, wo er sich als Privatmann den Anklägern hätte stellen müssen. Der ihm für das Jahr 48 zugesagte Konsulat und das Privileg, sich um diesen in Abwesenheit bewerben zu dürfen, hätten sich in Luft aufgelöst, und er selbst hätte in völliger Bedeutungslosigkeit in irgendeinem Verbannungsort leben müssen.15
Caesar parierte den Angriff der Gegner, an deren Spitze der Konsul Gaius Claudius Marcellus stand, mit einer Hinhaltetaktik, die infolge des Vetos eines Volkstribunen jede Beschlussfassung über einen Nachfolger verhinderte. Denn: Solange kein Nachfolger in der Provinz eingetroffen war, musste der betreffende Statthalter bis zu dessen Ankunft in derselben bleiben. Er behielt seine Befehlsgewalt und war juristisch nicht zu belangen, bis er die Stadtgrenze Roms überschritt. Dieser Volkstribun hieß Gaius Scribonius Curio, Antonius’ Jugendfreund. Er hatte zwischenzeitlich als Quästor dem Statthalter der Provinz Asia gedient und war für das Jahr 50 zum Volkstribun gewählt worden. Caesar bemühte sich, den als glänzenden Redner bekannten Mann aus vornehmem Hause auf seine Seite zu ziehen, und dies gelang bei dem notorisch hoch verschuldeten Curio – kurz zuvor hatte er aufwändige Leichenspiele zu Ehren seines verstorbenen Vaters gegeben – am besten mit Geld: Caesar ließ sich nicht lumpen und übernahm auf einen Schlag alle Schulden in Höhe von 10 Millionen Sesterzen. Aber Curio war sein Geld wert: Caesar kombinierte seine Verhinderungstaktik mit dem gleichzeitigen Angebot, er werde sein Kommando abgeben, sofern Pompeius dasselbe, seine spanischen Provinzen betreffend, tue. Dazu war nun Pompeius, dem diese Provinzen im Jahre 52 noch einmal um fünf Jahre verlängert worden waren, begreiflicherweise nicht bereit. Dessen ungeachtet, gelang es Curio kurz vor Ende seines Tribunatsjahres Anfang Dezember, die grassierende Angst vor einem Bürgerkrieg in einem Senatsbeschluss aufzufangen, der beide Prokonsuln, Pompeius und Caesar, aufforderte, ihre Befehlsgewalt gleichzeitig niederzulegen. Der überrumpelte Konsul Marcellus ergriff nun eigenmächtig die Initiative, das heißt ohne gesetzliche Grundlage oder einen vorherigen Senatsbeschluss. Er überstellte Pompeius die Aufforderung und die Vollmacht, alle Maßnahmen zum Schutze des Staates zu ergreifen. Pompeius nahm an.16