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Vom Wert des Lebens und der Moral

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Die Nacht ist vorbei und mit ihr der letzte Schlaf, still zieht die Morgenröte über das zerfurchte Gesicht, dessen Augen das Feucht des Glanzes verloren haben, als hätte die Trockenheit von innen seit Stunden eingesetzt.

Wer weiß von euch, was Leben und Lebenswert ist, das sich nicht am Gewicht und in Körperlängen bemisst? Das Leben, in dem der Mensch ist, atmet und denkt, ist die Weltengabe vom großen Schöpfer als Geschenk.

So gilt nicht nur das Sehen und Fassen der äußeren Dinge, sondern mehr noch das Begreifen der unsichtbaren Sphären, die den inneren Bau bewirken und bestimmen, was weit und hoch hinauf reicht mit den Sinnen.

Der Verstand versucht es mit den Jahren zu verstehen, erlebt dagegen häufig das farbig schillernde Versehen, weil es schon im Ansatz denkerisch unmöglich ist, die hohen und höchsten Dinge mit den Händen des Verstandes zu begreifen.

So kommen wir auf den Boden dieser Wirklichkeit zurück und zerlegen das Ganze mit viel Mühe Stück für Stück, was dann zum Stillstand kommt und auch nicht weiterhilft, je näher wir an die Grenze des Sichtbaren vom Unsichtbaren kommen.

Mit dem Hören ist es nicht anders, weil manche Ohren noch hören, was der Mensch der normalen Mitte nicht mehr wahrnimmt. So geht auch die Wahrheit über das Hörbare weit hinaus, sie führt uns als Suchende in das helle und stille Gedankenhaus.

Gedanken hin, Gedanken her, die Bürde des Lebens wird dann schwer, wenn wir es nicht fassen, dass es Dinge gibt, die leuchten und sind leer. Innere Größe lässt sich nicht auf die Körperwaage stellen, weil diese Größe mit den Händen nicht zu fassen und zu heben ist.

Es ist Inhalt des Schöpfungsgeschenks mit dem Wunder des Geistes, der das Leben so vielfältig farbig reich und einmalig macht, dass der Weinende auflacht, wenn er’s begreift, dass es die Seele ist, die ihn in größter Stille durchs Leben hebt und führt.

Der Gang wird zur Fahrt, die Fahrt wird zum Flug, weil die Seele weder steht noch über den Tag ruht, denn die Wellen des Lebens schlagen an zu branden und der Geist darüber wacht, dass der Flug nicht führt zuschanden.

Wege der Kreuzung queren sandig weit und breit, die Frische des Morgens ist seit Stunden verblichen. Manche Köpfe erheben sich und machen sich gescheit, dabei ist der Lebensinhalt mit dem Blut bereits verstrichen.

Fliegend über den Weiten der Wüste kommt die Erleuchtung, dass mit den Engen des Tages Schluss gemacht werden muss, wenn die Kranzarterien ums Herz nicht in Mitleidenschaft gezogen und die Blutzufuhr zum Herzen nicht gedrosselt werden soll.

Der Himmel ist blau, und rau sind die Winde im Klimawandel, die wirbelstürmisch als Tornados und Taifune hereinbrechen und in Sekundenschnellen zerreißen und im Sogtrichter verschlingen, was Menschenhände mit viel Fleiß und Mühen errichtet haben.

So ist neuklimatisch das Ringen zwischen Sein oder Nichtsein geblieben, da schieben sich anders atmosphärische Elemente ein und dazwischen, dass die Vorhersage vergangener Jahre und Tage die Gültigkeit verlieren, wenn Fragen auf die Antwort warten, wie das Leben weitergehen soll.

Der alte Mann mit dem Stock in der rechten Hand steht neben dem Baum, der noch älter als der Mann ist und seine lichtende Krone emporhebt, weil ihm die Jahre aufgegeben haben, das Ende entschlossener zu fassen, was zu begreifen und zu tun dem alten Mann nicht einfacher erscheint.

Der Flug über die Wüste ist Antwort auf die Träume der Zeit, wie weit die Schlichtheit, die die bodenständige Wahrheit trägt, verrutscht, verzogen und aus den Sinnen ausgezogen ist, dass denkerische Anstrengungen zum besseren Verständnis erforderlich sind.

Der alte Mann schlägt den Stock gegen den Stamm des greisenden Baumes, als gäbe der Alte dem noch Älteren die Hand des Abschieds, wobei der jüngere Alte im Reflektieren den Boden mit dem gefallenen Laub der jüngsten Vergangenheit betrachtet und sich seine alten Gedanken macht.

Der Stock gibt ihm die bessere Sicherheit im Gehen, denn keinen gibt’s, der ihn im Armgriff führen würde. Müde gehen Schritt für Schritt in der gehobenen Aufmerksamkeit, mit den Füßen nicht zu stolpern und auf den Atemrhythmus zu achten.

Der Mann im höheren Alter denkt mehr an das gestörte Gleichgewicht als an die ihm zugesprochenen Altersfrüchte der Weisheit, denn es wäre nicht das erste Mal, dass ihn das Schwindelgefühl befällt und er von Menschen der Menschlichkeit vom Boden aufgehoben würde.

Insgesamt ist der alte Mann mit dem Schicksal einverstanden, das ihn vor größeren schmerzlichen Unbilden verschonte, und er bis auf einige Prellungen und Rippenbrüche in der Jugend sonst glimpflich davongekommen ist.

Der Dank liegt versteckt in den Augen und auf seinen Lippen, es ist nicht selbstverständlich, dass das Leben ihm die Milde gab. So zeigt sich die Natur von der lichten und humanen Seite dann, wenn sie harsch anderen, wie Kindern mit den Müttern, widerfährt.

Es ist wie mit der Gesundheit, die jenen fehlt, wenn sie ersehnt wird, so den Kindern, denen der Blutkrebs nach dem jungen Leben trachtet. Jüngste Organe unterliegen der Chemie und den radioaktiven Strahlen, wehrlos liegen Kinder mit der kranken Blässe ohne Sicht auf milde Wahlen.

Das Leben wird kompliziert, wenn das Denken die Lösung nicht findet trotz der Dauerhaftigkeit des Suchens und Sehnens. Das Denken erhebt sich vom Boden zu den philosophischen Höhen, weil die Kernfrage nach dem Wesen der Menschlichkeit aufleuchtet.

Zumindest flimmert sie im Heben und Senken hintergründig durch die verdickten rationalen Schichten der täglichen Analyse, die sich als zu eng und kurz erweisen im denkerischen Format, wenn sich die späten Abendstunden der Mitternacht nähern.

Sicherlich steckt in der Philosophie die Liebe zur Menschlichkeit, doch bei der hohen Wertigkeit müssen die Denkwege kürzer und gereinigt sein. Die Schlichtheit muss freigelegt sein und moralisch zur stärkeren Geltung kommen, damit die Wahrheit des Anfangs zum wirkenden Durchbruch kommen kann.

Anfang und Ende müssen auf demselben Faden aufgespult werden, dass sich das Herz im Zustand des Ursprungs nicht zu schämen hat, denn der innere Widerstand geht nicht ohne Tränen auf der einen wie auf der anderen Seite nach dem Ausleuchten der Dunkelheit ab.

Der alte Mann mit dem Stock und gestörten Gleichgewicht hat seinen Weg gefunden. Erleichtert geht er dorthin zurück, von wo er gekommen ist. Mit anderen Worten: Der alte Mann nimmt seinen Weg zum Ausgangspunkt, dem Punkt, von dem sein Gang des Tages und des Lebens begonnen hat.

Der Wunsch des Alten ist geblieben, wie er in seiner Jugend war. Mag das Große schön sein, damit das Schöne groß ist. In beides soll die Wahrheit fahren, sie soll in beiden sein, damit das Leben auf die Höhe der Harmonie kommt und der Mensch weiß, was es bedeutet, groß, schön und wahr zu sein.

Der Wert des Lebens soll senkrecht aus der Schlichtheit der Unschuld nach oben gehen, die Wahrheit wird Schuld und Unschuld in den Jahren voneinander trennen. Die hohe Zeit der Erkenntnis, Versöhnung und des Ausgleichs wird kommen, dass der Mensch aus dem Elend herausgehoben und in das Licht der Heilung gesetzt wird.

Die Ausdauer hat eine Dauer, die in den Längen unterschiedlich ist, was von Dingen abhängt, die oft unsichtbar und unscheinbar sind. Das Element der Schwere kann wie ein Hammerschlag sein, der das Feingewebe der Dendritenästelung und die noch feineren Gewebsnetze der Gefühle zertrümmert.

Trenne das Feine vom Groben, dann das Große vom Kleinen und das Wahre vom Unwahren mit den Eitelkeiten falscher Vorspiegelungen, wenn die überzogenen Wichtigtuer auf dünnen Brettern stehen und mit den kleinformatigen Schwätzern einbrechen und fortgespült werden.


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