Читать книгу Franz Kafka, "Die Verwandlung" - Inhalt, Zitate, Interpretation - Helmut Tornsdorf - Страница 3

Warum dieses Buch?

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Natürlich ist dieses Buch vor allem erst mal geschrieben worden, weil es schön ist, wenn man eine Lektüre wie Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ meint, „im Griff zu haben“. Denn da ist ja zunächst etwas Fremdes, ein von einem berühmten Autor beschriebener Ablauf eines Lebensabschnittes, der äußerst seltsam beginnt.

Wenn man sich ein bisschen in Literatur auskennt, kommt man auf den Gedanken, dass es eine „Novelle“ ist, also die Erzählung einer „unerhörten Begebenheit, wie Goethe es formuliert hat.Es ist wirklich ungeheuerlich, mit welcher Selbstverständlichkeit sich da jemand eines Morgens als „Ungeziefer“ im Bett vorfindet.

Aber Novellen sind häufig auch eine Art Experiment – und hier geht es darum, was aus einem solchen Menschen wie Gregor wird. Jedenfalls nimmt er seinen neuen Zustand nicht so richtig ernst, denkt, er könnte mit leichter Verzögerung doch noch mit Beruf weitermachen. Die Umwelt nimmt das auch einigermaßen hin – und der junge Mann, der bisher die Familie versorgt hat, wird zu einer Art unheimlichem Haustier, das man möglichst versteckt.

Dann geht es anscheinend immer weiter bergab – und am Ende steht der Tod in einem verschmutzten Zimmer und wird die Leiche wie Müll hinausgekehrt und die Familie macht sich einen schönen Tag.

„Unerhört“ in einem ganz schlimmen Sinne ist das schon.

Dennoch tauchen Fragen auf – und die sollen uns neben der inhaltlichen „Vergewisserung“ begleiten und im Verlaufe der Darstellung zu Antworten führen – über die aber weiter diskutiert werden kann.

Frage 1: Die AusgangssituationDie erste Frage bezieht sich natürlich auf den Anfang. Wie ist das zu verstehen, dass sich da jemand plötzlich als „Ungeziefer“ vorfindet. Uns kommt das vor wie eine besondere Art von Vulkanausbruch, als wären da immer mehr innere Widerstände gegen ein als falsch empfundenes Leben gewachsen, die eines Morgens plötzlich eine ungeheuerliche Gestalt bekommen. Frage 2: Gregors Umgang mit dieser SituationAuf den ersten Blick erscheint Gregors Reaktion auf diese extreme Situation sehr seltsam. Er scheint sie gar nicht ernst zu nehmen und versucht lange, in seinem alten Leben zu bleiben. Andererseits findet er irgendwann auch zunehmend Gefallen an diesem neuen Leben und möchte gar nicht mehr in sein altes zurück. Man kann sicher die Hypothese wagen: Die Ungeziefer-Situation erscheint erst mal schrecklich, aber sie ist möglicherweise die einzige Möglichkeit für diesen Menschen mit Helfersyndrom, sich seinen Verpflichtungen zu entziehen. Frage 3: Was verwandelt sich eigentlich in der Erzählung?Wer nur kurz oder oberflächlich zur Kenntnis nimmt, was da geschieht, könnte meinen, dass es um Gregors Verwandlung eben in dieses Ungeziefer geht. Aber wir sprachen ja schon davon: Dahinter steckt offensichtlich eine lange Entwicklung, die zu diesem Ausbruch geführt hat. Gibt es denn nun darüber hinaus eine „Verwandlung“ Gregors? Oder verwandelt sich wirklich im wesentlichen zur die Schwester, worauf Volker Drüke 2013 in: „Neue Pläne für Grete Samsa“. In: Übergangsgeschichten. Von Kafka, Widmer, Kästner, Gass, Ondaatje, Auster und anderen Verwandlungskünstlern. Athena-Verlag, Oberhausen 2013 hingewiesen hat. Immerhin hat diese These sogar Eingang in den entsprechenden Wikipedia-Artikel gefunden: https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Verwandlung (2021-11-09-22:34). Wie ist das mit den Veränderungen auch bei der Mutter und dem Vater? Frage 4: Wie ist Gregors Ende zu beurteilen?Die äußerst zurückhaltende Beschreibung von Gregors Tod hat uns an das Ende von Effi Briest in Fontanes gleichnamigem Roman erinnert. Auch sie verzeiht ihrem Ehemann, der ihr nach einer kurzen Liebesgeschichte mit einem anderen Mann sogar den weiteren Umgang mit der gemeinsamen Tochter unmöglich macht, am Ende alles. Wie ist das bei Gregors Einstellung und Verhalten gegenüber seiner Familie? Frage 5: Wo gibt es Möglichkeiten, sich mit der Erzählung kreativ auseinanderzusetzen?Besonders das scheinbare Happy End für die Familie am Ende verlangt nach einer genaueren Prüfung, die dann möglicherweise schnell in die Gestaltung eines alternativen Endes mündet. Dies mag erst mal reichen, um ein sehr spezielles, aber doch weitreichendes Interesse an Kafkas Erzählung zu erklären. Uns wird sicher noch mehr einfallen – vor allem, wenn wir versuchen, auf diese und weitere Fragen auch Antworten zu finden. Nach diesen eher persönlichen Überlegungen nun ein paar sachliche Hinweise. Die kann man gerne überspringen. Wenn aber bei der späteren Lektüre Fragen zur technischen Gestaltung der Darstellung auftauchen, kann man im nächsten Kapitel hoffentlich Antworten finden.

Franz Kafka,

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